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Ausflucht an den Rhein und dessen nächste Umgebungen - Im Sommer des ersten friedlichen Jahres

AutorJohanna Schopenhauer
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9788026851684
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Dieses eBook: 'Ausflucht an den Rhein und dessen nächste Umgebungen - Im Sommer des ersten friedlichen Jahres' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Johanna Schopenhauer (1766-1838) war eine deutsche Schriftstellerin und Salonnière. Sie war die Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer und der Schriftstellerin Adele Schopenhauer. Aus dem Buch: 'Sie, lieber Freund! wissen am besten, mit welcher Gewißheit ich immer auf diese Tage der Ruhe hoffte, wie ich beinahe eigensinnig den Glauben an sie fest hielt und in den trübsten Zeiten, die wir erlebten, nie Ihren und meiner übrigen Freunde trostlosen Gegengründen weichen wollte; obgleich ich Ihren politischen Einsichten nichts entgegenzustellen hatte, als mein inneres Gefühl, und die feste Ueberzeugung, daß alles Irdische sinken muß, wenn es den höchsten Gipfel erreicht hat, und der Uebermut das Rad des Glücks nur in schnellern Umschwung bringt, durch den er seinen eignen Fall beschleunigt. So wie man kranken Kindern von künftigen Lustfahrten vorerzählt, so beschwichtigte ich mich oft selbst in bösen Stunden mit Plänen zu einer Reise an den Rhein, sobald dieser wieder zwischen deutschen Ufern frei hinströmen würde. Die Spötter, zu denen Sie auch gehörten, lachten mich damit aus und hatten in ihrer Art nicht Unrecht, aber mein Glaube hat nun doch am Ende zu Aller Glück gesiegt, und Sie, zur Strafe für Ihren Unglauben, müssen es sich gefallen lassen, schwarz auf weiß nur zu lesen, was mich in der schönsten Wirklichkeit erfreut.'

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Leseprobe

Frankfurt


Auf dem herrlichen, von hohen Nußbäumen beschatteten Wege, längs den fruchtbaren, reich angebauten Ufern des Mains werden die zwei Meilen von Hanau bis hierher zu einer Lustfahrt, die man in weniger als zwei Stunden beendigt. Gern hätte ich das auf halbem Wege belegene Wilhelmsbad besucht, den angenehmen geselligen Vereinigungspunkt beider Städte, dessen liebliche Anlagen mir seit mehr als zwanzig Jahren noch immer in der Erinnerung vorschweben, aber der Regen machte die Promenaden unwegsam, ich zog also für diesmal vorüber und tröstete mich mit der Zukunft.

Der Eintritt in Frankfurt überraschte mich wahrhaft. Zwar ist die Reihe von Jahren, die seit meinem ersten Hierseyn vorüberging, nicht unbedeutend, aber die Verschönerungen, welche ich überall erblicke, sind selbst für den langen Zeitraum von zwanzig Jahren erstaunenswürdig, besonders wenn man bedenkt, unter welchen Stürmen der größte Teil derselben verlebt ward. Frankfurt ist jetzt nicht nur eine der reichsten, auch eine der schönsten Städte in Deutschland große palastähnliche Häuser der reichen Bewohner ziehen sich in langen Reihen durch viele Straßen hin, und auch die bescheidenen Wohnungen des Mittelstandes erscheinen zierlich, anständig, und zeugen von frohem Lebensgenuß. Das, mir so liebe, reichsstädtische Ansehen ist der Stadt geblieben; man sieht, daß nicht der Wille eines Einzigen diese schönen Gebäude alle entstehen hieß, sondern daß jeder Besitzer baute, wie sein Wille oder seine häusliche Lage es bestimmten. Aber man sieht auch, daß gebildete, die Kunst liebende Menschen hier wohnen, die mit dem Zeitalter fortschreiten und ihre Reichtümer auf würdige Weise anzuwenden wissen.

Die Straßen wimmeln von wohlgekleideten Leuten aus allen Klassen, von schönen Equipagen und allem Gewühl einer großen Handelsstadt. Seit zehn Jahren, die ich in Weimar verlebte, ward dieses mir fremd. Mich, ergreift hier ein heimatliches Gefühl, alles erinnert mich an Danzig, meine liebe Vaterstadt, und an Hamburg, wo ich durch eine Reihe von dort verlebten Jahren einheimisch ward. Glänzende Magazine und Laden, angefüllt mit allem, was das Leben zum Schmuck und zur Erhaltung erfordert, nehmen den Erdstock fast aller Häuser ein. Alles, was ich sehe, trägt das Gepräge von Wohlhabigkeit und Lust am Lebensgenuß nach gethaner Arbeit, die hier ihren Lohn reichlich erndtet. Zwar mag wohl in Frankfurt wie in andern Städten mancher Dürftige in Elend schmachten, aber nirgends erblickte ich eine Spur davon. jeder Arbeitsfähige kann hier lohnende Beschäftigung finden, und so wird es, bei der anerkannten Wohltätigkeit der hiesigen Reichen gegen Hilflose, auch wahrscheinlich, das hier im Ganzen weniger Armut zu finden sei, als in andern großen Städten, ungeachtet das Leben in Frankfurt sehr teuer ist.

Wir haben hier leider nur zwei Tage zu bleiben, weil wir in Schwalbach die Kur anfangen wollen, ehe der in diesem Jahre dort erwartete große Schwarm von Badegästen eintrifft, und acht und vierzig Stunden sind sehr wenig für eine Stadt wie diese. Doch wir wollen jede einzeln benutzen und zusehen, wie weit wir damit reichen.

Nach Göthe noch etwas von der ehrwürdigen Domkirche, dem Römer und den übrigen öffentlichen merkwürdigen Gebäuden und Anstalten Frankfurts sagen zu wollen, wäre anmaßend und überflüssig zugleich. Nur des neuern schönsten Teils der Stadt, der langen Reihe prächtiger Häuser längs dem Ufer des Mains will ich erwähnen. Mit Recht trägt diese den Namen der ,,schönen Aussicht“, denn wenig Städte haben eine ähnliche aufzuweisen, als die ist, welche die Fenster dieser Häuser gewähren. Der dicht vorüberströmende, von Flößen und Schiffen belebte Main, die einem Garten ähnlichen entgegengesetzten Ufer, die Vorstadt Sachsenhausen und die große steinerne Brücke, welche zu dieser über den breiten Strom, sanft sich wölbend, führt, bilden hier ein herrliches Panorama. Wir fuhren über die Brücke nach Sachsenhausen, welches an und für sich schon eine nicht unbeträchtliche Stadt ausmachen würde. Normals war es ein enges winkliges Nest, berühmt wegen der Rohheit und Widerspenstigkeit seiner Bewohner. Noch steht darin freilich manches altertümliche dunkle Gebäude als Denkmahl voriger Zeiten, aber allmählich gewinnt auch Sachsenhausen eine andre Gestalt; neue hübsche Häuser erstehen neben den alten räuchrigen, und komme ich nach zwanzig Jahren wieder, so werde ich Sachsenhausen eben so verändert finden, als mir jetzt Frankfurt erscheint.

Nichts Reizenderes giebt es, als die an der Stelle der demolierten Wälle angelegten Spaziergänge, die wie ein großer Blütenkranz sich rings um Frankfurt hinziehen. Die Stadt liegt jetzt wirklich mitten in einem ungeheuren Rosengarten, der in diesem Augenblick in voller Blüte steht. Schöne Bäume und neben ihnen alle Arten inländischer und einheimisch gewordener Strauche bilden duftig-schattende Gänge, welche bald in geraden Alleen, bald in schlängelnden Fußsteigen durch diese großen, an der Schaussee sich hinziehenden Anlagen führen. Sie stehen aller Welt offen und werden doch von allen schonend behandelt; niemand denkt daran, Blumen und Zweige zu brechen. Die unzähligen Nachtigallen, welche im Frühling diesen Blüthenhain beleben, sind leider jetzt verstummt. Eine große Anzahl allerliebster netter Landhäuser liegen wie Pavillons in dem großen Garten zerstreut, umgeben von kleinen Blumengärtchen, und größere, zum Theil prächtige Gebäude [der Sommer-Aufenthalt der reichern Familien] glänzen nahe und fern aus dicht belaubten Bäumen hervor.

Obgleich unsre Zeit uns nicht erlaubt, Einladungen zu Frankfurts geselligen Kreisen anzunehmen, so überzeugt uns doch alles, daß ächte Gastfreiheit hier oder nirgends wohnt und der Ton der Gesellschaft sehr angenehm seyn muß. Mit liebenswürdigem Zuvorkommen tritt man uns überall entgegen und erleichtert unsern Zweck, alles zu sehen, was in so kurzer Zeit sich sehen läßt. Blieben wir länger hier, wir würden bald einheimisch uns fühlen unter diesen freundlichen gebildeten Menschen, bei denen jede Saite Anklang findet, so bald man sich berührt. Einen Abend habe ich aber doch im Theater zugebracht. Sie wissen, daß ich dieses auf Reisen selten versäume, selbst nicht in Städten, wo ich ganz unbekannt, vielleicht nur einen Tag verweile. Das unbehagliche Gefühl des Alleinseyns unter uns fremden Menschen verliert sich nirgends leichter als im Schauspielhause, wo wir, mit Hunderten zu einem Zweck versammelt, Rührung, Erheiterung, ja, wenn es seyn muß, auch Langeweile redlich teilen. Was wir zu Hause sonst sahen und hörten, sehen und hören wir hier wieder; ein heimatliches wohltuendes Gefühl bemächtigt sich unser dabei, und um die Täuschung zu vollenden, meinen wir sogar, bekannte Gesichter in allen Logen zu erblicken. Gern überlasse ich mich der freundlichen Täuschung, die mich, wenn auch nur für ein paar Stunden, in der fremden Stadt gleichsam einbürgert.

Das Schauspielhaus ist, wie es sich für diese bedeutende Handelsstadt ziemt, ansehnlich, groß und bequem. Der Umstand, daß alle Logen von Abonnenten eingenommen sind, setzt bei der zuvorkommenden Gastlichkeit ihrer Inhaber den Fremden in keine Verlegenheit, denn alle, die ihn einigermaßen kennen, beeifern sich, ihm Plätze anzubieten. Sehr leid tat es mir, daß ich in der Hoffnung getäuscht ward, eine Oper zu sehen, denn nach dem Urtheil aller Musikkenner gehört die Frankfurter Oper zu den besten in Deutschland, besonders in Hinsicht auf das Orchester, und selbst die Aufführung der Symphonie überzeugte mich schon, daß es seinen großen Ruf wohl verdient.

Von der Aufführung der sonst ziemlich in Vergessenheit gerathenen Kreuzfahrer von Kotzebue, die ich hier nach vielen Jahren zuerst wiedersehen mußte, kann ich Ihnen nicht viel sagen. Das Frankfurter Theater scheint mir in dem nämlichen Zustande wie jetzt alle andere deutschen kühnen zu seyn. Man findet wenig ganz Vortreffliches, wenig ganz zu Verwerfendes, viel Mittelmäßiges und nirgend ein abgerundet Ganze, in welchem, ein Theil zum andern passend, alle zusammenstimmend, in einander eingreifend, ein ächtes Kunstwerk erfreulich darstellen.

Die Dekorazionen waren zum Theil recht schön, besonders die Kirche im letzten Akt und das Sprach-Zimmer mit dem Gitter, hinter welchem der Ritter von der Aebtissin wie eine Maus in der Falle gefangen wird. Die Kostüme waren glänzend, aber ich vermißte dabei eine alles ordnende Hand. Die Ritter schienen aus sehr verschiedenen Zeitaltern zusammen gekommen zu seyn, und die Nonnen mit ihren Locken und ihren Schleiern von schwarzem Kreppflor gehörten wohl in das Gefolge der Maria Stuart, aber nicht in ein Kloster. Auch sahen diese dem Einmauern ihrer Schwester und dem Eindringen der fremden Krieger sehr gelassen zu. Aehnliches aber geschieht auf allen Theatern, selten vermehren Statisten den Eindruck des Stückes, was doch ihre Bestimmung ist, oft ziehen sie ihn gar ins Lächerliche herab. Freilich sind sie nicht Schauspieler und sollen es auch nicht seyn, aber daß sie unter guter Leitung ihren Platz dennoch recht gut ausfüllen können, davon haben mich in früheren Zeiten manche einzelne Vorstellungen auf dem kleinen Theater von Weimar überzeugt. Uebrigens gehörte die ganze Darstellung der Kreuzfahrer keinesweges zu den schlechten; Herr Heigel spielte den Balduin von Eichhorst mit Natur und Gefühl, auch mehrere der übrigen Rollen wurden sehr gut durchgeführt. Die gute, ewig klagende Emma trat freilich so durchdrungen vom Gefühl ihrer Leiden auf, daß keine Steigerung für den Gipfel derselben ihr möglich blieb; mit wahrer Freude sah ich Frau Vohs in der Rolle der Aebtissin. Ihre schöne Gestalt und die Würde ihrer ganzen Haltung eignen sich ganz...

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