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E-Book

AußerOrdentliche Frauen

18 Porträts

AutorDieter Wunderlich
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783492968706
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Von Autorinnen wie Tania Blixen oder Erika Mann bis zu Künstlerinnen wie Édith Piaf oder Marilyn Monroe - die hier vorgestellten Frauen hielten sich nicht an die Konventionen und Regeln ihrer Zeit, sondern wagten es, ungewöhnliche Wege zu gehen. Dieter Wunderlich porträtiert Frauen, die Skandale auslösten, wie Lola Montez, Janis Joplin und Uschi Obermeier, aber auch mutige Kämpferinnen wie Rosa Luxemburg, Sophie Scholl und Ayaan Hirsi Ali. Eine eindrucksvolle Sammlung für alle Frauen (und Männer) auf der Suche nach Vorbildern und Inspiration für eigenes Handeln.

Dieter Wunderlich, geboren 1946 in München, Diplompsychologe, war von 1973 bis 2001 im Management eines großen internationalen Unternehmens tätig. Seit 1999 hat er sich mit Büchern wie z. B. »EigenSinnige Frauen«, »WageMutige Frauen«, »AußerOrdentliche Frauen« und »Verführerische Frauen« als Autor farbiger und sorgfältig recherchierter Biografien einen Namen gemacht. Er lebt in Kelkheim am Taunus.

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Leseprobe

Lola Montez

(1821  1861)

»Ich bin die Mätresse des Königs!«

Lola Montez war eine egomanische Hochstaplerin, eine unverschämte Lügnerin und eine Cholerikerin, die auch vor Handgreiflichkeiten nicht zurückschreckte. Als prunksüchtige Mätresse verschwendete sie enorme Gelder des bayerischen Königs Ludwig I. Sie war aber auch eine starke Persönlichkeit voller Widersprüche, die mehrmals aus eigener Kraft einen Neuanfang wagte, sei es als Tänzerin, Schauspielerin oder Vortragsrednerin.

Seit dem Tod seines Vaters Maximilian I. am 13. Oktober 1825 trug der Wittelsbacher Ludwig die bayerische Krone. König Ludwig I., der bereits um fünf Uhr früh über Akten und Eingaben saß, verstand sich zunächst als »Reformmonarch«: Er holte die von Herzog Ludwig dem Reichen in Ingolstadt gegründete und von seinem Vater nach Landshut verlegte Universität nach München, machte aus der Isarmetropole eine Stadt der Kunst und prägte als Bauherr ganze Straßenzüge, beispielsweise die nach ihm benannte Ludwigstraße. Er förderte nicht nur die Künste, sondern unterstützte auch den technischen Fortschritt, wie etwa den Eisenbahnbau.

Auf die Juli-Revolution in Paris 1830 reagierte Ludwig I. allerdings mit reaktionären Maßnahmen und führte die zu Beginn seiner Amtszeit aufgehobene Pressezensur wieder ein.

Eine offizielle Mätresse hatte der neunfache Vater zwar nicht, aber er ließ sich auf zahlreiche Amouren ein. Seine berühmteste Geliebte, Lola Montez, kostete ihn nicht nur ein Vermögen, sondern auch den Thron. Dabei war er bereits sechzig Jahre alt, als er sie zum ersten Mal sah.

Lolas Mutter, Eliza Oliver, wurde 1805 als jüngstes der vier unehelichen Kinder des Verwaltungsbeamten Charles Silver Oliver und seiner Geliebten Mary Green in der irischen Grafschaft Cork geboren. Als Eliza vierzehn Jahre alt war, erregte sie die Aufmerksamkeit des zweiundzwanzigjährigen Offiziers Edward Gilbert, der aus Schottland stammte. Sie verliebten sich, und bevor Gilberts Einheit aus Cork abgezogen wurde, heirateten sie am 29. April 1820. Neuneinhalb Monate später, am 17. Februar 1821, wurde Eliza Gilbert in Grange, einem Dorf im Nordwesten Irlands, von einer Tochter entbunden: Elizabeth (»Eliza«) Rosanna.

Edward Gilbert ließ sich nach Indien versetzen und schiffte sich am 14. März 1823 mit seiner Frau und der kleinen Tochter nach Kalkutta ein. Bei der Ankunft erfuhr er, dass seine Einheit in der Garnison Dinapore bei Patna stationiert war, und machte sich mit seiner Familie auf den Weg dorthin. Auf der Reise infizierte er sich jedoch mit Cholera, und am 22. September trug man ihn bei seinem Regiment als Neuzugang und zugleich als Todesfall ein.

Weil der Erlös aus der Versteigerung der Habseligkeiten des Verstorbenen und die Hinterbliebenen-Abfindung der Armee nicht für eine Schiffspassage nach Europa reichten, fuhr Eliza Gilbert mit ihrer Tochter im November nach Kalkutta. Unterwegs lernte sie Patrick Craigie kennen, einen aus Montrose im Osten Schottlands stammenden vierundzwanzigjährigen Leutnant, der seit fünf Jahren bei der Britischen Ostindien-Kompanie Dienst tat. Sie wurden ein Paar und heirateten am 16. August 1824 in Kalkutta.

Sechzehn Monate später, am 26. Dezember 1826, schickte Patrick Craigie seine fünfjährige Stieftochter zu seinen Eltern nach Schottland. Den Oberstleutnant William Innes, der mit seiner Ehefrau und seiner erwachsenen Tochter in Kalkutta an Bord desselben Schiffes ging, ersuchte er, während der Seereise auf das Mädchen achtzugeben. In London wurde Eliza von Geschwistern ihres Stiefvaters abgeholt und zu Patrick und Mary Craigie nach Montrose begleitet.

Als Elizas Stieftante Catherine mit ihrem Ehemann William Rae Ende 1831 von Montrose nach Monkwearmouth in der nordenglischen Grafschaft Durham zog, um dort ein Internat einzurichten, nahmen sie die Zehnjährige mit. Im September des folgenden Jahres brachte Catherine ihre Stiefnichte zu Sir Jasper Nicolls nach Reading. Patrick Craigie hatte den Generalmajor, der von seinem Einsatz in Indien nach England zurückgekehrt war, nämlich gebeten, für eine gute Schulausbildung von Eliza zu sorgen. Sir Jasper meldete die Elfjährige denn auch als Internatsschülerin an der Aldridge Academy in Bath an.

Als Eliza sechzehn wurde und damit ins heiratsfähige Alter kam, wählte ihre Mutter in Indien einen Bräutigam für sie aus und reiste nach England, um Eliza abzuholen. Zehneinhalb Jahre nach dem Abschied in Kalkutta sahen sich Mutter und Tochter in Bath erstmals wieder. Eliza wollte den für sie ausgesuchten Heiratskandidaten jedoch nicht zum Mann. Sie vertraute sich Thomas James an, einem irischen Leutnant, den Mrs. Craigie auf dem Dampfer »Orient« kennengelernt hatte und der sie in Bath besuchte. Das Mädchen und der neunundzwanzigjährige Offizier kamen sich näher – und brannten schließlich nach Irland durch, wo sie sich am 23. Juli 1837 von Reverend John James, einem älteren Bruder des Bräutigams, in Rathbeggan bei Dublin trauen ließen.

Schließlich musste Leutnant James nach Indien zurückkehren. Über vier Monate, vom 13. September 1838 bis zum 25. Januar 1839, dauerte die Schiffsreise von Liverpool nach Kalkutta. Von dort fuhr der Offizier mit seiner jungen Frau weiter nach Karnal nördlich von Delhi und meldete sich zum Dienst zurück.

Nur ein Jahr später verließ Eliza ihren Ehemann und suchte Zuflucht bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in Kalkutta, die die Widerspenstige erst einmal aufnahmen. Am 3. Oktober 1840 aber brachten Major Craigie und Leutnant James sie in Kalkutta zur »Larkins«, die nach England auslief. Um einen Skandal zu vermeiden, streuten sie das Gerücht, Eliza müsse sich dort von einem Reitunfall erholen.

Auf dem Schiff empörte Elizas Verhalten erneut die Gemüter, denn dem Kapitän und einigen Passagieren fiel auf, dass sich Mrs. James und der neunzehnjährige Leutnant George Lennox, der in Madras an Bord gekommen war, ungeniert gegenseitig in ihren Kabinen besuchten.

Am 20. Februar 1841 traf die »Larkins« in Portsmouth ein. Bevor Lennox zu seinen Eltern weiterfuhr, die er seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte, verbrachte er zwei Nächte mit Eliza. Und sie wartete in London auf ihn, bis er von dem Familienbesuch wieder zurückkam. Erst als er die Affäre im Oktober beendete, reiste sie wie vorgesehen zu ihrer Stieftante Catherine Rae, die inzwischen in Edinburgh lebte.

Dort hielt Eliza es nicht lange aus: Zu Beginn des folgenden Jahres bewarb sie sich in London um Schauspielunterricht, aber wegen ihrer dünnen Stimme und ihres Akzents wurde sie nicht angenommen. Daraufhin ließ sie sich vier Monate lang in spanischen Tänzen unterweisen.

Im Laufe des Jahres 1842 wurde Eliza James auch mehrmals vom Court of Arches in London – einem anglikanischen Kirchentribunal – vorgeladen, denn ihr Ehemann hatte von ihrer Affäre mit George Lennox erfahren und sie wegen Ehebruchs angezeigt. In Abwesenheit der Beschuldigten, die mehrere Vorladungen ignoriert hatte, erklärte der Court of Arches das Paar im Dezember 1842 aufgrund des Ehebruchs der Frau für getrennt. Das entband Thomas James von seinen Verpflichtungen ihr gegenüber, bedeutete allerdings nicht die Auflösung der Ehe.1

Eliza James hielt sich mehrere Monate in Südspanien auf. Nach ihrer Rückkehr am 14. April 1843 gab sie sich als Maria de los Dolores Porry y Montez aus, kurz: Lola Montez. Sie sei die Tochter einer aus politischen Gründen verbannten spanischen Adelsfamilie und die Witwe eines hingerichteten Rebellen, behauptete sie. Der sechsunddreißigjährige Earl of Malmsbury, dem sie im Zug von Southampton nach London ihr angebliches Leid geklagt hatte, überredete Benjamin Lumley, den Impresario von Her Majesty’s Theatre, der vermeintlich spanischen Tänzerin eine Chance zu geben.

Zwischen den Akten einer Aufführung der Oper »Der Barbier von Sevilla« gab Lola Montez am 3. Juni ihr Debüt. Ihre Tanzkunst ließ zwar zu wünschen übrig, aber Lumley erkannte, dass sie dank ihres Aussehens und ihrer Ausstrahlung Männer ins Theater locken konnte.

Die »Morning Post« veröffentlichte am 15. Juni einen Leserbrief, in dem sich Lola Montez gegen das Gerücht zur Wehr setzte, sie sei keine spanische Tänzerin, sondern eine unmoralische Britin: »Ich stamme aus Sevilla und wurde im Jahre 1833, als ich zehn Jahre alt war, zu einer katholischen Lady nach Bath geschickt, wo ich sieben Monate blieb und dann zu meinen Eltern in Spanien zurückgeschickt wurde.«2

Im folgenden Monat besuchte Lola in Ebersdorf an der Saale Prinz Heinrich LXXII., den sechsundvierzigjährigen Souverän des Fürstentums Reuß-Lobenstein-Ebersdorf, einen unverheirateten Verwandten Königin Viktorias, dem sie kurz zuvor in London vorgestellt worden war. Nach vier Tagen musste sie allerdings wieder abreisen, denn auf eine lautstarke Zurechtweisung des Prinzen – »Madame! Ich bin hier der Herr!« – hatte sie vor allen Leuten geantwortet: »Und ich bin die Mätresse!«

Einige Wochen später trat Lola Montez dreimal im Hoftheater in Dresden auf, aber man applaudierte der Tänzerin nur höflichkeitshalber. In Berlin tanzte sie am 7. September zwischen den beiden Akten der Oper »Die Regimentstochter« im Neuen Palais...

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