Die Bekanntmachung der Studie und die Rekrutierung der Teilnehmer erfolgten an der psychiatrischen Institutsambulanz über das Versenden von E-Mails an die zuständigen Ärzte und Psychotherapeuten. Diese machten Patienten auf das geplante Achtsamkeitstraining aufmerksam und trugen Interessenten in die Teilnehmerliste ein. Die Rekrutierung fand im Zeitraum von Dezember 2014 bis Januar 2015 statt. Bei den Probanden handelte es sich in allen Fällen um Patienten, die aufgrund von Art, Schwere und Dauer ihrer Erkrankung psychiatrische oder psychotherapeutische Leistungen in einer Institutsambulanz erhielten. Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) richten sich vor allem an schwer und chronisch Kranke, die eine krankenhausnahe Behandlung benötigen, die Versorgungsangebote niedergelassener Ärzte vorerst aber nicht wahrnehmen können. Zu den Zielen der PIA zählt die Verkürzung stationärer Behandlungszeiten sowie die Sicherstellung einer optimalen Behandlung für den Patienten. Die Versorgungsform ist dabei nicht an die Behandlung spezieller Diagnosen gebunden (Bayerische Krankenhausgesellschaft e.V., 2015).
Insgesamt nahmen sieben Personen – sechs Frauen und ein Mann – am Training teil. In Anbetracht der räumlichen Gegebenheiten war die Gruppengröße für die Durchführung des Trainings angemessen. Ausgeschlossen wurden die Daten der Teilnehmer, die lediglich die Hälfte des Trainings besucht oder nur einen Teil der notwendigen Fragebogenbatterien ausgefüllt hatten und damit unvollständige Daten aufwiesen. Somit ergab sich eine Stichprobe von vier Personen, allesamt weiblich, die zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 39 und 55 Jahren alt waren. Die Teilnehmerinnen wiesen jeweils mindestens eine der in Tabelle 1 genannten Diagnosen auf. In drei von vier Fällen handelte es sich bei der Erstdiagnose um eine rezidivierende depressive Störung.
Tabelle 1: Relevante Diagnosen
Alle Probanden wurden über den Ablauf und Inhalt des geplanten Trainings in einer Einführungsveranstaltung eine Woche vor der ersten offiziellen Gruppensitzung informiert und gaben bei Erhalt der ersten Fragebogenbatterie das schriftliche Einverständnis zur Verwendung ihrer Daten. Der Antrag zur Durchführung der wissenschaftlichen Studie wurde vom Ethikrat der Otto-Friedrich-Universität sorgfältig geprüft und genehmigt (siehe Anhang A). Im Folgenden soll ein Überblick über die in der Studie angewendeten Fragebögen gegeben werden.
5.2.1 SOC-29-Scale
Die von Antonovsky (1987) entwickelte SOC-29-Scale[9] ist ein Selbstbeurteilungsverfahren zur reliablen und validen Erfassung der Ausprägung des Kohärenzgefühls. Den aus 29 likert-skalierten Items bestehenden Fragebogen füllen Probanden auf einer siebenstufigen Ratingskala (1-7) selbstständig aus. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt 15-20 Minuten. Erfasst werden die von Antonovsky postulierten Skalen Verstehbarkeit mit elf, Handhabbarkeit mit zehn und Sinnhaftigkeit mit acht Items. Die Items sind entweder als geschlossene Fragen, zum Beispiel „Haben Sie das Gefühl, dass sie ungerecht behandelt werden?“ (sehr oft – sehr selten oder nie) formuliert oder als unvollständige Sätze, die durch die Antwortskala komplettiert werden sollen, z.B. „Die Dinge, die sie täglich tun, sind für Sie…?“ (eine Quelle tiefer Freude und Befriedigung – eine Quelle von Schmerz und Langeweile). Die Items variieren somit in ihrer formalen Struktur und in den Bezeichnungen der Pole der Antwortformate. Mit einem Cronbach’s Alpha von .82 bis .95 kann der SOC-29-Scale eine gute bis sehr gute interne Konsistenz zugesichert werden. Der Fragebogen wurde bisher in 44 Sprachen übersetzt (Singer & Brähler, 2007, S.20; 47; 51). Die Auswertung des Fragebogens erfolgt nach der Invertierung vereinzelter Items durch die Aufsummierung der Werte zu einem Gesamtsummenscore, der sich in einem Bereich zwischen 29 und 203 Punkten bewegen kann.
5.2.2 BDI-II
Die überarbeitete Form des Beck Depressionsinventar, das sogenannte BDI-II nach Beck, Steer & Brown (1996)[10] stellt ein Instrument zur Selbstbewertung dar und dient der Beurteilung der Schwere der depressiven Symptomatik von Jugendlichen ab 13 Jahren und Erwachsenen. Die Symptome und Ausmaße der Depression werden über 21 Items, die gleichzeitig unterschiedliche Kategorien darstellen, erfasst. Darunter fallen u.a. Traurigkeit, Pessimismus, Selbstablehnung und Schlafverhalten. Jedes Item wird auf einer vierstufigen Antwortskala (0-3) durch die für den Patienten zutreffendste Aussage eigenständig beantwortet. Die Bearbeitungszeit beträgt zwischen 5 und 10 Minuten. Die Auswertung des Fragebogens erfolgt durch Addition der angekreuzten Aussagen, wobei der Gesamtwert zwischen 0 und 63 Punkten liegen kann. Ab einem Cut-off-Wert von 13 wird von dem Vorliegen einer depressiven Symptomatik ausgegangen (Hautzinger et al. 2006, S. 8f.; 15f.). 13-19 Punkte weisen auf ein leichtes depressives Syndrom hin, bei Werten im Bereich von 20-28 Punkten spricht man von einem mittelgradigen depressiven Syndrom und ab dem Erreichen einer Punktzahl von 29 Punkten kann von einem schweren depressiven Syndrom ausgegangen werden.
5.2.3 STADI
Beim State-Trait-Angst-Depressions-Inventar (STADI) von Laux et al. (2013) handelt es sich um ein Fragebogenverfahren zur Selbstbeschreibung, das Angst und Depression einerseits als Zustand (State) und andererseits als Eigenschaft (Trait) mit jeweils zwanzig Items erfasst. Für die vorliegende Arbeit sind lediglich die Trait-Skalen von Interesse, die im Gegensatz zu den State-Skalen Angst und Depression eher im Sinne einer Persönlichkeitseigenschaft erfassen. Es werden folgende vier Dimensionen mit jeweils fünf Items abgedeckt: Aufgeregtheit, Besorgnis, Euthymie und Dysthymie. Während die beiden Subskalen Aufgeregtheit (affektive Komponente) und Besorgnis (kognitive Komponente) zur Erfassung von Angst konzipiert wurden, ermöglichen die Skalen Euthymie (positive Stimmung) und Dysthymie (negative Stimmung) die Erfassung von Depression. Der Fragebogen ist einsetzbar bei Personen ab 16 Jahren. Die Bearbeitungszeit wird auf 10 Minuten geschätzt. Die interne Konsistenz von α = .93 bescheinigt den Trait-Skalen eine hohe Reliabilität. Auch die Validität des STADI konnte bestätigt werden. Die Auswertung erfolgt durch Addition der angekreuzten Werte. Die Items der Dimension Euthymie werden zuvor invertiert.
Das Training erstreckte sich über einen Zeitraum von acht Wochen, fand in einwöchigem Turnus für die Dauer von jeweils 90 Minuten statt und wurde von drei Kursleitern, die gleichzeitig anwesend waren, durchgeführt. Dazu zählte ein ausgebildeter Psychotherapeut sowie zwei Studenten der Universität Bamberg. Die Testungen erfolgten mittels der oben genannten Testverfahren (SOC-29-Scale, BDI-II, STADI) zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten: Vor der ersten Durchführung des Trainings, nach vier Trainingseinheiten sowie nach Abschluss des Trainings.
Vor Beginn der ersten offiziellen Trainingseinheit wurde eine Einführungsveranstaltung organisiert, in der die Teilnehmer über Inhalt und Ablauf des Achtsamkeitstrainings informiert wurden, Gelegenheit bekamen, die Räumlichkeiten und die anderen Teilnehmer kennenzulernen und gemeinsam die Ziele des Trainings erarbeiteten. Im Anschluss erhielten sie die erste Fragebogenbatterie, die vor Ort ausgefüllt wurde. Zum Ausfüllen der Fragebögen gab es keine Zeitvorgabe.
Das Achtsamkeitstraining wurde zu einem Großteil dem von Segal et al. (2008) entwickelten Manual zur achtsamkeitsbasierten kognitive Therapie der Depression entnommen und nur stellenweise abgeändert. Es setzt sich zusammen aus psychoedukativen Elementen, angeleiteten Meditationsübungen, Gedichten, Geschichten und Videos. Einen zentralen Bestandteil des Kurses bildeten die Hausaufgaben, die nach jeder Sitzung in Kombination mit einem Handout an die Teilnehmer verteilt wurden. Sie sollten die Integration der Achtsamkeit in den Alltag der Teilnehmer fördern. Das zusammengestellte Kurzmanual ist dem Anhang zu entnehmen (siehe Anhang B). Der Ablauf des Trainingszyklus soll im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Sitzung 1 - Der Autopilot
Nach der Begrüßung der Teilnehmer, der gemeinsamen Erarbeitung der Gruppenregeln und einer kurzen theoretischen Einführung in das Thema der ersten Sitzung erfolgte die Durchführung der ersten Meditationsübung („Rosinenübung“) mit anschließendem Austausch über die Erfahrungen der Teilnehmer. Im weiteren Verlauf folgte mit dem Body Scan eine zweite praktische Übung für die Dauer von ca. 30 Minuten. Die Teilnehmer folgten dabei den Instruktionen der Kursleiter. Nach jeder Übung fand eine Rückmeldung statt und aufkommende Fragen wurden beantwortet. Abschließend erhielten die Teilnehmer Instruktionen zu den Hausaufgaben und das Handout zur ersten Sitzung. Zusätzlich erhielt jeder Teilnehmer eine CD mit...