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Begleitband zu NANDA-I-Pflegediagnosen: Definitionen und Klassifikation 2018-2020

VerlagRECOM
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl96 Seiten
ISBN9783897521520
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Profiwissen und Praxisbeispiele: Der Begleitband zum Hauptwerk der NANDA-I-Pflegediagnosen: Definitionen und Klassifikation 2018-2020 gibt Ihnen einen schnellen Überblick über die Änderungen und Neuerungen innerhalb der NANDA-I-Klassifikation - und darüber hinaus einen vertiefenden Einblick in aktuelle strategische Diskussionen. Fallbeispiele mit Pflegeplänen zeigen Ihnen, wie Sie die 17 neuen Pflegediagnosen konkret anwenden können. Hoher Praxisbezug inklusive!

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Leseprobe

2 Aktuelle Debatten und zukünftige Aktivitäten


In den vergangenen Jahren haben wir etliche Fragen rund um die NANDA-I-Taxonomie diskutiert. Während einige von diesen während des letzten Überarbeitungszyklus beantwortet werden konnten, sind andere noch offen und werden uns wohl noch einige Jahre begleiten.

Die Entwicklung unserer wissenschaftlichen Sprache ist ein kontinuierlicher Prozess, es gibt keinen „Endpunkt“, an dem die Terminologie „fertig“ sein wird. Stattdessen wird die Terminologie ständig überarbeitet, im Licht neuer Erkenntnisse wird Veraltetes entfernt und Neues kommt hinzu. Zudem lässt sich die NANDA-I-Terminologie noch wesentlich besser als die am stärksten evidenzbasierte und standardisierte Pflegefachsprache positionieren. Einige der durchgeführten Veränderungen sind eher redaktioneller Art, wie zum Beispiel die Entwicklung eines spezifischen Schemas für Definitionen und die Struktur der diagnostischen Indikatorenbegriffe. Andere Schritte sind komplexer und werden im Folgenden näher beleuchtet.

2.1 Was ist die Evidenzbasis für die aktuellen Pflegediagnosen?


Wenn Pflege eine evidenzbasierte Wissenschaft sein will, benötigen unsere Diagnosen Evidenz. Wir müssen die Pflegediagosen über Populationen, Kulturen und Settings hinweg durch klinische Studien validieren. Wenn sich Unterschiede zwischen der aktuellen Taxonomie und den gefundenen klinischen Studien herausstellen, müssen diese in der Taxonomie kenntlich gemacht werden, um die Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung zu gewährleisten.

Viele unserer aktuellen Diagnosen haben das niedrigst mögliche Evidenzlevel (LOE), das den Eintritt in unsere Taxonomie ermöglicht (2.1). Es ist davon auszugehen, dass es zu vielen Diagnosen wichtige Forschungsergebnisse gibt, die ein höheres Evidenzlevel ermöglichen würden. Da diese aber nicht zusammengetragen und eingereicht wurden, finden die neuen Erkenntnisse bei den entsprechenden Diagnosen keinen Niederschlag. Wir begrüßen jede Anstrengung von Pflegefachpersonen, die Interesse an dieser Forschung haben.

Zahlreiche Diagnosen wurden bereits vor Einführung der Evidenzlevelkriterien in die Taxonomie aufgenommen. In diesen Fällen ist eine Überprüfung ihres Evidenzlevelstatus erforderlich. Sie haben vielleicht auch die folgende Fußnote bei manchen Diagnosen registriert: „Diese Diagnose wird für die Ausgabe 2021-2023 aus der Klassifikation zurückgezogen, falls keine ergänzende Arbeit geleistet wurde, um sie auf das Evidenzlevel 2.1 oder höher zu bringen.“ Fakt ist leider, dass über 70 Diagnosen nicht über die ausreichende Evidenz verfügen! Wir hoffen, dass viele Leser Verständnis für die aktuelle Situation aufbringen und mit uns die Forschung an Pflegediagnosen vorantreiben.

Darüber hinaus bestehen Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit der aktuellen Evidenzlevelkriterien. Aus diesem Grund wurden von einer Arbeitsgruppe, ernannt durch das Komitee für Forschung und Bildung, neue Evidenzlevelkriterien vorgeschlagen. Diese werden im nächsten Überarbeitungszyklus überprüft.

2.2 Kann ein Symptom eine Pflegediagnose sein?


Obwohl die Terminologie als multiaxiales System aufgebaut ist, passen einige der aktuellen Diagnosen nicht in das System. Dies könnte tatsächlich die folgenden Symptome betreffen: Übelkeit (00134), Obstipation (00011), Schlafstörung (00095), Fatigue (00093), Angst (00146), Furcht (00148), Hoffnungslosigkeit (00124) usw. Handelt es sich bei der menschlichen Reaktion, die wir diagnostizieren, dann um „Angst“ oder um „Ineffektives Management der Angst“? Wie lautet die aktuelle Beurteilung dieses Symptoms/dieser Reaktion? Fast jeder verspürt gelegentlich Angst, denn es ist ein Abwehrmechanismus, der allen Menschen gemeinsam ist. Aber ab welchem Grad von Angst wird diese im Grunde normale Reaktion für die Pflege relevant?

Aktuell betrachten wir Schlafstörung und Furcht als Pflegediagnosen, sie tauchen allerdings auch als diagnostische Indikatoren (bestimmende Merkmale/beeinflussende Faktoren/Risikofaktoren) bei anderen Pflegediagnosen auf. Pflegefachpersonen fragen sich vielleicht: „Muss ich die Schlafstörung selbst diagnostizieren, oder ist es ein diagnostischer Faktor einer anderen Pflegediagnose?“ Es ist schwer zu verstehen, dass diese Phänomene sowohl bestimmende Merkmale als auch Diagnosen sein können.

Wir empfehlen eine Überprüfung des Problems, um festzustellen, ob Symptome Teil der NANDA-I-Taxonomie der Pflegediagnosen sein können. Vielleicht ist eine zweite Taxonomie der Symptome innerhalb von NANDA-I notwendig, oder vielleicht müssen wir feststellen, dass diese Symptome nicht in ein multiaxiales System passen und sie komplett aus der Taxonomie entfernen.

Gegenwärtig bekommt das Symptom-Management viel Aufmerksamkeit in der Pflegeliteratur. Angesichts dieser Problemstellung müssen wir die Symptome in der NANDA-I-Taxonomie neu konzeptualisieren. Denn vielleicht lautet zum Beispiel anstatt der Diagnose Übelkeit die Reaktion „Ineffektives Management der Übelkeit“. Oder anstatt Akuter Schmerz könnte die Reaktion „Ineffektives Schmerzmanagement“ heißen. In jedem Fall ist es wichtig, dass sich diese Diagnosen auf die Reaktion des Patienten beziehen und nicht auf ein Problem mit der durchzuführenden Pflege. Denn der Fokus einer Diagnose ist die menschliche Reaktion des Patienten.

2.3 Was ist der richtige Granulationsgrad einer Pflegediagnose?


Ein häufiges Diskussionsthema ist die Frage nach dem passenden Granulationsgrad der Diagnosen in der Terminologie. Sollten die Diagnosen für die Anwendung in der klinischen Praxis eher breit gehalten sein, möglichst konkret oder beides? Die Diskussion über den Granulationsgrad ist wichtig für die Entscheidungsfindung von Pflegefachpersonen, die Diagnosen entwickeln oder überarbeiten, und für diejenigen, die im Namen von NANDA-I die Einreichungen von Pflegediagnosen überprüfen.

In der aktuellen Ausgabe wurden zum Beispiel zwei problemfokussierte Diagnosen angenommen, die das Problem der ineffektiven Ernährungsweise zum Thema haben:

  • Ineffektive Ernährungsweise von Jugendlichen (00233)

  • Ineffektive Ernährungsweise von Kindern (00270)

Hier wurde aufgrund von altersabhängigen Assessmentdaten sehr spezifisch diagnostiziert. Es gibt aber keine Diagnose, die breit genug gefasst wäre, um das Problem der Ernährungsweise aller Altersgruppen abzudecken, etwa eine ineffektive Ernährungsweise.

Ein Blick auf die anderen Fokusse der Diagnosen zeigt weitere Granulierungsebenen in der Terminologie. Zum Beispiel ist die Diagnose Risiko einer Verletzung (00035) breiter als Risiko einer Hornhautverletzung (00245) oder Risiko einer Harnwegsverletzung (00250). Manche Pflegefachpersonen könnten argumentieren, dass Risiko einer Verletzung (00035) die einzig notwendige Diagnose ist, weil damit auch die Risiken für Hornhautverletzung und Harnwegsverletzung vermieden werden könnten. Andere Pflegefachpersonen hingegen bevorzugen konkretere Diagnosen. Allgemein kann jedoch gesagt werden, dass granuliertere, spezifischere Diagnosen die direkte Patientenversorgung besser lenken können.

Es erscheint uns angemessen, eine Vielzahl von Granulierungsebenen in der Terminologie zu haben. Dabei ist es wichtig, überwiegend mit abstrakteren (breiteren) Begriffen zu arbeiten, weil sie uns helfen, die Terminologie zu organisieren (und damit die pflegediagnostischen Begriffe klassifizieren). Breitere Begriffe können auch die klinische Entscheidungsfindung erleichtern, indem sie uns helfen, unser Denken zu strukturieren. Beispielsweise gehen Sie zunächst von Risiko einer Infektion (00004) aus, verengen den Fokus nach einem weiteren Assessment und/oder Nachdenken dann jedoch auf Risiko einer Infektion der chirurgischen Eingriffsstelle (00266).

Es könnte jedoch sinnvoll sein, den Grad an Granularität festzulegen, der als ausreichend angesehen wird. Gäbe es, mit Blick auf die vorangehenden Beispiele, einen Grad an Granularität, der für Sie übertrieben wäre? Wäre etwa eine Diagnose wie „Risiko einer Verletzung des Zehennagels“ noch sinnvoll?

2.4 Wodurch kann die Übersetzung verbessert werden?


Das Thema der Granularität ist auch bei der Übersetzung wichtig, für das Verständnis des Fokus der Pflegediagnose in den verschiedenen Sprachen sowie für die internationale Anwendbarkeit in der klinischen Praxis. Ein Beispiel dafür ist die Diagnose Risiko eines Sturzes/risk for falls (00155). Eine Person kann die Treppe herunterfallen, aus dem Bett fallen oder stürzen, wenn sie durch den Raum geht.

Im Englischen gibt es jedoch nur dieses eine Wort „fall“ für jedes unbeabsichtigte Fallen von einer höheren oder derselben Ebene. In vielen Sprachen wird dies mit verschiedenen Begriffen ausgedrückt, was die Übersetzung, das Verständnis und die Anwendbarkeit der englischen Begriffe erschweren kann. Für manche Sprachen wäre es unter Umständen angebracht, bei Phänomenen, die mit nur einem Begriff nicht korrekt aus dem Englischen übersetzt werden können, mit mehreren verschiedenen Pflegediagnosentiteln zu arbeiten.

Wenn wir ein Wort von einer Sprache in eine andere übersetzen, handelt es sich häufig nicht um eine Eins-zu-Eins-Ersetzung. Nehmen wir das englische Wort „feeding“, das in einigen Diagnosen...

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