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Auswirkungen von Basel II auf die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen

Eine empirische Untersuchung

AutorBernd Schatz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl112 Seiten
ISBN9783638315937
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,4, Duale Hochschule Baden-Württemberg, Villingen-Schwenningen, früher: Berufsakademie Villingen-Schwenningen, 93 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich die Umsetzung der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung auf kleine und mittelständische Unternehmen auswirkt und ob in diesem Zusammenhang eine Benachteiligung des Mittelstands und eine generelle Verteuerung der Kredite zu erwarten ist. Ferner sollen mögliche Alternativen zur Kreditfinanzierung kritisch aufgezeigt werden. Kapitel zwei geht auf die stark in der Diskussion stehende neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung in Form der mittlerweile drei Konsultationspapiere ein. Hierbei werden die Entstehung und Probleme der bisherigen Vorschrift sowie die Verbesserungen, die Basel II bringen wird, aufgezeigt. Im dritten Kapitel wird die Finanzierungssituation des Mittelstands untersucht. Dazu werden das aktuelle Finanzierungsverhalten mittelständischer Unternehmen sowie der stattgefundene Wandel in der Kreditfinanzierung eingehend betrachtet. Darauf aufbauend werden im vierten Kapitel mögliche Finanzierungsalternativen für den Mittelstand veranschaulicht. Anhand eines speziell für dieses Themengebiet entwickelten Fragebogens wurde eine Auswahl von mittelständischen Unternehmen bezüglich der Auswirkungen von Basel II auf ihre Finanzierungssituation befragt. Die gestellten Fragen an die Unternehmen sollen deren Einschätzungen und Erwartungen in Bezug auf die Einführung der neuen Eigenkapitalrichtlinien zum Ausdruck bringen. Die Ergebnisse liefern interessante Einblicke in das aktuelle Meinungsspektrum des Mittelstands. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit dem Aufbau dieses Fragebogens sowie der Auswertung der Ergebnisse. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.

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Leseprobe

3 Die Finanzierungssituation des deutschen Mittelstands


 

3.1 Definition des Mittelstands


 

3.1.1 Quantitative Merkmale


 

Interessant ist, dass der Begriff ‚wirtschaftlicher Mittelstand’ ausschließlich in Deutschland gebräuchlich ist.[73] In anderen Ländern spricht man i.d.R. von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), den ‚small- and medium-sized enterprises’ (SME).[74] Gemeint ist damit in aller Regel ein rein statistisch definierter Teil der Gesamtwirtschaft.[75] Erstaunlich ist, dass es für diesen Begriff keine allgemein gültige Definition gibt.[76]

 

Auf europäischer Ebene wird eine Definition verwendet die sich quantitativer Merkmale bedient. Mit der Beschäftigtenzahl, dem Jahresumsatz, der Bilanzsumme und der Forderung nach Unabhängigkeit des Unternehmens kombiniert sie verschiedene Kriterien (vgl. hierzu Tabelle 2). Unabhängigkeit wird als gegeben angenommen, wenn das Unternehmen nicht zu 25% oder mehr im Besitz eines oder mehrer anderer Unternehmen steht.[77]

 

Tabelle 2: Mittelstandsdefinition der Europäischen Kommission[78]

 

 

Das deutsche Institut für Mittelstandsforschung (IfM) verfährt bei der Unterscheidung verschiedener Unternehmergruppen ähnlich. Es bildet drei Gruppen anhand der Merkmale Beschäftigtenzahl und Jahresumsatz.[79] Der Mittelstand setzt sich hierbei aus den kleinen und mittleren Unternehmen zusammen (vgl. Tabelle 3). Nach dieser Abgrenzung gibt es in Deutschland rund 3,3 Millionen mittelständische Unternehmen[80] mit 25 Millionen Beschäftigten.[81] 99,8% aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen sind dem Mittelstand zuzurechnen.[82]

 

Tabelle 3: Mittelstandsdefinition des Institutes für Mittelstandsforschung, Bonn[83]

 

 

Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Unternehmen wird besonders deutlich, wenn man sich folgende Zahlen vor Augen führt:

 

Mittelständische Unternehmen

 

  beschäftigen 79,4% aller erwerbstätigen Arbeitnehmer,

 

  tragen 57,6% zur Bruttowertschöpfung aller Unternehmen bei,

 

  erwirtschaften 45,2% aller steuerpflichtigen Umsätze,

 

  bilden 81,9% aller Lehrlinge aus und

 

  tätigen 46% aller Investitionen.[84]

 

Die beiden oben genannten Mittelstandsdefinitionen basieren auf einem Ansatz welcher der realen Finanzierungssituation in Deutschland wenig entspricht. Deshalb liegt der mit dieser Arbeit verbundenen empirischen Analyse eine breitere Definition zugrunde. In den Basel II-Regelungen werden alle Unternehmen erfasst die bis zu 500 Mio. Euro Umsatz erzielen.[85] Durch die Erhöhung der geltenden Mittelstandsdefinitionen auf Unternehmen bis 500 Mio. Euro Umsatz p.a. wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bezeichnung ‚Mittelstand’ neben quantitativen auch qualitative Komponenten enthält.

 

3.1.2 Qualitative Merkmale


 

Neben den quantitativen Abgrenzungen sind qualitative Aspekte für den Mittelstand von zentraler Bedeutung.[86] Hier geht es in erster Linie um die enge Verbindung von Unternehmen und Inhaber.[87] So werden annähernd 87% der mittelständischen Unternehmen vom Inhaber geführt.[88] Idealtypisch manifestiert sich die enge Verflechtung zwischen Unternehmen und Unternehmer in der Einheit von Eigentum und Haftung und in der Verantwortlichkeit des Unternehmers für die Leitung des Unternehmens sowie aller unternehmensrelevanter Entscheidungen.[89] Auch der Begriff ‚Familienunternehmen’ verdeutlicht die enge Verzahnung von Unternehmen und Inhaber.[90]

 

Weitere qualitative Abgrenzungsmerkmale sind:

 

  Selbstständige rechtliche und wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens, die insbesondere völlige oder weitgehende Konzernunabhängigkeit voraussetzt.[91]

 

  Geringer Formalisierungsgrad, d.h. eher persönliche Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Unternehmer.

 

  Regionale oder hinsichtlich ihrer Marktgröße begrenzte Tätigkeiten.[92]

 

3.2 Finanzierungsstruktur von KMU


 

„A small business is not a little big business.“[93] Kleine und mittlere Unternehmen unterscheiden sich aufgrund spezieller Charakteristika, die ihre Finanzierungspotentiale und Finanzierungsgewohnheiten bestimmen, nachhaltig von großen und wachstumsstarken Unternehmen. Aufgrund ihrer begrenzten Unternehmensgröße und des damit einhergehenden geringen Kapitalbedarfs sind mittelständische Unternehmen bezüglich ihrer Finanzierungsmöglichkeiten Beschränkungen unterworfen. Ihre Hauptfinanzierungsquellen sind, wie aus Abbildung 1 ersichtlich, die interne Finanzierung über einbehaltene Gewinne, Finanzierung aus Abschreibungen oder Rückstellungen sowie die externe Finanzierung über Bankkredite.

 

 

Abbildung 1: Die wichtigsten Möglichkeiten für KMU ihren Kapitalbedarf zu decken[94]

 

Die Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt werden von mittelständischen Unternehmen wenig genutzt. Ein Grund hierfür ist der fehlende Kapitalmarktzugang. Dieser ist oft an bestimmte, regulatorische oder marktseitig festgelegte Mindestvolumina gebunden, die mittelständische Unternehmen in der Regel nicht erfüllen können. So setzen die Börsenzulassungsvoraussetzungen für einen IPO (engl. Initial-Public-Offering = Börsengang) zum Beispiel ein Mindestvolumen von ca. 50 – 100 Millionen Euro voraus, oder erwarten, dass sich ein bestimmter prozentualer Anteil der emittierten Aktien im Streubesitz befindet (jeweils abhängig vom gewählten Marktsegment). Was die Finanzierung durch eine Emission von Anleihen betrifft, so sind hier die fehlende Rating-Kultur und erhebliche Fixkosten für die Platzierung zu nennen, so dass die Anleihenbegebung erst ab einer Größe von rund 250 Millionen Euro sinnvoll erscheint.[95]

 

Bei der Deckung des Kapitalbedarfs stand in den zurückliegenden drei Jahren die Innenfinanzierung an erster Stelle, also der Einbehalt von Gewinnen. Mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen konnte diese Quelle ausschöpfen (vgl. Abb. 2). Dies ist bei einer durchschnittlichen Umsatzrentabilität, d.h. dem prozentualen Anteil des Gewinns am Umsatz, von nur 3% umso erstaunlicher.[96]

 

Das zentrale externe Finanzierungsinstrument für KMU sind nach wie vor Bankkredite.[97] Das liegt u.a. daran, dass das Finanzierungsverhalten im Mittelstand durch eine enge und langfristige Beziehung des Unternehmens zur Hausbank, dem sog. ‚Relationship Banking’ gekennzeichnet ist.[98] So unterhalten ca. 40 % der Unternehmen nur Geschäftsbeziehungen zu ihrer Hausbank.[99] Auf Grund dieser exklusiven Beziehung konnten die Informationsasymmetrien[100] zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern in der Vergangenheit deutlich reduziert werden.[101] Abbildung 2 zeigt die Abhängigkeit des Mittelstands von den Banken.

 

 

Abbildung 2: Fremdfinanzierung des Mittelstands durch Banken[102]

 

Ein weiterer Grund für die hohe Abhängigkeit von Bankkrediten ist, dass in kaum einem anderen Land diese Finanzierungsform so günstig ist wie in Deutschland. Aufgrund eines intensiven Wettbewerbes in einem weitestgehend verteilten Markt haben sich die Margen und damit die Kreditkonditionen, zum Vorteil der Unternehmen, nachhaltig verringert.[103]

 

Der deutsche Mittelstand unterscheidet sich somit in seinem Finanzierungsverhalten von kleinen und mittleren Unternehmen anderer Länder. Ein Vergleich von französischen, britischen und amerikanischen KMU zeigt, dass sich deren Finanzierungsverhalten stark vom deutschen Mittelstand unterscheidet. Zwar wird der Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle ebenfalls kaum genutzt, dennoch nimmt der Bankkredit in diesen Ländern im Gegensatz zu deutschen Mittelständlern keine herausragende Bedeutung für die Finanzierung ein. Dort werden vermehrt Lieferantenkredite und Gewinnrückstellungen als Finanzierungsmöglichkeit genutzt.[104]

 

3.3 Probleme des deutschen Mittelstands


 

„…leider kann die Situation des Mittelstands momentan nur als sehr besorgniserregend beschrieben werden. Die Rahmenbedingungen für die kleinen und...

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