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7 Räder und 8 Pfoten

Eine (fast) unmögliche Radreise nach Asien: Donauradweg, Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan, China, Laos, Thailand und Kambodscha

AutorMichael Fleischmann, Sybille Fleischmann
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783739291406
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Eine Fahrradreise von Deutschland nach Kambodscha mit zwei Hunden - geht das überhaupt? Sybille und Michael Fleischmann haben es ausprobiert - und schlitterten ins größte Abenteuer ihres Lebens. Sie kämpften mit sengender Hitze, beißender Kälte und ungeahnten bürokratischen Hindernissen, sie vergossen Schweiß, Tränen und Blut, um ihr Ziel zu erreichen. Diese Reise ist Pionierarbeit und kratzt unablässig an den Grenzen des Möglichen. Wie weit kann man kommen? Wie schwer ein Fahrrad beladen? Begleiten Sie die Fleischmanns mit dieser fesselnden Erzählung auf 18.500 Kilometern durch 15 Länder und finden Sie heraus, warum 80 kg Gepäck längst nicht so "schwer wiegen", wie 70 kg Lebendgewicht in den Hundeanhängern.

Seit die Sozialpädagogin ihr Studium beendet hat, ist sie vom Fernweh infiziert. Die vielen Eindrücke der langen Reisen sind der Grundstein für ihre Karriere als Reisejournalistin und Buchautorin.

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Leseprobe

5


Ein Julinachmittag. Die Sonne brennt erbarmungslos auf uns herunter und der Anstieg scheint kein Ende zu nehmen. Kein Schatten ist in Sicht. Der Teer ist so heiß, dass er an manchen Stellen kleine Blasen wirft und unsere Reifenabdrücke als sichtbare Spuren zurückbleiben. Fahrtwind – Fehlanzeige. Nicht bergauf bei 6 km/h. Gomolf und Diu laufen mit hängenden Zungen neben uns her. Immer wieder überholen sie, um dann leicht gelangweilt zu warten, bis wir endlich aufholen. Bei dieser Geschwindigkeit haben sie jedenfalls genügend Zeit, um zwischendurch einen Schluck Wasser aus dem Bach zu trinken oder die Mauselöcher zu überprüfen. Neidisch beobachte ich Diu, wie sie sich bäuchlings in einen flachen Tümpel legt und die Abkühlung sichtbar genießt – während mir der Schweiß in Strömen über das Gesicht läuft. Er brennt in den Augen und lockt lästige kleine Fliegen an, die uns bei dem langsamen Tempo beharrlich vor dem Gesicht herumschwirren und beinahe zum Wahnsinn treiben. Dazu die quälende Sinnfrage: Warum um alles in der Welt sind wir nicht bei unserem ursprünglichen Plan und damit auf dem Donauradweg geblieben? Es ist blanker Irrsinn, bei diesen Temperaturen und mit diesen schweren Fahrrädern auch nur einen einzigen Höhenmeter mehr zu bewältigen, als unbedingt notwendig! Ein anderer Tourenradler hatte uns den Floh ins Ohr gesetzt, durch Tschechien zu fahren: „Die Landschaft ist wunderschön, die Leute total freundlich – und das Essen ist sehr günstig!“, erklärte er – das klang eigentlich gut. Doch vielleicht hätten wir auch der Tatsache Beachtung schenken sollen, dass der Mann schon seit Monaten unterwegs war, nur wenig Gepäck hatte und zudem recht drahtig gebaut war? Wir dagegen sind überschwer, noch recht untrainiert und gerade frisch gestartet. Radfahrer ist eben nicht gleich Radfahrer, und so erschien dem Kollegen die Fahrt durch Tschechien wie eine nette Tour durchs Hügelland – während es für uns wegen den unzähligen, monströsen Anstiegen, zur ziemlichen Quälerei wird.

Und die freundlichen Leute? Nun, der andere Radler war Franzose. Wir sind Deutsche. Wir haben die Tschechen im zweiten Weltkrieg angegriffen – die Franzosen nicht. Ebenfalls ein kleiner aber feiner Unterschied.

Zum Glück ist es nur ein kleiner Teil der Bevölkerung, der uns die Vergangenheit noch nachträgt. Auch positive Begegnungen gibt es zuhauf – wie heute, als irgendwann das Ende des Anstieges sichtbar wird. „Gleich … haben wir es … geschafft!“, rufe ich Michael unter heftigem Schnaufen zu. Dem fehlt die Puste für eine Antwort, er nickt nur kurz und fixiert weiter sein Ziel. Über dreihundert Höhenmeter hatten wir auf unserer heutigen Etappe von gut dreißig Kilometern schon überwunden – aus Radsportsicht ist das überschaubar, doch wir mit unseren schweren Taschen und den Anhängern sind längst an unserer Leistungsgrenze.

Endlich! Die Kuppe des Berges verheißt nicht nur das Ende unserer Mühen, sondern bietet auch noch einen Beitrag zu unserem leiblichen Wohl. Hier oben liegt das Dorf „Budislavice“ und wir erspähen ein kleines Gasthaus – das erste des Tages! Wir bestellen erst mal ein kühles „Pivo“ (=Bier) und inspizieren dann das Angebot des winzigen, etwas schummrigen Ladens hinter der Gaststube. Das Geschäft hat den Charme eines guten alten Kaufladens, wie es sie auch bei uns früher gab. In den Regalen finden sich ein paar Grundnahrungsmittel, Konservendosen, Hygieneartikel wie Zahnbürsten und Seife, daneben frisches Brot, Wurst, Gemüse und Eingemachtes. Preisschilder fehlen, vieles stammt aus Eigenproduktion. Frische Tomaten, ein herzhaftes Brot, kräftige Salami und eingelegter, reifer Weichkäse wandern in unseren Einkaufskorb. Es wird eine köstliche Brotzeit auf der Terrasse vor dem Gasthaus. Wir sitzen auf Bierbänken im Schatten eines Sonnenschirmes, Gomolf und Diu zu unseren Füßen, die freundliche Wirtin und ihre Tochter schräg gegenüber. Letztere spricht ein paar Brocken Deutsch: „Wohin Sie fahren?“, fragt sie uns – und: „Sie nicht müde von viele Fahrradfahren?!“ Wir lachen und deuten auf unsere leeren Teller: „Doch! Und vor allem sehr hungrig!“

Plötzlich ertönt ein lautes Rauschen und Knacksen, dann in blechernen Klängen die Melodie von „The Winner Takes It All“ von ABBA – mit tschechischem Gesang! Wir blicken uns suchend nach der Geräuschquelle um, da deutet die Wirtin verschmitzt grinsend auf den nahegelegenen Strommasten. Zwischen all dem Gewirr aus Kabeln entdecken wir antiquarisch wirkende Lautsprecher: Ein Überbleibsel aus sozialistischen Zeiten, das immer noch genutzt wird!

Nach dem Lied verliest ein Sprecher einen Text. „Das sind Lokalnachrichten“, klärt uns die junge Tschechin auf, „das kommt jeden Tag einmal.“

Noch immer leicht amüsiert und mit einem Lied von ABBA im Ohr trinken wir den letzten Schluck von unserem Pivo und verabschieden uns von den netten Damen. Zeit, um endlich die Abfahrt zu genießen!

Unsere Hunde dürfen sich noch ein wenig ausruhen, denn es verspricht, eine Weile bergab zu gehen: „Ab in Yak“ und „ab in Monz“, heißt das Kommando in Anlehnung an die Bezeichnung der Anhänger. Gomolf schlüpft als erster in seinen Monz, kringelt sich gekonnt ein und lässt sich mit einem Seufzer nieder – den Blick wie immer nach hinten. Auch Diu lässt sich diesmal nicht lange bitten, springt in ihren Einradanhänger und legt sich hin, guckt aber natürlich vorne raus. Schnell haben die beiden gelernt, nach Kommando ein- und auszusteigen – im hügeligen Tschechien haben wir mehr als genug Gelegenheiten, das zu trainieren. Ist die Straße gut und flach oder geht es sogar bergab, fahren die Hunde im Anhänger mit. Geht es dagegen bergauf oder ist der Straßenbelag schlecht, laufen sie selbst. So müssen wir in allen Senken und auf jeder Kuppe kurz anhalten, um unsere Passagiere ein- oder aussteigen zu lassen, doch zum Glück genügt dafür ein kurzer Stopp, bei dem wir nicht einmal absteigen müssen.

Und dann rollen unsere Gespanne los. Erst langsam, die Straße fällt nur wenig ab. Nach und nach nehmen wir Fahrt auf, der Wind sorgt schon für eine leichte Kühle auf der Stirn. Nach einer Kurve geht es etwas steiler hinab, wir beschleunigen schnell auf über 30 km/h. Jetzt ist höchste Konzentration gefragt – aber wir haben auch beide ein Grinsen im Gesicht. Der Wind rauscht in den Ohren und kühlt Kopf und Körper. Wegen dem rauen Straßenbelag vibriert das ganze Fahrrad, in den Taschen klappert es herum. Diu steht vermutlich aufrecht im Anhänger und streckt den Kopf raus – doch umdrehen will ich mich jetzt nicht, das wäre zu gefährlich. Die Straße ist relativ schmal und kurvig, doch natürlich versuchen wir, so wenig wie nötig zu bremsen. Michael ist schneller – komplett mit Mensch und Hund wiegt sein Gespann über 60 kg mehr als meines! So nimmt er wesentlich schneller Fahrt auf – aber natürlich bin ich ihm immer dicht auf den Fersen. Als die Glückshormone schon durch unsere Körper tanzen, kommt der krönende Abschluss: Eine letzte steile Abfahrt auf schnurgerader Straße – bis zum Horizont!

„Yipppeeeyyy!!!“, schreie ich heraus, Michael stimmt ein. „So könnte es ewig gehen“, schießt es mir durch den Kopf. Doch auch wenn es schneller vorbei ist, als mir lieb wäre, hält es doch andererseits lange vor: Eine gelungene Abfahrt belebt die Sinne für eine ganze Weile – und doch ist für heute von unseren Kräften nicht mehr viel übrig. „Schauen wir langsam nach einem Schlafplatz?“, fragt Michael nach hinten und erntet entschiedenes Kopfnicken.

Es ist eine Herausforderung, Abend für Abend eine Stelle für das Nachtlager zu finden. Manchmal entdecken wir wunderschöne Plätze im Grünen und wenn wir besonderes Glück haben, ist in der Nähe ein kleiner Bach oder See, der zu einer Erfrischung einlädt. Wenn wir besonderes Glück haben, wohlgemerkt. Da sind nämlich auch diese Abende, an denen das Campen beinahe zur Qual wird.

Nach einem verschwitzten Radeltag fühlen wir uns – gelinde gesagt – unwohl. Der Schweiß hat eine staubig-salzige Schicht auf der Haut hinterlassen, die Kleider muffeln – und es ist noch immer viel zu warm. Heute finden wir uns neben einem Sonnenblumenfeld wieder. Wir liegen im Zelt und wünschen uns nichts sehnlicher, als unsere juckenden, unangenehm kribbelnden, noch immer schwitzenden Körper zu verlassen. Oder zu waschen, doch dafür stehen die Chancen noch schlechter. Es ist schwierig genug gewesen, diesen Platz zu finden. Überall waren frisch bestellte Felder, auf denen wir natürlich nichts zu suchen haben. Doch dann haben wir endlich dieses freie Plätzchen neben den herrlich gelben Sonnenblumen entdeckt. Von der hübschen Optik abgesehen war der Empfang aber denkbar schlecht gewesen: „Autsch!“, schrie ich laut auf als ich vorhin die Zeltplane auslegte. Eine Biene hatte mich mitten ins Gesicht gestochen! Frontalangriff! „Was für eine nette Begrüßung“, knurrte ich als, als Michael den Stachel mit spitzen Fingern aus meiner Haut entfernte. Wenig später rief er plötzlich: „Aaauaaaa!!!“ Noch eine Biene – und ein Stich in seine Brust! Was war denn hier los?! Wir suchten mit den Augen die Umgebung ab und entdeckten schließlich ein paar Bienenstöcke in knapp hundert Metern Entfernung. Umziehen? – Nein, es hatte schon so viel Kraft gekostet, das Zelt überhaupt aufzubauen! Also rein in unser Heim und alle Luken zu.

Da liegen wir also – schweißgebadet, zerstochen und gedemütigt. Die Schwüle ist beinahe unerträglich – erst recht hier im Zelt – und sie scheint immer schlimmer zu werden. „Vielleicht kommt ein Gewitter auf“, mutmaßt Michael. – „Das wäre herrlich!“, entgegne ich und genieße die...

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