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50 Jahre BRAVO

Eine Jugendzeitschrift als Spiegel der Zeitgeschichte

AutorStefanie Herrmann
VerlagHirnkost
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783943774627
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Mit der Frage nach dem Gehalt an politisch relevanten Themen und deren Aufarbeitung in der BRAVO spürt die Arbeit der historischen Entwicklung des legendären Jugendmagazins nach. Nach Jahrzehnten gegliedert und auf Grundlage der Konzepte der Alltagsmythen (Barthes) und der Kulturindustrie (Horkheimer & Adorno) wird untersucht, ob und inwieweit die BRAVO durch ihre Berichterstattung relevante politische Ereignisse und Entwicklungen Jugendlichen nahe bringt und inwieweit sie Standpunkte vermittelt. Ob das eigentlich als Unterhaltungsmagazin konzipierte Heft dabei eine neutrale Haltung einnimmt oder sich Versuche zur Beeinflussung der Leser_innen erkennen lassen, zeigt die Autorin anhand von Beispielen aus der Nachkriegszeit, über die Studentenbewegung, die Terroranschläge der 1970er Jahre, die Tschernobyl-Katastrophe und den Golfkrieg bis hin zum Diskurs um den 11. September.

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Leseprobe

3 50 Jahre BRAVO


3.1 Daten und Fakten – BRAVO im Überblick


BRAVO ist seit nunmehr 50 Jahren der Marktführer unter den Jugendzeitschriften. Chefredakteur ist seit August 2005 Tom Junkersdorf. Das Jugendmagazin des Heinrich Bauer Zeitschriften Verlags erscheint wöchentlich immer donnerstags und kostet 1,30 €. Gemäß IVW liegt die verkaufte Auflage 3/2005 bei 528.620 Exemplaren, die Druckauflage bei über 700.000 Zeitschriften. Die meisten Zeitschriften werden über den freien Verkauf, also über Kioske, Supermärkte et cetera abgesetzt, allerdings verzeichnet die IVW 3/2005 rund 86.000 Zeitschriften in Abonnements und rund 12.000 Exemplare in Lesezirkeln. Keine andere Jugendzeitschrift kann über Abos so viele Exemplare absetzen, nicht einmal Stafette, die einzig über Abonnement zu beziehen ist. In den Lesezirkeln liegt BRAVO, abgesehen von Brigitte Young Miss, mit rund 14.000 Zeitschriften weit vor der Konkurrenz im Jugendsegment. BRAVO erscheint in insgesamt 33 Ländern. In zehn Ländern, darunter Polen, Tschechien, Russland, Spanien und Mexiko, gibt es selbstständige Redaktionen und BRAVO erscheint in der jeweiligen Landessprache.32

3.2 Geschichte und Entwicklung


Am 26. August 1956 erschien die erste Ausgabe von BRAVO – Die Zeitschrift für Film und Fernsehen im Münchner Kindler & Schliermeyer Verlag mit einer Auflage von 30.000 Zeitschriften. Chefredakteur war damals Peter Boenisch, der anschließend zu BILD wechselte und Jahre später Pressesprecher von Bundeskanzler Helmut Kohl wurde. Auf dem Cover waren unter anderem die Schauspieler Marilyn Monroe und Roger Widmark abgebildet. BRAVO war vom Verleger Helmut Kindler ursprünglich als Zeitschrift für Erwachsene konzipiert worden und berichtete zunächst ausschließlich über Filmstars und deren neueste Filme. Doch überraschenderweise kauften vor allem Jugendliche die Zeitschrift. Somit bekam BRAVO mit Nr. 13 im Jahre 1957 den neuen Titel: BRAVO – Die Zeitschrift mit dem jungen Herzen.33

Aber auch für seine jungen Konsumenten wollte BRAVO nichts anderes als Unterhaltung bieten. Durch die Expansion des Fernsehens, Ende der fünfziger Jahre, wurde dieser Show- Bereich mehr als der Film akzentuiert. Als dritte Säule kamen schließlich noch die Schlagerund Popmusik hinzu.34

Am Anfang waren es wohl noch dieselben Stars und auch dieselbe Musik, die Erwachsenen wie Jugendlichen gefiel. Doch mit zunehmend amerikanischem Einfluss in Kino und Musik gab es immer mehr Differenzen im Geschmack der Erwachsenen und der Jugend. Es waren die neuen, amerikanischen Idole, wie beispielsweise James Dean oder die Stars des Rock’n’Roll, mit denen sich die junge Generation identifizierte. Es war die Generation, die in der Sorglosigkeit und Sicherheit des Wirtschaftswunders aufwuchs und die sich von ihrer, vom Nationalsozialismus geprägten, Elterngeneration abgrenzen wollte.

Mit dem Ausbreiten des Wohlstands und dem oberflächlichen Statusdenken der Erwachsenen Anfang der sechziger Jahre suchte sich die Jugend in einer antiautoritären Haltung ihren eigenen Weg. Sie wurde rebellisch und machte Front gegen das Establishment. Im Show-Sektor, für den sich BRAVO immer noch ausschließlich zuständig fühlte, trat diese Bewegung vordringlich in der Pop- und Rock-Musik in Erscheinung.35

BRAVO erkannte schnell die sich bietende Chance und versorgte die deutsche Jugend Woche für Woche mit den neuesten Informationen über die Stars und Trends aus den USA. Eine Marktlücke war entdeckt.36 1959 wurde die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zum ersten Mal auf BRAVO aufmerksam. Drei Hefte sollten indiziert werden, da die Zeitschrift mit den Filmstars falsche Leitbilder setze. Ein Starschnitt von Brigitte Bardot in aufreizender Kleidung sorgte für besondere Beanstandung. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt.37

Im selben Jahr wurde Liselotte Krakauer neue Chefredakteurin, nachdem Boenisch sein Amt aufgab.

Von da an vollzog sich eine Entwicklung, die angesichts des politischen Lebensweges des CDU-Mannes niemand vermuten würde: Ausgerechnet sein Abgang hatte binnen kurzen einen deutlichen Schwenk hin zu einer strikt konservativen Ausrichtung des Blattes zur Folge. BRAVO präsentierte sich fortan ganz pointiert als Sprachrohr gegen jedweden gesellschaftlichen, moralischen und politischen Wandel, in welcher Form auch immer er aufzukeimen drohte.38

Im Jahr 1962 startete mit „Knigge für Verliebte“ die erste Aufklärungsserie von Dr. Vollmer. Wie der Titel schon sagt, ging es hierbei allerdings vor allem um Lebenshilfe und Verhaltenstipps in Liebesproblemen. Sex wurde, wenn überhaupt, nur negativ belegt. Die Wahrung von Unschuld und Moral stand im Mittelpunkt, Petting und Onanie waren verpönt, Homosexualität galt als abartig und anormal. Doch im Laufe der 1960er Jahre interessierten sich immer mehr Jugendliche für Sex und schickten zahllose Briefe an die BRAVO-Redaktion. BRAVO musste sich fügen, um keine Leser zu verlieren. Im Jahr 1967 startete schließlich der erste sexuelle Aufklärungsbericht, 1969 gehörte Sex bereits zum Themenrepertoire der BRAVO, die sich nun weitaus liberaler gab. 1972 kam es bei zwei Heften zu den ersten Indizierungen.39

Im Jahr 1968 wurde BRAVO mit den bereits zwei Jahre zuvor zusammengelegten Jugendzeitschriften wir und ok fusioniert. Kurz darauf verkaufte der Kindler & Schliermeyer Verlag, der mittlerweile eine Tochtergesellschaft des Springer-Konzerns geworden war, BRAVO, wie sie nach der Fusion immer noch hieß, an den Verleger Hans Weipert, der sie jedoch noch im selben Jahr an den Heinrich Bauer Verlag veräußerte, von dem sie bis heute herausgegeben wird.40

Über die Jahre hinweg betrachtet, liest sich die Geschichte der BRAVO wie eine Erfolgsgeschichte. Der Grund liegt laut Lammers in der Verquickung der BRAVO mit der Welt der Jugendlichen. So berichtet das Magazin konsequent über Bands, die bei den Jugendlichen beliebt sind, trägt aber durch diese Berichterstattung wiederum zum Starkult bei.41

Die erste Tournee der Beatles hat das Blatt ebenso organisiert wie den Kult um Roy Black, die Kelly Family, David Hasselhoff, die Rolling Stones, Suzi Quatro, Uschi Glas oder T. Rex. Ohne Bravo wären die meisten der in den letzten vier Jahrzehnten populären Popstars nur underground- oder bierzeltreif geblieben.42

Doch auch BRAVO als erfolgreichstes Jugendmagazin muss sich am Markt behaupten. Die sich ändernden Ansprüche der Jugendlichen und die sich immer weiter ausdehnende Heterogenität in der Jugendkultur zwingen auch den Bauer Verlag zu neuen Strategien. 1988 kommt BRAVO GiRL! auf den Markt, 1991 die CD BRAVO Rock Christmas, die ab April 1992 in BRAVO Hits umbenannt wird und fortan alle drei Monate erscheint. 1993 wird die erste Folge von BRAVO TV auf RTL II ausgestrahlt, im Jahr darauf wird BRAVO Sport als weiterer Special-Interest-Titel zum ersten Mal veröffentlicht. 1997 folgt BRAVO SCREENFUN und seit April 2001 kann man die Onlineversion von BRAVO auch im Internet lesen.43

Trotz all dieser Bemühungen hatte BRAVO, wie auch andere Jugendzeitschriften, mit Auflagenverlusten zu kämpfen.44 Zwar kann BRAVO von den siebziger Jahren an bis Ende der neunziger Jahre verkaufte Auflagen von über einer Million vorweisen, doch seit dem Höhepunkt 1991 sinken die Zahlen kontinuierlich.

Abbildung 3: Verkaufte BRAVO-Auflage 1956-2005

Quelle: Lammers, N.: BRAVO und die Mediennutzung, S. 228

Schuld daran sind Handy und Internet, so Tom Junkersdorf: „durch teure SMS und Downloads fehlt oft das Geld, sich jede Woche für 1,30 Euro eine ‚Bravo’ leisten zu können.“45

Doch

nach Jahren sinkender Auflagen scheint die Wende zu gelingen. Seit August [2005 d. V.] steht der frühere „Bild“-Unterhaltungschef Tom Junkersdorf an der Spitze des Bauer-Titels. Sein Rezept: Exklusives wie Hochzeitsfotos von Christina Aguilera, Originelles wie der Papst als Poster und eigene Stars wie Tokio Hotel.46

Momentan liegt die verkaufte Auflage der BRAVO laut IVW 3/2005 bei 528.620 Exemplaren und konnte sich somit zum vorherigen Quartal um rund 75.000 verkaufte Zeitschriften steigern.

3.3 Leserschaft und Zielgruppe


Wenn man bei BRAVO von rund 530.000 verkauften Zeitschriften ausgeht und bedenkt, dass sich Jugendzeitschriften zwei- bis dreimal umschlagen,47 so dürften heutzutage grob gerechnet ca. 1,5 Millionen Menschen in Deutschland die BRAVO lesen. Diese Zahl deckt sich auch mit der „MA 2005 Presse II“, wonach eine Reichweite von 1,69 Millionen unter der Gesamtbevölkerung ermittelt wurde. Unter den Lesern finden sich mit 1,07 Millionen mehr Frauen...

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