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E-Book

...auch reiten kann er nicht!

Eine Lebensgeschichte von Hans Görtz

AutorHans Görtz
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783741243233
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,49 EUR
Wenn man alt werden will, muss man lange leben. Irgendjemand hat diesen Spruch erfunden, trotzdem die Aussage ja zutreffend ist. Hans Görtz ist so ein Mensch, der viele Facetten des Lebens erfahren und erlebt hat. Kinder- und Jugendzeit in seiner Breslauer Heimat, Kriegseinsatz im Osten und Westen, Vertreibung aus Schlesien, schwere Nachkriegszeit, Neubau einer Existenz, Großfamilie, Einsatz für das Gemeinwesen, Rentnerdasein, nach über 50-jähriger Ehe Witwer. Über all diese schicksalhaften Erlebnisse berichtet der Autor in seinem Erstlingswerk, aus den Erinnerungen eines erfüllten Lebens, mit vielen ernsten aber auch freudigen Episoden. Wenn viele junge Leserinnen und Leser Einblicke in die so andere Welt, einer anderen Generation erhalten und verstehen lernen, und ältere Menschen sich in den geschilderten Begebenheiten wiederfinden, dann hat es sich gelohnt, diese Erlebnisse niederzuschreiben. Viel Vergnügen!

Hans Görtz, geboren 1924 in Willschau, Kreis Glogau (Niederschlesien) - Schule, Lehre als Zimmerer in Breslau - Kriegseinsatz bei den PZ-Pionieren - Vertreibung aus der schlesischen Heimat - Aufbau einer beruflichen Existenz - Ehrenamtliche Tätigkeiten auf Gemeindeebene und im Sport - Großfamilie mit neun Kindern - Rentner mit vielen Hobbys - Fernstudium "Literarisches Schreiben" an der Cornelia Goethe Akademie - Gestorben 2016 in Hildesheim.

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Leseprobe

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“


So lautet ein geflügeltes Sprichwort. Nun, ich möchte nicht behaupten, dass ich ein wissensdurstiger Junge war, wie das so oft richtig ist, möglichst nicht nach oben und auch nicht nach unter aufzufallen. Zu dieser Sorte habe ich wohl in meiner Schulzeit gehört.

Ostern 1931 wurde ich in die evangelische Volksschule in Breslau-Altstabelwitz eingeschult. Wir hatten in dieser Schule gemischte Klassen, also Mädchen und Jungen. Ich war somit von Anfang an daran gewöhnt, dass Mädchen ihre Hausaufgaben regelmäßiger erledigen, als dies bei uns Jungen der Fall war. Und wenn man das entsprechende Etwas hatte, war es fast immer möglich, die eventuell fehlenden Hausaufgaben vor Beginn des Unterrichtes von einem lieben Mädchen zu bekommen.

Meine Stärken in den einzelnen Fächern stellten sich bald heraus. So bereitete mir das Rechnen absolut keine Schwierigkeiten und im Fach Deutsch lag meine Stärke beim Aufsatzschreiben. Die Zuneigung zu Diktaten hielt sich dagegen in Grenzen. Bis heute habe ich mit der Interpunktion und wann ich „s“ oder „ß“ schreiben muss, so meine Probleme.

Ab dem Jahre 1933, als ich in der 3. Klasse war, kam eine große Umwälzung auf uns zu. Normalerweise hatten wir auch am Samstag Unterricht. Durch einen Erlass bekamen alle Mädchen und Jungen „Schulfrei“, wenn sie den Jungmädeln oder Pimpfen beitraten. Dann waren Geländespiele oder Fahrten angesetzt. Dieser Tausch hatte natürlich einen ungeheuren Anreiz, so dass die Zahl der Schüler, die samstags noch in die Schule gingen, rapide abnahm. Selbst die Tatsache, dass diese Aktivitäten der Hitlerjugend viel mehr Zeit in Anspruch nahmen, wurde billigend in Kauf genommen.

Bei den Geländespielen, die im Raum Stabelwitz, Weistritz, Herrnprotsch und Odergebiet stattfanden, holten wir uns schon mal blutende Nasen und sonstige Verletzungen. Aber eine Woche später sorgten wir für ausgleichende Gerechtigkeit.

Wenn ich das Thema Hitlerjugend ganz ausklammern würde, dann könnte der Eindruck entstehen, ich wolle etwas verschweigen. Es war nun einmal eine Tatsache, dass mit der Machtübernahme des „Führers“ auch und besonders der Jugend besondere Aufgaben zugeordnet wurden. Die Planungen, die angestellt wurden gingen ja wohl davon aus, dass diese Regierungsform – die Diktatur – eine lange Zeitspanne die Macht ausüben sollte und dabei spielte die Jugend eine ganz wichtige Rolle.

Wir als junge Generation sollten ja die Aufgaben übernehmen und weiterführen, die die Partei eingeleitet hatte. Nun sollte bei uns nicht der Eindruck entstehen, es stecke Zwang dahinter. Natürlich war es so, nur wir als junge Menschen haben das nicht so empfunden, zumindest nicht bei den Pimpfen. In den örtlichen Gruppen waren Spiel, Sport und jugendgerechte Veranstaltungen gefragt. Ich hatte in der Zeit nie das Gefühl, etwas unrechtes zu tun. Es machten ja auch alle mit. Heute weiß ich die damalige „Betreuung“ anders einzuschätzen.

„Wie könnt ihr nur dieses verbrecherische System durch Euer Mitmachen unterstützt haben?“ So ähnlich könnte die heutige junge Generation uns fragen. Ganz einfach – wir haben es nicht erkannt, dass wir eingeplant waren in das Vorhaben. Entweder waren wir zu dumm oder man hat uns geschickt missbraucht.

Erschwerend kam noch dazu, dass Presse und Rundfunk gleichgeschaltet waren. Wir hatten keine Möglichkeit an andere Informationen zu gelangen wie dies in der heutigen Zeit gang und gebe ist.

Im vermutlich abgeklärten Alter würde ich heute auch fragen, wie konnten wir nur? Ich habe wiederum Angst, dass in den heutigen Tagen die Jugend wieder für etwas begeistert oder durch Medien beeinflusst wird, wo kritisches Hinterfragen angebracht wäre.

Nicht so sehr im politischen Bereich, Dumme und Unverbesserliche wird es immer geben, aber mir macht Sorge, wie Jugendliche von so genannten Stars mit lärmender, niveauloser Musik oder was man davon hält, voll gedröhnt werden und in nicht nachvollziehbare Hysterie verfallen.

Meine schulischen Leistungen bewegten sich in einem Rahmen, der die berechtigte Hoffnung zuließ, dass ich den Anforderungen der Mittelschule gerecht werden könnte.

So geschah es dann auch. Ab Ostern 1935 wurde ich in die Mittelschule in Breslau-Lissa umgeschult. Auch hier wieder gemischte Klassen und, wie ich fand, auch nette und ordentliche Mitschülerinnen und Mitschüler. Selbst an unseren Paukern gab es nichts Wesentliches auszusetzen. Gelegentliche Differenzen wurden meist kurzfristig behoben, wobei die Lehrkräfte oft das bessere Ende für sich in Anspruch nahmen.

Im Rechnen und Raumlehre war ich bald in der Spitzengruppe der Klasse. Dies war vor allem unserem Mathelehrer, Herrn Mischke, zu verdanken. Er hatte mich, so kann ich es sagen, so richtig ins Herz geschlossen, und ich dankte ihm mit guter Mitarbeit. Mein Rat war bei meinen Mitschülerinnen sehr gefragt. Da ich zugegebener Weise auch einige Schwachstellen in anderen Fächern hatte, fand ein reger Austausch von Hausarbeiten statt. Leider wurde Herr Mischke 1939 pensioniert, und dies hatte für mich ganz entscheidende Auswirkungen.

Als Fremdsprache hatten wir Französisch. Da mir niemand so genau erklären konnte, warum ich Französisch lernen sollte, war mein Interesse am Unterricht ausgesprochen gering. Meine Zeugnisnote war dementsprechend tief im Keller. Einmal habe ich es jedenfalls geschafft, meine Französisch-Madame total zu überraschen. Die Klasse paukte gerade ein französisches Gedicht ein und unsere Lehrerin kündigte an, dieses Gedicht als Klassenarbeit schreiben zu lassen. Ich weiß es bis heute noch nicht, aus welchem Grund ich nun dieses Gedicht gelernt hatte. Die Frucht meiner Bemühungen konnte ich in der nächsten Französisch-Stunde einheimsen. Unsere Lehrerin hatte noch nicht den Raum richtig betreten, kam schon der Befehl, ich möchte sofort an das Pult treten und dieses Gedicht aufsagen. Genau diese Reaktion hatte ich erwartet, und ohne einen Versprecher habe ich das Gedicht vorgetragen. – Einzige Stellungnahme meiner Lehrerin:“ Das war Dein stilles Glück!“ Für mich aber auch nur eine vorübergehende Verbesserung meiner Zeugnisnote. Im nächsten Jahr war ich wieder auf meiner Standardnote, einer satten Fünf.

Wie ich bereits erwähnt habe, war der Weggang meines Mathelehrers ein einschneidendes Ereignis. Dies hat sich aber erst Jahre später für mich als Glücksfall herausgestellt.

Als Nachfolger von Herrn Mischke bekamen wir Herrn Strietzel in Mathe und Deutsch als Klassenlehrer. Heute würden wir sagen: „Jung und dynamisch!“ Für uns Schüler war er sehr gewöhnungsbedürftig. Ein ganz anderer Typ als unser „Vater“ Mischke.

Eine Klasse kann sich natürlich schnell auf einen vermeintlich ungeliebten Lehrer einstellen. So wurde systematisch kleiner Widerstand organisiert. Ich war von den Strafmaßnahmen des Herrn Strietzel ebenfalls betroffen. Wegen „schwatzen“ wurde ich in die erste Reihe versetzt. Wobei nach kurzer Zeit die ersten zwei Reihen von Strafversetzten eingenommen waren. Auf Absprache untereinander, drehten wir uns gleichzeitig immer in die Richtung des Lehrers. Herr Strietzel hatte nämlich die Angewohnheit, ständig in den Gängen der Sitzreihen herumzugehen. Unser Verhalten muss ihn wohl mächtig gewurmt haben. Wir alle bekamen einen Tadel ins Klassenbuch.

Am Ende des achten Schuljahres, d.h. Ende meiner Schulpflicht, trug sich dann im Matheunterricht etwas Ungewöhnliches zu. Ich hatte mal wieder auf die selbst gemachten Hausarbeiten verzichtet und den etwas bequemeren Weg des „Abschreibens“ bevorzugt.

Nun war bei den Hausarbeiten eine Mehrsatzaufgabe enthalten, die von der Klasse unterschiedlich gelöst wurde. Nach Abfrage blieben nur zwei richtige Lösungen übrig. Dies waren die Lösungen von Eleonore und von mir. Pech für mich, dass die Lösungsansätze auf Punkt und Komma identisch waren, mit denen von meiner Mitschülerin Eleonore. Erschwerend für mich kam hinzu, dass ich sehr standfest behauptet hatte, die Aufgabe selbständig gelöst zu haben. Also ist Herr Strietzel ausgerastet und hat mir vor versammelter Klasse eine kräftige Ohrfeige verabreicht. Anmerkung: Züchtigung war damals noch erlaubt. Aus heutiger Sicht hat Herr Strietzel vollkommen korrekt gehandelt. Meine damalige Ansicht war eine ganz andere.

Unbedingt erwähnen muss ich noch ein Erlebnis, dass in dieser Form heute kaum mehr möglich ist. Die Überschrift könnte lauten: „Eine Schlittschuhtour ist lustig.“

„Eine Schlittschuhtour ist lustig“ dies ist eine kleine Anleihe aus einem bekannten Volkslied „Eine Schlittenfahrt ist lustig“. Aber hier ist eine Schlittschuhtour gemeint.

Werner und ich waren in Neu- bzw. Alt-Stabelwitz zu Hause. Damit erst einmal überhaupt kein Rätselraten aufkommt, wo diese Orte wohl liegen könnten, hier eine grobe Beschreibung. Stabelwitz, ein Vorort von Groß-Breslau, liegt in Mittelniederschlesien, also dem heutigen Polen. Ganz in der Nähe, etwa fünf...

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