Sie sind hier
E-Book

Alles wird gut!

In 14 Etappen durch die Jakobs- und Josefsgeschichte

VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783417227659
Altersgruppe35 – 88
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
'Alles wird gut!' - kann das stimmen? Vielleicht denken Sie: 'Bei anderen mag das so sein, aber bei mir nicht!' Auch Jakob und Josef konnten das sicherlich an vielen Stationen ihres Lebens nicht glauben. Und doch wurde am Ende alles gut, weil Gott stets seine Hand im Spiel hat - selbst dann noch, wenn Situationen ausweglos erscheinen oder Menschen sich Fehltritte leisten. Autoren wie Birgit Winterhoff, Monika Deitenbeck-Goseberg, Ansgar Hörsting oder auch Siegfried Zimmer nehmen Sie mit auf eine Reise. Entdecken Sie, wie viel die spannenden Lebensgeschichten von Jakob und Josef mit Ihrem Leben heute zu tun haben. Die Fragen und Impulse am Ende jeder der 14 Etappen helfen Ihnen, konkrete Schritte zu gehen. Auch gut geeignet als Kleingruppenmaterial!

Michael Diener, Jg. 1962, ist Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und ehrenamtlicher Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz. Mit seiner Frau hat er 2 erw. Kinder und wohnt in Kassel. Er begeistert sich für American Football.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Etappe 2


Verkauft und verloren


1. Mose 25,29-34


Prof. Dr. Michael Rohde


Einst kochte Jakob ein Gericht. Da kam Esau vom Feld, und er war erschöpft. Und Esau sagte zu Jakob: Lass mich doch schnell essen von dem Roten, dem Roten da, denn ich bin erschöpft! Darum gab man ihm den Namen Edom. Da sagte Jakob: Verkaufe mir heute dein Erstgeburtsrecht! Esau sagte: Siehe, ich gehe ja doch dem Sterben entgegen. Was soll mir da das Erstgeburtsrecht? Jakob aber sagte: Schwöre mir heute! Da schwor er ihm und verkaufte sein Erstgeburtsrecht an Jakob. Und Jakob gab Esau Brot und ein Gericht Linsen; und er aß und trank und stand auf und ging davon. So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht. (1. Mose 25,29-34; ELB)

1. Esau – der wilde Mann


Wenn ich mir Esau vorstelle, dann sehe ich einen von der Sonne braun gebrannten Mann. Denn er ist Jäger und hält sich gerne draußen auf. Esau ist kein Muttersöhnchen, das zu Hause im Zelt sitzt. Esau pirscht mit Pfeil und Bogen durch die Gegend. Er erlegt wilde Tiere und sorgt dafür, dass etwas Besonderes auf den Grill kommt – Fleisch und nicht immer nur Linsen und Brot. Seine Haut ist behaart wie die eines Ziegenbocks. Seine Statur? Vermutlich durchtrainiert, gestählt, Sixpack und muskulöse Arme. Esau – der wilde Mann! Esau – was für ein Mann!

Esau verkörpert den orientalischen Macho. Den Wladimir Putin der Antike, mit nacktem Oberkörper und einem Gewehr in der Hand bei der Jagd. Esau – das ist der Fußballer, der nach dem Torerfolg allen seine durchtrainierte Brust präsentiert! Manchem entlockt das Bewunderung. Andere verdrehen die Augen. Esau – der wilde Mann!

Aber unter den Ziegenhaaren und der rotbraunen Haut verstecken sich Bedürfnisse, ganz menschliche, alltägliche Bedürfnisse. Hinter der vermeintlichen Stärke liegt Angewiesen sein. Jeder wilde Mann ist auch nur ein kleiner Junge, der gestillt, geliebt und gebraucht werden will.

2. Erschöpft


Da kam Esau vom Feld, und er war erschöpft
(1. Mose 25,29; ELB).

In meiner kleinen Welt arbeiten die meisten Menschen geistig. Am Schreibtisch bekommen sie einen krummen Rücken und Kopfschmerzen. Deswegen ist es für Geisteswissenschaftler eine echte Abwechslung, geradezu ein Erlebnis, einmal richtig körperlich zu arbeiten. Zwei Wochen lang habe ich an einer archäologischen Grabung teilgenommen – im Staub knien und mit einer Hacke in der Erde wühlen, das hatte richtig Spaß gemacht, wenn es nicht so heiß und so anstrengend gewesen wäre. Aber ich erinnere mich gut, wie erschöpft und auch beglückt ich war, nach zehn Stunden in der jordanischen Wüste zum Essen zu kommen. Wer gewohnt ist, körperlich hart zu arbeiten, der kennt das nicht nur für zwei Wochen.

Erschöpft – so menschlich redet die Bibel über uns Menschen. Unsere Kraft geht zu Ende. Selbst der stärkste, wildeste Mann ist nach einem Tag Feldarbeit erschöpft. In unserer Gesellschaft haben wir sogar mit Erschöpfungsdepressionen zu tun, mit Burn-out. Menschen brennen aus und erleben, dass sie keine Kraft mehr haben. Ihnen fehlt die Kraft, aufzustehen und an die Arbeit zu gehen.

Erschöpft kommt Esau vom Feld. Und wer erschöpft ist, hat Bedürfnisse. Aus der Schule kennen wir die Bedürfnispyramide. Hunger und Durst sind unsere Primärbedürfnisse. Und darüber liegen Bedürfnisse nach Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Gruppe, nach Anerkennung und Wertschätzung. Und erst ganz am Ende, an der Spitze aller Bedürfnisse, steht das Bedürfnis nach Sinn – nach Gott! Wer zu wenig geschlafen hat und wem der Magen knurrt, der braucht zunächst keine Bibelarbeit, sondern ein Bett und später ein Frühstück.

Esau kommt also erschöpft vom Feld. Er ist ganz bei sich und seinen Bedürfnissen. Und schon als er vor das Zelt kommt, sieht er Jakob beim Kochen. Kochen, das ist in traditionellen Gesellschaften Frauenarbeit. Männliche Sterneköche gibt es erst später. Jakob gehört auf die Seite der Mutter und ist eben der häusliche Typ – das absolute Gegenteil von Macho Esau. Aber in dieser Begegnung wechseln die Rollen. Der wilde Mann Esau wird zum Kind und das Muttersöhnchen Jakob zur Mutter. Denn jetzt ergibt sich eine wunderbare Gelegenheit.

3. Die Gelegenheit – ein Schnäppchen


Der Duft der kochenden Suppe und des gerade gebackenen Brotes liegt in der Luft. Im Orient war Brotbacken mühsame Handarbeit – erst musste das Mehl an der Reibmühle hergestellt und anschließend der Teig mit der Hand geknetet werden, dann erfolgte ein stundenlanger Gärprozess. Im Alten Orient dauerte es von der Herstellung des Mehls bis zum Genuss eines gesäuerten Brotes länger als einen Tag. Ein frisch gebackenes Fladenbrot ist ein besonderer Genuss. Doch nur wenige Stunden nach dem Backen ist es hart wie eine Schuhsohle und fast ungenießbar. Deswegen ist diese Situation für Esau eine besondere Gelegenheit – eine echte Schnäppchensituation! Das Versprechen der Situation ist verführerisch: Ganz schnell kann er seine grundlegenden Bedürfnisse befriedigen. Ganz schnell kann er seiner Erschöpfung abhelfen. Ganz schnell kann er sich Erleichterung und Entlastung verschaffen. Ein Schnäppchen winkt. Und so spricht er auch mit seinem Bruder:

Lass mich doch schnell essen von dem Roten, dem Roten da, denn ich bin erschöpft (1. Mose 25,30; ELB).

4. Gierig


Esau redet abgehackt. Er sagt: „Lass mich doch schlingen – von dem Roten – dem Roten da – und lass mich fressen, ich bin ganz erschöpft!“ Esau spricht hier in ungeschliffener Sprache. Das hebräische Original ist abgehackt – die Gier sucht ihre Worte! Schnell muss es gehen! Viel muss es sein! Verschlingen will ich es!

Jakob ist sozusagen das erste Fast-Food-Restaurant, der erste Filialchef von Burger King oder McDonald’s. Mit diesen Gelegenheiten an jeder Raststätte oder Autobahnkreuzung erzielen die großen Fast-Food-Ketten unglaubliche Gewinne! Mit Schnäppchen kann man jeden locken, oder?

Und die Hast, die Eile, die Gier Esaus sind doch nur verständlich, allzu menschlich. So sind wir Menschen, wenn uns der Magen knurrt oder wenn wir etwas unbedingt wollen – haben wollen, und zwar sofort. Sind Sie so anders als Esau, wenn es um Ihre Bedürfnisse geht? Um das, wonach Ihnen der Sinn steht? Um das, was Ihnen den Mund wässrig macht?

Psychologen haben das in Studien untersucht. Wie lange können Kinder ihren Trieb kontrollieren, wenn man ihnen ein Versprechen macht? „Vor dir liegen Süßigkeiten. Du darfst sofort zugreifen. Aber wenn du warten kannst, bis das Signal ertönt, bekommst du das Doppelte.“ Wie lange es dauert, bis sie zugreifen, zeigt ihre Triebkontrolle – ihre Fähigkeit, auf etwas Besseres zu warten!

Wir leben in einer Bedürfnisgesellschaft, in der uns alle Werbung verspricht, dass sie uns alles und zwar sofort besorgen und geben kann. Und Esau? Klar, der will „das Rote da“ haben! Und nebenbei lernen wir etwas Hebräisch, denn „das Rote“ heißt auf Hebräisch „haadom“, und Esau nennt man edom und sein rötliches Aussehen admoni – sodass hier mit Worten gespielt wird. Haadom, edom, admoni – um zu erklären, dass Esau zu Edom wird. Das ist keine Anekdote, sondern hier wird aus dem einzelnen wilden Mann ein Symbol für ein ganzes Volk. Unser Text bekommt eine politische Dimension, denn wie Israel mit seinen Nachbarn, den Edomitern, Ammoritern, Philistern, ja, Palästinensern umgeht, ist bis heute eine brisante Frage – auch die Frage, wie man Rechte und Bedürfnisse gerecht teilt! Bedürfnisse nach Nahrung, nach Sicherheit und Zugehörigkeit.

„Lass mich doch schlingen von dem Roten, diesem Roten da …“

5. Die Tragik


Jakob nutzt die Gunst der Stunde. Er bietet Esau einen Handel an. Einen großartigen Deal. „Verkaufe mir zuerst dein Erstgeburtsrecht.“ Der Küchenchef ist in einer mächtigen Position. Jakob ist der Monopolist. Er hat etwas, was ein anderer sofort will, und nur er hat es jetzt und hier. Und das nutzen Monopolisten schamlos aus. Deswegen bezahlen wir an Flughäfen und Raststätten das Doppelte von dem, was wir woanders bezahlen müssten. Jakob stellt seine Forderung direkt und klar: „Du verkaufst mir dein Erstgeburtsrecht. Ich gebe dir meine Linsensuppe und mein frisches Brot.“ Take it! Your last chance! Great Deal!

In der orientalischen Gesellschaft ist der erste Sohn, der einer Familie geboren wird, ein echter Glücksfall. Der Erstgeborene erhält eine Vorzugsstellung unter allen Erben. Das ist in allen Gesellschaften im Orient so gewesen, in Ugarit (dem heutigen Syrien), im Zweistromland (dem heutigen Irak) und eben auch in Kanaan (dem heutigen Israel). Von allem, was ein Vater seinen Söhnen zu vererben hatte, bekam der Erstgeborene zwar nicht alles, aber am meisten. Nach Auswertung der Quellen bekam die Nummer eins, der Erstgeborene, vermutlich zwei Drittel des Erbes, und das verbleibende Drittel wurde unter allen anderen Erben aufgeteilt. Das Erstgeburtsrecht war also ein materielles Plus, ein Add-on in der Zukunft, wenn der Vater einmal stirbt und Zeit fürs Erbe ist.

Und Esau? Ich sterbe fast vor Hunger. Was soll mir da das Erstgeburtsrecht? (1. Mose 25,32; ELB).

6. Die Konsequenzen


Wenn Esau Jakob sein Erstgeburtsrecht verkauft, hat das keine sofortige Wirkung. Er spürt den Verlust nicht. Die Konsequenzen liegen in der...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Christentum - Religion - Glaube

Transitus Mariae

E-Book Transitus Mariae
Beiträge zur koptischen Überlieferung. Mit einer Edition von P.Vindob. K. 7589, Cambridge Add 1876 8 und Paris BN Copte 129 17 ff. 28 und 29 (Neutestamentliche Apokryphen II) - Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten JahrhunderteISSN N.F. 14 Format: PDF

The discussion about the beginnings of Transitus-Mariae literature (apocryphal texts about the life and death of the Mother of Jesus) is marked by two hypotheses. The first is marked by the…

Abram - Abraham

E-Book Abram - Abraham
Kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Genesis 14, 15 und 17 - Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche WissenschaftISSN 350 Format: PDF

This substantial contribution to Pentateuch research shows paradigmatically how the politico-geographical concepts from Genesis 14 and the concepts of the theology of promise in Gen 15 are…

Sich verzehrender Skeptizismus

E-Book Sich verzehrender Skeptizismus
Läuterungen bei Hegel und Kierkegaard - Kierkegaard Studies. Monograph SeriesISSN 12 Format: PDF

The study focuses on the sceptical forms of thought and expression with which Hegel and Kierkegaard link the claim for absolute truth. With his 'self-completing scepticism' (Phenomenology of…

Sich verzehrender Skeptizismus

E-Book Sich verzehrender Skeptizismus
Läuterungen bei Hegel und Kierkegaard - Kierkegaard Studies. Monograph SeriesISSN 12 Format: PDF

The study focuses on the sceptical forms of thought and expression with which Hegel and Kierkegaard link the claim for absolute truth. With his 'self-completing scepticism' (Phenomenology of…

Weitere Zeitschriften

Augenblick mal

Augenblick mal

Die Zeitschrift mit den guten Nachrichten "Augenblick mal" ist eine Zeitschrift, die in aktuellen Berichten, Interviews und Reportagen die biblische Botschaft und den christlichen Glauben ...

Berufsstart Gehalt

Berufsstart Gehalt

»Berufsstart Gehalt« erscheint jährlich zum Sommersemester im Mai mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren und ermöglicht Unternehmen sich bei Studenten und Absolventen mit einer ...

care konkret

care konkret

care konkret ist die Wochenzeitung für Entscheider in der Pflege. Ambulant wie stationär. Sie fasst topaktuelle Informationen und Hintergründe aus der Pflegebranche kompakt und kompetent für Sie ...

küche + raum

küche + raum

Internationale Fachzeitschrift für Küchenforschung und Küchenplanung. Mit Fachinformationen für Küchenfachhändler, -spezialisten und -planer in Küchenstudios, Möbelfachgeschäften und den ...

Die Versicherungspraxis

Die Versicherungspraxis

Behandlung versicherungsrelevanter Themen. Erfahren Sie mehr über den DVS. Der DVS Deutscher Versicherungs-Schutzverband e.V, Bonn, ist der Interessenvertreter der versicherungsnehmenden Wirtschaft. ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...