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E-Book

Achtsamkeit und Mitgefühl (Leben Lernen, Bd. 267)

Mut zur Muße statt Hektik und Burnout

AutorSylvia Wetzel
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl210 Seiten
ISBN9783608106589
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Die bekannte Meditationslehrerin Sylvia Wetzel zeigt an vielen praktischen Übungen und erklärenden Texten, wie mit einer achtsamen und von Mitgefühl bestimmten Lebensweise ein besseres Leben gelingen kann. Philosophen der Antike, buddhistische Weise und Psychotherapeuten in der Gegenwart haben etwas gemeinsam: Sie wollen wissen, was ein gutes Leben ausmacht und wie dies realisiert werden kann. Für die bekannte Meditationslehrerin Sylvia Wetzel heißt der Schlüssel »Mut zur Muße«. Die Fähigkeit innezuhalten, die eigene Verfassung zu spüren, sich den Luxus zu erlauben, selbst zu denken, bilden die Grundlage für ein sinnerfülltes Leben. Als Wege der Annäherung daran beschreibt sie die hohe Wirksamkeit einer achtsamen und von Mitgefühl bestimmten Lebensweise. Zahlreiche im Buch enthaltene Übungen dienen dazu, Achtsamkeit und Mitgefühl erfahrbar zu machen. Kurzfristige und kurzsichtige Ziele, die heute viele Menschen in den Burnout treiben, treten durch die hier beschriebene Umorientierung von selbst in den Hintergrund.

Sylvia Wetzel, ausgebildete Gymnasiallehrerin, ist seit vielen Jahren hauptberuflich als buddhistische Meditationslehrerin tätig; ihr Schwerpunkt in Lehre und Veröffentlichung ist die Verbindung von westlicher Psychologie und östlicher Spiritualität. Sie lebt auf dem Land bei Berlin und unterrichtet seit über 30 Jahren im deutschsprachigen Raum. >>> Zur Homepage der Autorin Prof. Dr. med. Luise Reddemann ist Nervenärztin, Psychoanalytikerin und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin. Seit gut 50 Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit Trauma und Traumafolgestörungen. Von 1985 bis 2003 war sie Leiterin der Klinik für Psychotherapie und psychosomatische Medizin des Ev. Johannes-Krankenhauses in Bielefeld und entwickelte  dort ein Konzept zur Behandlung von Menschen mit komplexen Traumafolgestörungen, die »Psychodynamisch imaginative Traumatherapie« (PITT). Luise Reddemann führt zahlreiche Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen durch. Im Rahmen ihrer Honorarprofessur an der Universität Klagenfurt für medizinische Psychologie und Psychotraumatologie widmet sie sich den Arbeitsschwerpunkten Resilienz sowie Folgen von kollektiven Traumatisierungen.   Luise Reddemann war Mitglied im Weiterbildungsausschuss der Deutschen Akademie für Psychotraumatologie, im Wissenschaftlichen Beirat der Lindauer Psychotherapiewochen und in der wissenschaftlichen Leitung der Psychotherapietage NRW.   Luise Reddemanns Bücher und CDs im Verlag Klett-Cotta haben auch bei Betroffenen weite Verbreitung gefunden und vielen Menschen geholfen, mit einer traumatischen Erfahrung besser fertig zu werden.   Weitere Informationen zu Luise Reddemann finden Sie unter: www.luise-reddemann.de

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Leseprobe

Einführung


Die Themen dieses Buches – Achtsamkeit, Mitgefühl und Muße statt Hektik und Burnout – sind seit Jahren ein ganz besonderes Anliegen für mich, und ich reflektiere sie im Licht sehr unterschiedlicher Denkansätze. Darin unterscheidet sich dieses Buch von meinen anderen Büchern, auch wenn es wieder viele grundlegende und einfache Übungen enthält, die auch Menschen ohne meditative Vorbildung gut ausprobieren können. Der Reichtum des Abendlandes und der buddhistischen Lehren und Übungen leuchtet besonders und auch ganz neu auf, wenn man beide Perspektiven in Beziehung setzt und auf Parallelen und Entsprechungen zwischen westlichen und östlichen Ansätzen hinweist. Buddhistische Schulen und indische Lehren erforschen vor allem die geistige Dimension des Lebens und zeichnen ein sehr optimistisches Bild von den Möglichkeiten des Menschseins. Und der Westen ist stolz auf seine differenzierten Erkenntnisse der materiellen Struktur von Mensch und Welt.

Diese beiden unterschiedlichen Perspektiven auf das Leben ergänzen sich im Prinzip wunderbar, aber leider neigen viele ihrer Vertreter in Ost und West dazu, entweder den geistigen oder den materiellen Ansatz zu verabsolutieren und die jeweils andere Perspektive als sekundär und abgeleitet zu betrachten. Das führt in beiden Fällen zu einer unvollständigen Weltsicht. Solange nicht die Innen- und die Außenperspektive – der geistige und der materielle Ansatz – als zwei Seiten einer Medaille, als zwei Perspektiven auf das gleiche »Ding«, das Leben heißt, verstanden werden, hinken unsere Weltbilder. Und dann bleibt unser Leben unvollständig und wir als Menschen unreif und unsicher, auch wenn wir uns in der Aura großer Traditionen sonnen. Ein rein individualistischer Ansatz, bei dem ich mich ganz authentisch lediglich mit meinen eigenen Ansichten beschäftige, kann das Leben erst recht nicht fassen. Alle diese Ansätze stellen mich nicht zufrieden. Aus diesem Grund setze ich mit diesem Buch immer wieder westliche und buddhistische Denkmodelle in Beziehung, und das bereichert beide Ansätze.

Das ist nicht nur eine interessante und intellektuell anregende Spielerei, sondern mir scheint, an diesem kritischen Punkt der Moderne und Postmoderne könnte die Begegnung zwischen den kontemplativen Traditionen des Ostens und den materiell orientierten Ansätzen des Westens besonders fruchtbar werden. Zu Beginn des dritten Jahrtausends stehen viele Errungenschaften unseres demokratischen und sozialen Verfassungsstaates auf dem Prüfstand. Ich glaube, dass wir die großen Krisen und Herausforderungen unserer Zeit – Erschöpfung und übertriebene Leistungsbereitschaft – nur dann meistern können, wenn wir mehr Raum für Muße und gründliches Nachdenken schaffen. Viele gute Argumente liefert mir dabei der Buddhismus, der eine ausgefeilte Wissenschaft der meditativen Seiten des Lebens entwickelt hat.

Es gibt inzwischen viele Ratgeber zum Thema Burnout und Entspannung, einige informative populärwissenschaftliche Titel über die antiken Vorstellungen zum guten Leben, über Weisheit und Philosophie, über Theorie und Praxis des Buddhismus und auch zum Themenkreis Muße. Darin werden vor allem die Kunst des Müßiggangs empfohlen und ein Lob der Faulheit gesungen. Aber Muße ist unendlich viel mehr als chillen, abhängen und faul sein. Was genau Muße ist und wozu sie gut ist, davon ist in diesem Buch immer wieder die Rede. Denn Muße – im Sinne von Zeit, in der wir frei sind von äußeren und inneren Zwängen und die uns befähigt, selber zu denken und das Denken zu überschreiten – ist ein wesentlicher Teil der Lösung des Problems der Überforderung.

Das Buch kann und will keine psychotherapeutische Begleitung oder einen Klinikaufenthalt bei der Diagnose Erschöpfungsdepression ersetzen, und es ist auch keine Einführung in den Buddhismus. Es will konkrete Anregungen zur Burnout-Prophylaxe geben und darüber hinaus Mut machen, die eigenen Prioritäten zu überprüfen und Bedingungen für ein gutes Leben zu schaffen. Ein gutes Leben hängt nach meiner Erfahrung weit mehr von unserer Lebenseinstellung als von materiellen Bedingungen ab. Da viele Menschen keinen gemeinsamen Bedeutungszusammenhang mehr mit anderen teilen, sondern sich in unterschiedlichen Lebensbereichen an unterschiedlichen Werten orientieren, fehlt den meisten ein Sinnzusammenhang, der uns ein Gefühl von Ganzheit, von Zusammengehörigkeit gibt.

Dieses Buch will immer wieder dazu anregen, das gemeinsame Anliegen in unterschiedlichen Zugängen zu den kleinen und großen Fragen des Lebens zu entdecken. Und das wird möglich, wenn wir unterschiedliche Perspektiven auf unser Leben als Bereicherung und Inspiration erleben. Dadurch entsteht ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, das nicht auf dem Ausschluss anderer Perspektiven beruht, sondern auf ihrer Integration. Und diese Art von komplexer Ganzheit ist nach meiner Erfahrung einem Ansatz überlegen, der sich als der einzig wahre versteht. Überlegen in dem Sinn, dass wir durch die Wertschätzung unterschiedlicher Perspektiven eher in der Lage sind, unsere komplexen Lebenszusammenhänge zu begreifen und mit den Herausforderungen unseres modernen Lebens konstruktiv umzugehen, als wenn wir an einer einzigen Perspektive festhalten. Um mehrere Perspektiven verstehen und aushalten zu können, braucht es einen entspannten Körper und Geist, oder in anderen Worten, Muße. Und daran fehlt es überforderten und überarbeiteten Menschen.

Es gibt neben der Überforderung durch den Arbeitsprozess und die Hektik des modernen Lebens in den Städten – ganz abgesehen von der extensiven und intensiven Ausbeutung im außereuropäischen Raum – auch das Problem der körperlichen, emotionalen und geistigen Unterforderung. In beiden Fällen kann die Fähigkeit zur Muße dazu beitragen, über die eigenen Interessen nachzudenken und den roten Faden zu finden, die Bedeutung von Beziehungen zu erkennen und sie zu pflegen. In erster Linie richtet sich dieses Buch allerdings an die Menschen, die im Prinzip gerne arbeiten, aber immer wieder feststellen, dass die Balance zwischen Arbeit und Freizeit, Arbeit und Muße, Anspannung und Entspannung, Hingabe und Nachdenken nicht oder nicht mehr stimmt. Dabei geht es mir nicht um die viel beschworene Work-Life-Balance, denn Arbeit ist ein Teil des Lebens und nicht sein Gegensatz.

Im ersten Teil beleuchte ich in drei Kapiteln – Ehrgeiz, Burnout und Schmerz und Leid – die Erfahrung von Erschöpfung und übertriebener Leistungsbereitschaft aus mehreren Perspektiven und ziehe dabei unterschiedliche Erklärungsansätze heran: biologische und psychologische, politische und ökonomische, allgemein philosophische und speziell buddhistische. Ich tue das, weil ich Erschöpfung weder für ein Modethema noch für eine billige Ausrede halte, sondern für eine der ganz großen Herausforderungen unserer Zeit. Vielleicht ist es sogar ein Jahrhundertthema. Und um ein großes und komplexes Thema zu begreifen braucht es unterschiedliche Zugänge. Burnout und Überforderung betrifft nicht nur Menschen, die zu viel arbeiten, sei es nun schlecht bezahlt oder mit »unanständig« hohen Boni, wahnwitzigen Honoraren oder Gagen versüßt, sondern das hat Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft. Hektik und Erschöpfung sind nicht nur gefährlich für die Betroffenen selbst und schwierig für ihr Umfeld, teuer für unser Gesundheitssystem und ein Verlustfaktor für die Wirtschaft. Hektik und Erschöpfung bedrohen unseren demokratischen Verfassungsstaat und unser kulturelles Leben, denn dafür braucht es wache und selbstständig denkende Menschen, die fähig sind zu einem Leben in Würde und mit Verantwortung für unsere gemeinsame Welt.

Die dritte Herausforderung neben übertriebener Leistungsbereitschaft und Erschöpfung ist die allgemeine Erfahrung von Schmerz und Leid. Dazu beschreibe ich, vor allem aus Sicht des Buddhismus, Ursachen und Bedingungen des natürlichen und des zusätzlichen Leidens und stelle Methoden aus Ost und West vor, die uns helfen, klug und mitfühlend damit umzugehen. Natürliches Leiden gehört zum Leben, zur condito humana, und kann nach meiner Erfahrung durch keine materielle oder spirituelle Methode völlig aufgelöst oder beseitigt werden. Man kann es allerdings durch ein kluges und mitfühlendes Umgehen erträglicher gestalten. Wir haben mehr Chancen, das zusätzliche Leiden zu verringern, denn es entsteht durch unrealistische Erwartungen, und die können wir überprüfen und verändern. Ich vermute, dass auch traumatische Erfahrungen zum Leben gehören, die wir nur bedingt vermeiden, aber mit einer guten Begleitung lindern und verarbeiten können. Zum Glück erleben wir nicht nur unterschiedliche Formen und Intensitäten von Leiden, sondern wir sind auch prinzipiell fähig, damit gut umzugehen, d. h. es zu verarbeiten und in unser Leben zu integrieren. Davon handelt der zweite Teil.

Im zweiten Teil stelle ich in vier Kapiteln Ressourcen für ein gutes Leben vor: Achtsamkeit und Mitgefühl, Resilienz und Muße. Achtsamkeit und Mitgefühl sind grundlegende Fähigkeiten, die wir als Menschen sozusagen mit in die Wiege gelegt bekommen. Als Menschen der Gattung homo sapiens sapiens zeichnen wir uns dadurch aus, dass wir nicht nur wahrnehmen und denken können, sondern unser Verhalten mit Körper, Rede und Geist beobachten und prinzipiell auch hinterfragen können. Inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass »der Mensch an sich« nicht primär ein homo oeconomicus ist, einer, der bloß zu seinem eigenen Vorteil handelt. Menschen sind nicht primär Individuen, sondern vor allem soziale Wesen, angelegt auf ein kooperatives und mitfühlendes...

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