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E-Book

Abenteurer der Lüfte

Die besten Geschichten über das Fliegen

AutorAlexis von Croy
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783492973021
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
1903 vollbrachten die Brüder Orville und Wilbur Wright den ersten Motorflug der Menschheit. Er dauerte 12 Sekunden und war der Beginn einer Geschichte von immer neuen Rekorden und gefährlichen Abenteuern, von wagemutigen Pionieren und Pilotinnen, von technischen Triumphen und Tragödien. Alexis von Croy spannt den Bogen von der Erfindung des Flugzeugs über Charles Lindberghs spektakulären Atlantikflug, Erfolg und Niedergang der Überschall-Concorde bis hin zu Fliegern unserer Tage. Anhand zahlreicher Einzelporträts gelingt es ihm, die Faszination des Fliegens greifbar zu machen.

Alexis von Croy, geboren 1959 in München, war Chefreporter der Pilotenzeitschrift fliegermagazin und später Chefredakteur von Planet Aerospace, der Hauszeitschrift von Airbus. Er war für seine Recherchen und als Fotograf in vielen Teilen Europas und den USA unterwegs und ist Inhaber mehrerer Pilotenlizenzen.

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Leseprobe

1903

In den Dünen von Kitty Hawk lernt die Menschheit fliegen

Der Morgen des 17. Dezember 1903, 10.30 Uhr in Kitty Hawk, North Carolina. Orville (32) und Wilbur Wright (36), stehen mit dem von ihnen erdachten und gebauten Flugapparat in den Sanddünen der Outer Banks. Heute will Orville den Start wagen. Eingehängt in die im Sand verlegte Holzschiene, vibriert das zerbrechlich aussehende Gerät aus stoffbespannten Fichten- und Eschenholzlatten, verspannt mit Stahldraht, im starken aber steten Nordwind. Der Winter ist bereits zu spüren, die Wasserpfützen am Strand sind gefroren. Seit dem Morgengrauen sind sie heute bereits auf den Beinen, warten gespannt auf die Gelegenheit, ihr erstes Motorflugzeug endlich zu testen. Am frühen Morgen sind sie zunächst der Meinung, der Wind, der heute mit über 40 Stundenkilometern bläst, sei zu stark für einen Start. Gegen zehn aber werden sie ungeduldig. Vielleicht ist der Wind sogar von Vorteil? Egal, heute werden sie es wagen. Für die nächsten Tage ist noch schlechteres Wetter vorhergesagt, und sie dürfen keine weitere Zeit mehr verlieren.

Um zehn Uhr haben sie begonnen, die Startschiene, auf der das seltsame Gefährt beschleunigt werden soll, an einer ebenen Stelle in der Nähe des Camps zu verlegen. Ein Fahrwerk hat das erste Flugzeug der Menschen nicht, nur dünne Kufen. Es ist so kalt, dass Wilbur und Orville die schwere Arbeit immer wieder unterbrechen müssen, um sich am improvisierten Ofen in ihrer kargen Hütte in den Kill Devil Hills der Outer Banks, so heißt dieser Strandabschnitt, aufzuwärmen. Nach und nach treffen Bekannte ein, Männer aus den umliegenden Orten. J. T. Daniels, W. S. Dough und A. D. Etheridge von der Wasserwachtstation sind anwesend, ein Mister W. C. Brinkley aus dem kleinen Ort Manteo ganz in der Nähe, ein Junge aus Nags Head, Johnny Moore. Der Flyer ist bereit …

1   Der erste kontrollierte Motorflug: Am 17. Dezember 1903 startet Orville Wright mit dem Flyer in Kitty Hawk

Wilbur und Orville Wright sind zwei von sieben Kindern Milton Wrights, einem Priester und späteren Bischof der evangelischen »United Brethren Church«. Zwei Geschwister sterben kurz nach der Geburt. Wilbur wird 1867 auf einer Farm bei Milville, Indiana, geboren, Orville kommt vier Jahre später in Dayton, Ohio, auf die Welt, wo sich die Wrights nach einigen Umzügen quer durch den Mittleren Westen niedergelassen haben. In der Familie herrscht ein innovatives und technikfreundliches Klima. Es ist vor allem die Mutter, Susan Wright, die handwerklich und naturwissenschaftlich begabt ist. Die Tochter eines noch in Deutschland geborenen Wagenbauers war regelmäßig Klassenbeste in Mathematik und hat neben Literatur auch Naturwissenschaften studiert. Als junge Mutter erfindet und baut sie oft die verschiedensten Haushaltsgeräte und begeistert ihre Kinder früh für alles Mechanische. Wann immer die Jungen einen technischen Rat brauchen, kommen sie zu ihr. Der Vater aber ist es, der seine beiden jüngsten Söhne zum ersten Mal auf das Thema Luftfahrt stößt. Von einer Dienstreise bringt er ihnen ein fliegendes Spielzeug mit, das die Kinder sofort fasziniert: einen von einem Gummimotor angetriebenen kleinen Hubschrauber aus Bambus und Federn. In ähnlicher Form ist es bereits seit dem 14. Jahrhundert bekannt. Auch der berühmte englische Flugpionier George Cayley war davon fasziniert und entwickelte es weiter. Wilbur und Orville ahnen nichts von der Bedeutung, die das faszinierende Spielzeug für ihr weiteres Leben haben wird. Aber sie beginnen sofort, den kleinen Hubschrauber nachzubauen – und stoßen nach kurzer Zeit an eine Grenze, die sie als Kinder nicht verstehen können: Warum fliegt der Apparat nicht, wenn man ihn maßstabsgetreu, aber viel größer nachbaut? Erst Jahre später, als sie sich ernsthaft mit den physikalischen Grundlagen auseinandersetzen, lernen sie, dass ein nur doppelt so großer fliegender Apparat bereits acht mal so viel Auftrieb wie das Spielzeug benötigt, um die Schwerkraft der Erde zu überwinden. Als Orville eines Tages in der Schule wieder einmal einen der kleinen Drehflügler baut, obwohl er sich eigentlich mit schulischen Aufgaben beschäftigen soll, erklärt er dem erst ungehaltenen, dann erstaunten Lehrer, sein Bruder und er hätten vor, eine Flugmaschine zu bauen, die groß genug sein werde, sie beide zu transportieren. Die möglicherweise wenig schmeichelhafte Antwort seines Lehrers ist nicht überliefert.

Für die darauffolgenden Jahre verzeichnen die Biografen keinerlei aeronautische Aktivitäten, die Brüder wenden sich erst einmal praktischen beruflichen Dingen zu. Wilbur lernt eifrig Griechisch und Trigonometrie und ist auch ein sehr guter Sportler – bis ihm 1885, mit 18 Jahren, eines Tages beim Hockeyspiel mehrere Zähne ausgeschlagen werden. Von einer Infektion, Operationen und Zahnarztbesuchen geschwächt, beginnt er zu kränkeln und verbringt viel Zeit zu Hause. Er liest alles, was ihm in die Finger kommt, und pflegt nebenbei noch seine an Tuberkulose erkrankte Mutter, die 1889 stirbt.

Bruder Orville beschäftigt sich zu dieser Zeit vor allem mit dem Druckwesen. Als er 17 Jahre alt ist, baut er nacheinander verschiedene Druckerpressen. Wilbur, der vielleicht technisch noch begabtere der beiden, hilft ihm dabei. Zum ersten Mal lösen die Brüder gemeinsam eine diffizile technische Aufgabe, und bis zu Wilburs frühem Tod 1912 (wie seine Mutter stirbt auch er an Tuberkolose) bleiben sie ein hervorragendes kreatives Team, in dem immer wieder der eine den anderen anspornt und inspiriert. Obwohl sie die gleichen wachen grau-blauen Augen haben, unterscheiden sie sich auch in vielem. Wilbur, das technische Genie und von blitzschneller Auffassungsgabe, hat ein markantes, falkenähnliches Profil, abstehende Ohren und schon früh eine Glatze. Orville hingegen trägt sein volles Haar lang, hat einen stolzen Schnauzer und immer etwas Dandyhaftes an sich. Im Gegensatz zu Wilbur, der in dieser Beziehung eher nachlässig ist, kleidet er sich immer höchst elegant. Orville aber ist der scheuere der Brüder. Innerhalb der Familie taut er auf und ist oft zu Scherzen aufgelegt, in der Öffentlichkeit aber ist Orville fast immer stumm – zeit seines Lebens hält er nie eine Rede. Beide Brüder entwickeln schon früh beachtliche handwerkliche Fähigkeiten, aber meist ist es Wilbur, der die Lösung für ein mechanisches Problem findet.

Nachdem Orvilles Stadtteilzeitung West Side News ein Erfolg wird, gibt er ein paar Monate lang sogar eine echte Tageszeitung heraus, den Evening Item. Wilbur betätigt sich als Redakteur für das Blatt. Allerdings erweist sich die Konkurrenz zu den etablierten Tageszeitungen Daytons doch als etwas zu ambitioniert, die Wrights stellen die Zeitung nach wenigen Monaten wieder ein.

1892 erwerben die Brüder zwei Exemplare der zu dieser Zeit populär werdenden modernen Fahrräder mit zwei gleich großen Reifen, damals »Sicherheitsfahrräder« genannt, die mehr und mehr die umständlichen Hochräder ablösen. Beide sind schon seit Längerem begeisterte Radfahrer, und Orville hat sogar einige Medaillen bei Radrennen gewonnen. Kurz darauf machen sie sich als Fahrradhändler selbstständig. Ab 1896 bauen sie eigene Fahrräder, die sie aus Standardkomponenten montieren und in vielen Details verbessern. Ihre Modelle haben Namen wie »Van Cleve« oder »St. Clair«, die Rahmenteile sind in fünf Schichten schwarz oder karminrot emailliert. Ihre Geschäfte laufen gut. So gut, dass Orville nach einiger Zeit auch auf die Annahme von Druckaufträgen verzichtet, die bis dahin ein zweites wirtschaftliches Standbein sind. Ganz zufrieden scheint vor allem der hochbegabte Wilbur mit diesem Leben aber nicht zu sein, denn er schreibt eines Tages: »Allen Jungs der Wright-Familie fehlen die Ziele und der Antrieb. Keiner von uns hat bis jetzt Gebrauch von seinen Talenten gemacht, um andere zu übertreffen.«

2   Einen solchen Gummimotor-Hubschrauber bringt Vater Wright seinen Söhnen von einer Dienstreise mit

1894 erscheint im amerikanischen Magazin McClure’s ein Artikel über den fliegenden Menschen Otto Lilienthal, der Tausende von Kilometern entfernt, in der Nähe von Berlin, aufsehenerregende Versuche mit Gleitern macht und über den alle Welt spricht. Es ist nicht bekannt, ob die Wrights diesen Artikel gelesen haben, aber es spricht einiges dafür. Zwei Jahre später, im August 1896 – in diesem Sommer pflegt Wilbur den tuberkulosekranken Orville – hören sie von Lilienthals Absturz und von seinem Tod. Ab diesem Zeitpunkt beginnen sie sich mehr für die Luftfahrt zu interessieren und lesen alles, was sie an wissenschaftlicher Literatur über das Fliegen, oder vielmehr über den Wunsch zu fliegen, in ihrer Umgebung finden können. Im Mai 1899 gibt es in Dayton für die Wrights keinerlei neue Literatur zu den Themen der Flugmechanik mehr. Deshalb schreibt der inzwischen 32-jährige Wilbur an die Smithsonian Institution und bittet um Informationen über weiterführende Literatur. Ein Mitarbeiter der wissenschaftlichen Einrichtung, Richard Rathburn, schickt alsbald vier neuere Artikel sowie eine Liste mit Literatur nach Dayton. Bei der Lektüre von Samuel Langleys Experiments in Aerodynamics, Octave Chanutes Progress in Flying Machines, Lilienthals Über Theorie und Praxis des freien Fluges und den Aeronautical Annuals des Bostoner Wissenschaftsredakteurs James Mean wird den staunenden Wrights schlagartig klar, dass keiner der weltberühmten Forscher eine...

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