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Bedarfsplanung im Rettungsdienst. Ist der Parameter Sonder- und Wegerechte für eine bedarfsgerechte Planung der Notfallrettung geeignet?

AutorBjörn Bohnsack, MBA, MSc
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783640234738
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Gesundheit - Sonstiges, Note: 1,0, Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung (Zentrum für Management und Qualität im Gesundheitswesen), 90 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Im ersten Schritt sollen die Rahmenbedingungen des rettungsdienstlichen Wirkens als notwendige Abgrenzung dargestellt werden. Das Aufgabenspektrum des bodengebundenen Rettungsdienstes unterliegt nicht nur den mannigfaltigen Gestaltungsvarianten der Landesrettungsdienstgesetzen, sondern es wird zeitgleich durch verschiedene Bundesgesetzgebungen und europäische Normen beeinflusst und reguliert. Es wird dargestellt, wie diese Rechtskompetenzen aufgeteilt sind, und auf welchen rechtlichen Grundlagen und weiteren Rahmenbedingungen der Rettungsdienst agiert. Im weiteren Schritt wird das Leistungsspektrum des Rettungsdienstes dargestellt, und anhand dieser verschiedenen Segmente, deren Probleme und Handlungsbeschränkungen erörtert. Schwerpunkte hierbei stellen die Disposition, die Leistungserbringung, die Interaktion der verschiedenen Leistungsspektren und deren Konsequenz auf die Bedarfsplanung dar. Im Anschluss wird dargestellt, welche Ziele mit einer Bedarfsplanung erreicht werden sollen, was Sonder- und Wegerechte im rettungsdienstlichen Kontext bedeuten, sowie welche Rechtfertigung und Risiken für die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechte existieren. Um Kostentransparenz zu erreichen, den Forderungen nach Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Mitteln und Vergleichbarkeit der Leistungserbringer gerecht zu werden,ist eine Abgrenzung zwischen Krankentransport und Notfallrettung notwendig. In die Bedarfsplanung fließen verschiedene Parameter mit ein, um die eingesetzten und vorgehaltenen Mittel zu rechtfertigen, und um einen wirtschaftlichen bodengebundenen Rettungsdienst zu gewährleisten. Eine mögliche Abgrenzung zwischen Krankentransport und Notfallrettung stellt die Anfahrt mit Sonder- und Wegerechte dar, die häufig auf dem Weg zu einem Einsatzort in Anspruch genommen werden. Ist der Parameter Sonder- und Wegerecht für eine bedarfsgerechte Planung der Notfallrettung geeignet? Diese Masterthesis basiert auf der Auswertung und Interpretation bereits vorhandener Quellen und Literatur (Hermeneutik).

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Leseprobe

4 Das Leistungsspektrum des Rettungsdienstes aus bedarfsplanerischer Sicht


 

Um den hohen Anspruch, dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, der sich aus der Natur des Rettungsdienstes ergibt, aus wirtschaftlicher Sicht gerecht zu werden, müssen die rettungsdienstlichen Leistungen von einer zentralen Koordinierungsstelle, der Leitstelle, bedarfsgerecht gelenkt werden. Werden diese Leistungen zusammen mit denen des Brandschutzes, der Technischen Hilfeleistung und des Katastrophenschutzes koordiniert, wird von einer integrierten Leitstelle gesprochen. Die Leitstelle initialisiert und disponiert, in der Regel innerhalb eines Rettungsdienstbereiches, alle rettungsdienstlichen Einsätze, und ist damit mitverantwortlich für die Ergebnisqualität des Rettungsdienstes. Die bedarfsgerechte Disposition und Koordination der eingesetzten Rettungsmittel ist ein Amtspflicht des Einsatzbearbeiters (Disponent), dessen Tätigkeit regelmäßig hoheitlichen Charakter[114],[115],[116] hat.

 

Abgeleitet von den gesetzlichen Rahmenbedingungen kann die Leistung des Rettungsdienstes in die Komponenten Krankentransport, Notfallrettung, sowie in sonstige Aufgaben geteilt werden, die durch die Leitstelle kanalisiert werden müssen.

 

Unter sonstige Aufgaben[117] werden beispielsweise der Transport von Medikamenten, Blutkonserven oder Organen zusammengefasst. Diese Transporte müssen aus rettungsdienstplanerischer Sicht prinzipiell in Frage gestellt werden, da hierfür weder ein Fahrzeug des Rettungsdienstes, noch das dazu gehörende Personal grundsätzlich zwingend ist. Diese Einsätze können ebenso von der Feuerwehr, der Polizei oder durch Dritte, mit dementsprechenden Fahrzeugen, übernommen werden. Eine dem Bedarf wirklich angepasste Vorhaltung der Notfallrettung kann keine andere Aufgabe übernehmen, die sie über einen nennenswerten Zeitraum bindet. Wenn Sie es könnte, ohne das Sicherheitsniveau zu beeinträchtigen, wäre sie zu groß bemessen.[118]

 

Um den Bedarf feststellen zu können, müssen die Entstehung und die Disposition rettungsdienstlicher Leistungen, im genaueren Krankentransport, Notfallrettung und Interhospitaltransfer, der die Notfallrettung unter Umständen massiv beeinflusst, näher beleuchtet und definiert werden. Dabei hängt der medizinische Erfolg nicht nur alleine von der Art und Qualität der Diagnose und Therapie ab, sondern auch von der Zeitspanne, die bis zur Einleitung der adäquaten Therapie vergeht.[119]

 

4.1 Krankentransport und Notfallrettung


 

Ein Bedarf nach medizinischen Leistungen in der Bevölkerung ergibt sich grundsätzlich aus deren Gesundheitszustand, der, aufgrund der veränderten Altersstruktur sowie den steigenden Ansprüchen an die Gesundheitsversorgung, zunehmend wächst.[120]

 

Erkennt der Disponent durch das adäquate Abfragen des Anrufenden, dass ein medizinisches Problem vorliegt hat er zu entschieden, ob diese Situation in den Aufgabenbereich eines Hausarztes fällt, oder eine Intervention von Seiten des Rettungsdienstes indiziert ist. Das Verhalten einer Person, die subjektiv mit einem „Notfall“ konfrontiert ist, darf nicht mit dem Verhalten einer Person unter normalen Bedingungen gleichgesetzt werden. Dies gilt auch für Personen, die einen vermeintlichen Notfall melden, da man von dem mündigen Bürger in gesundheitlichen Akutsituationen, der, als medizinischer Laie nur schwer eine sachgerechte Entscheidung treffen kann, ob der Rettungsdienst anzufordern ist oder der Hausarzt ausreicht.

 

Ist einem Anruf die Erfordernis eines Rettungsdiensteinsatzes zu entnehmen, hat der Disponent zu entscheiden, ob es sich um die Notwendigkeit eines Einsatzes der Notfallrettung, oder des qualifizierten Krankentransportes handelt.[121] Diese wichtige Entscheidung richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall.[122]

 

Die Kategorie Krankentransport lässt sich anhand der Aufgabenstellung aus den Rettungsdienstgesetzen[123], der Krankentransportrichtlinie des Bundes[124], sowie aus dem SGB V[125] ableiten, und bezeichnet die Beförderung von liegenden oder gehunfähigen Nicht-Notfallpatienten, bzw. „die Beförderung von Erkrankten, Verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die keine Notfallpatienten sind, und die fachgerechte Betreuung in einem Krankenwagen durch dafür qualifiziertes Personal.“[126] Geht man von der Wortbildung aus, so ist die Transportbezogenheit bzw. die Verkehrsleistung ein wesentlicher Begriffbestandteil, dem das prägende Element „Rettung“ fehlt.[127] Die Landesgesetzgeber kommen den, aus fachlichen Gesichtpunkten, geringeren Ansprüchen an einen Krankentransport nach, und legt „lediglich“ die Besetzung mit einem Rettungssanitäter[128] als verantwortliche Einsatzkraft fest. Die staatlichen Regelungen[129] zur Ausbildung zu Rettungssanitäter sind landesrechtliche Vorschriften und basieren auf dem vom Bund / Länderausschuss „Rettungswesen“ am 20.09.1977 beschlossenen 520-Stunden-Programm[130], und beruhen auf einer damaligen Minimallösung als politischer Kompromiss.[131] Auch wird die DIN EN 1789[132] diesen Anforderungen mit dem Typ A2[133] durch den geringeren Patientenraum und der „minimalen“ Notfallausrüstung des medizinischen Equipments gerecht.

 

Innerhalb der Kategorie Krankentransport wird oft zwischen disponiblen und dringlichen Krankentransport unterschieden, der die organisatorische Bearbeitung und somit eine ökonomische Disposition in der Leitstelle beeinflusst.

 

Der disponible Krankentransport erfüllt die bereits aufgeführten Anforderungen und ist Stunden bis Tage vor dem eigentlichen Beförderungsbeginn gemeldet, und ermöglicht eine „speditionsähnliche“ Routenplanung und Fahrzeugdisposition von Seiten der Leitstelle, mit dem Ziel geringer Leerkilometer und maximaler Auslastung der Krankenwagen unter den Aspekten Wirtschaftlichkeit, Termintreue, Service und Kundenorientierung.

 

Hauptaufgaben des disponiblen Krankentransportes sind Entlassungen aus dem Krankenhaus, Fahrten von und zu Rehabilitation, Fahrten zu Dialyse, sowie geplante Fahrten zu Terminen bei Haus- oder Fachärzten.

 

Der dringliche Krankentransport wird einerseits als kurzfristig gemeldeter Transport, der aus Termingründen eine gewisse Dringlichkeit aufweist, oder anderseits ein aufgrund eines medizinischen Sachverhaltes dringlicher Einsatz gesehen.[134] Der Disponent muss dann eingehend prüfen, ob die Einsatzindikation unterhalb der Schwelle zum Notfall liegt.

 

Gründe für einen dringlichen Krankentransport sind kurzfristige Einweisungen von Nicht-Notfallpatienten, nicht angemeldete, aber eigentlich planbare Krankentransporte, oder Entlassungen nach kurzfristiger, ambulanter Behandlung. Aus medizinischen Gründen nicht disponible Krankentransporte sollten den Notfalleinsätzen zugeordnet werden, da sie offensichtlich nicht aufschiebbar sind, und als vorhaltungsrelevant aufgrund der fehlenden Planbarkeit anzusehen sind.[135]

 

Durchaus stringent scheint einerseits die Regelung in etwa der Hälfte der Bundesländer, die bei einem Krankentransport eine vorherige ärztliche Beurteilung vorsehen, ob die Indikation eines Krankentransportes vorliegt.[136] Hierdurch können unnötige Krankentransporte vermieden werden, die in die Kategorie Krankenfahrten[137] fallen. Aber auch Notfälle können bei dieser Regelung bis zum Eintreffen des Hausarztes „unentdeckt“ bleiben.

 

Somit sind Einsätze der Kategorie Krankentransporte, Beförderungen betreuungspflichtiger Patienten, die eine klinische Versorgung erforderlich machen, mit ärztlich begutachteten und versorgten Verletzungen oder Erkrankungen, die eventuell zeitkritisch im Sinne eines gewissen Termindruckes sind, und keinen Notfallcharakter haben.

 

Problematisch sind Situationen, in denen der Patient nicht selbst zum Hausarzt kommen kann (oder auch nicht will), der Hausarzt aber seine Tätigkeit in seiner Praxis nicht unterbrechen kann, oder wenn es sich, zumindest subjektiv aus der Sicht des Patienten, um eine Notsituation handelt. Der Rettungsdienst ist in unserem Sozialsystem nicht nur das Einzige binnen kurzer Zeit greifbare Akutinterventionssystem, sondern wird oft zur Intervention von gestörten oder fehlenden Sozialfunktionen angefordert. Vereinzelt wird sogar mutwillig der Notarzt über Notruf angefordert, weil sein Erscheinen die schnellere Abwicklung der Behandlung oder Krankenhauseinweisung verspricht.[138] Dabei wird mit geringer Hemmschwelle gedroht, juristischen Beistand in Anspruch zu nehmen, um, falls möglich und Fehler nachweisbar wären, Schadensersatzansprüche einzuklagen.[139] In diesen Fällen wird der Rettungsdienst subsidiär angefordert, oft ohne auf die wertvollen...

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