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Armutsbekämpfung in Bangladesch: Wie können Mikrofinanzinstitute erfolgreich sein?

AutorAike Stange
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl56 Seiten
ISBN9783863419295
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Seit ihrer Einführung in den 70ern hat die Mikrokredit- bzw. Mikrofinanzbranche eine erstaunliche Entwicklung erfahren. Bis heute haben sich Mikrokredite als Phänomen zur Entwicklungshilfe durchgesetzt und werden weltweit angeboten. Sie genießen steigende Anerkennung, allerdings sieht sich die Mikrofinanzbranche auch großen Herausforderungen ausgesetzt. Die Ärmsten mit Finanzdienstleistungen zu versorgen ist mit großem Aufwand verbunden, durch den viele MFIs nicht in der Lage sind kostendeckend zu arbeiten. Der Aufwand fällt hauptsächlich durch die intensive Betreuung der Kunden an, sodass die Verwaltung die Erträge aus den Zinsen übersteigt. Eine willkürliche Erhöhung der Zinsen auf ein Niveau, auf dem die Banken in der Lage wären kostendeckend zu arbeiten, würde die Kunden, die ohnehin schon zu den Ärmsten der Armen zählen, großen finanziellen Belastungen aussetzen. Die Folge ist, dass die meisten Institute auf Unterstützung angewiesen sind, z.B. von staatlicher Seite, von Stiftungen oder auf Spenden. In dieser Arbeit sollen zwei MFIs betrachtet werden, die es geschafft haben kostendeckend zu arbeiten und in der Lage sind ihr Geschäftsmodell selbst zu tragen. Zum einen handelt es sich dabei um die Association for Social Advancement, kurz ASA. Die ASA war 2007 laut Forbes das erfolgreichste Mikrofinanzinstitut der Welt. Zum anderen handelt sich um die Grameen Bank. Sie gehört zu den bekanntesten Mikrofinanzinstituten der Welt, besteht seit über 40 Jahren und gehört wie die ASA mit zu den erfolgreichsten Instituten weltweit.

Aike Christian Stange, B. Sc., wurde 1987 in Norderney geboren. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Unternehmensführung und Controlling an der Universität Ulm schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad des Bachelor of

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.1.2, Das Geschäftsmodell: Bevor die Grameen Bank in Bangladesch existierte lag der Prozentsatz Frauen unter den Kreditnehmern bei ca. 1%. Die Gründe hierfür sind kultureller Art und können bei Yunus (1998) nachgelesen werden. Dieser Zustand änderte sich mit Gründung der Bank grundlegend und hatte auf ihre Geschäftstätigkeit äußerst positive Auswirkungen. Um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen voranzutreiben wurde versucht den Anteil von Frauen unter den Mitgliedern zu erhöhen, um das 'sexistisch[e]' Bankensystem zu untergraben. Darüber hinaus war Yunus klar geworden, dass Kredite, die an Frauen vergeben werden viel wirkungsvoller sind. Seiner Ansicht nach ist die Motivation bei Frauen größer aus einer zur Verfügung gestellten Summe Geld das Maximum an Rendite zu erwirtschaften, weil Frauen mit den Auswirkungen von Hunger und Armut viel vertrauter sind. Männliche Kreditnehmer leben sorgloser und setzen im Regelfall sich selbst an die Spitze ihrer persönlichen Wertehierarchie. Der Nutzen aus dem Kredit kommt demnach bei Männern zuerst diesen selbst zu Gute. Frauen dagegen kümmern sich zuerst um ihre Kinder, danach um ihr Heim, anschließend um ihren Mann und erst zum Schluss um sich selbst. In der Bestrebung den Armen zu helfen ist es für die Grameen Bank daher sinnvoll die Kredite dem Kundenkreis zukommen zu lassen, der mit dem Geld die größten Veränderungen herbeiführen kann. Das Produktportfolio der Grameen Bank lässt sich in vier Bereiche aufteilen. Der erste Bereich umfasst die Basiskredite, die ausschließlich für Einkommen generierende Tätigkeiten genutzt werden dürfen und damit den Ärmsten eine Möglichkeit bieten sollen, sich einen Weg aus ihrer Armut zu bahnen. Die Basiskredite (Basic Loan) stellen mit 96,7% den größten Teil am Gesamtportfolio und erreichen eine durchschnittliche Höhe von ca. BDT 10.216. Der zweite Bereich umfasst Bildungskredite (Higher Education), die den Kindern der Kreditnehmer zu Gute kommen sollen, um schulische und universitäre Bildungsangebote wahrnehmen zu können. Diese Kredite haben einen Anteil von 3% am Gesamtportfolio und fallen im Mittel mit ca. BDT 41.007 deutlich höher aus als die Basiskredite. Der dritte Bereich umfasst Immobilienkredite (Housing), die den Kreditnehmern Zugriff auf notwendiges Kapital zum Aufbau und zur Erweiterung einer sicheren Behausung ermöglichen soll. Mit 0,2% Anteil am Gesamtportfolio und einer durchschnittlichen Kredithöhe von BDT 5.159 sind diese die Kredite mit dem zweitkleinsten Anteil. Der vierte Bereich umfasst Kredite für Mitglieder in Notsituationen, die zinsfrei und ohne Rückzahlungsplan vergeben werden. Sie sollen wie die Basiskredite zur Generierung von Einkommen genutzt werden, richten sich aber hauptsächlich an die Ärmsten unter den Armen (Bettler, etc.). Sie haben mit 0,1% den geringsten Anteil am Gesamtportfolio und kommen auf eine durchschnittliche Höhe von BDT 724. Im Detail soll hier nur der Bereich der Basiskredite erwähnt werden, weil dieser mit 97% als repräsentativ für die gesamte operative Geschäftstätigkeit der Grameen Bank angesehen werden kann. Wie eingangs erwähnt dient ein Basiskredit dazu Einkommen generierende Tätigkeiten zu unterstützen bzw. überhaupt erst zu ermöglichen, indem der Kredit dazu genutzt wird ein Kleinunternehmen aufzubauen. Insgesamt erreicht die Grameen Bank mit dieser Form des Kredites über 6 Mio. Menschen (98,1% der Kunden, die die Grameen Bank mit Dienstleistungen versorgt). Die Höhe eines Basiskredites variiert sehr stark, aber es wird eine Spanne von BDT 1.000 bis 5 Mio. angegeben, in der sich die Kredithöhe bewegt und der derzeit gültige Zins für diese Kredite beträgt laut MFTransparency 20%. Die Laufzeit eines Basiskredites ist genau wie seine Höhe einer breiten Spanne unterworfen und erstreckt sich auf ein Intervall von drei bis 36 Monaten mit einem wöchentlichen Zahlungsrhythmus. Zusätzlich zum Kredit wird den Kunden noch eine Versicherung angeboten, für den Fall, dass Ausfälle auftreten sollten. Um sich für einen Kredit bei der Grameen Bank zu qualifizieren, unabhängig ob männlich oder weiblich, müssen zunächst einige Kriterien der Bank erfüllt sein. Da die Zielgruppe die wirklich ärmsten der Armen sind und auch nur diese Kredite bekommen sollen, wurde folgendermaßen festgelegt, wer überhaupt zu dieser Gruppe gehört: Menschen (bzw. Familien), die weniger als 0,5 Hektar bebaubaren Landes besitzen und deren gesamte Besitztümer in ihrem nominellen Wert nicht den Marktwert eines Hektar Landes mittlerer Güte überschreiten. Wenn diese Kriterien erfüllt sind müssen sich die zukünftigen Mitglieder in Gruppen zu je 5 Mitgliedern zusammenfinden. In diesen Gruppen nehmen die Mitglieder an Fortbildungen teil, weil sie die 16 Regeln kennen und in der Lage ihren eigenen Namen leserlich schreiben zu können sein müssen. Die 16 Regeln lauten wie folgt: - Wir werden die vier Prinzipien der Grameen Bank respektieren und anwenden: Disziplin, Einheit, Mut und harte Arbeit in allen Bereichen unseres Lebens. - Wir werden unseren Familien zu Wohlstand verhelfen. - Wir wollen nicht in einer verfallenen Unterkunft wohnen. Wir werden unsere Häuser instandhalten und bestrebt sein, so schnell wie möglich neue zu bauen. - Wir werden das ganze Jahr über Gemüse anbauen. Wir werden viel davon essen und die Überschüsse verkaufen. - Während der Pflanzperiode wollen wir so viele Setzlinge wie möglich pflanzen. - Wir werden darauf achten, wenige Kinder zu haben. Wir wollen unsere Ausgaben einschränken und auf unsere Gesundheit achten. - Wir wollen für eine schulische Ausbildung unserer Kinder sorgen und die Mittel bereitstellen, um eine solche Ausbildung zu ermöglichen. - Wir werden auf die Sauberkeit unserer Kinder wie auch der Umwelt achten. - Wir werden Abortgruben ausheben und benutzen. - Wir werden Wasser aus sauberen Brunnen trinken. Ansonsten werden wir das Wasser abkochen oder mit Alaun desinfizieren. - Wir werden für unsere Söhne keine Mitgift verlangen, so wie wir unseren Töchtern auch keine mitgeben werden. Die Mitgift ist in unseren Zentren verboten. Wir widersetzen uns der Verheiratung von kleinen Kindern. - Wir werden keine Ungerechtigkeiten begehen und uns denen widersetzen, die welche begehen wollen. - Wir werden gemeinsam höhere Investitionen vornehmen, um größere Einkommen zu erzielen. - Wir werden immer bereit sein, einander zu helfen. Wenn jemand in Schwierigkeiten gerät, wollen wir ihm alle gemeinsam helfen. - Wenn wir erfahren, dass die Disziplin in einem Zentrum missachtet wird, so werden wir hingehen, um sie wiederherzustellen. - Wir werden körperliche Ertüchtigung in unseren Zentren einführen. Wir werden gemeinsam an allen gesellschaftlichen Aktivitäten teilnehmen. Mit diesen Regeln greift die Grameen Bank einerseits stark in die Privatautonomie der Mitglieder ein. Andererseits greift sie tief verwurzelte Probleme (z.B. Mitgiften) auf, was zu teilweise heftigen Reaktionen in den Dörfern geführt hat. Es ist allerdings anzuerkennen, dass jede der Regeln mit dem Hintergedanken formuliert wurde die Lebensqualität, die Gesundheit und den Wohlstand der Mitglieder zu steigern. Das eigentlich beachtliche an diesen Regeln ist jedoch, dass sie sich 1984 während eines Treffens von 100 Zentren-Leitern von den Mitgliedern selbst gegeben wurden und nicht durch die Grameen Bank vorgegeben sind. Wenn die neuen Mitglieder einen Test zu diesen Regeln bestehen und mit ihrem Namen unterzeichnen können, sind sie bereit für die Aufnahme eines Kredites.
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