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Aggressives Verhalten und Gewalt an Schulen. Ursachen, Ausmaß und Handlungsmöglichkeiten

Ursachen, Ausmaß und Handlungsmöglichkeiten

AutorNils Pape
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl60 Seiten
ISBN9783640269525
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,7, Universität Vechta; früher Hochschule Vechta, 33 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Thema 'Schulgewalt' ist vor allem in der näheren Vergangenheit immer wieder Anlass für öffentliche Diskussionen gewesen: Verrohen die Schüler? Ist Schule heute gefährlich? Sollte es härtere Maßnahmen geben? Viele andere Fragen standen und stehen immer noch zur Debatte. Diese Arbeit analysiert, wie man Aggression, Gewalt und aggressives Verhalten zuerst einmal überhaupt definiert, um sich ein Bild zu verschaffen, wovon häufig eigentlich geredet wird. Anschließend werden Geschlecht, Herkunft, Sozialisation und Alter betrachtet. Diese Faktoren spielen hinsichtlich der Gewalt und des aggressiven Verhaltens an Schulen eine wichtige Rolle, geben sie doch Einblicke in die Hintergründe der Schüler und offenbaren die tatsächlichen Gründe für das Aggressionspotenzial mancher Schülerinnen und Schüler bzw. relativieren diese abweichenden Haltungen. Hierbei werden auch die Opfer betrachtet, wie sie sich gebärden und wie sie in diesen Kreis der Gewalt geraten. Auch die Schule an sich kann aggressives bzw. gewaltförmiges Handeln produzieren. Verschiedene Aspekte, wie die Lage der Schule und deren Gestaltung, die Schul- und Klassengröße, die Schulform und auch das Verhalten der Lehrkräfte stehen dabei im Fokus des Interesses. Eine knappe Schilderung, wie Schulgewalt in den Medien geschildert wird, bildet den nächsten Punkt dieser Arbeit um am Ende auf Präventions- bzw. Interventionsmaßnahmen einzugehen, wobei nebst allgemeinen Änderungsvorschlägen auch konkrete Programme vorgestellt werden. 2 Begriffsklärung und Grundannahmen Beinahe täglich kann man den Medien entnehmen, dass irgendwo auf der Welt zur 'Gewalt' gegriffen wurde. Besonders im Zusammenhang mit Schulen, die als sogenannte 'Problemschulen' deklariert werden, wird dieses Wort nur allzu häufig genannt. Dabei werden in vielen Fällen Begriffe wie Gewalt, Aggression oder Aggressivität synonym verwendet, ohne auf die Unterschiede Rücksicht zu nehmen. Im folgenden Abschnitt wird nun differenziert beschrieben, worum es sich denn handelt, wenn man die diversen Vokabeln benutzt. Dabei soll vor allem geklärt werden, ab wann welcher Begriff zu benutzen ist und ob diese gleichbedeutende Verwendung überhaupt irgendwann gerechtfertigt ist.

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Leseprobe

3 Aggressives Verhalten an Schulen- Die Bedeutung von Geschlecht, Herkunft, Sozialisation und Alter

 

Wann zeigt sich Aggression oder Gewalt? An dieser Stelle wird untersucht, wie unterschiedlichste Faktoren sich auf ein derartiges Verhalten beziehen. Schulen sind ein Sammelbecken von Kindern und Jugendlichen unterschiedlichster Erziehung, Herkunft, sowohl auf der sozialen wie auch der nationalen/kulturellen Ebene, und verschiedensten Alters. Auch die Geschlechterfrage spielt hierbei eine Rolle: Wie unterscheiden sich Mädchen und Jungen in ihrem Aggressionspotenzial? Sind diese Unterschiede tatsächlich relevant? Selbiges gilt für die Altersstruktur und die Herkunft. Ziel ist es nun, darzustellen, wie es sich mit der Situation bezüglich dieser Themen verhält.

 

3.1 Aggressionspotenzial bei Jungen und Mädchen

 

Hier lässt sich eine scheinbar eindeutige Aussage treffen: Jungen sind gewalttätiger als Mädchen. Abbildung 1 zeigt, dass Jungen tatsächlich häufiger gewalttätig sind. Man muss jedoch eines berücksichtigen: Solche Untersuchungen beziehen sich vorwiegend auf physische Gewalt.[42] Oft kommt es vor, dass Mädchen auf raffinierte Art Gewalt ausüben, z.B. auf psychischem Wege.[43] Dazu gehört das schon besprochene „Mobbing“, in spezieller Form die Isolation oder die Entwertung anderer Personen. Davon zu sprechen, dass Mädchen ein geringes Gewaltpotenzial hätten, würde der vorher dargestellten Definition widersprechen. Nur lässt sich diese Gewaltform schwieriger eruieren.

 

 

Abbildung 1: Gewalttäter und Gewalttäterinnen[44]

 

Doch woher kommt das unterschiedliche Geschlechterverhalten, dass sich ja auch besonders im Schulleben manifestiert?

 

Zuerst einmal: Auch wenn man davon ausgeht, dass Jungen ein aggressiveres Verhalten haben, muss man vorsichtig sein. Denn Delinquenten im rechtlichen Sinn sind sie noch lange nicht. Dies ist noch immer eine Minderheit, die tatsächliche Straftaten begeht.

 

Nun aber zur Erklärung der männlichen Aggression. Man kann sie auf unterschiedliche Weise deuten:

 

3.1.1 Die Hormonhypothese bzw. biologische Komponenten

 

Hier wird die zeitweilig übersteuerte Aggression des männlichen Geschlechts durch die biologische Disposition erklärt. Demnach ist dieses Verhalten auf das Testosteron zurückzuführen.[45] Genetisch besonders ist auch die unterschiedliche Hirnstruktur von Jungen und Mädchen: Beim männlichen Geschlecht sind die rechte und die linke Hemisphäre schlechter miteinander vernetzt. Im Frustrationsfall agieren sie so weniger mit der rechten Hälfte des Gehirns, die für Emotion, Kreativität usw. zuständig ist. Ein frühes Training innerhalb der Erziehung zur Vernetzung kann dies jedoch ändern.[46] Zu den biologischen Erklärungen gehört auch das Mutterverhalten während der Schwangerschaft bzw. eventuelle Komplikation während der Geburt. Auch hier könnte u.U. die Ursache für gesteigertes aggressives Verhalten zu finden sein.[47]

 

Will man nun Aggressionen und/oder Gewaltverhalten auf diese Weise erklären, muss man vorsichtig sein, denn gerade in bezug auf die Auswirkung des Testosteron sind die Belege eher zweifelhaft. Auch die anderen biologisch basierten Hypothesen sind mit Skepsis zu betrachten: Sicherlich hat die genetische Grundausstattung ihren Anteil an Aggressionen, doch gibt es weder schlüssige Belege für das Ausmaß noch wie die anderen Faktoren beeinflussend wirken. Somit kann diese Begründung höchstens eine Teilerklärung sein.[48]

 

3.1.2 Die Evolutionshypothese[49]

 

Betrachtet man das größere Aggressionspotenzial des männlichen Geschlechts aus der evolutionären Perspektive, so wird oft die Schlussfolgerung gezogen, dass das aggressivere Verhalten Männern Vorteile verschafft hat. Hier wird die Ur-Intention des Mannes, möglichst sein genetisches Material zu verbreiten, aufgegriffen. Gesteigerte Aggression verschaffte den Männern in der Konkurrenz zu ihren Artgenossen höhere Chancen die ideale Frau bzw. möglichst viele Frauen zu bekommen. Dieses Verhalten hat sich nach dieser Hypothese evolutionär verfestigt. Die Tatsache, dass es bei physischen Gewaltakten meist zu Übergriffen zwischen Jungen/Männern kommt[50], würde diese Begründung stützen.

 

3.1.3 Die Geschlechterrollen-Hypothese[51]

 

Männliches wie auch weibliches Verhalten wird nach dieser Hypothese durch die Erwartung und Vermittlung der gesellschaftlich vorgegebenen spezifischen Rollenbilder begründet. Während des Heranwachsens erlernen Kinder gesellschaftstypische Verhaltensweisen durch das Beobachten und Nachahmen von Vorbildern. Diese Muster wenden sie dann auf ihre individuelle Persönlichkeit an.  Da die meisten Gesellschaften dem Mann noch immer die „starke“ Rolle zuweisen und die Frau das „schwache“ Geschlecht ist, sind die Ansprüche und Erwartungen dementsprechend: Auf männlicher Seite Schutz und Absicherung der Familie durch Erwerbsarbeit, auf weiblicher Seite die Organisation und die Familienplanung im Haushalt. Männer stehen somit in ihrer Geschlechterrolle im unerbittlichen Konkurrenzkampf, um den an sie gerichteten Ansprüchen gerecht zu werden.

 

Das erhöhte männliche Aggressionspotenzial zeigt sich dann besonders in der Entwicklung vom Jungen zum Mann. Um „erwachsen“ zu sein, werden diese vorgefertigten Rollen dann besonders demonstriert: Junge Männer definieren ihr erwachsenwerdendes Geschlecht in der Konkurrenz mit anderen Männern und das, aufgrund der ausgeprägteren Physis im Gegensatz zu Mädchen, durch körperliche Auseinandersetzungen. Oft gilt diese Form unter Jungs sogar als anerkannt und „weibliche“ Attribute wie Mitgefühl, Fürsorge oder Beziehungsorientierung werden abwertend betrachtet.[52]  

 

In der Schule kommt es auch zu solch einer Geschlechterrolleneinteilung.[53] Jungen werden zur Härte ermutigt, ihre Emotionen werden zu wenig berücksichtigt. Auch das Mädchen Aggressionen anders ausdrücken bzw. sich zudem noch dem männlichen Aggressionsverhalten beugen, da es ja zum Teil als „normal“ eingestuft wird, gibt zu bedenken. Das drückt sich auch bei der alltäglichen Handhabung aus: Während Jungen fast einen „Persilschein“ zur Gewaltausübung besitzen, da sie nun mal so sind, werden Mädchen, die ein solches Verhalten zeigen, gesondert bewertet. Das Bild eines solchen Kindes/ einer solchen Jugendlichen ist viel strenger, gilt als „unnormal“, da grundlegend erwartete weibliche Eigenschaften (sanft, ruhig, zuvorkommend) nicht erfüllt werden. Dies drückt sich auch in den Strafen aus, die bei weiblichen Gewalttätern drastischer sind.[54]

 

3.1.4 Aggressionen und Gewalt bei Mädchen

 

Während das Hauptaugenmerk bisher überwiegend auf den Jungen lag, sollen nun die Mädchen betrachtet werden. Wie schon angesprochen, gibt es diverse Gründe, weshalb sie als weniger gewalttätig erachtet werden: Entweder sind sie es tatsächlich, wobei die Gründe unterschiedlicher Natur sein können[55], oder sie haben eine andere, weniger offensichtliche Art der Aggressionsausübung.

 

Doch auch wenn physische Übergriffe bei Mädchen seltener vorkommen als bei Jungen, ist Gewalt dennoch vorhanden. Wie und wie stark, soll dieser Abschnitt klären.

 

Es gibt Befunde, die darauf deuten, dass Mädchen bzw. Frauen Aggressionen indirekter ausleben. „Mobbing“ in seiner beschriebenen Form kommt demnach, je nach Studie, häufiger oder mindestens genauso oft beim weiblichen wie beim männlichen Geschlecht vor.[56] Auch bei anderen aggressiven Handlungen sind Mädchen nicht so harmlos, wie sie gerne betrachtet werden: Befragungen von Schülerinnen und Schülern haben gezeigt, das psychische Aggressionen[57] immerhin von 51% der Mädchen (Jungen: 63%) innerhalb eines Schuljahres ausgeübt wurden![58] Auch andere, dem psychischen Bereich der Aggressivität bzw. Aggressionen bzw. Gewalt zugeordnete Handlungen zeigen, dass Mädchen zumindest ein hohes Aggressionspotenzial haben, wenn auch meistens nicht so hoch wie das männliche. Vor allem aber bei physischen Akten sind, wie schon gezeigt, Mädchen weit weniger involviert. Doch hier muss man aufpassen, da bei Befragungen von Schülerinnen, Schülern und auch Lehrern u.U. die Erwartungshaltung und das subjektive Empfinden mitspielt. Mädchen offenbaren demnach offensichtlich seltener, dass sie an physischen Gewalttaten beteiligt waren, da es nicht der Geschlechtsrolle entspricht.[59] Auch der persönliche Eindruck, was denn schon „Aggression“ ist, scheint anders. Die individuelle Wahrnehmung von Jungen und Mädchen ist unterschiedlich.[60]

 

Vor allem aber werden physische und psychische Gewaltakte von Mädchen gegen Jungen viel seltener thematisiert, in erster Linie, weil Jungen sich schämen, von einem Mädchen malträtiert worden zu sein. Dies gilt sowohl für den schulischen wie auch den außerschulischen Bereich.[61]  

 

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