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Alter. Ein Rand- oder Kernthema in unserer Gesellschaft

Der Klinische Sozialdienst als Akteur in der Geriatrie

AutorVivien Neubauer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl106 Seiten
ISBN9783638853217
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,3, Duale Hochschule Gera-Eisenach (ehem. Berufsakademie Thürigen in Gera) (Berufsakademie Gera), Sprache: Deutsch, Abstract: Alt werden wollen die meisten Menschen in Deutschland, aber keiner will alt sein. Verwundert das? Unsere Gesellschaft zeichnet sich nicht damit aus, ältere und hilfebedürftige Menschen im Mittelpunkt des Interesses zu stellen. Die Gesundheitspolitik und der dazu parallel verlaufende demographische Wandel beeinflussen die Umsetzung geriatrischer Versorgungsstrukturen. Die Geriatrie erhebt den Anspruch, für die immer größer werdende Zahl der älteren Patienten, Konzepte zu entwickeln, die wesentlich zur Lösung des Gesamtproblems beitragen können. Gesetzliche und Strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem werden nicht von allen älteren Menschen positiv bewertet. Einige ältere Menschen sind mit der Angebotsvielfalt der gesellschaftlichen Netzwerke unzufrieden, ziehen sich zurück und resignieren letztendlich. Dieser Entwicklung entgegen zu wirken, erfordert eine professionelle Unterstützung durch den Klinischen Sozialdienst. Die Praxis signalisiert, dass die Effektivität und Effizienz nur entscheidend gesteigert werden kann, wenn geriatrische also ganzheitliche Behandlungsstrategien konsequent angewandt werden. Das immer weiter zu optimierende Niveau der geriatrischen Versorgung gegenüber der politisch verfolgten Kostensenkung im Gesundheits- und Sozialsystem zwingen den Klinischen Sozialdienst zu einer neuen Positionierung und eigenem Rollenverständnis im System. Das Ziel, älteren Menschen bei der Erschließung sozialer Ressourcen und bei der Aktivierung eines patienteneigenen Netzwerkes zu unterstützen, ist nur durch eine intensive Zusammenarbeit mit internen und externen Leistungsträgern durchzusetzen. Eine Herausforderung für den Klinischen Sozialdienst ist es, sich mit den gegenwärtigen Tendenzen auseinanderzusetzen und daraus resultierende Angebote zu strukturieren, um die ältere Generation vom Abseits in den Mittelpunkt der spezifischen Versorgungssysteme zu stellen.

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Leseprobe

3. Geriatrie


 

Die demographische Entwicklung stellt sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht wachsende Anforderungen an die gesundheitliche Versorgung älterer Menschen. In diesem Zusammenhang wird der Bedarf an Präventionsmaßnahmen im Rahmen einer zielgerichteten Präventionspolitik zunehmen, damit zahlreiche Einflüsse in früheren Lebensabschnitten auf den Altersprozess mit berücksichtigt werden können.

 

Der Sachverhalt, dass immer mehr Menschen ein hohes bzw. sehr hohes Alter erreichen, führt zur Erhöhung des Bestandes an alten multimorbiden Kranken. Entsprechend nimmt der Bestand an Hilfe- und Pflegebedürftigkeit zu. Dies führt zu einer Geriatrisierung von Krankenhausbehandlung und Rehabilitation.

 

3.1 Begriffserklärung


 

3.1.1 Gerontologie


 

Der Ursprung des Begriffes Gerontologie ist in der Literatur besonders umstritten. Lehr ist der Auffassung, dass die Gerontologie im Jahre 1929 von dem russischen Forscher Rybnikow eingeführt wurde und zwar als Spezialbegriff der „Verhaltenswissenschaften“. Der Begriff Gerontologie ist sprachlich vom griechischen Wort „geros“ der griechischen Gottheit des Alter oder der „Greis“ abgeleitet (vgl. Jansen 1999, S. 32). In der Literatur wird Gerontologie oder Altersforschung (somatisch, psychisch, sozial), als die Wissenschaft die sich mit Altersvorgängen in unserer Gesellschaft befasst, definiert. Im Mittelpunkt der Altersforschung steht die Betrachtung der Alterungsprozesse. Ihre Komplexität besteht darin, sich mit verbundenen Phänomen von Natur-, Human- und Sozialwissenschaften und vielen weiteren Subsystemen interdisziplinär zu beschäftigen. Einige Forschungsfragen der Gerontologie werden durch die aktuellen Probleme alter Menschen und die Sozialpolitik geprägt. Aufgaben der Gerontologie sind die Aufklärung der Allgemeinheit, die Unterstützung sozialwissenschaftlicher Forschungen (Statistiken, Demographie, Epidemiologie), die Verbesserung von Präventions- und Versorgungsangeboten z.B. durch den Ausbau geriatrischer, gerontopsychiatrischer Einrichtungen, ambulanter Dienste und der Sozialarbeit. Die Gerontologie schuf aufgrund ihrer Forschungsarbeit die Grundlage für die Entwicklung und Etablierung der Geriatrie als ein eigenständiges medizinisches Fachgebiet.

 

3.1.2 Geriatrie


 

Der Begriff Geriatrie geht auf den amerikanischen Arzt Ignaz Leo Nasher als „Vater der medizinischen Altersforschung“ und „Pionier der Sozialmedizin“ zurück (Jansen 1999, S. 32). Geriatrie oder Altersheilkunde ist die Lehre von den Krankheiten alter Menschen, die aufgrund der demographischen Alterung einen zunehmenden Stellenwert erlangt. Die Geriatrie ist eine medizinische Fachrichtung, die Aufgaben der Inneren Medizin, Allgemeinmedizin, Nervenheilkunde sowie der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin gleicher Maßen integriert. Sie umfasst Prävention, Diagnose, Therapie und Rehabilitation körperlicher und seelischer Erkrankungen im biologisch fortgeschrittenen Lebensalter. Somit ist sie als eine fachübergreifende Disziplin zu verstehen (vgl. Wahl 2000, S. 290).

 

Die bedeutenden Aspekte hierbei sind:

 

geriatrisches Assessment: Das geriatrische Assessment kann als multidimensionaler und normalerweise auch interdisziplinärer diagnostischer Prozess definiert werden, der sich zum Ziel setzt, die medizinischen, psychosozialen und funktionellen Probleme und Möglichkeiten zu erfassen und in Folge einen umfassenden Behandlungs- und Betreuungsplan zu entwickeln (vgl. Füsgen 2000, S. 47).

 

Angehörigenbetreuung

 

Nichtumkehrbarkeit von Alterungs- und Krankheitsprozessen

 

Multimorbidität: Das Alterssyndrom d.h. die Anhäufung von Einzelsymptomen, die in dieser Kombination zwar typisch für die Altersgruppe sind, ihre Ursache aber in verschiedenen Krankheiten haben kann. Die Multimorbidität (Mehrfacherkrankungen) erschwert in der geriatrischen Praxis die richtige Deutung und Zuordnung von Symptomen (vgl. Füsgen 2000, S. 63). Da aufgrund des zunehmenden Alters vermehrt Mehrfacherkrankungen auftreten, werden z.B.:

 

Rehabilitation,

 

Betreuung dementieller Patienten einschließlich ihrer Angehörigen,

 

Sterbebegleitung zu Schwerpunkten der geriatrischen Arbeit.

 

Innerhalb der Geriatrie wird in Akutgeriatrie und geriatrische Rehabilitation bzw. rehabilitative Geriatrie unterschieden, wobei die Übergänge fließend sind.

 

3.1.3 Akutgeriatrie und Geriatrische Rehabilitation


 

Akutgeriatrie und Geriatrische Rehabilitation haben die Aufgabe sich speziell mit gesundheitlichen Problemen älterer Menschen auseinanderzusetzen. Das oberste Ziel ist es, eine Verbesserung des Zustandes des Patienten zu erreichen, damit die Rückkehr ins häusliche Milieu ermöglicht werden kann. In der Akutgeriatrie werden Patienten mit akuten Erkrankungen stationär aufgenommen. Die Akutgeriatrie kennzeichnet, das diagnostische und therapeutische Vorgehen in der Notfallphase von Erkrankungen oder bei Komplikationen chronischer Krankheiten. Neben der Erstversorgung wird die Alltagssituation des Patienten systematisch erfasst (Assessment). Im weiteren Verlauf können sich Behinderungen oder Einschränkungen abzeichnen, so dass parallel zur akut medizinischen Behandlung mit der Mobilisierung und Rehabilitation begonnen werden muss. Die geriatrische Rehabilitation schließt sich bei Bedarf unmittelbar an die akutmedizinische Behandlung an. Dies zeigt, dass eine inhaltliche Trennung der beiden Begriffe nicht erfolgen kann. Die Geriatrische Rehabilitation ist ein Teil der medizinischen Behandlungsstrecke und spezialisiert sich auf Rehabilitation älterer Menschen, die unter ihrer Multimorbidität leiden, welche wiederholt zu Einschränkungen ihres psychophysischen Leistungsvermögens führt. Ältere Menschen sollen nach einem Unfall oder einer Krankheit solange wie möglich, in ihrer gewohnten Umgebung leben und die Chance erhalten, weiterhin aktiv am Leben teilhaben zu können. Grundsätzlich haben ältere Menschen einen Rechtsanspruch auf Rehabilitation.

 

Der differenzierte Gebrauch der Bezeichnungen „Akutgeriatrie“ und „geriatrische Rehabilitation“ ist gerechtfertigt, wenn die jeweils überwiegende, dominierende Behandlungsform beschrieben wird. In den Gesetzestexten kommt das Wort Akutgeriatrie hingegen kaum vor (vgl. Zippel 2003, S. 44).

 

3.2 Gesetzliche Strukturen


 

Es sind rechtliche Grundlagen, die die geriatrischen stationären und teilstationären Strukturen definieren. Mit Inkrafttreten des SGB IX im Jahr 2001 erhielt die Frührehabilitation im Krankenhaus eine neue gesetzliche Grundlage. Frührehabilitation wird im §39 Abs. 1 SGB V erstmals als Bestandteil der Krankenhausbehandlung beschrieben. Eine Besonderheit der Geriatrie in Deutschland ist ihre sozialrechtlich verankerte, aber medizinisch nicht begründete Unterteilung in Akutgeriatrie nach §108 Abs. 3 SGB V und geriatrische Rehabilitation nach §111 SGB V. Die einzelnen Bundesländer setzten dabei unterschiedliche Schwerpunkte (vgl. Zippel 2003, S. 53).

 

3.3 Aufgabenbereiche


 

3.3.1 Zielsetzung


 

Die Zielstellung von Gerontologie und Geriatrie ist vereinfacht auf den Satz „den Jahren mehr Leben zu geben, und nicht dem Leben mehr Jahre“ von Johann Wolfgang von Goethe zurückzuführen (Zippel 2003, S. 48). Im Rahmen der Rehabilitation dient die Behandlung:

 

körperlichen, psychischen und sozialen Schäden im Alter vorzubeugen,

 

Verkürzung der Krankheitsphase,

 

Reduzierung von negativen Auswirkungen von Krankheiten,

 

Pflegebedürftigkeit zu vermeiden,

 

physische, psychointellektuelle und psychosoziale Funktionseinbußen zu minimieren,

 

einer Anpassung an die veränderte Rolle in der Familie und Gesellschaft,

 

Reintegration ins häusliche Milieu,

 

Isolierung und Einsamkeit entgegenzuwirken,

 

Beweglichkeit und Kommunikationsfähigkeit zu fördern,

 

Selbstwertgefühl und Kontaktfreude zu stärken (vgl. Statistische Bundesamt 1998, S. 332).

 

Die medizinische Behandlung der Patienten hat zum Ziel, die Gesundheit und das seelische Wohlbefinden wiederherzustellen und eine weitestgehende Selbstständigkeit der Menschen im fortgeschrittenen Alter zu erreichen. Neben den stationären Rehabilitationsformen werden zunehmend ambulante und teilstationäre Rehabilitationsmodelle diskutiert. Ziel dieser Überlegungen ist es, Rehabilitationseinrichtungen als ambulante, teilstationäre oder stationäre Angebotsformen stärker in die...

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