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Albrecht Dürer - Der Mann und das Werk

Illustrierte Biografie: Das Leben Albrecht Dürers, eines bedeutenden Künstler (Maler, Grafiker und Mathematiker) zur Zeit des Humanismus und der Reformation

AutorWilly Pastor
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl640 Seiten
ISBN9788026824954
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Albrecht Dürer - Der Mann und das Werk' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Albrecht Dürer (1471-1528) war ein deutscher Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsttheoretiker von europäischem Rang. Das gesteigerte Selbstbewusstsein und die vielschichtige Selbstreflexion deutet sich in Dürers zahlreichen Selbstporträts an. In ihnen thematisiert der Künstler seinen eigenen gesellschaftlichen Stand und darüber hinaus die hohe Wertigkeit der bildenden Kunst als intellektuelle Disziplin in einer Zeit, als diese noch zum gemeinen Handwerk gezählt wurde. Wie den Holzschnitt, so perfektionierte und revolutionierte Dürer auch die Techniken des Kupferstichs. Neben seinem künstlerischen Schaffen schrieb Dürer Werke über das Perspektivproblem in der Malerei, darunter Underweisung der Messung, und betätigte sich mit der Befestigung von Städten. Ein wichtiger Ratgeber war ihm hierbei der römische Architekt und Architekturtheoretiker Vitruv mit seinen zehn Büchern de Architectura. Als Mathematiker, geht er deduktiv und systematisch vor und ist sich des grundlegenden Unterschieds zwischen exakten Lösungen (er nennt sie 'demonstrative') und näherungsweisen ('mechanice') Lösungen stets bewusst, was ihn sogar von den meisten Mathematikern seiner Zeit abhebt. Willy Pastor (1867-1933) war ein deutscher Kunsthistoriker, Kunst- und Kulturkritiker sowie völkischer Schriftsteller.

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Leseprobe

II. Die Offenbarung Johannis


Inhaltsverzeichnis

 

1


Inhaltsverzeichnis


Die Offenbarung Johannis hatte in Deutschland den Ruf eines Wahrsagebuches bekommen. Man empfand die apokalyptischen Weissagungen als an die unmittelbare Gegenwart gerichtet. Von den unheilvollen Zeichen, in denen man das Ende angesagt wähnte, waren einige in der Apokalypse beschrieben bis ins letzte. Der Weltuntergang selbst wurde mit der nämlichen Bestimmtheit verkündet, die man von den berühmten Astrologen gewöhnt war. Wo so viel zutraf, da schien es vermessen, an Einzelheiten zu deuteln. Dem ganzen Buch wurde geglaubt, und was von seinen großen Ereignissen noch nicht eingetreten war, das war gewiß noch zu erwarten. Soweit erklärt sich die breite Volkstümlichkeit der Apokalypse grade in der Zeit der Erwartung. In Tafeldrucken und ebenso in Blockbüchern, jenen überallhin verbreiteten Bilderfolgen mit kurz erläuterndem Text (Schrift und Bild noch auf demselben Block geschnitten; wir kommen darauf zurück), wurde der Stoff mehrfach behandelt. Die Kölner Bilderbibel von 1430 und die nach ihr in Nürnberg erscheinende begleiteten keinen Abschnitt der Schrift mit so viel Bildern als eben die Apokalypse. Das alte Buch war von brennendem Tageswert. Schon deshalb hatte ein junger Künstler von Dürers Schlag wohl Anlaß, klar zu ihm Stellung zu nehmen.

Dazu kommt ein anderes, zeitlich minder Begrenztes, was es zugleich begreifen läßt, warum die Apokalypse lange vor der Zeit der Erfüllung und lange vor der Erfindung des Buchdrucks bereits in den Bilderhandschriften so fleißig nachgeschildert wurde. Die Götterdämmerung des Neuen Testaments hat man die Apokalypse genannt, oder auch die nordische Apokalypse unsere Götterdämmerung. Mit vollem Recht. Die Übereinstimmungen beider Visionen sind aufdringlich klar. Elias steht gegen den Antichrist wie Thor gegen den Drachen oder die Weltschlange. Die Posaunen des Gerichts schallen wie das Gjallarhorn, mit dem Heimdal das große Wecken beginnt. Die Walstatt Wigrid (der in den einzelnen Gauen Deutschlands verschiedene Stätten zugewiesen wurden) entspricht der Ebene, »die da heißt auf hebräisch Harmogedon«.

Nun hatte sich zwar an schriftlichen Überlieferungen fast nichts germanisch Mythologisches mehr in Deutschland erhalten. Immerhin gab es noch von Ludwig dem Deutschen her das Muspillilied vom großen Weltbrand. Doch auch wenn das nicht gewesen wäre, hätte man um die allgemeinen Züge der Götterdämmerung noch immer gewußt. Das Volk hat ein gutes Gedächtnis. Ob das Erzählen und Wiedererzählen auch vieles verwischt und entstellt: das Wesentliche wird lange Jahrhunderte hindurch doch zäh noch festgehalten. Wir heute, im grellen Licht des zwanzigsten Jahrhunderts, haben in Sitte und Sage, Volksglaube und Kinderspiel noch hundertfache Fühlung mit uralt heidnischen Vorstellungen. Um wieviel stärker war die Fühlung im späten Mittelalter! Und wie mußte die Erinnerung an die Götterdämmerungssage je nach ihrer Kraft den apokalyptischen Vorstellungen Farbe und Charakter geben!

So flossen dem Künstler auch hier geheime Quellen zu. Von zwei Seiten her kamen ihm Anregungen, nach zwei Richtungen hin konnte er sich entscheiden. Und wie hat es Dürer genutzt?

Er konnte es halten wie der Apokalyptiker selbst, der die ihm von einer fernen Vergangenheit zugetragenen Gedanken einer Welterneuung umdeutet in ein trostloses Ende (denn das lichte Schlußbild wird verschüttet von dem voraufgegangenen Höllenlärm). Und wie der Apokalyptiker empfand ja schließlich Dürers ganze Zeit. Über die drohenden Schrecken vergaß sie es schier, zu welcher Herrlichkeit das alles führen sollte. Gab auch Dürer dieser Stimmung sich ganz hin, dann kroch und quoll es aus allen Winkeln seiner Blätter hervor als kleingotischer Spuk und kleingotische Fratze; er dämonisierte dann die Apokalypse, wie es andere mit der Versuchung des Antonius bereits getan.

Es hieße nun, sich den Dingen verschließen, wenn man behaupten wolle, Dürer sei den unheimlichen Weissagungen seiner Zeit innerlich ganz unzugänglich gewesen. Jeder, auch der größte Geist, ist noch zeitlich befangen. So wenig selbst Luther sich ganz losringen konnte von mittelalterlichem Teufelsspuk und Astrologenwahn, so wenig war Dürer völlig dem Glauben enthoben an die Wirklichkeit der Zeichen, und daß sie Schreckliches kündeten.

Wir lesen in seinem Gedenkbuch: »Das größt Wunderwerk, das ich all mein Tag gesehen hab, ist geschehen im 1503 Johr, als auf viel Leut Kreuz gefallen sind, sunderlich mehr auf die Kind denn ander Leut. Unter den allen hab ich eins gesehen in der Gestalt, wie ichs hernoch gemacht hab. Und es was gefallen aufs Eyrers Magd, der ins Pirkamers Hinterhaus saß, ins Hemd, in leinenes Tuch. Und sie war so betrübt drum, daß sie weinet und sehr klagte. Dann sie forcht, sie mußt dorum sterben. – Auch hab ich ein Komet am Himmel gesehen.«

Noch in ganz später Zeit, drei Jahre vor seinem Tod, hatte Dürer ein Traumgesicht, das er aquarellierte und mit der folgenden Beischrift versah: »Im 1525 Jahr nach dem Pfingsttag zwischen dem Mittwoch und Pfintztag in der Nacht im Schlaf hab ich dies Gesicht gesehen, wie viel großer Wassern vom Himmel fielen. Und das erst traf das Erdreich ungefähr 4 Meil von mir mit einer solchen Grausamkeit mit einem übergroßen Rauschen und Zersprützen und ertränket das ganze Land. In solchem erschrak ich so gar schwerlich, daß ich doran erwachet, eh dann die andern Wasser fielen. Und die Wasser, die do fielen, die warn fast groß. Und der fiel etliche weit, etliche näher, und sie kamen so hoch herab, daß sie im Gedunken gleich langsam fielen. Aber do das erst Wasser, das das Erdreich traf, schier herbeikam, do fiel es mit einer solchen Geschwindigkeit, Wind und Brausen, daß ich also erschrak, do ich erwacht, daß mir all mein Leichnam zittret und lang nit recht zu mir selbs kam. Aber do ich am Morgen aufstund, molet ich hier oben, wie ichs gesehen hätt. Gott wende all Ding zum besten

Wie stark solche Angstgesichte dem noch jungen Dürer zugesetzt haben, wie zum Greifen er sie wahrnahm, darüber hat er in Worten sich nicht geäußert; aber die Schilderungen der Apokalypse sagen es klarer als Worte. Die vom Himmel niederprasselnden Feuer, Gestirne, die zerplatzen wie – um dieses Bild der Gegenwart zu nehmen – ein wohlgerichtetes Schrapnell: das waren so gut Bilder nach der Natur, nach der Wirklichkeit, wie eine dem Leben nachgemalte Skizze.

Drei Bauern im Gespräch (um 1495)

Zeitlich befangen war also Dürer. Was seine Größe ausmacht, das ist, daß auch das andere, das gut Nordische und Sonnengewisse in ihm wirkte, und daß es in ihm sich frei machen konnte inmitten selbst apokalyptischer Schrecken. Dürers ganzes Leben ist eine einzige Läuterung und Klärung, und so auch ist es das erste unter seinen Werken, das ihn den Großen beigesellt. In ihm wird er Herr über das Schwerste, mit dem seine Zeit ihm die Seele belastet. Der Gleichklang mit der noch unverderbten heimischen Volksüberlieferung ist es, dem er stärkeren Widerhall schafft als den verängsteten Stimmen des Apokalyptikers. Indem er so handelt, mehr triebhaft als absichtlich, bringt er zu seinem Teil Gesundung in eine krank gewordene Zeit. Ein bekanntes Wort abwandelnd können wir wohl sagen: die Offenbarung Johannis, wie Dürer sie gab, das war schon die Reformation unterwegs.

2


Inhaltsverzeichnis


Wir greifen nun zum Buche selbst.

Für den Holzschnitt hatte Dürer sich entschieden. Das war für einen Künstler, der ins Volk dringen wollte, fast selbstverständlich. Auf allen Jahrmärkten und bei Heiltumsfahrten jeglicher Art war man gewohnt, solche Blätter und Bücher zu finden. Im Holzschnitt konnte der Maler Volksreden fürs Auge halten, oder auch, wenn er es danach hatte, Predigten fürs Auge. Dürer traute sich viel zu. Er ging erstaunlich ins Format. Einzelne Blätter von solchem Umfang kannte man wohl schon, ein ganzes Buch aber, ausschließlich aus ihnen zusammengesetzt, das war etwas Neues. Schon das war angetan, die Leute aufmerksam zu machen.

Wie aber: wenn sie nun das Buch mit dem fesselnden Titel aufschlugen und Blatt auf Blatt umwendeten, war dann das, was sie hier sahen, nicht eine starke Zumutung? Der Gegenstand war volkstümlich, daran war kein Zweifel. Konnte er aber seine Volkstümlichkeit behaupten auch bei der besonderen Art der Darstellung, die ihm hier gegeben war?

Ein nur an moderne Kunstwerke gewöhntes Auge kann kaum daran glauben, so viele Hindernisse bieten sich ihm. Wie soll man das wohl auseinandersehen! Das rankt und wuchert uns entgegen und verfilzt sich, so wild und so wirr, daß es uns fast undenkbar scheint, es könne jemals Menschen gegeben haben mit Augen, die das vom Blatt herunterlasen.

Tatsächlich ist der Dürersche Holzschnitt im Vergleich zu dem seiner Vorgänger zunächst unübersichtlich. Eine überstarke Instrumentierung läßt die führenden Stimmen schwer zur Geltung kommen. Es würde uns danach nicht überraschen, von Dürers Zeitgenossen zu hören, daß er bei seiner Apokalypse zu viel Linienlärm hineingebracht habe in die altvertrauten Schnitte; wie man später etwa beim angehenden Mozart oder Beethoven »zu viel Noten« und »zu viel Orchester« rügte. Aber nichts von solchen Klagen ist bekannt. In der Ornamentik der vergangenen Jahrhunderte hatten die Augen sich an ein noch ganz anderes Liniengedränge gewöhnt, und so bot der neue Mann von dieser Seite noch die geringsten Schwierigkeiten.

Wir aber, wie finden wir uns durch?

Die Antwort ist: wir müssen es halten wie bei der Gotik selbst....

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