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Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Dritten Reich von 1933-1936

AutorAndre Bastisch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl91 Seiten
ISBN9783638109635
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2000 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - Nationalsozialismus, II. Weltkrieg, Note: 1,8 (gut), Technische Universität Dresden (Institut für Geschichte), 172 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Zur Zeit der nationalsozialistischen 'Machtergreifung' im Januar 1933 umfaßte die Arbeitslosigkeit in Deutschland ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung, die industrielle Produktionskapazität lag fast zur Hälfte brach. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 und wirtschaftspolitische Zurückhaltung der Regierungen Brüning, Schleicher und Papen schufen eine Rekordarbeitslosigkeit von über 6 Millionen Menschen. Nach der nationalsozialistischen 'Machtergreifung' im Januar 1933 setzte die Regierung Hitler ein Arbeitsbeschaffungsprogramm in Kraft, durch welches mit den verschiedensten Maßnahmen zur Beeinflußung des Arbeitsmarktes innerhalb von 4 Jahren Vollbeschäftigung erreicht werden konnte. Von der Wirtschaftspolitik des 'Dritten Reiches' sind im kollektiven Gedächtnis im wesentlichen ihre spektakulären Seiten haften geblieben: der Bau der Autobahnen, das Versprechen von Massenwohlstand, der Auftrieb der deutschen Wirtschaft und natürlich die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Neben dem Interesse am Aufstieg der NSDAP, ihrer Machtpolitik und Deutschlands Rolle im 2. Weltkrieg, fragt sich die Geschichtswissenschaft verstärkt nach der Strategie des Regimes zum schnellen Aufschwung der deutschen Wirtschaft und dem Weg zur Vollbeschäftigung. Die Beurteilung dieser Aspekte unterlagen meist unterschiedlicher Ansatzpunkte und Sichtweisen. Eine Hauptfrage beschäftigte sich hierbei vor allem damit: Welches Gewicht hatten solche 'zivilen' Projekte beim Abbau der Massenarbeitslosigkeit gegenüber denen, die klar der Aufrüstung dienten? Daß dies zweifelsfrei vom Beginn der 'Machtergreifung' an nur selten zu trennen ist, wird die Arbeit versuchen darzu-stellen. Die Beschäftigung mit der Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus seitens der wirtschaftshistorischen Literatur besteht seit den 30er Jahren. Dabei ist meist eine bewundernde Meinung der ausländischen Wirtschaftshistoriker festzustellen, die meinten, daß die Nationalsozialisten die globale Wirtschaftskrise für Deutschland am schnellsten lösen konnten. Für deutsche Historiker in der Zeit des Nationa

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Leseprobe

2. Die globale Wirtschaftskrise und Ansätze zu ihrer Überwindung


 

2.1. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und ihre Auswirkungen auf Deutschland


 

Der verlorene 1. Weltkrieg versetzte Deutschland in eine Zwangslage der Reparationszahlungen und der damit verbundenen internationalen Verschuldung. Deutschland entwickelte sich vom ehemaligen Gläubigerland zum nunmehr Schuldner der anderen Staaten. Verhängnisvoll für die Wirtschaft Deutschlands gestaltete sich vor allem der immer stärker vorangetriebene Protektionismus. Alle Länder versuchten durch hohe Zollmauern oder Einfuhrquoten ihre eigene Ökonomie zu schützen. Der Grund dafür war, daß durch die "kriegsbedingten Verwerfungen langfristiger Trends zuungunsten der etablierten europäischen Wirtschafts-standorte"[42] neue Wirtschaftszentren gegründet wurden, die diese Waren nun produzierten. Um den Absatz dieser Güter sicherzustellen, wurde der freie Welthandel aufgegeben. Beispiele dafür bringt Christoph Buchheim[43], der auf den 1930 von den USA eingeführten "Smoot-Hawley-Zolltarif" eingeht, welcher ein Spitzenniveau des Protektionismus darstellte. Weiterhin verließ das bis dahin durch eine Freihandelspolitik glänzende Großbritannien diese Prinzipien und ging mit den Commonwealth-Ländern eine Präferenzzone ein, in der ebenfalls durch verschiedene Zolltarifgesetze die inländischen Märkte und Unternehmen geschützt werden sollten.

 

Da Deutschland, einst wie auch heute, seine Wirtschaft größtenteils auf den Export abstimmte, fiel mit der Ausfuhrquote[44] und der Anzahl der Aufträge auch die Industrieproduktion, das Volkseinkommen und somit die Höhe der beschäftigten Arbeiter. 

 

Seit 1927 steuerte die Welt in eine globale Wirtschaftskrise[45], die im Jahre 1929 ihren Höhepunkt erreichte.

 

Allgemein wird der 25. Oktober 1929 als der Beginn der Weltwirtschaftskrise gesehen, als es am sogenannten "Schwarzen Freitag" zu einem Börsencrash in der Wertpapierbörse von New York kam. Friedrich-Wilhelm Henning charakterisiert den Weg zur Wirtschaftskrise so: "Die relativ langfristige Prosperitätsperiode für die industrielle Produktion, die Gewinne und die Börsenkurse hatten zu der verbreiteten Annahme verleitet, daß wesentliche wirtschaftliche Schwankungen, wie sie vor allem in der Zeit von 1850 bis zum Ersten Weltkrieg noch verbreitet waren, nicht mehr eintreten würden. Es herrschte ein allgemeiner Fortschrittsglaube."[46] Durch den globalen Aufschwung in Industrie und Landwirtschaft ab Mitte der 20er Jahre wurden mehr Gelder in Investitionen von Industrieanlagen gepumpt als sich am Ende wirklich rechnete. Der Verbrauch der Bevölkerung war nicht spürbar gestiegen, jedoch setzten sich die Investitionen weiter fort, so daß es zu Überkapazitäten kam. Das Vertrauen in die Konjunkturphase erzeugte eine Überproduktion von Gütern, welcher nicht genügend Nachfrage entgegenstanden. Also konnten die inneren und äußeren Märkte diese Produkte nicht aufnehmen. Seit dem Konjunkturbeginn Mitte der 20er Jahre hatten vor allem amerikanische Kapitalimporte in Deutschland zu einem Kapazitätsausbau der Industrie geführt. Diesem vorausgegangen war eine Fehleinschätzung der Aufnahmefähigkeit des Marktes. In den Zeiten steigender Börsenkurse wollte niemand an ein mögliches Abflachen oder Stocken dieser Konjunkturphase glauben.[47]

 

Um die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft zu untersuchen, lehnt sich die Arbeit an Jürgen Stelzners Vorgehensweise zur Untersuchung des Volks-einkommens und der Produktion und dem wichtigsten Indikator der Wirtschaft, der Arbeitslosigkeit an.[48] Aufgrund des fehlenden Absatzes der Waren auf dem Weltmarkt mußte die Industrie Rationalisierungsmaßnahmen durchführen, um ihr Fortbestehen zu gewährleisten. Wem das nicht mehr gelang, mußte die Produktion einstellen und seinen Betrieb schließen, so daß es allein im Jahre 1932 in Deutschland zu 62.000 Konkursen in der Industrie kam. Die Zahl der jährlichen Konkurse verdoppelten sich von 1928 bis 1932. [49]

 

Die Hauptindikatoren der deutschen Wirtschaft besagten folgendes: Das Volkseinkommen fiel in den Jahren 1928 bis 1932 um rund 40%, das Einkommen aus unselbständiger Arbeit, also Löhne und Gehälter, sank um 50%. Der Handel und die Gewerbe hatten ebenfalls einen Rückgang um rund 50% zu verbuchen. Die gesamte deutsche Industrieproduktion ging in diesen vier Jahren um 46,8% zurück, die landwirtschaftliche Erzeugung sank um 36%.[50] Da die allgemeine Produktion abnahm und die Mittel für neue Investitionen nicht zur Verfügung standen, wurden auch kaum noch Kredite für Neuinvestitionen gewährt. Ausländische Finanzmittel, welche in der Konjunkturphase in Deutschland angelegt worden waren, wurden nun schnell wieder abgezogen, die inländischen Geldmittel schwanden.[51] Eine Ab-schwächung der Konjunktur mit dem Anwachsen der Arbeitslosenzahl[52] auf 2,6 Mill. Personen begann schon im Winter 1928/1929. Im Laufe der Weltwirtschaftskrise mit ihren negativen Folgen auf die Industrieproduktion, wie die Rationalisierungs-maßnahmen mit der Schließung von Betrieben und der Entlassung von Beschäftigten, stieg die Arbeitslosenzahl bis 1932 auf einen Höchststand von 6,128 Millionen.[53]

 

2.2.  Arbeitsbeschaffungsprogramme aus der Zeit der Weimarer  Republik


 

Die Klärung der Reparationsfrage gehörte zu den zentralen Inhalten der Weimarer Wirtschaftspolitik. "Das Ziel der sogenannten "Erfüllungspolitik" der Weimarer Reichsregierungen lag darin, die Unerfüllbarkeit der Reparationsforderungen nachzuweisen, indem das Reich seinen Verpflichtungen bis an die Grenzen des Möglichen nachkam und somit die Absurdität der Auflagen unter Beweis zu stellen versuchte."[54]

 

Das Bestreben der letzten 3 Präsidialkabinette der Weimarer Republik war klar auf die Beseitigung der Arbeitslosigkeit und dem Austritt aus der Wirtschaftskrise gerichtet. Jedoch war die Bereitschaft zum Risiko unter den Kabinetten noch nicht gegeben, welche die deutsche Wirtschaft aus ihren Tal hätten führen können. Die Ansatzpunkte der Regierungen Brüning, Papen und Schleicher waren ähnlich, aber kamen zu spät oder wurden nicht konsequent genug durchgesetzt.

 

Wissenschaftler der Geschichte wie der Ökonomie versuchten seit jeher die Ursachen für die Wirtschaftskrise in Deutschland und die Entstehung von Massen-arbeitslosigkeit zu deuten. Abgesehen davon, daß diese depressiven Merkmale global auftraten und auch dort kaum Wege gefunden wurden, der Krise zu entrinnen, stand in der Forschung eine genauere Klärung der spezifisch deutschen Verhältnisse im Mittelpunkt. Die sogenannte "Borchardt-Kontroverse"[55] ging seit Anfang der 80er Jahre dem Problem nach, woran die Wirtschaft der Weimarer Republik krankte und weshalb ein Ausbrechen aus der Krise erfolglos blieb. Genauer wurde hier gefragt, ob die Lohn- und Sozialkostenentwicklung der Weimarer Wirtschaft schon vor der großen Weltwirtschaftskrise überfordert wurde durch die begrenzten Möglichkeiten der Volkswirtschaft. Trugen diese Faktoren neben anderen dazu bei, daß die Deflationspolitik des Reichskanzlers Brüning die einzige Möglichkeit darstellte ? Nach Knut Borchardt waren die zu hohen Reallöhne seit 1925 mitverantwortlich für die krisenhafte Existenz der deutschen Wirtschaft. Dies stellte unter anderem den Hauptgrund für die niedrige Investitionsquote dar, welche immer noch unter dem Vorkriegsniveau verharrte.[56]

 

Rolf Walter sieht in der durch Abzug ausländischer Finanzmittel eingetretenen Geldknappheit die Hauptursache der Wirtschaftskrise in Deutschland, wobei Brüning die Umstände seiner "Deflationspolitik" nicht beseitigen konnte, ja sogar die wirtschaftliche Talfahrt beschleunigte.[57] Carl-Ludwig Holtfrerich und Christoph Buchheim kamen in ihren Ausführungen zum Ergebnis, daß es mit der Deflationspolitik Brünings und der Verringerung der Staatsausgaben im März 1930 zu Lohn- und Gehaltssenkungen im öffentlichen Dienst und im privatwirtschaftlichen Bereich kam.[58] Buchheim gibt Borchardt zwar Recht und spricht von einer positiven Lohnentwicklung, vergleicht aber den Lohnanstieg der Jahre 1925 bis 1930 und den der Jahre 1950 bis 1955. Er kommt zu dem Ergebnis, daß in diesen Zeiträumen der Lohnanstieg etwa gleich war[59], jedoch die Begleitumstände völlig verschieden. Das Wirtschaftswachstum und die Investitionsquoten waren in den 50er Jahren viel höher, so daß man den Lohnanstieg zur Klärung des Wachstums nicht heranziehen kann. Jedoch erfüllte die "Borchardt-Kontroverse" ihre Funktion: Sie legte das Hauptaugenmerk der Forschung auf die Ursachen der Krise und stellte die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft in den Mittelpunkt des Interesses. Es mußten Wege gefunden werden, die wirtschaftliche Krisenfahrt zu stoppen und den Menschen in Deutschland durch Arbeitsbeschaffung Vertrauen in die demokratischen Verhältnisse der Weimarer Republik zu geben. Denn wie Jürgen Stelzner feststellte, führte die Krise in Industrie, Landwirtschaft und Bankenwelt "mit zunehmender Dauer auch zur wachsenden...

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