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E-Book

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

AutorGerd Lehmkuhl, Jan Frölich, Manfred Döpfner
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783840919398
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Die zweite, überarbeitete Auflage des Diagnostik- und Therapieleitfadens bietet wertvolle Hinweise und Anregungen zum konkreten therapeutischen Vorgehen bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS). Der Band stellt zunächst den aktuellen Stand der Forschung hinsichtlich der Symptomatik, der Komorbidität, der Pathogenese, dem Verlauf und der Therapie von ADHS dar. Anschließend werden die Leitlinien zur Diagnostik und Verlaufskontrolle, zur Behandlungsindikation sowie zur Therapie der Störungen formuliert und ihre Umsetzung in die klinische Praxis ausführlich erläutert. Verfahren, die in den verschiedenen Phasen der Therapie eingesetzt werden können, werden kurz und prägnant beschrieben. Zahlreiche Materialien zur Diagnostik, zur Elternberatung und zur medikamentösen Therapie sowie Fallbeispiele erleichtern die Umsetzung der Leitlinien in der konkreten klinischen Praxis.

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Kapitelübersicht
  1. Einleitung: Grundlagen und Aufbau des Buches
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. 1 Stand der Forschung
  4. 2 Leitlinien
  5. 3 Verfahren zur Diagnostik und Therapie
  6. 4 Materialien
  7. 5 Fallbeispiel
  8. 6 Literatur
Leseprobe
Kinder mit einer kombinierten Störung haben weitaus größere Entwicklungsrisiken als Kinder, die nur die Symptomkriterien einer ADHS erfüllen. Sie weisen auch im Durchschnitt eine stärker ausgeprägte Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsproblematik auf (Reeves et al., 1987; Shapiro & Garfinkel, 1986), und sie zeigen eine erhöhte Rate an Teilleistungsstörungen, wie Lese-Rechtschreib-Störungen (Mc Gee et al., 1984; Moffit & Silva, 1988). Der sozio-ökonomische Status dieser Gruppe ist zudem geringer als bei einfacher ADHS (Lahey et al., 1988). Schließlich ist die Langzeitprognose beider Gruppen deutlich unterschiedlich. Kinder und Jugendliche mit einer ADHS und einer besonders früh einsetzenden, ausgeprägten komorbiden Störung des Sozialverhaltens haben ein deutlich höheres Risiko für spätere Delinquenz, Substanzmissbrauch und die Entwicklung einer antisozialen Persönlichkeitsstörung (August et al., 1983; Loeber et al., 1988; Mannuzza et al., 1989, 1991).

Depressive Störungen. In Abhängigkeit von der untersuchten Stichprobe und den verwendeten diagnostischen Instrumenten liegt die Komorbidität einer depressiven Störung mit einer ADHS im Kindesalter zwischen 9 und 38 % (Anderson et al., 1987; Biederman et al., 1992; Milberger et al., 1995). Meistens treten die depressiven Symptome nach Manifestation der ADHS auf (Biederman et al., 1995; Kovacs et al., 1994). Vermutlich verhindern das anhaltende Schulversagen und die zunehmenden sozialen Probleme dieser Kinder den Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins und unterstützen die Entwicklung depressiver Störungen.

Angststörungen. Etwa 30 bis 40% der Kinder mit ADHS, die in einer Klinik vorgestellt werden, haben begleitend eine Angststörung (Tannock, 2009). Die Diagnose komorbider Angststörungen bei Kindern mit ADHS bereitet allerdings einige Schwierigkeiten, da die Eltern ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die externalen Auffälligkeiten ihres Kindes lenken und diese folglich im Vordergrund der Symptomschilderungen stehen. Das diagnostische Augenmerk muss sich deshalb diesbezüglich stärker auf das Kind zentrieren.

Tic-Störungen. Bis zu 30 % der Kinder mit einer ADHS weisen begleitend eine Tic-Störung auf (Comings, 1990). Patienten mit Tourette-Syndrom haben umgekehrt in bis zu 70% der Fälle eine ADHS, wobei sich die ADHS vor der Tic-Störung entwickelt (Döpfner et al., 2010a).

Umschriebene Entwicklungsstörungen, Lernstörungen und Teilleistungsschwächen. Kinder mit einer ADHS weisen häufiger psychomotorische Entwicklungsverzögerungen auf (Gillberg & Kadesjö, 2009): Die Sprachentwicklung ist gehäuft verzögert und die expressive Sprachfähigkeit ist teilweise beeinträchtigt (Tannock & Brown, 2009). Im Schulalter werden vermehrt Lese-Rechtschreib-Störungen oder isolierte Rechenstörungen angetroffen. Bis zu 40% der Kinder mit ADHS haben auch Leseund Rechtschreibstörungen, wobei die Verbindung zu Unaufmerksamkeit enger ist als zu Hyperaktivität-Impulsitivität (Willcutt & Pennington, 2000). Die Intelligenzleistungen von Kindern mit einer ADHS sind um sieben bis 15 IQ-Punkte vermindert (u.a. Ackerman et al., 1986). Ob diese Diskrepanzen hauptsächlich durch verminderte Aufmerksamkeitsleistungen in der Testsituation verursacht werden, ist bislang nicht geklärt. Taylor et al. (1991) weisen nach, dass Kinder mit ausgeprägter Hyperaktivität keine verminderten Intelligenztestwerte aufweisen, wohl aber Kinder mit ausschließlicher Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität.

1.3 Pathogenese

Generell wird eine Interaktion psychosozialer und biologischer Faktoren vermutet, die letztlich zum klinischen Bild der ADHS führen. Andererseits weisen die Studien der letzten Jahren eindeutig darauf hin, dass psychosozialen Faktoren eine geringere Rolle und biologischen Faktoren ein zunehmend größerer Stellenwert für die Entstehung von ADHS eingeräumt werden muss, wobei die ausschließliche Betrachtung biologischer Faktoren nur zu einem begrenzten Teil die Entwicklung von ADHS erklären kann. Ein allgemeines Modell (vgl. Abb. 3) geht von einer erhöhten biologischen Vulnerabilität aus, die sich in bestimmten Funktionsdefiziten äußert, wobei sich die ADHS-Symptome dann manifestieren, wenn eine unzureichende äußere Steuerung erfolgt oder wenn spezielle Anforderungen an Aufmerksamkeit und Ausdauer durch Spielund Gruppensituationen bzw . Kindergarten und Schule gestellt werden.

1.3.1 Neurobiologische Faktoren

Die Vielzahl der Untersuchungsbefunde lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass bei Patienten mit ADHS eine grundlegende Dysfunktion des kortikalenstriatalen Netzwerkes vorliegt. Hierbei scheinen erbliche Faktoren eine bedeutende Rolle zu spielen mit einer wahrscheinlich genetisch bedingten dysfunktionalen Informationsverarbeitung zwischen Frontalhirn und Basalganglien. Diese Funktionseinschränkung kann jedoch möglicherweise auch durch Komplikationen in der Schwangerschaft, durch Exposition gegenüber toxischen Substanzen oder durch neurologische Erkrankungen und durch Einflüsse der psychosozialen Umwelt mitverursacht oder verstärkt werden.

Genetische Faktoren

Zwillingsstudien belegen eine hohe Heretabilität der ADHS zwischen 60 und 90%, wobei in diese Heretabilität sowohl genetische Einflüsse als auch Gen-Umwelt-Interaktionen einfließen (Banaschewski, 2010). Die Befunde weisen auf ein multifaktorielles Vererbungsmuster hin, bei denen mehrere Genvarianten mit verschieden großen Effektstärken eine Rolle spielen. Genetische Verbindungen scheinen auch zu anderen Störungsbildern zu bestehen.

Die bisher ermittelten molekulargenetischen Befunde legen ebenfalls nahe, dass die ADHS in den meisten Fällen einen komplexen Erbgang (im Gegensatz zu den monogenen Erkrankungen mit nur einem kausalen Krankheitsgen) aufweist und sehr wahrscheinlich durch das Zusammenwirken multipler Genvarianten untereinander und mit Umweltrisiken bedingt ist (und somit die extreme Ausprägung einer Verhaltensdimension darstellt). Kandidatengene für ADHS sind wichtige Modulatoren der dopaminergen sowie serotonergen Signalwege. So wurden in einer der bislang größten Familienstudien, die vom International Multisite ADHD Gene (IMAGE) Projekt durchgeführt wurde, bei der Untersuchung von 51 Kandidatengenen Assoziationen von 18 Genen mit ADHS gefunden (Brookes et al., 2006b). Metaanalysen bestätigen signifikante Risikosteigerungen für verschiedene Risikoallele (DRD4, DRD5, SLC6A3, SNAP-25, HTR1B), die jeweils allerdings nur kleine Effekte (Odds Ratios: 1,1 bis 1,5) auf die Ausprägung des Phänotyps haben. Auch werden – unter Annahme einer standardisierten Normalverteilung und eines additiven genetischen Zusammenwirkens – durch die bislang replizierten Risiko-Polymorphismen insgesamt lediglich etwa 3.2% der phänotypischen Varianz bzw. nur 4.2 % der Heritabilität (76 %) aufgeklärt (Stringaris & Asherson, 2008).
Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Grundlagen und Aufbau des Buches7
Inhaltsverzeichnis9
1 Stand der Forschung13
1.1 Symptomatik13
1.2 Komorbide Störungen19
1.3 Pathogenese21
1.4 Verlauf31
1.5 Prävention und Therapie34
2 Leitlinien55
2.1 Leitlinien zur Diagnostik und Verlaufskontrolle55
2.2 Leitlinien zu Behandlungsindikationen90
2.3 Leitlinien zur Therapie97
3 Verfahren zur Diagnostik und Therapie130
3.1 KIDS 1 – Kinder-Diagnostik-System, Band 1: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)130
3.2 Durchführungsprotokoll zur Diagnostik, Therapie von ADHS bei Kindern und Jugendlichen sowie weiterer Hilfemaßnahmen131
3.3 DCL-ADHS – Diagnose-Checkliste fu?r Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen132
3.4 EI-PF – Elterninterview u?ber Problemsituationen in der Familie133
3.5 FBB-ADHS/SBB-ADHS – Fremdbeurteilungsbogen/Selbstbeurteilungsbogen fu?r Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen134
3.6 EF-PF – Elternfragebogen über Problemsituationen in der Familie135
3.7 FVH – Fragebogen über Verhaltensprobleme bei den Hausaufgaben136
3.8 VWU – Beurteilungsbogen: Verhalten während der Untersuchung136
3.9 Problemliste: Verhaltensprobleme des Kindes137
3.10 Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP)138
3.11 Wackelpeter und Trotzkopf. Hilfen bei ADHS und oppositionellem Verhalten139
3.12 Präventionsprogramm für Expansives Problemverhalten (PEP)139
3.13 Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern140
3.14 Therapieprogramm für Jugendliche mit Selbstwert-, Leistungs- und Beziehungsstörungen (SELBST)141
3.15 Elternratgeber142
3.16 Zentrales adhs-netz143
4 Materialien144
M01 Explorationsschema für Hyperkinetische und Oppositionelle Verhaltensstörungen (ES-HOV)145
M02 Checkliste zur medikamentösen Therapie von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (CM-ADHS)154
M03 ADHS-Tagesprofil: Beurteilungsbogen für Eltern (ADHS-TAP-EL)156
M04 ADHS-Tagesprofil: Beurteilungsbogen für Lehrer (ADHS-TAP-LE/R)157
5 Fallbeispiel158
5.1 Angaben zur spontan berichteten und erfragten Symptomatik158
5.2 Lebensgeschichtliche Entwicklung des Patienten und Krankheitsanamnese159
5.3 Psychischer Befund zum Zeitpunkt der Antragstellung160
5.4 Somatischer Befund161
5.5 Verhaltensanalyse161
5.6 Diagnose zum Zeitpunkt der Antragstellung162
5.7 Therapieziele und Prognose162
5.8 Behandlungsplan163
5.9 Therapieverlauf163
5.10 Nachkontrollen165
6 Literatur166

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