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E-Book

Alexandra David-Néel: Auf der Suche nach dem Licht

Biographischer Roman

AutorAntje Windgassen
Verlagdotbooks GmbH
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl228 Seiten
ISBN9783958248045
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Die Sehnsucht in der Seele: 'Alexandra David-Néel. Auf der Suche nach dem Licht' von Antje Windgassen jetzt als eBook bei dotbooks. Im späten 19. Jahrhundert ist das Leben jeder Frau strikt vorgezeichnet. Doch Alexandra ist anders. Schon als kleines Kind träumt sie davon, die Welt zu bereisen - und frei zu sein. Ihre Sehnsucht ist stärker als jede Konvention. Als eine der ersten Frauen studiert sie an der Sorbonne und bricht schon im Alter von erst 23 Jahren Richtung Asien auf - allein, aber mit Neugier im Herzen ... Antje Windgassens Romanbiografie erzählt fesselnd das Leben der Forscherin Alexandra David-Néel. Sie bereiste Birma, Indien und China - ihre besondere Leidenschaft aber galt Tibet: Sie wurde vom Dalai Lama empfangen, traf Gandhi und ließ kurz vor ihrem 100. Geburtstag - 'für alle Fälle' - noch einmal ihren Pass verlängern. Jetzt als eBook kaufen und genießen: 'Alexandra David-Néel. Auf der Suche nach dem Licht' von Antje Windgassen. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Die Historikerin Antje Windgassen wurde 1953 in Hamburg geboren. Sie lebt in Schleswig-Holstein und arbeitet als freie Autorin und Journalistin. Es sind die historischen Schicksale und ungewöhnlichen Biographien von Frauen, die ihr besonders am Herzen liegen.

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Leseprobe

Kapitel 1
Kindheit in Saint Mandé


Der Tag ist still und warm, der Himmel blau mit langen Wolkenstreifen, die mit einem Malerpinsel und Wasserfarbe gezogen zu sein scheinen. Die Luft ist voll von der Feuchtigkeit des Frühlings und dem lehmigen Geruch der Erde. Man schreibt das Jahr 1874, und der kleine Ort Saint Mandé, nahe Paris, liegt ruhig und träge im Sonnenlicht.

Fast 60 Jahre ist es nun her, daß Napoleons Truppen hier durchzogen, um bei Montmirail drei Schlachten in nur vier Tagen siegreich gegen die Alliierten zu schlagen. 60 Jahre, in denen sich das Städtchen kaum verändert hat.

Noch immer steht die Kirche Notre Dame am südlichen Teil der Straße und sieht wohlwollend auf die Reihen der schiefergedeckten Backsteinhäuser herab, noch immer versammeln sich die Mädchen des Dorfes auf der Gemeindewiese, um das Vieh zu hüten und achtzugeben, daß sich keine Kuh verläuft oder gestohlen wird, und noch immer ergreifen die Hühner und Gänse, unterstützt durch einige freche Spatzen, von der Straße Besitz.

In einem der von Gitterzäunen umschlossenen Gärten steht ein Mädchen und sieht sehnsüchtig auf dieses ungemein anziehende Etwas hinaus – die Straße. Schon häufig hat es versucht, auf die andere Seite des Gitterzaunes zu gelangen, doch jedesmal ist es dabei erwischt worden, und es hat Schelte und Strafe gesetzt. Der Lösung des Rätsels ist es dabei jedoch keinen Schritt näher gekommen: Wohin führt diese Straße? Würde man, wenn man sie immer weiter entlang liefe, am Ende diese Linie berühren können, die die Erwachsenen Horizont nennen und die auf sie eine fast magische Anziehungskraft hat?

»Alexandra! Wo steckt meine kleine Nini nur schon wieder?« Die Stimme des geliebten Vaters lenkt das Kind vorerst von seinem Problem ab, für das es im Augenblick ohnehin keinen Aufschluß zu geben scheint. Suchend sieht es sich um und entdeckt den Vater, der gerade aus dem Hause tritt.

»Hier bin ich, Papa«, ruft es aufgeregt winkend und bemerkt im gleichen Augenblick, daß der Vater nicht allein ist. Sein Freund, der nette Monsieur Hugo, steht bei ihm, und gemeinsam machen es sich die beiden Herren nun auf einer hölzernen Gartenbank in der Sonne bequem.

Rasch läuft Alexandra zu ihnen und klettert auf den Schoß des Dichters.

»Guten Tag, Monsieur. Wie schön, daß Sie uns auch wieder einmal besuchen.«

»Guten Tag, Mademoiselle David«, erwidert Hugo lächelnd den Gruß. »Es ist immer eine Freude, dich zu sehen.«

Seine letzten Worte sind jedoch kaum noch zu verstehen, denn sie gehen im Schreien und Johlen einer Horde Kinder unter, die gerade auf der Straße vorbeilärmt. Aufgeregt laufen sie einer kleinen Kolonne entgegen, die mit ihren blau und rot gestrichenen Wagen ins Dorf gefahren kommt. Fahrende Händler sind es, die über Land ziehen, mal hier, mal dort ihre Buden aufschlagen und mit Hilfe von Gauklern, Feuerfressern und Akrobaten die Kundschaft anlocken. Eine Weile betrachten die drei im Garten schweigend das bunte Szenario auf der Straße, doch dann hat der Dichter eine Frage:

»Warum spielst du eigentlich nie mit den Kindern des Dorfes, Alexandra. Ich sehe dich immer nur allein. Hast du keine Freunde?«

»Die Bäume sind meine Freunde, Monsieur«, erklärt das Kind mit ernster Miene und springt von seinem Schoß. Was es zu sagen hat, ist einfach zu wichtig. Dazu muß es sich schon hinstellen. »Und die Sonnenstrahlen und die Wolken. Das alles ist so schön, daß es Gott sein muß.«

Überrascht blickt Hugo auf das Kind vor ihm, das das bunte Leben außerhalb des Gartens keines Blickes mehr würdigt.

»Was für erstaunliche Ansichten für eine Fünfjährige.«

Louis David nickt stolz.

»Ja, meine kleine Nini ist wirklich ein außergewöhnliches Kind. Gerade gestern hat sie mich gefragt, ob es den Grashalmen weh tut, wenn man über den Rasen geht.«

Victor Hugo lacht anerkennend und beobachtet das kleine Mädchen, das eben im Haus verschwindet und dessen neugieriger Kopf sich schon wieder mit ganz anderen Dingen beschäftigt.

„In deinem Kinde, lieber Freund, steckt etwas, was hoch hinaus will«, meint Hugo nachdenklich. »Vielleicht höher, als wir beide ahnen.«

O ja, die kleine Alexandra ist wirklich ein ungewöhnliches Kind. Sie ist außerordentlich wissensdurstig und stets bemüht, für alle Fragen eine Lösung zu finden. Auf einige Fragen scheint es jedoch keine Antworten zu geben, und die hängen unmittelbar mit ihrer Mutter zusammen, von der das Mädchen sich nicht geliebt fühlt.

Sicher ist Alexandrine David ihrem einzigen Kind zugetan, sorgt sich und ist bemüht, ihm eine gute Erziehung zukommen zu lassen. Aber Liebe? Nein, das fühlt Alexandra instinktiv, Liebe bringt ihr die Mutter nicht entgegen.

Dabei wäre sie dazu sehr wohl in der Lage gewesen. Hatte sie nicht den kleinen Bruder, der im vergangenen Jahr geboren und ein halbes Jahr später bereits wieder gestorben war, mit ihren Gefühlen fast überschüttet?

Alexandra spürt, daß ihre Mutter sie niemals so geliebt hat wie den kleinen Bruder, ja mehr noch. Sie begreift auch sehr deutlich, daß es keine Liebe ist, die die Eltern verbindet, daß sie zwischen zwei Menschen aufwächst, die sich eigentlich fremd sind.

Als Louis David die 17 Jahre jüngere Alexandrine Borghmann heiratete, stellte sich schnell heraus, daß diese Ehe nicht »im Himmel« geschlossen worden war. Vielleicht lag es ja einfach nur daran, daß der 39jährige Louis und seine junge Frau zu verschieden waren. Er, der Freidenker, der Sozialist und Freimaurer, der wegen seiner politischen Überzeugung, gemeinsam mit seinem Freund Victor Hugo, nach Belgien ins Exil gehen mußte und sie, die herrschsüchtige und engherzige Kleinbürgerin, deren einzige Sorge darin bestand, mißtrauisch über ihr ererbtes Vermögen zu wachen. Vielleicht konnte dabei wirklich nichts anderes herauskommen als ein liebloses Nebeneinander.

Als Alexandrine nach vierzehnjähriger Ehe endlich schwanger wird, wünscht sie sich sehnlichst einen Sohn, der, davon ist die Katholikin überzeugt, einmal Bischof werden würde. Doch statt dessen bringt sie ein Mädchen zur Welt: Louise Eugenie Alexandrine Marie David. Die unsagbare Enttäuschung hierüber kann Madame David ihr ganzes Leben lang nicht verwinden. Natürlich bleibt die Unzufriedenheit der Mutter der aufgeweckten Alexandrine, die von allen nur Alexandra genannt wird, nicht verborgen, und von dieser Erkenntnis ist es dann auch nicht mehr weit bis zu ihrem Entschluß auszureißen.

Das Mädchen sitzt am Fenster ihres Zimmers und blickt hinaus auf die Straße, von der sie ja immer noch nicht weiß, wohin sie führt.

»Warum, um alles in der Welt, soll ich es nicht herausfinden?« flüstert sie leise vor sich hin. »Maman wird mich gewiß nicht vermissen. Ja, vielleicht wird sie sogar froh sein, sich eine Weile nicht über mich ärgern zu müssen. Schließlich wollte sie mich ohnehin nie haben.«

Damit ist es beschlossene Sache, und Alexandra, das ungewollte Kind, nutzt die nächste Gelegenheit, um aus der lieblosen Umgebung zu fliehen.

Die Familie befindet sich auf einem Sonntagsspaziergang durch den Bois de Vincennes, als Alexandra plötzlich wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheint. Alle glauben noch, sie habe sich hinter einem Baumstamm versteckt, doch die sofort eingeleitete Suche verläuft ergebnislos. »Wir müssen sofort die Gendarmerie informieren«, erklärt der besorgte Vater. Doch Alexandra bleibt trotzdem den ganzen Nachmittag über unauffindbar.

Das kleine Mädchen hingegen genießt die Freiheit in vollen Zügen. Es hat keine Angst allein im Wald von Vincennes. O nein, überhaupt nicht. Mit wachen Augen streift es durch das Gehölz und unterhält sich mit ihren Freunden, den Bäumen und den Blumen. Ihre Freunde werden sie schon beschützen, da ist sie ganz sicher.

Unerschrocken entdeckt Alexandra den Wald, fühlt sich eins mit ihm und der Natur und wünscht sich, ganz alleine auf der Welt zu sein. Ohne Mutter, der sie es doch niemals recht machen kann, und ohne Eltern, die fortwährend miteinander streiten.

Es beginnt bereits zu dämmern, als ein Waldaufseher das Kind entdeckt und auf die nächste Gendarmeriestation bringt. Alexandra wehrt sich ganz entschieden gegen dieses abrupte Ende ihres Abenteuers und weigert sich hartnäckig, ihren Namen anzugeben.

»Es liegt eine Vermißtenanzeige vor«, meint der Gendarm zu dem Waldaufseher. »Die Beschreibung paßt ganz genau.« Er beugt sich zu dem Kind hinunter und sieht ihm streng in die Augen. »Nun sag schon, Mädchen. Du heißt doch Alexandra David, nicht wahr?«

Die Kleine preßt die Lippen zusammen und gibt den Blick trotzig zurück. Dann verschränkt sie die Arme vor der Brust und wendet den Kopf hochmütig ab, auf keinen Fall bereit, sich einschüchtern zu lassen. Der Gendarm richtet sich zornig wieder auf.

»Dein Schweigen nützt dir gar nichts«, schnaubt er. »Die Davids warten in der Schenke am Wegkreuz. Ich werde dich sofort zu ihnen bringen. Dann werden wir ja sehen…«

Wie nicht anders zu erwarten, wird Nini von ihrer Mutter mit Vorwürfen überschüttet, während ihr Vater, der wesentlich mehr Verständnis für den Freiheitsdrang seiner Tochter aufbringt, sie in Schutz nimmt. Ein unvermeidlicher Streit entbrennt, der auch den ganzen Heimweg über anhält. Ängstlich blickt das Kind zu den Eltern auf, nicht begreifend, was an ihrem Ausflug nun so schrecklich Verwerfliches gewesen ist.

Als Alexandra endlich, spät in der Nacht, in ihrem Bett liegt, weint sie sich in den Schlaf. Doch die Tränen versiegen schnell, als der Vater ihr am nächsten Tag ein großes Paket überreicht. Rasch wickelt Nini das Geschenk aus und hält einen Atlas in den Händen. Fast ehrfürchtig trägt sie das Buch...

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