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Auswirkungen der Pflegeversicherungen

AutorFranz Schütte
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl653 Seiten
ISBN9783456940243
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Die Einführung der Pflegeversicherung hat die Pflegelandschaft grundlegend verändert. Erstmals wurde der Vorrang der Freien Wohlfahrtspflege in einem deutschen Sozialgesetz gänzlich aufgehoben. Öffnung des Marktes und Wettbewerb lautet die Prämisse. Zugleich greift das Pflegeversicherungsgesetz über die Vorgabe bestimmter Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien massiv in die Struktur und Arbeit der Pflegeeinrichtungen ein.

In der hier vorliegenden Pilotstudie wird analysiert, welche Auswirkungen die Pflegeversicherung auf die Strukturen der ambulanten Dienste der Wohlfahrtsverbände hat und wie die frei-gemeinnützigen Träger diese Anforderungen bewältigt haben. Im zweiten Teil der Arbeit werden Handlungsstrategien für die Pflegedienste unter den Aspekten Marketing, Qualitätsmanagement und Controlling aufgezeigt.

Der Autor vertritt die Auffassung, dass die Wohlfahrtsverbände ihre Leistungsangebote zwar als marktwirtschaftliche Dienstleistungen verstehen müssen, dabei aber die Besonderheiten und Stärken der freien Wohlfahrtspflege nicht verloren gehen dürfen. Nur so haben die Wohlfahrtsverbände eine Chance, im Wettbewerb mit den gewerblichen Anbietern zu bestehen.  

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Kapitelübersicht
  1. Inhalt, Abkürzungen, Vorwort und Einleitung
  2. 1. Allgemeine Rahmenbedingungen der ambulanten Pflege
  3. 2. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger ambulanter Pflegeeinrichtungen
  4. 3. Erklärungsansätze zur Rolle und Struktur der Wohlfahrtsverbände
  5. 4. Strukturen der ambulanten sozialpflegerischen Dienste in Schleswig-Holstein vor dem Inkrafttreten der Pflegeversicherung
  6. 5. Forschungsdesign und -verlauf
  7. 6. Ergebnisse der Untersuchung zu den strukturellen und sozialökonomischen Auswirkungen des Pflege-VG
  8. 7. Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Profilierung der ambulanten Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände
  9. 8. Diskussion und zusammenfassende Bewertung der Untersuchungsergebnisse
  10. Literatur
Leseprobe
7. Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Profilierung der ambulanten Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände (S. 419-420)

7.1 Status Quo und Entwicklungsoptionen

Diakonie – quo vadis? lautete der Titel eines Symposiums der Diakonie Ende 1998 in Bonn. Eine Frage, die sich alle Wohlfahrtsverbände stellen müssen294. Die Pflegeversicherung und mit ihr einige Änderungen im Bundessozialhilfegesetz haben für die Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege neue Rahmenbedingungen geschaffen. Seit der Weimarer Republik hat sich in Deutschland ein Dualismus von öffentlicher und frei-gemeinnütziger Wohlfahrtspflege entwickelt. Im Rahmen dieser «Freien Wohlfahrtspflege» wurde den Wohlfahrtsverbänden – dem Prinzip der Subsidiarität verpflichtet – über Jahrzehnte eine privilegierte Stellung als Anbieter sozialer Dienstleistungen eingeräumt.

Mit der Reform verschiedener Sozialgesetze und vor allem mit der Einführung der Pflegeversicherung wurde diese Vorrangstellung der Wohlfahrtsverbände zugunsten eines Wettbewerbs zwischen allen Anbietergruppen aufgehoben (vgl. Zimmer/ Nährlich 1998, S. 66). Wenngleich die frei-gemeinnützigen Träger auch heute noch die Hauptproduzenten sozialer Dienstleistungen sind, so hat sich ihre Situation durch die vollzogene Marktöffnung und den tatsächlich entstandenen Wettbewerb unter den Leistungsanbietern doch erheblich verändert. Dies gilt insbesondere im Bereich der ambulanten Pflege. Allein die Zahl der privatgewerblichen Anbieter hat sich je nach Region verzehn- bis verzwanzigfacht. Im Bundesland Schleswig-Holstein, in dem vor dem Inkrafttreten der Pflegeversicherung kaum privatgewerbliche Pflegedienste existierten, verfügen mittlerweile über 200 private Anbieter über einen Versorgungsvertrag.

Damit stellen die privatgewerblichen Anbieter etwa die Hälfte der ambulanten Pflegedienste. Ähnliche «Wachstumsraten» sind auf Bundesebene zu beobachten. Im Vergleich zu 1992 stieg die Zahl der ambulanten Pflegedienste bis 1997 um das dreifache (11 700). 1999 wurde ihre Zahl bereits mit 13 300 beziffert. In Folge dieser Entwicklung wuchsen auch die Beschäftigtenzahlen. Insgesamt stieg der Personalanteil in der Pflege um 25,5 % (vgl. Dräger et al. 2000, S. 3). Dieser Umstand ist für die frei-gemeinnützigen Träger deutlich spürbar geworden, wie die vorliegende Untersuchung bestätigt. Sowohl die privatgewerblichen als auch die anderen frei-gemeinnützigen Anbieter werden eindeutig als «Konkurrenten» erlebt, nachdem frühere Gebiets- und Tätigkeitsabsprachen weitgehend ihre Gültigkeit verloren haben und vor allem privatgewerbliche Dienste nicht davor zurückschrecken, auch lange Wege zu ihren Kunden zurückzulegen. «Der Markt ist enger geworden»,wie es ein Interviewpartner ausdrückte oder genaugenommen: Es ist mit der Einführung der Pflegeversicherung und der mit ihr verbundenen Gleichstellung aller Leistungsanbieter erst ein Markt bzw. ein Quasi-Markt entstanden.

Im Zuge der Öffnung des europäischen Binnenmarktes werden möglicherweise in Zukunft auch Träger von Diensten und Einrichtungen und selbständige Anbieter von sozialen Leistungen aus dem Ausland nach Deutschland kommen. Zumindest mag dies für die Grenzregionen europäischer Nachbarstaaten gelten und dort die Wettbewerbssituation noch verstärken. Die bedingte Vorrangstellung der Verbände – Olk (1997, S. 169) spricht kritisch von einer «Privilegierung» – wurde weitgehend aufgehoben. Privatgewerbliche und frei-gemeinnützige Leistungsanbieter wurden erstmals in einem Sozialgesetz gleichgestellt. Damit einher geht eine zunehmende Auflösung der korporatistischen Beziehungen zwischen Staat und Verbänden. Backhaus-Maul/Olk (1996 a) sprechen von «Pluralisierungstendenzen der Anbieterstrukturen und politischen Verflechtungsbeziehungen im Sozialsektor. »
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Abkürzungen13
Vorwort15
Einleitung19
1. Allgemeine Rahmenbedingungen der ambulanten Pflege29
1.1 Krankheit – Behinderung – Pflegebedürftigkeit29
1.2 Ambulante Pflegeeinrichtungen32
1.3 Sozialleistungsträger – das soziale Sicherungssystem im Bereich der Pflege38
1.4 Leistungen in der ambulanten Pflege bis zur Einführung der Pflegeversicherung42
1.5 Finanzierung und Qualitätssicherung in der ambulanten Pflege vor dem Inkrafttreten der Pflegeversicherung49
1.6 Sozialleistungsträger «Pflegeversicherung»54
1.6.1 Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI56
1.6.2 Anzahl der Pflegebedürftigen64
1.6.3 Anzahl der Pflegekräfte und Pflegeeinrichtungen69
1.6.4 Das Leistungsspektrum der Pflegeversicherung72
1.7 Die Klientel der ambulanten Pflegeeinrichtungen77
1.8 Exkurs: Zur Differenzierung von Grund- und Behandlungspflegeleistungen81
1.9 Zusammenfassung84
2. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger ambulanter Pflegeeinrichtungen89
2.1. Die Wohlfahrtsverbände als Teil der «Freien Wohlfahrtspflege»89
2.2 Struktur und Rolle der Wohlfahrtsverbände in der Bundesrepublik Deutschland92
2.2.1 Historische Entwicklung und rechtlicher Sonderstatus92
2.2.2 Die «Spitzenverbände» der Freien Wohlfahrtspflege101
2.2.3 Zur Lokalisation und zum Wesen der Verbände103
2.2.4 Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (DW)110
2.2.5 Der Deutsche Caritasverband e. V. (DCV)114
2.2.6 Das Deutsche Rote Kreuz (DRK)117
2.2.7 Die Arbeiterwohlfahrt (AWO)124
2.2.8 Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPWV)127
2.3 Funktionsebenen und Zusammenschlüsse131
2.4 Rechtsformen in der Freien Wohlfahrtspflege134
2.5 Finanzierung der Wohlfahrtsverbände138
2.5.1 Entlohnung der Mitarbeiter144
2.6 Die Wohlfahrtsverbände als Träger sozialer Dienstleistungen146
2.6.1 Bürgerverein versus «Sozialkonzern»151
3. Erklärungsansätze zur Rolle und Struktur der Wohlfahrtsverbände163
3.1 Die soziokulturelle Perspektive: Das Subsidiaritätsprinzip – die Begründung der Freien Wohlfahrtspflege aus der katholischen Soziallehre163
3.2 Die ökonomische Perspektive: Die Theorie des «Dritten Sektors» – die Freie Wohlfahrtspflege als Ergebnis von Markt- und Staatsversagen172
3.3 Die politikwissenschaftliche Perspektive: Interdependenztheorien – Freie Wohlfahrtspflege als neokorporatistisches Bedingungsgefüge180
3.4 Die organisationssoziologische Perspektive: Der funktionale Dilettantismus – Freie Wohlfahrtspflege als erfolgreich scheiternde Institution191
3.5 Abschließende Anmerkungen zu den Erklärungsansätzen194
3.6 Reformkonzepte in der Freien Wohlfahrtspflege: Der Spagat zwischen Idealverein und Dienstleistungsunternehmen195
4. Strukturen der ambulanten sozialpflegerischen Dienste in Schleswig-Holstein vor dem Inkrafttreten der Pflegeversicherung205
4.1 Entwicklung der ambulanten Pflege in Schleswig-Holstein – Rahmenplan für den Ausbau ambulanter sozialer Dienste (1974)206
4.1.1 Gemeindekrankenpflege206
4.1.2 Hauspflege208
4.1.3 Sozialstationen211
4.2 Sozialplanung für Schleswig-Holstein (1975, 1978 und 1987)215
4.3 Fortschreibung des Rahmenplanes für den Ausbau ambulanter sozialer Dienste (1981)218
4.3.1 Gemeindekrankenpflege219
4.3.2 Hauspflege220
4.3.3 Sozialstationen221
4.4 Sozialplanung für Schleswig-Holstein (1987 und 1990/91)223
4.5 Pflegeberichterstattung für Schleswig-Holstein (1993)224
4.5.1 Arbeitsgemeinschaften zum gemeinsamen Betrieb eines Pflegedienstes226
4.5.2 Einzugsbereiche, Versorgungsdichte und Gebietsabsprachen228
4.5.3 Personalstruktur230
4.5.4 Organisationsstruktur232
4.6 Zusammenfassung233
5. Forschungsdesign und -verlauf237
5.1. Methodologische Aspekte – Projektphasen237
5.2 Vorbereitung der Untersuchung238
5.3 Entwicklung der Forschungsinstrumente240
5.4 Problematik der Stichproben-Auswahl244
5.5 Validität und Reliabilität der Daten249
6. Ergebnisse der Untersuchung zu den strukturellen und sozialökonomischen Auswirkungen des Pflege-VG256
6.1 Marktöffnung und Wettbewerb256
6.1.1 Untersuchungshypothesen256
6.1.2 Darstellung der Untersuchungsergebnisse zu «Markt und Wettbewerb»268
6.2 Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit317
6.2.1 Untersuchungshypothesen317
6.2.2 Darstellung der Untersuchungsergebnisse zur «Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit»337
6.3 Qualität und Qualitätssicherung362
6.3.1 Untersuchungshypothesen362
6.4 Exkurs: Paradigmenwechsel vom Hilfeempfänger zum Kunden – von der Hilfeleistung zur Dienstleistung398
7. Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Profilierung der ambulanten Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände419
7.1 Status Quo und Entwicklungsoptionen419
7.2 Die Ökonomie für das Soziale oder das Soziale für die Ökonomie?427
7.3 Marktpositionierung durch Marketing433
7.3.1 Einleitung: Versuch einer Begriffsbestimmung433
7.3.2 Marketingmix: Zu den fünf klassischen Marketinginstrumenten im einzelnen437
7.4 Die Markt- und Betriebsanalyse als Grundlage des Marketings448
7.5 Profilierungspotentiale frei-gemeinnütziger Pflegeeinrichtungen453
7.5.1 Positionierung durch Leistungsdifferenzierung und -diversifikation456
7.5.2 Wertebezogene Identität in der Pflege469
7.5.3 Wohlfahrtsverbände als Interessenvertreter der Pflegebedürftigen473
7.5.4 Reaktivierung des Ehrenamtes478
7.6 Wirtschaftlichkeit durch Controlling492
7.6.1 Einleitung: Definition «Controlling»492
7.6.2 Vergütungsorientierte Einsatzplanung und ihre Grenzen498
7.6.3 Pflege-Buchführungsverordnung und Selbstanalyse502
7.6.4 Organisations- und Ablaufstrukturen505
7.6.5 Kosteneinsparung durch «3-Schritt-Strategie»508
7.6.6 Personalplanung und Punktwertermittlung511
7.6.7 Rechtsform und Vergütungssystem514
7.6.8 Existenzsicherung durch Kooperation519
7.6.9 Outsourcing522
7.7 Qualitätssicherung durch Qualitätsmanagement524
7.7.1 Einleitung: Qualitätssicherung im Spannungsfeld zur Ökonomie524
7.7.2 Qualitätsmanagement zwischen Pflicht und Kür530
7.7.3 Methoden der systematischen Qualitätssicherung533
7.7.4 Qualitätsmanagement-Systeme und Gütesiegel535
7.7.5 Exkurs: Systematische Einführung eines Qualitätsmanagement-Systems556
7.7.6 Qualitätssicherung über die Nutzer558
7.7.7 Personalpflege und Personalentwicklung569
8. Diskussion und zusammenfassende Bewertung der Untersuchungsergebnisse581
Literatur599

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