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Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels

Struktur des Kosmos: Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprunge des ganzen Weltgebäudes, nach Newtonischen Grundsätzen abgehandelt

AutorImmanuel Kant
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl137 Seiten
ISBN9788026866541
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Nach Kants Vorstellung ist unser Sonnensystem eine Miniaturausgabe der beobachtbaren Fixsternsysteme, wie zum Beispiel unser Milchstraßensystem und andere Galaxien. So entstehen und vergehen seiner Meinung nach Planetensysteme und Sternsysteme periodisch aus einem Urnebel, dabei verdichten sich die einzelnen Planeten unabhängig. Mit dieser Theorie kommt er den heutigen Vorstellungen über die Kosmogonie näher als sein Zeitgenosse Pierre-Simon Laplace (1796). Gleichwohl werden beide Theorien oft als Kant-Laplace-Theorie über die Entstehung des Sonnensystems (Kosmogonie) zusammengefasst. Immanuel Kant (1724-1804) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung. Kant zählt zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie.

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Leseprobe

Von der systematischen Verfassung unter den Fixsternen.


Der Lehrbegriff von der allgemeinen Verfassung des Weltbaues hat seit den Zeiten des Huygens keinen merklichen Zuwachs gewonnen. Man weiß noch zur Zeit nichts mehr, als was man schon damals gewust hat, nemlich, daß sechs Planeten mit zehn Begleitern, welche alle beynahe auf einer Fläche die Cirkel ihres Umlaufs gerichtet haben, und die ewige cometische Kugeln, die nach allen Seiten ausschweifen, ein System ausmachen, dessen Mittelpunkt die Sonne ist, gegen welche sich alles senkt, um welche ihre Bewegungen gehen, und von welcher sie alle erleuchtet, erwärmet und belebet werden; daß endlich die Fixsterne als eben so viel Sonnen Mittelpunkte von ähnlichen Systemen seyn, in welchen alles eben so groß und eben so ordentlich als in dem unsrigen eingerichtet seyn mag, und daß der unendliche Weltraum von Weltgebäuden wimmele, deren Zahl und Vortreflichkeit ein Verhältniß zur Unermeßlichkeit ihres Schöpfers hat.

Das systematische, welches in der Verbindung der Planeten, die um ihre Sonnen laufen, statt fand, verschwand allhier in der Menge der Fixsternen, und es schien, als wenn die gesetzmäßige Beziehung, die im Kleinen angetroffen wird, nicht unter den Gliedern des Weltalls im Grossen herrsche; die Fixsterne bekamen kein Gesetz, durch welches ihre Lagen gegen einander eingeschränket wurden, und man sahe sie alle Himmel und aller Himmel Himmel ohne Ordnung und ohne Absicht erfüllen. Seit dem die Wißbegierde des Menschen sich diese Schranken gesetzt hat, so hat man weiter nichts gethan, als die Grösse desjenigen daraus abzunehmen und zu bewundern, der in so unbegreiflich grossen Werken sich offenbaret hat.

Dem Herrn Wright von Durham, einem Engländer, war es vorbehalten, einen glücklichen Schritt zu einer Bemerkung zu thun, welche von ihm selber zu keiner gar zu tüchtigen Absicht gebraucht zu seyn scheinet, und deren nützliche Anwendung er nicht genugsam beobachtet hat. Er betrachtete die Fixsterne nicht als ein ungeordnetes und ohne Absicht zerstreutes Gewimmel, sondern er fand eine systematische Verfassung im Ganzen, und eine allgemeine Beziehung dieser Gestirne gegen einen Hauptplan der Raume, die sie einnehmen.

Wir wollen den Gedanken, den er vorgetragen, zu verbessern und ihm diejenige Wendung zu ertheilen suchen, dadurch er an wichtigen Folgen fruchtbar seyn kan, deren völlige Bestätigung den künftigen Zeiten aufbehalten ist.

Jedermann, der den bestirnten Himmel in einer heitern Nacht ansiehet, wird denjenigen lichten Streif gewahr, der durch die Menge der Sterne, die daselbst mehr als anderwerts gehäuft seyn, und durch ihre sich in der grossen Weite verlierende Kentlichkeit, ein einförmigtes Licht darstellet, welches man mit dem Nahmen der Milchstrasse benennet hat. Es ist zu bewundern, daß die Beobachter des Himmels durch die Beschaffenheit dieser am Himmel kenntlich unterschiedenen Zone nicht längst bewogen worden, sonderbare Bestimmungen in der Lage der Fixsterne daraus abzunehmen. Denn man siehet ihn die Richtung eines größten Zirkels, und zwar in ununterbrochenem Zusammenhange, um den ganzen Himmel einnehmen, zwey Bedingungen, die eine so genaue Bestimmung und von dem Unbestimmten des Ungefehrs so kenntlich unterschiedene Merkmale mit sich führen, daß aufmerksame Sternkundige natürlicher Weise dadurch hätten veranlasset werden sollen, der Erklärung einer solchen Erscheinung mit Aufmerksamkeit nachzuspüren.

Weil die Sterne nicht auf die scheinbare hole Himmelssphäre gesetzet sind, sondern einer weiter als der andere von unserm Gesichtspunkte entfernet, sich in der Tiefe des Himmels verlieren: so folget aus dieser Erscheinung, daß in den Entfernungen, darinn sie einer hinter dem andern von uns abstehen, sie sich nicht in einer nach allen Seiten gleichgültigen Zerstreuung befinden, sondern sich auf eine gewisse Fläche vornemlich beziehen müssen, die durch unsern Gesichtspunkt gehet, und welcher sie sich so nahe als möglich zu befinden bestimmet sind.

Diese Beziehung ist ein so ungezweifeltes Phänomenon, daß auch selber die übrigen Sterne, die in dem weißlichten Streife der Milchstrasse nicht begriffen sind, doch um desto gehäufter und dichter gesehen werden, je näher ihre Oerter dem Cirkel der Milchstrasse sind, so, daß von den 2000 Sternen, die das blosse Auge am Himmel entdecket, der größte Theil in einer nicht gar breiten Zone, deren Mitte die Milchstrasse einnimmt, angetroffen wird.

Wenn wir nun eine Fläche durch den Sternenhimmel hindurch in unbeschränkte Weiten gezogen gedenken, und annehmen: daß zu dieser Fläche alle Fixsterne und Systemata eine allgemeine Beziehung ihres Orts haben, um sich derselben näher als andern Gegenden zu befinden, so wird das Auge, welches sich in dieser Beziehungsfläche befindet, bey seiner Aussicht in das Feld der Gestirne, an der hohlen Kugelfläche des Firmaments, diese dichteste Häufung der Sterne in der Richtung solcher gezogenen Fläche unter der Gestalt einer von mehrerem Lichte erleuchteten Zone erblicken. Dieser lichte Streif wird nach der Richtung eines größten Zirkels fortgehen, weil der Stand des Zuschauers in der Fläche selber ist. In dieser Zone wird es von Sternen wimmeln, welche durch die nicht zu unterscheidende Kleinigkeit der hellen Punkte, die sich einzeln dem Gesichte entziehen, und durch ihre scheinbare Dichtigkeit, einen einförmig weißlichten Schimmer, mit einem Worte, eine Milchstrasse, vorstellig machen. Das übrige Himmelsheer, dessen Beziehung gegen die gezogene Fläche sich nach und nach vermindert, oder welches sich auch dem Stande des Beobachters näher befindet, wird mehr zerstreuet, wiewohl doch, ihrer Häufung nach, auf eben diesen Plan beziehend gesehen werden. Endlich folget hieraus, daß unsere Sonnenwelt, weil von ihr aus dieses System der Fixsterne in der Richtung eines grössesten Zirkels gesehen wird, mit in eben derselben großen Fläche befindlich sey, und mit den übrigen ein System ausmache.

Wir wollen, um in die Beschaffenheit der allgemeinen Verbindung, die in dem Weltbaue herrschet, desto besser zu dringen, die Ursache zu entdecken suchen, welche die Oerter der Fixsterne auf eine gemeinschaftliche Fläche beziehend gemacht hat.

Die Sonne schrenket die Weite ihrer Anziehungskraft nicht in den engen Bezirk des Planetengebäudes ein. Allem Ansehen nach erstreckt sie selbige ins unendliche. Die Cometen, die sich sehr weit über den Kreiß des Saturns erheben, werden durch die Anziehung der Sonne genöthiget, wieder zurück zu kehren und in Kreisen zu laufen. Ob es also gleich der Natur einer Kraft, die dem Wesen der Materie einverleibt zu seyn scheinet, gemässer ist, unbeschränkt zu seyn, und sie auch wirklich von denen, die Newtons Sätze annehmen, davor erkannt wird: so wollen wir doch nur zugestanden wissen, daß diese Anziehung der Sonne ohngefehr bis zum nächsten Fixsterne reiche, und daß die Fixsterne als eben so viel Sonnen in gleichem Umfange um sich wirken, folglich daß das ganze Heer derselben einander durch die Anziehung zu nähern bestrebt sey; so finden sich alle Weltsystemen in der Verfassung, durch die gegenseitige Annäherung, die unaufhörlich und durch nichts gehindert ist, über kurz oder lang in einen Klumpen zusammen zu fallen, wofern diesem Ruin nicht so wie bey den Kugeln unsers planetischen Systems durch die den Mittelpunkt fliehende Kräfte vorgebeugt worden, welche, indem sie die Himmelskörper von dem geraden Falle abbeugen, mit den Kräften der Anziehung in Verbindung die ewige Kreisumläufe zuwege bringen, dadurch das Gebäude der Schöpfung vor der Zerstörung gesichert und zu einer unvergänglichen Dauer geschickt gemacht wird.

So haben denn alle Sonnen des Firmaments Umlaufsbewegungen, entweder um einen allgemeinen Mittelpunkt oder um viele. Man kann sich aber allhier der Analogie bedienen, dessen, was bey den Kreisläufen unserer Sonnenwelt bemerket wird: daß nemlich, gleichwie eben dieselbe Ursache, die den Planeten die Centerfliehkraft, durch die sie ihre Umläufe verrichten, ertheilet hat, ihre Laufkreise auch so gerichtet: daß sie sich alle auf eine Fläche beziehen, also auch die Ursache, welche es auch immer sein mag, die den Sonnen der Oberwelt, als so viel Wandelsternen höherer Weltordnungen die Kraft der Umwendung gegeben, ihre Kreise zugleich so viel möglich auf eine Fläche gebracht, und die Abweichungen von derselben einzuschränken bestrebt gewesen.

Nach dieser Vorstellung kann man das System der Fixsterne einiger massen durch das planetische abschildern, wenn man dieses unendlich vergrössert. Denn wenn wir an statt der 6 Planeten mit ihren 10 Begleitern so viele tausend derselben, und an statt der 28 oder 30 Cometen, die beobachtet worden, ihrer hundert oder tausendmal mehr annehmen, wenn wir eben diese Körper als selbstleuchtend gedenken, so würde dem Auge des Zuschauers, das sie von der Erde ansiehet, eben der Schein als von den Fixsternen der Milchstrasse entstehen. Denn die gedachte Planeten würden durch ihre Naheit zu dem gemeinen Plane ihrer Beziehung, uns, die wir mit unserer Erde in eben demselben Plane befindlich seyn, eine von unzählbaren Sternen dicht erleuchtete Zone darstellen, deren Richtung nach dem grössesten Zirkel ginge; dieser lichte Streifen würde allenthalben mit Sternen genugsam besetzet seyn, obgleich gemäß der Hypothese es Wandelsterne, mithin nicht an einen Ort geheftet sind, denn es würden sich allezeit nach einer Seite Sterne genug durch ihre Versetzung befinden, obgleich andere diesen Ort geändert hätten.

Die Breite dieser erleuchteten Zone, welche eine Art eines Thierkreises vorstellet, wird durch die verschiedene Grade der Abweichung besagter Irrsterne von dem Plane ihrer Beziehung und durch die Neigung ihrer Kreise gegen dieselbe...

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