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Aufsichts- und Verwaltungsrat in Gesundheits- und Sozialunternehmen

Aufgaben, Herausforderungen, Handlungsempfehlungen

AutorBernd Halbe, Rudolf Schmid
VerlagMedhochzwei
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl250 Seiten
ISBN9783862163700
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,99 EUR
Aufsichts- und Verwaltungsräte oder Beiräte haben die verantwortungsvolle Aufgabe die Unternehmensleitung zu beraten und zu überwachen; der Wirtschaftssektor weist hier eine lange und gefestigte Tradition auf. In den letzten Jahren haben auch die Träger von Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie anderer Einrichtungen und Leistungserbringer im Gesundheitswesen begonnen, ihre Management-Strukturen, Betriebsformen und Aufsichtsgremien den wachsenden wirtschaftlichen und rechtlichen Herausforderungen anzupassen. Denn es stellt sich zunehmend - auch im Spannungsfeld von Ökonomie und Ethik - die Frage, in welcher Art und Weise - insbesondere die Aufsichts- und Verwaltungsräte heutiger Unternehmen - in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft dazu beitragen können, dass dort ziel- und qualitätsorientiert, bedarfsgerecht, und verantwortungsbewusst gearbeitet wird und der Fortbestand der am Gemeinwesens orientierten Aufgabe gesichert wird. Zwar ist z. B. im Krankenhausbereich die 'wirtschaftsnahe' GmbH die häufigste Rechtsform, gefolgt vom kommunalen Eigenbetrieb; die Aktiengesellschaft ist in der Gesundheitsbranche ebenfalls vertreten. Dennoch befinden sich Gesundheitsunternehmen im Vergleich mit Wirtschaftszweigen keineswegs im Stadium endgültiger Antworten, was Struktur, Organisation, werteorientierte Zielsetzung und Aufsichtsgremien betrifft. Nach einer kurzen Darstellung der Entwicklung im Bereich Gesundheits- und Sozialunternehmen unternehmen die Autoren daher eine diesbezügliche Situationsdiagnose und stellen die Aufgaben der Trägerorgane, den juristischen Rahmen und die organisationsrechtlichen Grundlagen dar. Den Schwerpunkt des Buches bildet eine Situationsanalyse, die zu Vorschlägen und Empfehlungen zu Konstruktion, Zusammensetzung, Handlungsweise und Qualifikation der Mitglieder eines Aufsichtsgremiums führt sowie zur erfolgreichen Kooperation zwischen Aufsichtsgremien und dem Management der Gesundheitsunternehmen beitragen soll. Zu diesen Zwecken greifen die Autoren auch auf Gespräche mit Aufsichtsräten, Verwaltungsräten und Vorständen aus der Branche zurück u. a. mit Irmtraud Gürkan, Karl Ferdinand Prinz von Thurn und Taxis und Anton J. Schmidt. Die detaillierten Interviews gewähren wertvolle, erfahrungsgestützte und kenntnisreiche Einblicke in die Praxis und verweisen ihrerseits auf diverse Handlungsnotwendigkeiten zum Thema.

Prof. Dr. Bernd Halbe, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht , Kanzlei Dr. Halbe Rechtsanwälte Köln/Hamburg/Berlin, Honorarprofessor und Lehrbeauftragter für Medizinrecht der Universität zu Köln, Fachautor und Herausgeber des 'Handbuches Kooperationen im Gesundheitswesen'.

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Leseprobe

Teil II Gesetzliche Grundlagen von Beiräten, Verwaltungs- und Aufsichtsgremien – Rechte und Pflichten von ihren Mitgliedern


3 Rechte und Pflichten von Aufsichtsgremien und ihren Mitgliedern


3.1 Übersicht zu den Trägern von Gesundheits- und Sozialunternehmen


Bei den Trägern von Unternehmen und Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialbereich wird zwischen öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Trägern unterschieden; eine gesetzliche Definition der verschiedenen Träger gibt es nicht. Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich daher an den Erläuterungen des Statistischen Bundesamtes.11

In öffentlicher Trägerschaft sind Einrichtungen, die unabhängig von ihrer Betriebsart von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, das heißt von dem Bund, einem Land oder einer kommunalen Gebietskörperschaft, etwa einer Gemeinde, einer Stadt, einem Landkreis, einem Bezirk oder auch einem öffentlicher Zweckverband, betrieben werden.

Die Organisationsform bzw. Betriebsart kann hierbei privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgestaltet sein.

Die freigemeinnützigen Unternehmen werden von Trägern der kirchlichen und freien Wohlfahrtspflege, Kirchengemeinden, Stiftungen oder Vereinen unterhalten.

Von einem privaten Träger spricht man, wenn ein/e Einrichtung/Unternehmen von einer natürlichen Person, von einer juristischen Person des Privatrechts oder von einer (teil-) rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaft des privaten Rechts nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen, das heißt mit Gewinnerzielungsabsicht, betrieben wird.12 Ein derartiger Betrieb bedarf als gewerbliches Unternehmen einer Konzession nach § 30 Gewerbeordnung.

Zu den privaten Trägern zählen beispielsweise ein rechtsfähiger Verein oder eine Stiftung des Privatrechts, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine Aktiengesellschaft (AG) aber auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

3.2 Überblick über die Aufsichtsgremien


Aufsichtsgremien dienen in der Regel der effizienten Führung von und der Aufsicht über Wirtschaftsunternehmen. Als Kontrollgremium stellen sie ein internes Instrument der Aufsicht dar.

Zunächst ist eine begriffliche Abgrenzung vorzunehmen. Hierbei hat eine Differenzierung zwischen den praktisch relevanten Gremien des Verwaltungsrates, des Beirates und des Aufsichtsrates zu erfolgen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es daneben ein weiteres Organ gibt, für das oftmals die Bezeichnung Aufsichts- oder Verwaltungsrat verwendet wird. Hierbei handelt es sich um das sogenannte Kuratorium, eine bei Stiftungen oder Körperschaften vorzufindende Verwaltungs- oder Aufsichtsbehörde.

Sodann erfolgt in einem weiteren Schritt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den jeweiligen Gremien und Organen.

  • 1. Verwaltungsrat
    Der Verwaltungsrat stellt ein Organ zur Überwachung und Beratung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts dar.
    Häufig findet sich diese Bezeichnung allerdings auch für ein fakultatives Organ bei einer GmbH wieder, das in der Regel – in Abgrenzung zu der vorstehend dargestellten Funktion – eine beratende und empfehlende Funktion wahrnimmt.
  • 2. Beirat
    Der Beirat ist ein fakultatives Gremium mit beratender und empfehlender Funktion. Hierbei hat er keine oder wenig Entscheidungsbefugnisse und – in Abgrenzung zu dem Verwaltungs- und Aufsichtsrat – in der Regel keine Kontrollfunktion.
    Beiräte werden von Institutionen und Organisationen aller Art genutzt. Hierbei werden sie auf freiwilliger Basis geschaffen. Dieses Organ findet sich häufig bei der GmbH neben den zwingend vorgeschriebenen Gesellschaftsorganen der Gesellschaftsversammlung und der Geschäftsführung.13
    Da ein gesetzliches Leitbild eines solchen Gremiums nicht existiert, ist die Bezeichnung „Beirat“ nicht zwingend vorgegeben, so dass ein derartiges Organ auch häufig als „Verwaltungsrat“, „Gesellschafterausschuss“, „Familienrat“ o. ä. bezeichnet wird.
  • 3. Aufsichtsrat
    Der Aufsichtsrat ist ein internes Kontrollgremium, dessen Errichtung teilweise gesetzlich vorgeschrieben und im Übrigen fakultativ ist. In Deutschland besteht insofern bezüglich der Unternehmenskontrolle ein dualistisches System, wonach die Geschäftsführung bzw. der Vorstand und der Aufsichtsrat gesonderte Gremien sind.

Der Aufsichtsrat kann Ausschüsse bestellen und sie mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben des Aufsichtsrates betrauen. Da fakultative Aufsichtsräte in der Regel aus wenigen Mitgliedern bestehen, ist eine Ausschussbildung bei ihnen eher selten, so dass sich die nachfolgenden Ausführungen primär auf Ausschüsse bei obligatorischen Aufsichtsräten beziehen.

Allgemein dienen Ausschüsse durch die Delegation von Aufgaben der Entlastung des Aufsichtsrates und der effizienteren Entscheidungsfindung.14 Die Ausschussbildung kann aber auch ein Instrument zur Wahrung der Vertraulichkeit oder zur Gewährleistung der Unabhängigkeit bei der Beschlussfassung sein. Hierbei regt der sogenannte Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK), auf den an späterer Stelle noch näher eingegangen wird,15 in Ziffer 5.3.1 die Bildung fachlich qualifizierter Ausschüsse an.

Bei den obligatorischen Aufsichtsräten bei Aktiengesellschaften folgt die Zulässigkeit der Bildung von Ausschüssen aus § 107 Abs. 3 Aktiengesetz (AktG). Abgesehen von dem gesetzlich vorgeschriebenen Vermittlungsausschuss nach § 27 Abs. 3 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (MitbestG) obliegt dem Aufsichtsrat die Entscheidung über die Bildung von Ausschüssen. Hierbei kann der Aufsichtsrat den Ausschuss nur „aus seiner Mitte“ bestellen, das heißt Mitglied eines Ausschusses kann nur sein, wer Aufsichtsratsmitglied ist. Die Gesellschaftssatzung kann die Bildung von Ausschüssen daher weder vorschreiben noch verbieten.

Es sind vorbereitende, überwachende und beschließende Ausschüsse zu unterscheiden. Hierbei behält § 107 Abs. 3 S. 3 AktG bei den obligatorischen Aufsichtsräten bestimmte Kernkompetenzen zwingend dem Aufsichtsratsplenum vor. Hierzu im Einzelnen:

  • Vorbereitender Ausschuss: Bereitet die Verhandlungen und Beschlüsse des Plenums vor;
  • Beschließender Ausschuss: Ihm werden bestimmte Aufgaben zur verbindlichen Entscheidung anstelle des Aufsichtsrates zugewiesen;
  • Überwachender Ausschuss: Überwacht entweder die Ausführung von Beschlüssen des Aufsichtsrates durch den Vorstand oder überwacht bestimmte Bereiche der Geschäftsführung intensiver, als dies dem Plenum möglich wäre.16

Die Mitgliederzahl ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Jedoch ist unstreitig, dass es jedenfalls keinen Einmann-Ausschuss gibt, da der Begriff ein Gremium bezeichnet.17 Soweit weder das Gesetz noch der Gesellschaftsvertrag Regelungen zur inneren Ordnung der Ausschüsse enthält und auch der Aufsichtsrat keine dahingehenden Regelungen getroffen hat, kann der Ausschuss sich selber eine innere Ordnung geben. Im Übrigen gelten die Bestimmungen, die für die innere Ordnung des Aufsichtsrates gelten.18

Folgende Ausschüsse kommen in der Praxis regelmäßig vor:

  • Personalausschuss: Bereitet die Entscheidungen des Aufsichtsrates über die Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder vor;
  • Nominierungsausschuss: Bereitet die Wahlvorschläge des Gremiums an die Hauptversammlung vor;
  • Prüfungsausschuss;
  • Finanz- und Investitionsausschüsse.19

Die Bildung von Ausschüssen bei fakultativen Aufsichtsräten muss nicht zwingend in der Satzung vorgesehen sein. Auch wenn diese hierzu schweigt, kann der Aufsichtsrat vorbereitende und beratende Ausschüsse einsetzen. Allerdings ist die Übertragung der Beschlusskompetenzen auf Ausschüsse nicht möglich, da § 52 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) nicht auf § 107 Abs. 3 AktG verweist.20

3.3 Beirat


3.3.1 Rechtliche Grundlagen


Bei dem Beirat handelt es sich um ein im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehenes Organ, das entweder satzungsmäßig, das heißt, aufgrund entsprechender Regelung im Gesellschaftsvertrag oder auf rein schuldrechtlicher Basis errichtet werden kann.

Im Falle der organschaftlichen Errichtung bedarf es hierzu einer Satzungsänderung durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss, sofern die Errichtung des Beirates nicht bereits bei der Gründung der Gesellschaft in dem Gesellschaftsvertrag geregelt war.21

3.3.2 Aufgaben der Beiräte


In Bezug auf die Aufgabenzuweisung besteht weitgehend Gestaltungsfreiheit. Zur Übersicht denkbarer Aufgabenzuweisungen ist zunächst zwischen dem organschaftlich und dem schuldrechtlich errichteten Beirat zu differenzieren.

  • 1. Sofern der Beirat im Gesellschaftsvertrag vorgesehen und dort mit bestimmten Kompetenzen ausgestattet ist, spricht man von einer organschaftlichen Legitimation. In diesem Fall muss die Satzung die wesentlichen...
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