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Das Recht in der Risikogesellschaft.

Der Beitrag des Strafrechts zum Schutz vor modernen Produktgefahren.

AutorKatharina Reus
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2010
ReiheStrafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge 217
Seitenanzahl213 Seiten
ISBN9783428532643
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,90 EUR
Ausgehend von den Thesen des Soziologen Ulrich Beck, der unsere Zivilisation als Risikogesellschaft beschreibt, erörtert Katharina Reus die Möglichkeiten rechtlicher Steuerung von komplexen Gefahren in einem globalisierten Umfeld. Hier gibt es immer mehr grundsätzlich steuerbare Risiken, die eine Vielzahl von Menschen bedrohen, aber aufgrund ihrer Komplexität vom Einzelnen nicht erkannt und beherrscht werden können. Diese Risiken steigern das Schutzbedürfnis der Bürger und erzeugen einen Veränderungsdruck im staatlichen Sicherungssystem. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt - neben Ausführungen zur dadurch notwendig werdenden (Neu-)Organisation des Gefahrenabwehrrechts - auf der Frage, welchen Beitrag das Strafrecht zur Sicherheit in einer 'Risikogesellschaft' leisten kann. Exemplarisch verdeutlicht wird diese grundlegende Fragestellung im Bereich strafrechtlicher Produktverantwortlichkeit. Die Autorin diskutiert kritisch vor allem die Legitimität abstrakter Gefährdungsdelikte, auf die der Gesetzgeber zur Erfassung komplexer Lebensbereiche verstärkt zurückgreift, sowie mögliche Gründe für die bisweilen zu attestierende Ineffizienz und Symbolhaftigkeit des modernen Strafrechts. Ausgehend von den Legitimationsgrundlagen und verfassungsrechtlichen Grenzen von Strafe im Rechtsstaat schlägt sie vor, wie effektive strafrechtliche Strukturen auch in komplexen Lebensbereichen aussehen könnten, und belegt deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit. Konkret wird die Implementierung einer kernstrafrechtlichen Vorschrift zur Produktverantwortlichkeit angeregt.

Dr. Katharina Reus, Jahrgang 1981. Studium der Rechtswissenschaften, dreisemestrige Zusatzqualifikation im Pharmarecht und Promotion zum Dr. jur. an der Philipps-Universität Marburg. Dort auch langjährige Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kriminalwissenschaften. Referendariat in Marburg, Bonn und Frankfurt. Seit 2011 Rechtsanwältin bei v. Boetticher Hasse Lohmann in Frankfurt. Juristische Themenschwerpunkte im Bereich Pharma- und Medizinprodukterecht, Compliance sowie Prozessführung.

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Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort10
Inhaltsverzeichnis12
A. Einführung in die Problemstellung18
I. Einleitung18
II. Bedeutung und Ausmaß moderner Gefahren19
1. Größe des Schadensausmaßes20
2. Wissenschaftliche Unsicherheit hinsichtlich der Schädigungspotenziale20
3. Dynamik21
4. Risikobewertung und -abwehr durch den Einzelnen21
5. Zurechnung der Gefahr22
6. Vermeidbarkeit der Gefahren22
7. Fazit23
III. Staatlicher Schutz in der Risikogesellschaft23
IV. Zum Verständnis des Gefahr- und Risikobegriffs25
B. Verfassungs- und europarechtliche Aspekte des Umgangs mit modernen Risiken29
I. Verfassungsrechtliches und staatstheoretisches Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit29
II. Sicherheit30
1. Sicherheit durch staatliche Schutzpflichten31
a) Schutzpflichtherleitung des BVerfG31
b) Herleitungen in der Literatur34
aa) Ansatz der Zweidimensionalität des grundrechtlichen Freiheitsbegriffs34
bb) Menschenwürdeansatz34
cc) Staatstheoretischer Ansatz35
dd) Abwehrrechtlicher Ansatz36
c) Subjektive Rechte37
d) Inhalt und Ausmaß39
2. Sicherheit durch Schutzpflichten der Gemeinschaft40
a) Herleitung der Schutzpflichten40
aa) Aus den Gemeinschaftsgrundrechten40
bb) Aus dem Primärrecht42
b) Ausgestaltung und Umfang43
3. Fazit44
III. Freiheit44
IV. Ausgleich von Sicherheit und Freiheit45
C. Schutz auch bei Ungewissheit durch das Vorsorgeprinzip48
D. Gefahrenabwehrrecht bei modernen Risiken51
I. Vorverlagerung des Eingriffszeitpunkts51
II. Dynamisierung des Rechts52
1. Unfähigkeit des parlamentarischen Gesetzgebers zur Detailregelung53
2. Delegation der Gesetzgebung53
a) Generalklauseln54
b) Bestimmtheitsgebot54
c) Gewaltenteilungsgrundsatz56
d) Administrative Beurteilungsspielräume58
e) Private Regelwerke61
aa) Rechtssetzung61
(1) Normergänzende Verweisungen62
(2) Normkonkretisierende Verweisungen62
bb) Rechtsanwendung63
III. Revisionsoffenheit64
IV. Wachsende Beteiligung der Rechtsunterworfenen an staatlichen Schutzmaßnahmen65
1. Beratung und deren Steuerung65
2. Selbstkontrolle der Wirtschaft67
3. Kooperatives Verwaltungshandeln68
V. Fazit70
E. Strafrecht in der Risikogesellschaft72
I. Die Kritik der Frankfurter Schule am „Risikostrafrecht“73
II. Stellungnahme76
III. Gang der Untersuchungen78
IV. Funktion und Legitimation von Strafe79
1. Präventiver Rechtsgüterschutz durch Trennung von Verhaltens- und Sanktionsnorm79
2. Legitime Verhaltensnorm82
a) Angemessener Rechtsgüterschutz82
b) Legitimationsperspektive83
c) Keine reinen Verursachungsverbote84
d) Tatbestand als Rechtsquelle85
3. Verhaltensnormverstoß durch geistige Infragestellung86
4. Tatbestandsmäßiges Verhalten87
5. Angemessene Reaktion auf den Verhaltensnormverstoß – Legitimation der Sanktionsnorm88
a) Besondere Eingriffsintensität und Effektivität der Strafe88
b) Voraussetzungen einer angemessenen strafrechtlichen Reaktion89
c) Geeignetheit und Erforderlichkeit als weitgehend abgeleitete Faktoren90
aa) Geeignetheit90
bb) Erforderlichkeit91
d) Andere staatliche Reaktionsinstrumente92
aa) Schadensersatz92
bb) Verwaltungs- und Berufsrecht94
cc) Ordnungswidrigkeiten95
e) Strafbarkeitslimitierende Funktion der Angemessenheitsprüfung96
6. Stellenwert von spezifischen Fehlverhaltensfolgen und anderen objektiven Gegebenheiten99
7. Fazit: Vom Nutzen des Strafrechts100
V. Pönalisierungsgebote als Ausfluss staatlicher Schutzpflichten102
VI. Zentrale Kritikpunkte der Erfassung moderner Risiken durch das Strafrecht105
1. Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes durch abstrakte Gefährdungsdelikte105
a) Gründe für den Bedarf an abstrakten Gefährdungsdelikten: Ungewisse Kausalität106
b) Lösungsansätze de lege lata109
aa) Materiell-rechtlicher Lösungsansatz: Risikoerhöhungslehre109
bb) Prozessualer Lösungsansatz: Freie richterliche Beweiswürdigung110
cc) Fazit113
c) Definition abstrakter Gefährdungsdelikte und Abgrenzung zu anderen Deliktsformen115
d) Kritik an den abstrakten Gefährdungsdelikten117
aa) Legitimationsprobleme: Fehlender Rechtsgüterschutzbezug im Wortlauttatbestand117
(1) Lösungsansätze119
(a) Strafe auch bei ungefährlichen Verhaltensweisen120
(aa) Präsumtion120
(bb) Kindhäuser121
(cc) Kratzsch122
(dd) Schünemann und Wolter124
(b) Teleologische Reduktion bei ungefährlichem Verhalten126
(aa) Cramer126
(bb) Volz127
(cc) Ansichten, die sich auf die Fahrlässigkeitdogmatik beziehen127
(dd) Wolter129
(2) Defizite der dargestellten Lösungsansätze130
(3) Angemessene Lösung durch konsequente Trennung von Verhaltens- und Sanktionsnorm131
(a) Geschütztes Rechtsgut der Sanktionsnorm: Normgeltung131
(b) Legitimation der Verhaltensnorm132
(c) Tatbestandsmäßiges Verhalten134
(d) Kein „Erfolgsunrecht“ vonnöten134
(e) Annäherung an die konkreten Gefährdungsdelikte?136
(f) Zusammenfassung und Fazit139
bb) Problem der Überkriminalisierung: Verhältnismäßigkeit der Sanktion139
e) Ergebnis142
2. Ineffizienz des modernen Strafrechts am Beispiel von AMG und LFGB143
a) Aufbau der Gesetze146
aa) Grundnormen146
bb) Formalistische und detaillierte Einzelregelungen147
b) Inkonsistente Regulierung149
aa) Kaum eigenständige Anwendungsbereiche vieler Normen149
bb) Auffangfunktion bei Schutzlücken der Grundtatbestände150
(1) Ungewisse Schadenseignung150
(2) Beschränkung auf das Inverkehrbringen152
cc) Ineffizienz der Regulierung153
dd) Ergebnis154
c) Nachteile formalistischer, sehr detaillierter Straftatbestände154
aa) Schutzlücken trotz vieler Straftatbestände154
bb) Schwierigkeiten bei der angemessenen Bestrafung155
cc) Angemessene Strafverfolgung156
dd) Delegation der Strafgesetzgebung auf die Exekutive durch qualifizierte Blankettstrafnormen (Rückverweisungsklauseln)157
(1) Erwünschter Vorteil der qualifizierten Blankettgesetzgebung158
(2) Bedenken gegen qualifizierte Blankettstrafgesetze158
(a) Verstoß gegen den strengen Gesetzesvorbehalt158
(b) Fehleranfälligkeit der Regelungstechnik161
(c) Bestimmtheitsgebot161
(d) Fazit162
ee) Fazit163
d) Zwischenergebnis163
e) Generelle Regelungen, die ihre Legitimationsgründe offenlegen164
aa) Vorteile165
(1) Veränderungsoffenheit165
(2) Keine Strafbarkeitslücken165
(3) Erleichterung des Strafvollzugs und der angemessenen Sanktionierung165
(4) Kein Bedarf für Gesetzgebungsdelegationen166
bb) Modifikationsbedarf bei den Grundnormen in AMG und LFGB166
(1) Risikodelikte166
(a) Zulässigkeit der Vorverlagerung167
(aa) Angemessenheit167
(bb) Kein Verstoß gegen den Zweifelsgrundsatz169
(b) Fazit170
(2) Beschränkung auf das Inverkehrbringen170
(3) Beschränkung der Produktgruppen171
cc) Reformvorschlag zur strafrechtlichen Produktverantwortlichkeit von Freund172
dd) Kritikpunkte174
(1) Mangelnde Bestimmtheit174
(2) Rechtskonkretisierung als Aufgabe der Strafjustiz176
(3) Überkriminalisierung178
(4) Tatbestandsalternative des „Zum-Inverkehrbringen-Bereithaltens“179
ee) Fazit181
f) Verbleibende Effektivitätsprobleme181
aa) Probleme bei der Ermittlung182
bb) Verantwortungszuschreibung183
cc) Probleme der „white collar-crime“184
dd) Fazit185
g) Ergebnis zum Vorwurf des „symbolischen“ Rechts185
3. Ergebnis zum Strafrecht in der Risikogesellschaft187
F. Fazit und Ausblick189
Literaturverzeichnis191
Sachwortverzeichnis208

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