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E-Book

Aufgaben und Lösungen aus Zweiten Juristischen Staatsprüfungen in Bayern im Öffentlichen Recht

aktualisiert und publiziert in den Bayerischen Verwaltungsblättern (BayVBl.) 2014

VerlagRichard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl83 Seiten
ISBN9783415055872
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Aufgaben und Lösungen aus Zweiten Juristischen Staatsprüfungen in Bayern im Öffentlichen Recht aktualisiert und publiziert in den Bayerischen Verwaltungsblättern (BayVBl.) 2014 Das E-Book enthält vier Prüfungsaufgaben mit Lösungen zum Öffentlichen Recht in Bayern zur Vorbereitung auf das Zweite Examen. Alle Lösungshinweise wurden vor der Publikation im jeweiligen Heft der Bayerischen Verwaltungsblätter (BayVBl.) nochmals überprüft und gegebenenfalls bearbeitet. Die Lösungen sind somit auf dem Stand der Erstpublikation in den BayVBl. Die Reihenfolge der Aufgaben und Lösungen entspricht der zeitlichen Reihenfolge des Erscheinens in den Bayerischen Verwaltungsblättern. Studenten und Referendaren in Bayern steht damit eine unverzichtbare Sammlung freigegebener und veröffentlichter Examensklausuren zur Verfügung. Ob im Klausurenkurs in AG-Gruppen oder bei der individuellen Vorbereitung - wer diese Klausuren durchgearbeitet hat, kann wesentlich entspannter in die Prüfung gehen.

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Leseprobe

Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/1


(Arbeitszeit: 5 Stunden)

Auszug aus den Akten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Az. M 26 SE 09.4811

Rechtsanwalt Christian Kemmer
(...) Rosenheim

29. Mai 2009

An das
Bayerische Verwaltungsgericht München
(…) München

Bayerisches Verwaltungsgericht München
Eingang: 29. Mai 2009

In der Verwaltungsstreitsache

Herbert Moser, (...) Amerberg,
gegen
den Freistaat Bayern

– Antragsteller –

– Antragsgegner –

stelle ich unter Vorlage einer Vollmacht (Anlage 1) namens und im Auftrag meines Mandanten folgenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz:

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag (Anlage 2) gegen die Kostenrechnung der Polizeiinspektion Brannenburg vom 27. April 2009 wird angeordnet. Der Antragsgegner wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, das sichergestellte Radio, Farbe silbern, Marke Sony, unverzüglich an den Antragsteller herauszugeben.

Begründung:

Der Antragsteller bewohnt im Mehrfamilienhaus Kirchplatz 1 im Ortszentrum von Amerberg, Landkreis Rosenheim, die Wohnung im 1. Obergeschoss links.

Am Vormittag des 12. April 2009 (Ostersonntag) alarmierte die im 1. Obergeschoss rechts wohnende Nachbarin Ingeborg Meyer telefonisch die Polizeiinspektion Brannenburg. Sie gab dabei an, sie habe in der Wohnung des Antragstellers eine männliche Stimme Beleidigungen, wie „Schlampe, Miststück“, schreien gehört. Des Weiteren seien zerbrechliche Gegenstände an die Wand geworfen worden; schließlich sei zu vernehmen gewesen, dass eine Frau in der Wohnung weine.

Als 20 Minuten nach der Alarmierung gegen 10.00 Uhr eine Polizeistreife der Polizeiinspektion Brannenburg bei der Wohnung des Antragstellers ankam, war jedoch von alledem nichts zu hören. Davon offenbar unbeeindruckt, beschlossen die beiden Polizeibeamten nunmehr gleichwohl, in der Wohnung des Antragstellers Nachschau zu halten. Dazu wurde die Wohnung mit Gewalt geöffnet. Diese Öffnung erfolgte in der Weise, dass die geschlossene, aber unversperrte Wohnungstür von beiden Polizisten gemeinsam unter Verwendung ihrer Körperkraft und -masse – ohne eine für den Antragsteller vernehmbare vorherige Androhung dieser Aktion – aufgedrückt wurde. Der Antragsteller hatte während der gesamten Zeit geschlafen und war erst kurz vor dem Aufdrücken der Tür aufgewacht. Als die Tür gerade geöffnet wurde, befand er sich auf dem Weg zum Badezimmer, zufällig direkt vor der Wohnungstür. Die Tür zum Badezimmer befindet sich neben der Wohnungstür. Die unmittelbar nach dem Betreten der Wohnung erfolgte Nachschau der Beamten ergab, dass der Antragsteller alleine in der Wohnung war und nichts auf einen Kampf oder eine sonstige Auseinandersetzung hindeutete. Insbesondere konnten keine umher geworfenen Gegenstände festgestellt werden.

Der Antragsteller, über diesen für ihn – auch bis heute – nicht nachvollziehbaren „unerbetenen“ Besuch sehr erbost, wollte sich, gleich nachdem die beiden Beamten um 10.30 Uhr seine Wohnung wieder verlassen hatten, durch Hören von lauter Rockmusik aus seinem Radio „abreagieren“. Die Polizeibeamten, die sich zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Haus am Kirchplatz 1 aufhielten, empfanden diese Musik indessen anscheinend als unzumutbar laut, kehrten zur Wohnung zurück und wiesen den Antragsteller an, die Musik sofort leiser zu drehen und die Zimmerlautstärke einzuhalten. Der Antragsteller äußerte daraufhin – nach wie vor wegen der vorherigen Ereignisse in erregter Stimmung –, er sehe dazu keine Notwendigkeit. Die Lautstärke sei seines Erachtens für die Tageszeit durchaus angemessen. Daraufhin stellten die Polizeibeamten das Radio kurzerhand sicher. Zur Begründung gaben sie dem Antragsteller gegenüber an, nur auf diese Weise könne eine weitere sonntägliche Ruhestörung zur Zeit des Hauptgottesdienstes unterbunden werden.

Mit Kostenrechnung vom 27. April 2009 (Anlage 3) erlegte die Polizeiinspektion Brannenburg dem Antragsteller Kosten von insgesamt 45,00 € auf. Die Rechnung verwies dabei auf einige Vorschriften des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) und der Polizeikostenverordnung (PolKV); eine weitere Begründung enthielt sie nicht. Die Rechnung wurde dem Antragsteller am 28. April 2009 persönlich zugestellt.

Aus alledem ergeben sich folgende rechtlichen Schlussfolgerungen:

I. Der Antrag ist zulässig.

Die Anfechtungsklage hat hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Zwar ist die Frage, wie der Begriff der ,Kosten‘ in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO zu verstehen ist, umstritten. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertritt, dass die für eine Sicherstellung oder für Zwangsmittel nach Art. 54 ff. PAG erhobenen Kosten unter § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO fallen.

Der Antrag ist auch rechtzeitig gestellt, da die streitgegenständliche Kostenrechnung nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde. Die Zustellung hätte nicht unmittelbar an den Antragsteller erfolgen dürfen, da von mir bereits unter dem 22. April 2009 Vertretungsanzeige erfolgt und auch eine auf mich lautende Vollmacht des Antragstellers vom selben Tag vorgelegt worden war (Anlagen 4 – 6).

II. Der Antrag ist auch begründet.

Die Kostenrechung ist rechtswidrig. Sie enthält über die dort zitierten Rechtsnormen hinaus keine weitere Begründung. Eine solche war aber nicht entbehrlich. Daraus resultiert bereits die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheids. Auch ist die gewaltsame Türöffnung nicht als Ersatzvornahme, sondern vielmehr als Anwendung unmittelbaren Zwangs zu qualifizieren.

Ferner ist der Bescheid materiell rechtswidrig. Die Polizei ist aufgrund eines Fehlalarms der Nachbarin Meyer bei dem Antragsteller erschienen. Diese Nachbarin ist den anderen Mitbewohnern des Hauses am Kirchplatz 1 bereits mehrfach durch haltlose Behauptungen den Antragsteller betreffend aufgefallen. Die Kosten des Einsatzes können dem Antragsteller, der bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, schon mit Blick auf die ihm nicht zuzurechnende Alarmierung nicht auferlegt werden.

Hinsichtlich der Sicherstellung des Radios, das dem Antragsteller bisher noch nicht zurückgegeben wurde, da die Polizeiinspektion dies von der Zahlung der dem Antragsteller für die Sicherstellung des Radios auferlegten Gebühr abhängig macht, ist festzustellen, dass nicht ersichtlich ist, welche Gefahr hierdurch abgewendet hätte werden sollen. Laute Musik muss vielmehr schon mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 101 BV auch an Sonn- und Feiertagen hingenommen werden; auf die anscheinend gesteigerte Sensibilität der beiden Polizeibeamten kann es dabei jedenfalls nicht ankommen. Das rechtswidrig sichergestellte Radio ist wieder herauszugeben.

Kemmer

Rechtsanwalt

Anlagen : (...) [Es folgen die genannten Unterlagen, von deren Abdruck teilweise abgesehen wurde.]

Anlage 1 ist eine ordnungsgemäße Prozessvollmacht für Rechtsanwalt Kemmer.

Anlage 2 ist die Klageschrift vom 29. Mai 2009, bei Gericht eingegangen am selben Tag. Darin wird beantragt, die Kostenrechnung der Polizeiinspektion Brannenburg vom 27. April 2009 aufzuheben, den Freistaat Bayern als Beklagten unter Aufhebung der Sicherstellungsverfügung vom 12. April 2009 zu verpflichten, das sichergestellte Radio an den Kläger herauszugeben, und den Beklagten zur Kostentragung zu verurteilen. Das Verfahren wird beim Bayerischen Verwaltungsgericht München unter dem Aktenzeichen M 26 K 09.4812 geführt.

Anlage  3 (auszugsweise):

Polizeiinspektion Brannenburg
(. . .) Brannenburg

27. April 2009

...
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Titel3
Impressum4
Inhaltsverzeichnis5
Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/16
Lösungsskizze zur Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/115
Aufgabe 10 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/126
Lösungsskizze zur Aufgabe 10 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/135
Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/245
Lösungsskizze zur Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/251
Aufgabe 10 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2010/163
Lösungsskizze zur Aufgabe 10 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2010/171

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