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E-Book

Barbara. Mehr als nur Schwarz und Weiß

Gesellschaftskritik in der Street Art

AutorLisa Valentina Riedel
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl93 Seiten
ISBN9783668347229
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Street Art ist allgegenwärtig und hat sich mittlerweile fest auch im deutschen Stadtbild etabliert. Doch was ist Street Art genau und worin unterscheidet sie sich von Graffiti oder Urban Art? Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zunächst mit der Begriffsklärung und Fragen der Abgrenzung. Im Anschluss daran stehen die Arbeiten der deutschen Klebekünstlerin 'Barbara.' im Zentrum. Ihre Werke werden in Bezug auf die geäußerte Gesellschaftskritik analysiert. Gleichzeitig werden sie in einem kunsthistorischen Kontext verankert. Als Vergleichsobjekte aus der Street Art-Szene werden darüber hinaus Arbeiten von Banksy und Blek le Rat herangezogen. Durch den Vergleich werden Parallelen und Besonderheiten in Barbaras Street Art-Werken hervorgehoben und näher erläutert. Aus dem Inhalt: - Post-Graffiti, Street Art und Urban Art; - kunsthistorische Verankerung von Street Art; - Die Klebekünstlerin Barbara.; - Gesellschaftskritik in der Kunstgeschichte und der Street Art

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Leseprobe

2 Post-Graffiti, Street Art oder Urban Art?


 

Im ersten Moment scheinen sowohl Post-Graffiti, Street Art als auch Urban Art das gleiche Phänomen zu beschreiben, allerdings deutet sich hier ein bestehender Konflikt in der Forschungsliteratur an. Dort wird eine Vielzahl von Begriffen verwendet, um ein einziges Phänomen zu beschreiben, das aber gleichzeitig unterschiedlich ausgelegt wird. Aus diesem Grund soll hier zunächst eine entsprechende Differenzierung erfolgen, die die Grundlage für einen anschließenden Definitionsversuch bieten soll. Eine Ursache für die problematische Benennung ist zweifelsfrei die relative Neuheit des Phänomens Street Art. Die Entstehung der Street Art kann mit Künstlern wie Blek le Rat, auf den später noch eingegangen wird, in die 1980er Jahre zurückverfolgt werden.[17] Allerdings lässt sich eine steigende Verbreitung dieser neuen illegalen Kunstform zur Zeit der Jahrtausendwende datieren, als sich immer mehr Arbeiten in das Bild der Großstädte einfügten.[18] Ursache für die diffuse Verwendung der Begrifflichkeiten ist darüber hinaus die Tatsache, dass „die Formate, Materialien und Techniken der bunten Sprühbilder, Plakate, Sticker oder Kacheln […] so vielfältig [sind], dass man sie schwerlich auf einen Nenner bringen kann.“[19]

 

Graffiti[20] ist der zunächst bekannteste Begriff für illegale Wandbemalungen im öffentlichen Raum, weshalb hier häufig eine überschneidende Verwendung des Begriffs vorkommt. Oftmals wird Graffiti als „Überbegriff für unterschiedliche visuelle Erscheinungsformen“ verwendet.[21] Allerdings geht es hierbei vor allem darum den eigenen Namen beziehungsweise das gewählte Pseudonym in der ganzen Stadt zu verbreiten und unterscheidet sich somit von der hier behandelten Street Art.[22] Gleichzeitig wird die Bezeichnung Graffiti für politische Sprüche und Mitteilungen verwendet, die mit einer Sprühdose an die Wand gebracht werden, obwohl sich hier die Beweggründe voneinander unterscheiden und lediglich das Medium der Sprühdose übereinstimmt.[23]

 

Ein weiterer Begriff, der häufig verwendet wird, ist Post-Graffiti, der zwar die durchaus richtige Verbindung zum Graffiti herstellt, aber durch das Präfix „Post“ impliziert, dass es sich um eine chronologische Abfolge handelt und Graffiti damit abgelöst und beendet wurde.[24] Es ist jedoch viel mehr so, dass es sich bei Street Art um eine Weiterentwicklung des Graffitis und eine Rebellion dagegen handelt.[25] Dies resultiert nicht nur in zahlreichen Gemeinsamkeiten, sondern in einer eindeutigen Differenzierung beider Bewegungen, die im nächsten Kapitel aufgezeigt wird. Demzufolge existieren die beiden Bewegungen Graffiti und Street Art parallel, sodass in dieser Arbeit der Begriff Post-Graffiti nicht weiter verwendet werden soll.

 

Street Art, der in dieser Arbeit verwendete Terminus, hat sich laut Reinecke in der Öffentlichkeit von Anfang an als Hauptbegriff abgezeichnet und wird somit als entsprechender Fachausdruck anerkannt.[26] Allerdings war Reinecke im Jahr 2002 zu Beginn ihrer Auseinandersetzung mit diesem Phänomen mit dem Problem konfrontiert, dass es noch keinen feststehenden Begriff gab und sich dieser erst seit 2005 im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzte.[27] Reinecke erläutert in ihrem Kapitel „Begriffsdiskussion: Street Art versus Post-Graffiti“, dass es unter den Street Art-Akteuren selbst keine Einigkeit darüber gibt, wie dieses Phänomen zu betiteln ist.[28] Einige, wie zum Beispiel der amerikanische Künstler Logan Hicks und der Engländer Onema, bevorzugen die Bezeichnung Urban Art, auf die im Folgenden noch eingegangen wird, während andere ganz neue Begriffe bei einer Umfrage vorschlugen.[29] Da sich jedoch der Begriff Street Art durchgesetzt hat, soll auf diese Diskussion an dieser Stelle nicht weiter eingegangen, sondern auf Reinecke verwiesen werden.

 

Ins Deutsche übersetzt heißt Street Art Straßenkunst, allerdings erlaubt dieser Begriff ein noch größeres Missverständnis als der zuvor genannte Terminus „Post-Graffiti“. Denn unter Straßenkunst werden verschiedene Kunstformen zusammengefasst, wie der Eintrag zum Begriff „Streetart“ in der Brockhaus Enzyklopädie zeigt, denn dort heißt es: „Streetart, Street-Art, Straßenkunst, allgemeine Bezeichnung für künstlerische Aktivitäten auf offener Straße, z. B. Straßenmusik, Straßentheater, Pflastermalerei.“[30] Charakteristisch ist für die Straßenkunst, dass sie für kommerzielle Zwecke entsteht bzw. präsentiert wird. Dies ist ein gravierender Unterschied zu der hier behandelten Street Art, denn diese zielt primär nicht darauf ab mit ihren Arbeiten einen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen.[31]

 

Zuletzt soll noch auf den Terminus Urban Art eingegangen werden, denn dieser wird ebenfalls häufig synonym verwendet. Die Verwendung von Urban Art ist weitläufiger, denn er beschreibt allgemein all das, was auf der Straße künstlerisch passiert.[32] Dazu gehören beispielsweise das Guerilla Gardening, bei dem öffentliche Flächen im Stadtraum widerrechtlich bepflanzt werden[33] und das Yarn Bombing, bei dem gestrickte Objekte im öffentlichen Raum angebracht oder vorhandene Objekte ummantelt werden.[34] Darüber hinaus wird Urban Art von Heike Derwanz als Street Art, die „ihren Platz in der urbanen Wildnis“ verlässt und Einzug in Galerien und Museen findet, beschrieben.[35] In diesem Fall geht es zwar noch immer um die in dieser Arbeit thematisierte Street Art, aber es adressiert bereits eines der in Kapitel 2.3. zu besprechenden Probleme des Phänomens Street Art. Insgesamt wird im weiteren Verlauf der Arbeit lediglich der Begriff Street Art verwendet, obwohl es sich hier eindeutig um Abbildungen handelt und dann die Bezeichnung Urban Art laut Derwanz treffender wäre. Allerdings hat der Begriff Urban Art viele verschiedene Bestandteile, sodass durch die ausschließliche Verwendung des Begriffs Street Art unnötige Verwirrung vermieden wird.

 

2.1 Street Art – Eine ephemere Erscheinung im Stadtbild


 

Die Street Art selbst ist ebenso vielseitig wie es Bezeichnungen gibt, dies zeichnet sich zusätzlich in den zahlreichen Definitionsansätzen ab, sodass nun eine Eingrenzung des Begriffs folgt. Das Phänomen Street Art entwickelte sich aus dem Graffiti, weshalb noch immer eine Reihe an Gemeinsamkeiten festzustellen ist. Um im Folgenden einen Definitionsvorschlag zu erarbeiten, der keinesfalls den Anspruch erheben wird, die Diskussion um eine passende Bezeichnung einschließlich einer Definition zu beenden, sollen vor allem die Unterschiede genauer betrachtet werden. Im Anschluss daran rücken die verschiedenen Techniken in den Fokus, um zu verdeutlichen, wie vielfältig das Phänomen Street Art ist.

 

Die Weiterentwicklung, die Street Art vom Graffiti durchlaufen hat, besteht in dem nun entstandenen universellen Verständnis der Arbeiten, sodass diese für eine größere Betrachtergruppe zugänglich ist.[36] Dieses neu geschaffene Verständnis entsteht durch die lesbaren Buchstaben und den oft figurativen Arbeiten, denn Street Art erhebt nicht den Anspruch, als Kommunikationsmittel in einer Subkultur zu dienen, die jene außerhalb dieser Subkultur ausschließt, sondern sucht die Kommunikation mit den Passanten.[37] Dieses Verständnis und die unterhaltsamen Inhalte der Arbeiten sorgen außerdem dafür, dass Street Art weniger negativ bewertet wird, als es bei Graffiti der Fall ist, obwohl beide sich selbst autorisieren, ihre Arbeiten im öffentlichen Raum zu platzieren.[38] Diese weniger negative Bewertung ist insofern überraschend, als dass beide Bewegungen die Farbsprühdose als technisches Hilfsmittel verwenden, prinzipiell also die gleiche Form der Sachbeschädigung verursachen.[39] Jedoch beschränken sich die Street Art-Künstler nicht auf die Farbsprühdose, sondern nutzen auch „andere Medien wie Öl- und Acrylfarbe, Fettkreide, Zeichenkohle, Aufkleber, Plakate, Schablonen, Mosaiken und selbst Open Source Technologien mit Lichtinstallationen und Projektoren“ werden mittlerweile eingesetzt.[40] Einige dieser verwendeten Materialien werden zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer betrachtet.

 

Einzelne Aspekte, die elementar für die Definition von Street Art sind, wurden hier bereits genannt. Für eine umfassende Beleuchtung des Phänomens sollen einige jedoch noch einmal genauer betrachtet werden, darunter die Platzierung im öffentlichen Raum. Street Art ist stets an Orten angebracht, die öffentlich zugänglich sind. Dies ist jedoch nicht das einzige Kriterium, denn Street Art hat häufig einen expliziten Ortsbezug. Oft ist „das Werk auf den Ort zugeschnitten […] beziehungsweise [kommentiert] diesen […] oder [wurde] sogar extra für diesen angefertigt.“[41] Es überrascht daher nicht, dass „Straßenkunstwerke […] am Kontext selber mit [weben], den sie als sekundäre Rahmung beanspruchen.“[42] Häufig ist es daher so, dass Street Art-Arbeiten so eng mit...

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