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Bad Bank

Aufstieg und Fall der Deutschen Bank

AutorDirk Laabs
VerlagDeutsche Verlags-Anstalt
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl576 Seiten
ISBN9783641181420
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Deutsche Bank: Die Demontage eines deutschen Vorzeigeunternehmens
Die Deutsche Bank war einst der mächtigste Konzern der Republik. Fast nichts geschah in Deutschland ohne Wissen der Banker aus Frankfurt. Ende der 1990er Jahre baute das Institut seine Machtposition aus, schloss zur Weltspitze auf. Ein einzigartiger Aufstieg, der unaufhaltsam schien. Mehr Umsatz, mehr Profit, immer größere Boni für die Banker. Doch Dirk Laabs' Recherchen zeigen: Nur weil die Bank oft illegal, teils kriminell und regelmäßig skrupellos handelte, konnte das Institut so erfolgreich und mächtig werden. Der tiefe Fall der Deutschen Bank begann mit der weltweiten Finanzkrise und ist bis heute nicht zu Ende.

»Bad Bank« macht das System Deutsche Bank transparent und enthüllt dessen perfide Machenschaften und zerstörerische Mechanismen. Ein Milliarden-Poker, der letztlich mit unser aller Geld gespielt wird.

Aktualisiert und um ein Nachwort erweitert.

  • »Eine atemberaubende Geschichte bis ins Detail recherchiert.« (ZDF "Markus Lanz")


Dirk Laabs, geboren 1973 in Hamburg, ist Autor und Filme-macher. 2005 erschien von ihm »Tödliche Fehler - Die Fehler der Geheimdienste vor dem 11. September 2001«. Sein Film »Die Fremden im Paradies - Warum Gotteskrieger töten« wurde 2004 mit dem Dokumentarfilmpreis des BR ausgezeichnet. Bei Pantheon ist von ihm erschienen »Der deutsche Goldrausch. Die wahre Geschichte der Treuhand« (2012), das mit dem Opus-Primum-Preis für die beste wissenschaftliche Nachwuchspublikation des Jahres 2012 ausgezeichnet wurde. Zuletzt ist von Dirk Laabs 2014 das mit Stefan Aust gemeinsam verfasste Werk »Heimat-schutz. Der Staat und die Mordserie des NSU« erschienen.

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Leseprobe

Willkommen auf der Titanic


Es ist der 3. Oktober 2001 in New York. Der Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, besucht am Tag der Deutschen Einheit die Börse an der Wall Street. Gemeinsam mit dem New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani eröffnet er den Handel. Es ist ein großer Tag für die Deutsche Bank: Erstmals werden die Aktien des Konzern auch in den USA gehandelt. Einer der Banker aus Deutschland trägt zur Feier des Tages unter seinem Sakko eine Weste in den Farben der US-Flagge. Als Giuliani und die Banker aus Deutschland auf der Galerie oberhalb des Börsenparketts stehen, sind vor ihnen Baseballmützen aufgereiht, darauf die Logos der New Yorker Polizei, der Feuerwehr und anderer Rettungsdienste.

In der Stadt und an der Wall Street interessiert man sich kaum für den Besuch aus Deutschland. New York steht unter Schock. Nur wenige Hundert Meter weiter westlich bergen Räumungsmannschaften noch immer Leichen aus den Trümmern des World Trade Center. Drei Wochen zuvor, am 11. September, hatten islamistische Terroristen vier Jets entführt – zwei der Flugzeuge steuerten sie in die Twin Towers. Die Selbstmordpiloten hatten zuvor lange in Hamburg gelebt und studiert. In Afghanistan schlossen sie sich al-Qaida an, reisten später in die USA, um sich dort zu Piloten ausbilden zulassen. In großen Teilen finanzierten sie sich dabei durch ein Stipendium, das einer der späteren Täter als Militärangehöriger der Armee der Vereinigten Arabischen Emirate erhielt. Um die gewaltige Zerstörung anzurichten und Tausende von Menschen zu ermorden, hatten die Terroristen nicht viel Geld gebraucht.

Breuer will mit seinem Auftritt in New York demonstrieren, dass seine Bank sich durch die Terroranschläge nicht aufhalten lässt, dass man weiter international expandieren wird. Die Führung der Deutschen Bank hatte gehofft, dass der US-Börsengang als Höhepunkt der Expansionsstrategie Aufmerksamkeit erregen werde, die den Konzern so viel Geld gekostet hatte. Man will endlich auch als Wall-Street-Bank wahrgenommen werden, auf Augenhöhe mit den US-Instituten agieren. Unter Investmentbankern ist es üblich, dass sie sich selbst sogenannte Grabplatten verleihen, Plaketten, die große Deals feiern, einen Börsengang etwa, eine Fusion oder einen gewaltigen neuen Kredit. Die führende Bank bei dem Deal wird traditionell auf der Plakette in erhabenen Lettern gedruckt, so dass die Schrift hervorsteht – to bulge im Englischen. Deshalb heißen die großen US-Investmentbanken, die bei fast jedem Deal oben stehen, Bulge Bracket. Dazu gehören J. P. Morgan, Goldman Sachs, Morgan Stanley und Merrill Lynch. Mit dem Börsengang wollte die Deutsche Bank vor allem symbolisieren, dass man in die Phalanx dieser US-Banken eingebrochen war, dass man endlich auch zum Bulge Bracket gehörte. Doch dann kam der 11. September.

Vier Jahre zuvor, 1997, war Rolf Breuer Vorstandssprecher der Deutschen Bank geworden und hatte die gescheiterte internationale Strategie seines Vorgängers Hilmar Kopper geerbt. Kopper hatte vergeblich versucht, mit der Deutschen Bank an die Weltspitze zu gelangen. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte er Scharen von Investmentbankern angeworben. Die meisten der neuen Mitarbeiter stammten aus England und den USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es führende Manager der Deutschen Bank lange zusammengeschweißt, dass sie fast alle an der Ost- oder Westfront gekämpft hatten. Kopper und Breuer hatten den Krieg ebenfalls noch miterlebt, wenn auch als Kinder. Kopper hatte vor der Roten Armee fliehen müssen, Breuer hatte in Bonn die Bombardierungen durch die Westalliierten erlebt. Die neuen Banker waren dagegen oft keine vierzig Jahre alt, manche erst Ende zwanzig, blutjung. Trotzdem verdienten einige auf Anhieb fast so viel wie die Vorstandssprecher.

Unter den jungen Talenten, die man Mitte der 1990er Jahre anwarb, war auch der 41-jährige Amerikaner Bill Broeksmit, ein Spezialist für die sogenannten Derivate, ein neues Finanzinstrument, das gerade das Bankengeschäft durcheinanderwirbelte. Broeksmit war ein Aufsteiger. Er stammte aus einer Familie ohne großes Vermögen und ohne Einfluss in der New Yorker Finanzszene. Er hatte niemanden, der seine Karriere mit Tipps oder Beziehungen befördern konnte. Im Zweiten Weltkrieg hatte Broeksmits Vater John auf einem Zerstörer der US-Marine gedient und deutsche U-Boote gejagt. Danach arbeitete er in einem Versandhaus, verabschiedete sich aber bald wieder aus der Welt der Waren, studierte Theologie und wurde schließlich Pfarrer in einer kleinen Gemeinde in Illinois. Obwohl Bill fünf Geschwister hatte, die alle versorgt werden mussten, finanzierte John seinem Sohn Bill eine teure Ausbildung. Zunächst kam er auf eine Privatschule, anschließend auf ein College in Kalifornien. Es waren die wilden 1970er Jahre. Broeksmit ließ sich trotzdem nicht allzu sehr ablenken. Er machte seinen Abschluss, kehrte nach Illinois zurück und studierte Management auf der renommierten North-Western University. 1982 bekam er seinen ersten festen Job bei einer Bank und sollte dort – wie noch viele Male in seinem Leben – in die tiefen Abgründe der Finanzindustrie blicken. Er war gerade 27 Jahre alt.

Broeksmits ersten Arbeitgeber – die Continental Illinois National Bank and Trust Company (CINB) – gibt es nicht mehr. Die Bank ist heute fast vergessen, war aber damals eine der größten der Welt, obwohl sie nicht in New York, sondern in Chicago ihren Stammsitz hatte. Sie residierte im Chicagoer Bankenviertel »La Salle Canyon« in einem eindrucksvollen Gebäude, dessen mächtiges Portal über mehrere Geschosse aufragte. Auf die Continental Illinois, 1910 gegründet, geht ein Satz zurück, der ebenfalls die Karriere von Broeksmit prägen sollte: Die Bank war too big to fail – zu groß zum Scheitern. Tatsächlich, bemerkte ein Beobachter, traf der Satz den Kern des Problems nicht. Die Bank war nicht zu groß zum Scheitern, sondern in Wahrheit äußerst spektakulär kollabiert, weil sie sich auf riskante und komplizierte globale Geschäfte eingelassen hatte. Sie war deshalb too big to liquidate – zu groß, um liquidiert zu werden, zu groß also, um sie einfach vom Markt verschwinden zu lassen, ehe man Vorkehrungen getroffen und sich um die anderen Banken gekümmert hatte, die mit der Continental eng verwoben waren. 1

Als Broeksmit im Sommer 1982 als junger Händler bei der Bank begann, steckte die Continental Illinois bereits in ernsten Schwierigkeiten. Bis dahin war sie von Analysten, der Presse und den Anlegern gefeiert worden, da sie sich über die Jahre durch eine besonders aggressive Strategie an die Spitze geboxt hatte. Der Aufstieg der Continental Illinois und ihr tiefer Fall sollten das Geschäftsgebaren vorwegnehmen, mit dem viele Banken mehr als zwanzig Jahre später die Finanzkrise auslösten. Und Broeksmit sollte das erste, aber nicht das letzte Mal lernen: Es ist alles schon einmal da gewesen. Der legendäre Börsenmakler Jesse Livermore, der sein riesiges Vermögen ausgerechnet in der Zeit der Großen Depression an der Wall Street gemacht hatte, prägte den Satz: »Es gibt nichts Neues an der Wall Street. Es kann auch gar nichts Neues geben, der Mensch spekuliert, seit es Hügel auf dieser Welt gibt. Was auch immer am Aktienmarkt passiert, ist schon einmal passiert und wird wieder passieren.«

Krisen gehören also zum Bankgeschäft wie Unfälle zum Autorennen. Man muss sie verdrängen und weiter Gas geben, als sei nichts geschehen. Und dennoch war der Kollaps der Continental Illinois etwas Besonderes. Grenzen wurden verschoben und Gesetze gebrochen.

Die Continental war in den 1970er Jahren an den Rand gedrängt worden, ihr Standort Chicago erwies sich als großer Nachteil, die Musik spielte anderswo, und dort hatte sich das Geschäft dramatisch verändert. Am 1. Mai 1975 war in der Wall Street die Revolution ausgerufen worden, ausgerechnet am Mayday, dem Tag der Arbeit. Die Börse hatte die fixed incomes abgeschafft, was in diesem Fall bedeutete, dass die Brokerfirmen ihre Marge fortan selber aushandeln durften – und mussten. Viele Händler hatten sich lange gegen die radikale Reform gewehrt. Dank der abgesprochenen Preise – im Schnitt 80 Cent für jede verkaufte Aktie – war ihr Job überaus lukrativ, wenn auch nicht sehr interessant. Doch es gab erste Gerichtsurteile, die andeuteten, dass man die Gepflogenheiten an der New Yorker Börse als kartellartige Absprachen einordnen könnte. Also handelte die Börse lieber selber und schaffte die Preisabsprachen ab.

Dass die Abschaffung der fixed incomes am Mayday sich derart drastisch auswirken würde, hatte niemand erwartet. Die Welt der Börsianer wurde auf den Kopf gestellt. Die Kommissionen und Preise verfielen, die...

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