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Archäologie zwischen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit: Archäologievermittlung in populären TV-Dokumentationen

AutorBarbara Winkelmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl345 Seiten
ISBN9783656292098
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Archäologie, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin, Veranstaltung: Klassische Archäologie, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Archaeology makes good storytelling' , Archäologie liegt im Trend der Medien und dabei handelt es sich nicht um eine vorübergehende Modeerscheinung. Ob die Wissenschaft selbst oder die von ihr erforschte Vergangenheit, das Thema Archäologie scheint die Gesellschaft aus einer fast intrinsischen Motivation heraus anzusprechen und zu begeistern. Archäologie im allgemeinsten Sinne ist 'in' und auf eine bestimmte Art und Weise fest verankert, nach wie vor ist von einem 'Boom' der Archäologie die Rede. Gut vermittelbar scheint Archäologie zu sein und sich der Antike bzw. der Vergangenheit in einer Weise anzunehmen, die sich medial gut umsetzen lässt , um mangelndes Interesse in der Öffentlichkeit muss sie sich jedenfalls nicht sorgen. 'Lust auf Archäologie muss bei einem Großteil der Bevölkerung nicht mehr geweckt werden , was als Privileg verstanden werden sollte, denn kaum ein kulturwissenschaftliches Fach erzeugt so viel öffentliches Interesse und ist in den Medien in solcher Weise positiv besetzt wie die Archäologie. Ob volle Sonderausstellungen, Spielfilme, Dokumentarfilme, Sachbücher, Romane, Zeitschriften, Internetforen oder Zeitungsartikel, der Archäologie wird insgesamt ein reges Interesse entgegengebracht. Einen wesentlichen Beitrag zu der starken Präsenz von archäologischen Themen in der Öffentlichkeit liefert speziell das Medium Fernsehen. Dieses Segment räumt der Archäologie als Massenphänomen regelmäßig einen breiten Raum ein. Fernsehdokumentationen zu archäologisch-historischen Themen sind populär, sie laufen fast täglich und, wenn man den Quoten Glauben schenkt, erfolgreich auf den öffentlich-rechtlichen sowie den privaten Sendern und bestimmen so maßgeblich das öffentliche Bild von Archäologie. Ganz konkret scheint das Gros der Bevölkerung heute überwiegend über das Fernsehen mit Archäologie in Kontakt zu kommen. Archäologische 'Dauerbrenner' prägen unsere Fernsehlandschaft stark, unterschiedlichste Formate und Produktionen können zum Teil in zahlreichen Wiederholungen und zu allen Tages- und Nachtzeiten konsumiert werden. Formate wie Sphinx, Schliemanns Erben, Schätze der Welt - Erbe der Menschheit, Bauwunder der Antike u.v.m. decken das gesamte archäologische Spektrum ab und erreichen regelmäßig und stabil mehrere Millionen Zuschauer.[...]

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Leseprobe

2. Beschreibung Datenbasis:


 

So wie bei der Beschreibung archäologischer Kontexte und bei der Erfassung dreidimensionaler Befunde ein Transfer von Daten in andere Formate vorgenommen wird, welcher grundsätzliche Probleme mit sich bringt, so besteht ein strukturell ähnliches Problem auch bei der Beschreibung der zu untersuchenden Dokumentationen. Es gilt, bewegtes Bild in Schriftform zu fixieren, ohne dabei interpretierend oder gar wertend vorzugehen. Bevor zu diesem Zweck im Rahmen angefertigter Filmprotokolle detailliert eine Zerlegung des Films in seine Einzelteile vorgenommen wird, soll in diesem Kapitel eine Einordnung des Genres und eine grundsätzliche Beschreibung der Beispielfilme erfolgen. Diese stellt den Versuch dar, „als Übersetzung der Bilder in Sprache die audiovisuellen Texte zumindest auf dieser Ebene greifbar und zitierbar zu machen.[23] Konkret werden im Folgenden zu jedem Filmbeispiel jeweils Ablauf und Inhalt in Worte gefasst. Die Beschreibung orientiert sich dabei schon am Erkenntnisinteresse, denn es soll deutlich werden, welche „Sinnangebote“ gemacht werden, wie die Fernsehtexte Bedeutung bilden, sowohl in Bezug auf die Kohärenz der Erzählung als auch in Hinblick auf die Kommunikation mit dem Zuschauer.[24]

 

2.1. Kompilationsfilm und Hybride Dokumentation


 

Von den vielen unterschiedlichen dokumentarischen Formen der deutschen Fernsehlandschaft soll hier die klassische Dokumentation im Vordergrund stehen. Dabei handelt es sich bei allen ausgewählten Beispielfilmen um Kompilationsfilme. Aus geschichtsdidaktischer Sicht unternimmt Bodo von Borries folgende Definition des Begriffs ‚Kompilationsfilm‘, die sich auch auf die archäologische Dokumentation übertragen lässt:

 

„Hauptgattung der geschichtlichen Dokumentation ist der ‚Kompilationsfilm‘, eine Kombination aus ganz verschiedener Bild- und Tonspur. Die Bildspur besteht aus ‚Filmdokumenten‘, vereinzelt auch aus Standfotos, abgefilmten Originalschauplätzen, interviewten Personen, […] verdeutlichenden Karten usw. Der gesamte Name ‚Dokumentarfilm‘ beruht auf dem Vertrauen in die tragende Kraft der ‚Filmdokumente‘.[25]

 

Die Tonspur, so Bodo von Borries weiter, bestehe in der Regel aus einem durchlaufenden Kommentar im Off, womöglich unterstrichen durch Filmmusik aus dem Off. Dort hinein werden unterschiedliche andere Originaltöne eingefügt, Interviews, Gespräche, Geräusche, etc. „Alle diese Fragmente sollen gerade nicht ‚Kommentar‘ sein, sondern ebenfalls ‚Dokumente‘. Trotz des Kommentars auf der Tonspur, der ja ‚Darstellungscharakter‘ besitzt, werden deshalb die ‚dokumentarischen’ Teile für gattungsbestimmend gehalten – und dominieren tatsächlich die Rezeption.[26] Wie im weiteren Verlauf dargelegt werden wird, finden sich in allen drei Beispielproduktionen typische Bausteine des Kompilationsfilmes wieder.

 

Zwei der drei Dokumentationen, „Karthagos geheime Kolonien“ und „Rätsel Römerschlacht“, sind zudem den hybriden Dokuformaten zuzuordnen, wobei „Hybridisierung“[27] eine schon seit längerem festzustellende Vermengung mit nachgespielten bzw. fiktiven Szenen bedeutet.[28] Diese Tendenz einer „Verspielfilmung“ des Genres Dokumentation wird in einer Expertise der Landesanstalt für Medien von dem Journalisten Fritz Wolf als graduelle Abstufungen und Versuch beschrieben, aus der „Bildsprache fiktionaler Genres Erzähl-Elemente zu entnehmen, um damit jene Emotionalisierung der Stoffe zu erreichen, die auch an dokumentarische Sendungen inzwischen häufig als Maßstab angelegt wird.“[29] Diese Form ist mittlerweile allgegenwärtig im deutschen Fernsehen, hybride Erzählformen gehören inzwischen zum Standard, mit seiner Feststellung und Prognose des „unaufhaltsamen Aufstiegs der Hybriden“[30] aus dem Jahr 2003 sollte der Autor recht behalten.

 

2.2. Beschreibung der Filmbeispiele


 

2.2.1. „Karthagos geheime Kolonien“, ZDF


 

 „Karthagos geheime Kolonien“ ist im Auftrag des ZDF von der Cinecentrum produziert worden. Sie Autoren der Sendung sind Gisela Graichen und Peter Prestel. Die Dokumentation hat etwa eine Länge von 45 Min und wurde 2004 zum ersten Mal gesendet.[31]

 

In dieser Dokumentation werden die „Kolonien“ Karthagos, Mozia, Selinunt und Pantelleria, das antike Cossyra, vorgestellt. Anhand der archäologischen Reste dieser „Stützpunkte“ wird stellvertretend für Karthago selbst, wo die archäologischen Hinterlassenschaften schwer zu greifen sind, den „Rätseln des geheimnisvollen Seereiches[32] nachgegangen. Nach dem Intro der Reihe ‚Schliemanns Erben‘ wird zu Beginn des Filmes dem eigentlichen „archäologischen“ Teil der Sendung eine Art Rahmenhandlung bzw. ein Filmintro in Form einer Spielszene vorangestellt. Die jeweiligen Grabungsleiter führen anschließend durch das Grabungsareal und die historischen Ereignisse, die dort verortet werden. Begleitet werden sie dabei jeweils von Gisela Graichen, der Autorin der Reihe. Im Laufe der Sendung stellt sie vor Ort im Gelände in interviewartigen Szenen Fragen zum historischen Kontext und zu einzelnen Befunden, die von den Archäologen jeweils beantwortet werden, indem grob historische Zusammenhänge skizziert werden oder vor Ort anhand einzelner Befunde auf die Fragen eingegangen wird. Ansonsten führt durchgehend ein Kommentar durch die Sendung, er gibt der Produktion ihre letztendliche Form und bildet den Hauptbezugspunkt für den Zuschauer, indem er historische Zusammenhänge erklärt, Ergebnisse zusammenfasst und Hintergrundinformationen gibt.

 

In den archäologischen Arealen finden zeitgleich mit den Filmarbeiten Grabungen statt. Dabei wird dem Grabungsteam teilweise in kurzen Sequenzen über die Schulter geschaut. Den größten Teil des Filmes stellt die Begehung oder Präsentation der archäologischen Stätten dar, wobei einzelne Grabungs- und anderweitige Untersuchungsbereiche näher vorgestellt werden. Neben der Grabung und der Präsentation archäologischer Objekte wird am Rande Einblick gewährt in einige andere archäologische Tätigkeiten, auch zuarbeitende fachexterne Wissenschaftsdisziplinen werden präsentiert. Das Ganze wird effektreich aufgearbeitet durch zahlreiche Einschübe unterschiedlicher Materialien, die Erklärungen und Veranschaulichungen bieten, so beispielsweise Landkarten, Fotos, externes Filmmaterial und Spielszenen. Besondere Prägung erfährt die Dokumentation nicht zuletzt auch durch eine durchgehende musikalische Begleitung. Soweit ein erster grober Überblick, im Folgenden soll näher auf die Handlung der Produktion eingegangen werden.

 

Im Intro der Reihe ‚Schliemanns Erben‘, sitzt ein „Archäologe“ mit Laptop zwischen archäologischen Ruinen vor einem beeindruckenden Landschaftspanorama. Die Szenerie bietet im Anschluss den Hintergrund für die Einblendung des Namens der Reihe, des Filmtitels sowie der Autoren der Sendung Gisela Graichen und Peter Prestel.[33] Wie schon erwähnt, folgt dann als Einstimmung oder Hinführung zum Thema eine Art rahmende Erzählung, die vermeintliche „historische“ Ereignisse illustriert.[34] In dieser fiktiven Spielszene wird Bezug genommen auf Schilderungen in Tacitus‘ „Annalen“ von einer Expedition, die Nero nach Karthago geschickt haben soll, um den Goldschatz der phönizischen Königin Dido aufzuspüren. Der Kommentar leitet dann zu den eigentlichen archäologischen Stationen der Sendung über, indem der Versuch einer Relativierung des Realitätsgehaltes dieser Schilderungen unternommen wird, schließlich müsse selbst Nero von der vollständigen Zerstörung Karthagos im Dritten Punischen Krieg gewusst haben. Nach einer kurzen Szene nicht definierter Grabungsarbeiten in einem tiefen Schacht, die die schwierigen archäologischen Bedingungen in Karthago illustrieren soll, beginnt die eigentliche Dokumentation und die Suche nach Informationen in den karthagischen Stützpunkten, von denen man sich mehr über die Karthager zu erfahren hofft, als dies angesichts der schwierigen Bedingungen in Karthago selbst der Fall ist.

 

Die Szenerie beginnt mit einem Sonnenaufgang, der Zuschauer begleitet Thomas Schäfer, wie er mit einem Boot entlang des antiken Damms auf die Insel Mozia gefahren wird.[35] Dort beginnt die „Spurensuche“. Schäfer und der italienischen Grabungsleiter begehen zusammen das Gelände und „rekonstruieren“ angeblich die antiken Funde, die dort schon Schliemann und Whitaker gemacht haben, in einem Exkurs wird auf die Anfänge der Grabungsgeschichte kurz eingegangen.[36] Anschließend werden zahlreiche Funde von Mozia präsentiert, die aus vielen Bereichen des Mittelmeers stammen und illustrieren sollen, wie einflussreich und wohlhabend Karthago in damaliger Zeit gewesen sein muss.[37] In diesem Zusammenhang wird Thomas Schäfer zu Ursachen der Vernichtung Karthagos befragt, woraufhin er wirtschaftliche Stärke und Neid als wesentliche Faktoren benennt. Im Folgenden wird zu einem kultischen Thema übergegangen, wobei zum ersten Mal eine archäologische Grabungstätigkeit...

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