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Art Napping

Thriller um Beutekunst, Gier, Moral und Liebe

AutorHarry König, Imre Kusztrich
VerlagIGK-Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl216 Seiten
ISBN9783955771263
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Die wahre Geschichte von zwei Kisten, prall gefüllt mit Kunstwerken, vielleicht Beutekunst? Schauplätze: Ibiza, Athen, Havanna. Die beiden Autoren nehmen die Leser mit in ein Abenteuer, von dem kaum jemand sich vorstellen könnte, dass so etwas wirklich passieren kann. Aber es hat sich ereignet, im Sommer 1996...

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Leseprobe

„Sei bereit!“

 

 

 

In dem weißen Alfa Romeo saßen zwei Männer. Nichts Ungewöhnliches in der Sharonebene. Hier fährt kaum einer allein. Der nördliche Zentraldistrikt ist nicht gerade berühmt für pulsierenden öffentlichen Nahverkehr. Der Staat Israel hat andere Prioritäten. Die fantastischen, vitalen, jungen Leute aus dem Camp Muto Gur wussten das. Für keinen ein Problem. Blind konnten sie auf die nationale Ehrenpflicht setzen. Jeder fand immer ein Auto, das ihn mitnahm.

Die junge Soldatin gab ein kurzes Zeichen.

„Tel Aviv?“ fragte sie.

„Steig‘ ein.“ Sie öffnete die hintere Tür an ihrer Seite und glitt auf den Sitz. „Oder sogar Rehovot?“ fragte sie jetzt.

„Mal schauen.“ Der Mann am Steuer antwortete wieder prompt. Sie sah kein Lächeln in seinen Augen.

Nach Süden waren es auf dieser Straße von Kfar Monash über Pardesiya in Sichtweite der Mittelmeerküste keine dreißig Kilometer bis Tel Aviv und Jaffa, der Doppelstadt. Von da ans eigentliche Ziel, Rehovot, blieb nur noch eine kleine Etappe.

In keinem anderen Land der Welt wäre sie zu zwei Fremden in ein Auto gestiegen. Hier, praktisch noch in Rufweite ihres Camps, war das anders. Jedes Mitglied der Israelischen Verteidigungsstreitmacht steht unter einem ideellen Schutz. Es sind diese Männer und Frauen in Uniform, die durch Entschlossenheit und Improvisation den Staat Israel am Leben erhalten. Sie repräsentieren alle Schichten der Gesellschaft. Möglicherweise gehörten die beiden auf den vorderen Sitzen ebenfalls zu einer Task Force. Überraschen würde sie das nicht.

Sie fühlte die prüfenden Blicke. Der Fahrer musterte sie im Rückspiegel. Der andere drehte sich immer wieder um. Keiner sagte einen Ton. Aha, dachte sie, die zwei haben Zeitungen gelesen. In der Armee gab es an diesem Tag nur ein Thema. Infektionen mit Chlamydia trachomatis bei Soldatinnen der israelischen Armee. Die Studie einer Epidemiologin mit dem vertrauenserweckenden Namen Charlotte Gaydos von der berühmten Johns Hopkins University. Diese bakterienähnlichen Mikroben verursachen eine überaus häufige Geschlechtskrankheit, bei Männern wie bei Frauen, übertragen durch ungeschützten Verkehr. Betroffen: praktisch alle Völker der Erde. Allein in Deutschland eine geschätzte halbe Million Infizierter. Und wie und wo sammelte die Wissenschaftlerin Gaydos die gewünschten Informationen? Bei Soldatinnen der israelischen Armee, wegen ihrer statistisch nachgewiesenen überdurchschnittlich hohen sexuellen Aktivität mit häufig wechselnden Partnern.

Sie erinnerte sich der Bemerkungen darüber heute im Camp und stellte mit Genugtuung fest: Rot wurde sie nicht, während sie mit den beiden Fremden dem Zwischenziel Tel Aviv entgegenfuhr. Mochten sie doch von ihr halten, was sie wollten.

Nach anfänglichem Zögern lehnte sie sich entspannt zurück. Langsam streifte sie seitwärts die Uniformkappe vom Kopf, und die Bewegung, mit der sie das tat, hätte einem intelligenten Beobachter verraten können, dass sie von den beiden eine bestimmte Reaktion erwartete. Nicht etwa, weil sie das gewollt hätte. Jetzt wollte sie nur in Ruhe nach Hause gefahren werden. Die beiden waren ihr ziemlich gleichgültig. Nein, sie erlebte immer das Gleiche, wenn sie unter den Augen fremder Männer, die sie dabei noch nie beobachtet hatten, ihr schwarzes Haar befreite und gleichsam der Erdanziehungskraft preisgab. Es reichte jetzt, während sie saß, fast bis zu ihren Hüften.

Als bräuchte er eine solche Geste von Vertrautheit als Ermunterung, sagte der Mann am Steuer jetzt: „Dein Kommandant weiß Bescheid.“ Schon wieder Ende.

Jeder konnte zu ihr einen solchen Satz sagen. Das war kein Kunststück. Sie trug Uniform. Das Straßenbild in der Region um Netanya war geprägt von der Dominanz der jungen Leute aus dem nahen Camp. Bestenfalls wäre es interessant zu wissen, von welchem Kommandanten er sprach. Der Brigadegeneral der Basis war noch nicht so lange auf seinem Posten. Der Vorgänger, Generalleutnant Mordechai Gur, erschoss sich in seinem, schweren Krebsleiden mit der Dienstwaffe. Danach wurde der Brigadestandort für Infanterie und Luftlandetruppen nach ihm benannt. Das alles ereignete sich erst in den letzten Monaten. Ziemlich aufregend. Aber der Neue kannte sie kaum. Eher meinten die wohl den kommandierenden Colonel ihrer Einheit. 35. Paratroopers Brigade. „Viper“. Alle vier Units sind nach Giftschlangen benannt. Das rote Abzeichen mit einer züngelnden gelben und geflügelten Schlange sollte jeder kennen.

Wie auch immer. Das Set-up des Dialogs, falls dieser Austausch knappster Worte so bezeichnet werden darf, behagte ihr nicht. Und schon gar nicht diese Pausen. Offensichtlich wurde der nächste Wortbeitrag von ihr erwartet. Nun, das konnten die beiden bekommen.

Mit der Erwähnung ihres Vorgesetzten machten die beiden klar, dass sie Diener des Staates waren, so wie sie eine Dienerin. Die beiden hätten Brüder sein können: Anfang vierzig, mittelgroß, untersetzt, und man würde sie sich eher im Außeneinsatz vorstellen als an irgendwelchen Schreibtischen. Das engte die Möglichkeiten ziemlich ein.

Eine Ahnung ließ sie eigentlich daran denken, den Kopf zur Seite zu drehen und aus dem Wagenfenster zu schauen, schweigend. Ihr missfiel der Anlass, der Ort, der Ablauf – lieber würde sie über was auch immer im Büro des Colonel befragt oder instruiert werden, und sie hielt auch den Zeitpunkt für völlig ungeeignet. Aber zittrig sein, nein. Die unausgesprochene Vorgabe lautete offensichtlich: wortkarg. Sie akzeptierte und hörte sich bloß sagen: „HaJechida?“ Und nach kurzer Pause, da keine Antwort kam: „HaMosad?“

„Ja“, sagte der Beifahrer. Sein erstes Wort übrigens. Es konnte sich nur auf die zweite Frage beziehen.

Mosad heißen mehrere jüdische Organisationen, unter anderem jene für die Organisation der Immigration aus allen Erdteilen nach Palästina. Aber in diesem Zusammenhang kam nur eine in Frage.

Das Institut, amtlicher Name Mosad Merkazi leModi’in uLeTafkidim Mejuchadim, Institut für Aufklärung und besondere Aufgaben, ist der Auslandsgeheimdienst ihres Staates, am ehesten vergleichbar mit der amerikanischen Secret Intelligence Agency, C. I. A., dem Secret Intelligence Service, S.I.S., dem britischen Auslandsgeheimdienst, kurz MI6 genannt, oder dem Bundesnachrichtendienst, B.N.D., der Bundesrepublik Deutschland.

Aber ernsthaft verglichen wollte und konnte kein Geheimdienst der Welt mit seinem israelischen Counterpart werden. Dessen rechtliche Befugnisse sind in der Praxis unbeschränkt. Das Institut agiert als verlängerter Arm der Regierung. Auch mit Gewalt und unter Verletzung internationaler Rechte. Spionageaktionen, Koordination mit anderen Geheimdiensten, Sabotage und Anschläge, paramilitärische Operationen, Propaganda und Täuschung, Geheimberichte aus fünfzehn verschiedenen Regionen sowie eine eigene Abteilung für Atomwaffen, gebildet aus dem früheren Geheimdienst Lakam. Fast alles ist top-secret, auch die Zahl der Mitarbeiter. Geschätzt wird sie auf 1200. Das scheint zu reichen, denn der Dienst kann weltweit auf freiwillige und ehrenhafte Helfer zurückgreifen, Sajanim.

Auch beim Mossad hatte gerade wieder eine Stunde Null begonnen. Erst konnte der Dienst im November 1995 in Tel Aviv, nur wenige Kilometer von hier, die Ermordung des israelischen Premierministers Jitzhak Rabin nicht verhindern. Dann folgten verschiedene Fehlschläge, und der nur unter dem Buchstaben „S“ bekannte Generaldirektor – inzwischen weiß jeder, dass er Schabtai Schawit hieß -, musste zurücktretenDer jetzige Mossad-Chef, seit dem 24. März 1996, ist der erste, dessen Name schon während der Amtszeit bekannt ist: Dani Jatom. Unter ihm soll alles viel cleverer ablaufen. Dramatische Neuaufstellung. Mehr Einsatz von Ansässigen im Zielland einer Operation, sichere Wohnungen und Bereitstellung von Transportmitteln durch Sajanims, noch bessere Informationen. Und natürlich frisches Blut.

Die Herausforderung ist groß. Schon die Armee selbst ist in der Aufgabe, die engen Grenzen der Heimat zu verteidigen, auf die kompromisslose Maximierung ihrer beschränkten Mittel ausgerichtet. Sie ist ein Schmelztiegel für Israeli wie für jüdische Immigranten, eine Leistungsgesellschaft, in der beinahe jede Führungskraft sich von unten hochgedient hat, und eine Erziehungseinheit nebenbei. Team für Team repräsentiert die gesamte Bevölkerung in allen Schichten, religiöse und nicht religiöse, aus Kibbuzim, Druzen, Beduinen. Jeder Angehörige ist verpflichtet, persönliches Vorbild zu sein. Vorgesetzte führen von vorne. Berühmt ist der Kampfruf „Aharai“ – mir nach. In keiner anderen Armee fallen, im Vergleich zu gewöhnlichen Soldaten, so viele Offiziere.

Einzelne Armeeangehörige entwickeln hochtechnische Fähigkeiten, in ballistischer Physik, in Kommunikation und sind nach dem Ausscheiden aus dem Dienst weltweit umworben.

Israel ist der einzige Staat mit Wehrpflicht auch für Frauen. Sein Sicherheitsradius wächst ständig und reicht bis in den Iran. Die Armee braucht wahrlich jeden einzelnen. Männer dienen drei Jahre, Frauen zwei. David Ben Gurion, fand dafür diese Worte: „Solange Frauen in der Erfüllung dieser Pflicht nicht Männern gleich sind, haben sie wahre Gleichheit nicht erreicht.“ Nur während...

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