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E-Book

Augusta

Kaiserin und Preußin

AutorKarin Feuerstein-Praßer
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783492972017
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Als Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811-1890) den preußischen Prinzen Wilhelm heiratet, ahnt sie nicht, dass sie die erste deutsche Kaiserin werden wird: Aufgewachsen in der kulturellen Atmosphäre der Goethezeit, glänzt sie durch hohe Bildung und ausgeprägten Kunstsinn. Erst durch Ereignisse der 1848er-Revolution tritt die liberale Augusta ins Rampenlicht der Geschichte: Als Frau des preußischen Königs und späteren Kaisers versucht sie, Einfluss auf die konservative Politik Wilhelms I. zu nehmen. Aber Augusta hat einen mächtigen Feind: den »eisernen Kanzler« Otto Fürst von Bismarck, dessen kriegerische Pläne zur Einigung Deutschlands der überzeugten Pazifistin verhasst sind ...

Karin Feuerstein-Praßer, geboren 1956, lebt als freie Historikerin und Autorin in Köln und veröffentlichte zahlreiche Biografienbände.

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Leseprobe

Luise von Preußen heiratete 1796 den polnischen Grafen Anton Radziwiłł, Statthalter in Posen. Was für beide eine Liebesheirat war, wurde vom preußischen Hof als Mesalliance angesehen, denn Anton war nicht nur Pole, sondern auch katholisch und erst recht nicht ebenbürtig. Folglich kamen seine Nachkommen für eine Ehe mit Mitgliedern eines regierenden Fürstenhauses nicht infrage, zum Beispiel mit den Hohenzollern. Bereits 1819 wurde ein entsprechendes Gutachten erstellt.

Acht Kinder hatten die Radziwiłłs, von denen drei jedoch vorzeitig starben. Für den jungen Prinzen Wilhelm von Preußen waren seine kleinen Cousins und Cousinen Spielgefährten gewesen, nicht nur in Berlin, sondern auch in Memel, Tilsit und Königsberg, wohin die Hohenzollernfamilie geflohen war, als Napoléon 1806 siegreich in Berlin Einzug hielt. Die 1803 geborene Elisa war das vierte Kind der Radziwiłłs, für Wilhelm zunächst nur ein niedliches kleines Mädchen, das den Heranwachsenden nicht weiter interessierte. Aber die Familien blieben in Kontakt, sodass sich Wilhelm und Elisa immer wieder begegneten. Schon bei einem Familientreffen in Freienwalde 1820 hat es zwischen den beiden offenbar ein wenig »gefunkt«. Kein Wunder, Elisa Radziwiłł war wirklich ganz bezaubernd, und alle schwärmten von der schönen Prinzessin: »Schlank von mittlerer Größe mit feiner Taille besaß sie wundervolle große blaue Augen von einem schwärmerischen Ausdruck, als blickten sie immer in die Höhe oder in die Ferne, aschblondes Haar und eine leicht gebogene Nase unter der edlen Stirn.« So wurde Elisa von den Zeitgenossen geschildert, eine wahrhaftige Märchenprinzessin. Ernsthaft verliebt hat sich Wilhelm dann am 27. Januar 1821, als in Berlin das Stück »Lalla Rookh« aufgeführt wurde, ein orientalisches Spektakel zu Ehren des Besuchs von Wilhelms Schwester Charlotte und ihres Gemahls, des damaligen Großfürsten Nikolaus. Der ganze Hof beteiligte sich an einem farbenfrohen Maskenumzug durch den Berliner Lustgarten. Wilhelm verkörperte den Sohn eines indischen Kaisers, Elisa die Himmelssehnsucht in Gestalt der Peri. Sie war der Star der Aufführung. Alle Anwesenden und selbst die Berliner Zeitungen priesen ihren Liebreiz, ihre Schönheit und »Engelsgleichheit«. Nach fachmännischem Urteil seiner Schwester Charlotte war Wilhelm »bis über beide Ohren« in Elisa verliebt. Er wollte sie deshalb unbedingt heiraten, doch leider war sie nicht ebenbürtig, selbst wenn in ihren Adern auch das blaue Blut der Hohenzollern floss. Doch Wilhelm dachte gar nicht daran, sich in sein Schicksal zu fügen. Neue Gutachten wurden angefertigt, die freilich kein anderes Ergebnis brachten. Die Ehe mit Elisa war und blieb unmöglich. Wilhelm war untröstlich und schrieb am 18./19. Februar 1822 seiner Schwester nach St. Petersburg: »Die lange gefürchtete Katastrophe – sie ist eingetroffen! Lege diesen Brief lieber fort, ehe Du weiterliest, wenn Du nicht in der Stimmung bist, eine ernste, für mich herzzerreißende, entsetzliche Schilderung meines Zustands zu lesen. Die letzten drei Tage sind mir die schmerzlichsten und grauenvollsten, welche ich noch erlebte. Es ist aus!! Das teure, liebe, engelsgute Wesen ist für mich verloren!! Dies auszusprechen ist für mich unendlich schwer …«

Trotzdem bat Wilhelm am 22. März 1822, seinem 25. Geburtstag, den königlichen Vater Friedrich Wilhelm III. noch einmal inständig um die Erlaubnis, Elisa heiraten zu dürfen. Aber die Antwort lautete: Nein. Dabei wäre es für den Preußenkönig als Chef des Hauses Hohenzollern ein leichtes gewesen, Elisa Radziwiłł aus eigener Kraft für ebenbürtig zu erklären. Doch einen solchen Schritt hat er sich wohl nicht zugetraut. Zwar sagte er seinem Sohn immer wieder, wie sehr auch er die bezaubernde Prinzessin schätze, aber der Fürstenstand sei nun einmal gewissen Gesetzen unterworfen, denen man sich zu beugen habe.

Doch Wilhelm wollte sich nicht beugen und hoffte weiter. Schließlich war auch die Liebe zwischen dem Kronprinzen und Elisabeth von Bayern trotz aller Hindernisse zu einem glücklichen Ende gelangt. Dann aber fiel die endgültige Entscheidung plötzlich doch – und zwar nicht in Berlin, sondern ausgerechnet in Weimar! Maria Pawlowna, die ja ohnehin schon verärgert war, dass Marie »nur« den drittgeborenen Hohenzollernprinzen heiraten sollte, erklärte kategorisch, sie würde keinesfalls in diese Ehe einwilligen, wenn Wilhelm die nicht ebenbürtige Elisa zur Frau nehmen würde. Und Maria Pawlownas Wort hatte am Weimarer Hof sehr viel Gewicht. Da aber nun Friedrich Wilhelm III. unbedingt die Verbindung seines Sohnes Karl mit Prinzessin Marie wünschte, gab er den Forderungen der Großherzogin nach. Im Juni 1826 sprach er das endgültige Machtwort und erklärte dem betrübten Wilhelm, dass er seine »Einwilligung leider versagen« müsse und »die ganze Sache als definitiv entschieden und beendet« ansehe. Als gehorsamer Sohn fügte sich Wilhelm in das scheinbar Unabänderliche: »Mit dem innigsten Gefühl kindlicher Liebe, aber auch mit tief erschüttertem Herzen ergreife ich in diesem schmerzlichen Augenblick die Feder«, schrieb er seinem Vater. »Sie haben, teuerster Vater, die Entscheidung für mein Schicksal gegeben … Lesen Sie in meinem Herzen, um in demselben den unaussprechlichen Dank zu finden, der es belebt für die unzähligen Beweise Ihrer Gnade, Liebe und Langmut, die Sie mir in diesen bewegten fünf Jahren gaben …« Kein Vorwurf, kein Wort der Klage. Als Soldat war Wilhelm Gehorsam gewohnt, und dem König von Preußen gehorchte man allemal. »In tiefer Demut und Unterwürfigkeit«, fügte er hinzu, »werde ich ein Schicksal tragen, das der Himmel mir auferlegt.« Doch er litt unendlich und schüttete seiner Schwester Charlotte sein Herz aus: »Das, was ich verlor, wie ich liebte, wie man nur zum ersten Male liebt, das kehrt nie zurück, dafür gibt es keinen Ersatz.«

Maries Verlobung

Damit stand zumindest der Verlobung von Marie und Karl nichts mehr im Wege. Am 14. November 1826 konnte Wilhelm nach St. Petersburg melden: »Alles hat seine Richtigkeit zwischen dem glücklichen Karl und seiner Marie! … Dass wir uns gleich in den Armen lagen, kannst Du Dir denken … Wie mir freilich zumute war in jenem Moment und auch nachher, wo die frühere Schüchternheit zwischen beiden mit einem Male verschwand und das vertrauliche, zärtliche Wesen zwischen ihnen eintrat, brauche ich Dir nicht weiter zu schildern! Es war wohl gemacht, eine kaum vernarbte Wunde wieder aufzureißen … Wir werden noch acht Tage bleiben. Marie ist ganz aufgetaut, heiter, lustig, lacht usw. … Sie ist überglücklich! Ich finde sie noch embelliert. Auguste ist so groß wie sie und deliziös komisch. Sie war ungemein herzlich, als ich sie nach dem Theater gestern sah …«

Augusta hatte während des Weimar-Aufenthalts der beiden Hohenzollernprinzen ausgiebig Gelegenheit, den knapp 30-jährigen Wilhelm näher kennenzulernen. Offenbar fand sie rasch Gefallen an dem stattlichen blonden Preußen, ahnte sie doch bereits, welche Absichten ihre Familie mit ihm hatte. Ob es mehr war als Sympathie, lässt sich nicht sagen. Leider hat Augusta über ihre wahren Empfindungen keine Aufzeichnungen hinterlassen. Wilhelm freilich hatte in dieser Hinsicht ohnehin keine Ambitionen. Zwar fand er die 15-Jährige »interessant« und »sehr formiert für ihr Alter, mit lebhaftem Blick und lebendigem Wesen«, aber sein Herz hing noch immer an Elisa.

Augustas »ausgezeichnete Persönlichkeit«

Doch der König drängte Wilhelm auf eine baldige Heirat. Die Ehe des Kronprinzenpaares war zwar nach drei Jahren noch immer so glücklich wie am Anfang, allerdings hatte es bislang bei Elisabeth noch keine Anzeichen einer Schwangerschaft gegeben. So wie es aussah, würde die Ehe kinderlos bleiben. Jetzt war es Wilhelms Aufgabe, für einen Thronfolger zu sorgen, und damit sollte er sich nicht mehr allzu lange Zeit lassen. Friedrich Wilhelm III. hätte Augusta nur zu gern als Schwiegertochter gehabt, und auch Wilhelms Schwestern Charlotte, Zarin von Russland, und Alexandrine, Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, sprachen sich für die intelligente junge Weimarer Prinzessin aus. Besonders großes Vertrauen hatte Wilhelm zu Charlotte, der er immer wieder sein Herz ausschütten konnte. Die zahlreichen Briefe, die er an sie schrieb, sind eine unschätzbare Quelle für Informationen über sein innerstes Denken und Fühlen, nicht zuletzt auch in der Beziehung zu Augusta. Jetzt aber sah sich Wilhelm unter Druck und bestätigte Charlotte in seinem Brief, den er am 24./25. November 1826 nach seiner Rückkehr nach Berlin schrieb: »Ich bin nach näherer Bekanntschaft vollkommen mit euch einverstanden, dass Auguste viel mehr ist als Marie. Sie hat wirklich einen deliziösen Humor, sehr viel Charakter, viel Verstand und viel gelernt und ein exzellentes Herz … Sie hat mich sehr interessiert, das gestehe ich gern. Aber etwas mehreres kann ich nicht sagen, weil die Vergleichung, welche ich noch gewohnt bin zu ziehen, zu frisch nach früherem gefundenem Ideale sich neigt! Ich ging ohne allen und jeden Gedanken nach Weimar; selbst eher war vorgefasste Meinung bei mir anzutreffen, dass mir Auguste missfallen sollte, als man hier allgemein aussprengte, ich gehe in gleichen Absichten wie Karl nach Weimar … Wenn Auguste mich also dennoch interessierte, so ist nur ihre ausgezeichnete Persönlichkeit, das...

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