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100km Horizontale um Jena

Der step-by-step-Erfahrungsbericht mit Geschichte, Vorbereitung, Training & Tipps für jeden Abschnitt des jährlichen Events

AutorMarkus Voss
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl104 Seiten
ISBN9783752808117
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Einmal im Jahr findet in Jena, Thüringen, ein stadtweites Großereignis statt: die Horizontale - der legendäre 100km-Lauf rund um die Berge und Wälder von Jena. Hierzu finden sich hunderte von Läufer aus der gesamten Bundesrepublik und darüber hinaus ein, um sich der ultimativen Herausforderung zu stellen: gegen Hitze und Kälte, Zecken und Brennnesseln - vor allem aber gegen Erschöpfung, offene Wunden und die eigene Psyche. Hier finden Sie den packenden Erlebnisbericht, der Sie am eigenen Leib miterleben lässt, was es heißt, körperlich und emotional an seine äußerten Grenzen zu gehen - und darüber hinaus. Darin eingewoben finden Sie detaillierte Zusatz-Infos und Hinweise zu: » Vorbereitung » Training, » Packliste » Strecken-Tipps für jeden Abschnitt BONUS: die Do's, Don'ts und Hintergründe des Mördermarsches.

Markus Voss, Dipl.-Theol., ist Bibelwissenschaftler und Finanzplaner.

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Leseprobe

Erste Schritte


Vor vielen Jahren, im Studium, wollte ich diesen Lauf schon einmal absolvieren: ein Jahr musste er (zu Recht) ausfallen wegen des legendären Hochwassers, das viele Leben forderte, auch in Jena.

Das Mal darauf hatte ich mich spaßeshalber angemeldet – aber als Amateur, weder gut ausgerüstet noch dafür gut trainiert, mehr aus Neugier und als Versuch – und ich hatte es natürlich nicht geschafft.

Was mich damals schon überrascht und buchstäblich unvorbereitet getroffen hatte, war die schiere Länge der Strecke – wie weit eigentlich 100.000 Meter sind.

Das ist schwer zu beschreiben: schaust du auf eine Karte der Jenaer Umgebung, oder besser noch: stehst du im Mittelpunkt des Gebietes, beim Paradiespark oder vor den Toren der Universität oder bei meiner Beratungsstelle an der Goethe-Galerie und drehst dich einmal im Kreis und schaust um dich, kannst du das Tal und die Berge und die Stadtgrenze in aller Klarheit erkennen.

Von West nach Ost ist der Stadtmittelpunkt meist keine drei Kilometer vom Stadtrand und den Bergkämmen entfernt – in der Nord-Süd-Strecke auch nicht mehr als sechs Kilometer Luftstrecke. Will sagen: Allein optisch kommt es dir so vor, als ob die Wälder von Jena (durch die ja die Horizontale durchführt) eine halbe Stunde, höchstens einen gemütlichen Spaziergang von einer Stunde entfernt ist. – doch der Eindruck täuscht gewaltig, das ist eine optische Illusion:

  1. Schon deshalb, weil die Luftlinie völlig irrelevant ist, sobald du auf Klippen und Flüsse, Wälder und vieles mehr achten musst.
  2. Die Mathematik setzt ein – selbst wenn Jena rund wäre (weit davon entfernt) und die Horizontale ein Kreis wäre (auch das nicht einmal ansatzweise) und der Stadtmittelpunkt konstant 6km von der Horizontale entfernt (Radius r also = 6km) – selbst dann wäre die Umrundung immer noch vom Umfang u = 2*π*r = 38km lang!
  3. Und völlig egal, wie es aus dem einen oder anderen Winkel aussehen mag – wir dürfen nicht vergessen, dass die gesamte Strecke allein physikalisch schon darauf ausgelegt ist, exakt 100km lang zu sein. Und ich geh‘ nicht grad davon aus, dass die sich verzählt haben...

Aus Erfahrung: es fällt schwer, sich vorzustellen, wie weit 100km eigentlich zu laufen sind, bevor man es gemacht hat.

Das ist, als ob man als Student mit 2.000€ auf dem Konto versucht, sich den Unterschied zwischen 100.000€ und 200.000€ Erspartem vorzustellen: es ist beides so absurd weit vom eigenen Erfahrungshorizont weg, dass man gar nicht in der Lage ist, die Zahlen intuitiv zu begreifen: es kommt einem einfach nur „viel“ vor: man könnte auch an 300.000€ denken, es fehlt da jeglicher Bezug, jede Relation für etwas, das scheinbar so weit weg ist.

So ungefähr war das für jemand Ungeübten wie mich, der sich ohne eigene Erfahrung den Unterschied zwischen 50km, 70km und 100km versucht vorzustellen: man hat einfach keinen Begriff für die einzelnen Schritte. Und selbst die Vorstellung der Distanzen geht ja keineswegs mit einer Einordnung einher, was es bedeutet, die abzulaufen.

40km konnte ich mir noch vorstellen: 30km zählen bei der Bundeswehr für Reservisten als zumutbarer Tagesmarsch; 40km sind bei normaler Geschwindigkeit und 1-2 Pausen, je nach Gelände, etwa ein gesamter Tagesmarsch von ca. 10 Stunden, also von 8 Uhr morgens bis 18 Uhr abends – und in Zeit übersetzt merkt man langsam, was das wirklich bedeutet.

Damals, beim ersten Mal, bin ich das gelaufen, und war von der Distanz völlig überwältigt: ich war nicht gut trainiert, nicht gut ausgerüstet, nicht gut organisiert, und schleppte mich mit enormer Willensanstrengung bis zum Sonnenaufgang zum Kontrollpunkt bei Kilometer 46 (Ammerbach) bis zur völligen Erschöpfung.

Dort machte ich den fatalen Fehler, mich hinzusetzen – und dann „kurz“ hinzulegen. Etwa 25 Minuten später wachte ich am ganzen Körper bibbernd und krampfend wieder auf, meine Zähne klapperten und Hände zitterten unkontrollierbar– und das Beste: aufgrund der Kälte, der Anstrengung, falscher Ernährung und meinem Mangel an Training hatten sich die Muskeln in meinen Beinen und Oberschenkeln so zusammengezogen und völlig verkrampft, dass sie mir (beträchtliche Schmerzen hin oder her) einfach nicht gehorchten. Ich versuchte noch minutenlang durch dutzende Dehnübungen, sie wieder zu entkrampfen und beweglich zu machen. Doch sie blieben hart wie Holz. Keine Chance. Auch ungeachtet der Schmerzen hatte ich keine Möglichkeit, meine Beine zu beugen, und das würde die nächsten 2-3 Tage so bleiben.

Ich watschelte, humpelte, krabbelte 4:30 Uhr morgens an ein Lagerfeuer, und einige Zeit später nahm mich eine der Sanitäterinnen nach der Veranstaltung in ihrem Auto mit und setzte mich zuhause ab, wo ich über eine Viertelstunde brauchte, die Treppe in meine damalige Wohnung hoch zu kommen.

Das nur zur Beweglichkeit – und wie sich das körperlich angefühlt hat, davon schweigen wir lieber...

Also: es war lehrreich und eine wertvolle Lernerfahrung – aber, davon abgesehen, ein völliger Reinfall, und nicht einmal ansatzweise meine Kragenweite.

Fazit: Außergewöhnliche Vorhaben erfordern außergewöhnliche
Vorbereitung.

Die anderen Erfahrungen in der Größenordnung, die ich bis dahin hatte, waren:

  1. Einmal eine Radtour von Gera nach Leipzig nach Halle (ca. 130 km);
  2. Die Besteigung des Zuspitzmassivs über das Höllental an der Riffeltalscharte;
  3. und vor allem die Alpenüberquerung im Sommer 2014 von Bayern, Deutschland, quer durch Österreich über die Italienische Grenze bei 3.000 Höhenmetern nach Südtirol.
  1. Die Radtour war definitiv anstrengend, keine Frage – aber es war „nur“ per Fahrrad, benötigt also wesentlich weniger Energie, und ich bin morgens los und war gegen 14 Uhr fertig und konnte (theoretisch) unbegrenzt Gepäck, Wasser und Verpflegung mitnehmen, weil ein Kilogramm mehr oder weniger am Fahrrad zumindest keinen kriegsentscheidenden Unterschied macht.
  2. Die Zugspitzbesteigung war tough – aber ich war in Top-Form, hatte mich monatelang vorbereitet und war in einer der besten Trainingszustände meines Lebens: es ging trotzdem an meine Grenze, ja, aber ich hatte es im Griff, und auch das war eine Sache von einem Tag.
  3. Die richtige Alpenüberquerung: Hierauf hatte ich mich monatelang vorbereitet, ich war fit wie ein Turnschuh, hatte zahlreiche Bergtouren hinter mir, war top organisiert, hatte alles durchgeplant und war kurz zuvor erst einen Halbmarathon gelaufen. – Das Wetter war hart, die Umstände nicht leicht: es gab einmal Temperaturumschwünge von fast 50°C an einem Tag, es waren einmal über 3.000 Höhenmeter am Tag – und doch muss ich sagen, dass es lief wie am Schnürchen und ich eine Woche später wieder wohlbehalten, glücklich und auch schlanker wieder nach Hause kam.

Das waren so meine Referenzen: die Alpenüberquerung kommt dem am nächsten. – Der riesige Unterschied ist aber,

  1. dass ich bei den Alpen praktisch unendlich viel Zeit hatte: das heißt, ich konnte mir die Strecke einteilen und zeitlich zuordnen, wie ich es für richtig und den Umständen, der Strecke und meinem körperlichen Zustand angemessen hielt. Es lief keine Uhr.
  2. Ich bin schließlich doch etwas um die 50km pro Tag gelaufen – aber das bezogen auf einen gesamten Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang im Sommerlicht, also ca. 16 Stunden mit zahlreichen Pausen und Verpflegung und dem Genießen der Landschaft und Zeit zum Nachdenken zwischendurch. Es war herrlich, aber (wenn auch unter anderen Vorzeichen) über weite Strecken ein längerer Spaziergang in anspruchsvollem Gelände.

Die Horizontale, wiederum, würde ein Kraftakt für sich werden:

Allein schon wegen der Zeitvorgabe ist es physisch gar nicht möglich, große Pausen zu machen. Und planst du noch einen Zeitpuffer ein für Schuhwechsel, Kleidungswechsel, Wasser auffüllen, ggf. verarzten, mal verschwinden, und vor allem unerwartete Verzögerungen wie Regen, Matsch, umgeknickt, Streckensperrungen und mehr – dann hast du maximal 23 Stunden, mit denen du planen kannst.

100km in 23 Stunden wären selbst bei einer gerade, ebenen (!) Strecke fast 4,4 km/h. – zum Vergleich: eine entspannte Geschwindigkeit für längere Spaziergänge sind gut 3 km/h.

Das heißt:

  1. Du musst also fast anderthalbmal so schnell laufen wie beim Spazieren
  2. und das ohne nennenswerte Pausen,
  3. am Stück,
  4. bei ständig wechselndem Gelände (von Trampelpfaden über unbefestigten Kieselwegen an Klippen, über Schotter und Asphalt und Heu-Felder),
  5. eine nicht-gerade Strecke,
  6. durch die schwärzeste Nacht,
  7. bei Temperatur-Unterschieden von 20°C (es wurde am Ende deutlich heißer als das)
  8. und das Ganze bei konstanten Auf- und Abstiegen von insgesamt über 2090 Höhenmetern.

Und spätestens da wurde mir klar, dass

  1. Das Hauptproblem in der...
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