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E-Book

Bankenabwicklung und MREL

VerlagFrankfurt School Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl382 Seiten
ISBN9783956471070
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis67,99 EUR
Der Single Resolution Mechanism (SRM) ist die europäische Antwort auf die too-big-to-fail-Problematik von systemrelevanten Banken. Die Abwicklungsbehörden sind mit einem Instrumentarium ausgestattet, um die geordnete Abwicklung komplexer, ausfallgefährdeter Finanzinstitute möglichst ohne den Einsatz von öffentlichen Mitteln durchzuführen. Hierfür stehen Abwicklungspläne (Bankentestamente) und neue aufsichtsrechtliche Kennzahlen (MREL und TLAC) zur Verfügung. Das Buch behandelt die Grundlagen des europäischen Abwicklungsmechanismus sowie die Abwicklungskennzahlen. Neben den strategischen Dimensionen der Bankenabwicklung werden die Abwicklungsinstrumente und -prozesse beschrieben. Dabei werden sowohl praxisrelevante Aspekte als auch wissenschaftliche Ansätze zu den aufsichtsrechtlichen Vorgaben fundiert dargestellt und analysiert. Die Autoren sind Praktiker aus der Bankenbranche, Rechtsanwälte und Berater sowie Wissenschaftler. Das Buch richtet sich an Experten und Führungskräfte aus der Aufsicht, der Rechtsabteilung, dem Risiko-Controlling und -management, der Organisation und der Internen Revision sowie an Wissenschaftler - ihnen bietet es einen umfassenden, strukturierten und praxisorientierten Überblick über das Themenfeld der Bankenabwicklung.

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Leseprobe

Abwicklungsplanung in Europa


Alexander Kreutz-Peil
 
1  
2  
2.1  
2.2  
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3.1  
3.1.1  
3.1.2  
3.1.3  
3.1.4  
3.2  
3.2.1  
3.2.2  

1  Einordnung und Abgrenzung


Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Motivation und die Folgen der Errichtung des europäischen Abwicklungsregimes.
Der geographische Anwendungsbereich Europa bezieht sich hier auf die Europäische Union (EU), die in ihrer Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (im Folgenden „Institute“) vom 15.05.2014 (Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD)[1]) u.a. ein Abwicklungsregime mit Vorschriften und Verfahren zur Vorbereitung bzw. Planung und Durchführung von Abwicklungsfällen bei Instituten vorsieht.[2]
Der Begriff der Abwicklungsplanung kann in vielerlei Hinsicht abgegrenzt werden. Zu diesem Zweck können insbesondere die folgenden Kriterien herangezogen werden:
  • Zielrichtung der Abwicklung: Die Abwicklung gemäß Art. 31 Abs. 1 BRRD beabsichtigt bei Erfüllung der Abwicklungsvoraussetzungen (Art. 32, 33 BRRD)[3] die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten sowie die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen oder eine teilweise oder vollständige Anwendung eines regulären Insolvenzverfahrens unter Beachtung eines oder mehrerer Abwicklungsziele nach Art. 31 Abs. 2 BRRD.[4]

    Dahingegen zielt die privatrechtlich organisierte Abwicklung in den Abwicklungseinheiten der Institute sowie die Liquidation im Sinne eines regulären Insolvenzverfahrens auf die Rückführung von Risikopositionen mittels Rückzahlung oder Verkauf ab.

    Die Verfolgung der Abwicklungsziele nach der BRRD kann bedeuten, dass das bestandsgefährdete Institut teilweise oder vollständig fortgeführt wird, um z.B. kritische Funktionen aufrecht zu erhalten oder überlebensfähige Teile des Instituts fortbestehen zu lassen.

  • Zielrichtung der Planung: Der Abwicklungsplan ist gemäß Art. 10 Abs. 7 BRRD[5] die Dokumentation der beabsichtigten Anwendung der Abwicklungsinstrumente und -befugnisse und umfasst die dort genannten Inhalte. Die Abwicklungsplanung im engeren Sinne stellt also den Prozess der Erstellung dieser Dokumentation durch die Abwicklungsbehörde[6] dar.

    Die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit (Art. 15, 16 BRRD)[7] sowie die Befugnisse zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit (Art. 17 BRRD)[8] zeigen jedoch das übergeordnete Ziel der Abwicklungsplanung gemäß BRRD im weiteren Sinne, nämlich die Herstellung der Abwicklungsfähigkeit aller Institute.[9]

Tabelle 1: Bedeutungsdimensionen des Abwicklungsbegriffs und des Ziels der Planung
 

Im weiteren Sinne

Im engeren Sinne

Begriff „Abwicklung“

Anwendung von Abwicklungsinstrumenten sowie die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen nach Art. 31 Abs. 1 BRRD oder eine teilweise oder vollständige Anwendung eines regulären Insolvenzverfahrens unter Beachtung eines oder mehrerer Abwicklungsziele nach Art. 31 Abs. 2 BRRDa

Rückführung eines Portfolios durch Rückzahlung bei Fälligkeit, vorzeitiger Rückzahlung oder Verkauf

Ziel der Planung

Herstellung der Abwicklungsfähigkeit gemäß Art. 15 bis 17 BRRDb

Dokumentation der beabsichtigten Anwendung der Abwicklungsinstrumente und -befugnisse gemäß Art. 10 Abs. 7 BRRD

a.
Vgl. § 67 SAG.
b.
Vgl. §§ 57 ff. SAG.
Im Folgenden beziehen sich die Ausführungen in diesem Beitrag sowohl in Bezug auf den Begriff der Abwicklung als auch bezüglich des Ziels der Planung auf die Bedeutungen im weiteren Sinne, insofern also auf die Herstellung der Fähigkeit, bei Erfüllung der Abwicklungsvoraussetzungen ein oder mehrere Abwicklungsziele mittels der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten sowie der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen oder durch eine teilweise oder vollständige Anwendung eines regulären Insolvenzverfahrens zu erreichen.
Zunächst soll die Motivation zur Errichtung des europäischen Abwicklungsregimes erklärt werden. Motivation ist im medizinischen Sinne die „Gesamtheit aller Beweggründe (Motive) und deren Interaktion mit situativen Anreizen. Motivation beeinflusst die Wahl eines bestimmten Verhaltens zur Erreichung eines Ziels sowie Richtung, Intensität und Ausdauer der Handlung.“[10] Insofern sollen die Ursachen, die hauptsächlich für die Finanzkrise verantwortlich waren, sowie die mit dem Abwicklungsregime verfolgten Ziele die Motivation zur Errichtung des Abwicklungsregimes erklären.

2  Motivation für die Errichtung des europäischen Abwicklungsregimes


2.1  Ursachen der Finanzkrise


Für das systemische Ausmaß der Finanzkrise sowie die damalige Notwendigkeit, bei der Rettung von Banken auf das Geld der Steuerzahler zurückzugreifen, wurden insbesondere folgende Ursachen identifiziert:[11]
  • Es bestand ein Mangel „an angemessenen Instrumenten für den wirksamen Umgang mit unsoliden oder ausfallenden Kreditinstituten und Wertpapierfirmen“.[12] Die Anwendung allgemeiner Insolvenzverfahren bei Instituten war nur eingeschränkt geeignet, die negativen Auswirkungen des Ausfalls eines Instituts auf andere Institute sowie auf die Realwirtschaft zu verhindern bzw. zu minimieren.

  • Am Kapitalmarkt nahmen sowohl die Institute als auch die Investoren an, dass bedeutende Banken im Krisenfall von der öffentlichen Hand gerettet würden (too-big-to-fail-Annahme). Insofern lag bei Beteiligung an den Gewinnen aus diesen Geschäften (z.B. Dividende an Anteilseigner und Boni an Mitarbeiter und Geschäftsleitung), aber fehlender Haftung bei Verlusten (wegen Übernahme der Verluste durch Geld der Steuerzahler) für Entscheidungsträger der Fehlanreiz vor, höhere Risiken einzugehen (Moral-Hazard-Problem). Dies führte in einigen Instituten dazu, die aufgenommenen Mittel in hochriskante Geschäfte zu investieren, von denen einige bei den Instituten große Verluste verursachten.

  • Von der Finanzkrise waren nicht nur einzelne Institute, sondern ein Großteil...

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