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Behavioral Finance. Vergleich des Entscheidungsverhaltens deutscher PrivatanlegerInnen und BankberaterInnen aus psychologischen Perspektiven

AutorChristian Sander
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl196 Seiten
ISBN9783668251908
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,0, Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Es stellt sich die Frage, ob BankberaterInnen, die selbst als PrivatanlegerInnen agieren, tatsächlich vor dem Hintergrund ihrer berufsspezifischen Kenntnisse und Erfahrungen bessere Anlageerfolge erreichen können und somit rationalere Entscheider sind als PrivatanlegerInnen ohne dieses berufsspezifische Fachwissen. Die vorliegende Masterarbeit gibt auf der Grundlage der Erkenntnisse der Behavioral Finance Aufschluss über das Informations- und insbesondere das Entscheidungsverhalten deutscher PrivatanlegerInnen. Sie verfolgt das Ziel, die Rationalität des Entscheidungsverhaltens von PrivatanlegerInnen und BankberaterInnen empirisch zu vergleichen und die folgende, aus der Forschungsfrage abgeleitete Hypothese zu prüfen: Je mehr berufsspezifische Fähigkeiten und Erfahrungen BankberaterInnen aufgrund ihres professionellen Hintergrunds haben, desto rationaler ist ihr Entscheidungsverhalten im Vergleich zu PrivatanlegerInnen ohne diesen beruflichen Hintergrund. Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 5 1 Relevanz und aktuelle Nutzung von Aktien als Anlageklasse 7 2 Entstehung der Forschungsrichtung der Behavioral Finance 15 3 Informations- und Entscheidungsprozess von AnlegerInnen 20 3.1 Informationswahrnehmung 22 3.1.1 Verfügbarkeitsheuristik 22 3.1.2 Selektive Informationswahrnehmung von AnlegerInnen 30 3.1.3 Risikowahrnehmung und -einstellung 34 3.1.4 Darstellungseffekt im Finanzmarktkontext 38 3.1.5 Herdenverhalten an Finanzmärkten 41 3.2 Informationsverarbeitung und -bewertung 47 3.2.1 Verankerungs- und Anpassungsheuristik 47 3.2.2 Repräsentativitätsheuristik 52 3.2.3 Ambiguitätsaversion und Heimatmarktneigung 59 3.2.4 Relative Bewertung von Gewinnen und Verlusten 65 3.2.5 Relative Bewertung von Wahrscheinlichkeiten und Zeiten 69 3.2.6 Umkehr der Risikobereitschaft 72 3.2.7 Mentale Buchführung 75 3.2.8 Selbstüberschätzung 79 3.2.9 Kontrollillusion 84 3.3 Entscheidungsverhalten 87 3.3.1 Selektives Entscheiden 89 3.3.2 Selbstzuschreibung 92 3.3.3 Rückschaufehler 94 3.3.4 Dispositionseffekt 96 3.3.5 Status-quo-Effekt und Besitztumseffekt 100 3.3.6 Reue-Aversion 105 4 Empirische Analyse des Entscheidungsverhaltens 110 4.1 Untersuchungsplanung 110 4.2 Methodik der schriftlichen Befragung 116 4.3 Durchführung der Befragung 117 4.4 Darstellung und Vergleich der Ergebnisse 118 5 Fazit und Ausblick 138 Literaturverzeichnis 144 Internetquellenverzeichnis 157 Anhangsverzeichnis 160

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Leseprobe

1 Relevanz und aktuelle Nutzung von Aktien als Anlageklasse


 

Vermögensbildung stellt aus volkswirtschaftlicher Sicht Konsumverzicht dar und gewinnt für immer mehr Menschen eine immer größere Bedeutung, z.B. um den schwindenden Versorgungsgrad staatlicher Sicherungssysteme auszugleichen[1], Rücklagen für die teilweise hohen Ausbildungskosten der Kinder zu bilden[2], für die Wechselfälle des Lebens vorzusorgen oder langfristige Konsumzwecke zu finanzieren. Die Motive für die Vermögensbildung sind vielfältig. Nicht verwunderlich ist daher, dass noch nie so viel Vermögen in deutscher Privathand war, wie das heutzutage der Fall ist.[3] Zudem weisen Deutsche trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten im Zuge der Wirtschaftskrisen der letzten 15 Jahre eine hohe Sparbereitschaft auf.[4] Dies zeigt sich u.a. an der hohen deutschen Sparquote, welche z.B. deutlich über der US-Sparquote liegt.[5]

 

Die Deutschen glauben, dass sie als fleißige Sparer gut für das Alter vorbereitet sind. Die Realität sieht jedoch anders aus[6]: Besonders das Risiko der Langlebigkeit kann bei geringem Zusatzeinkommen zu finanziellen Einschränkungen oder sogar zur Altersarmut führen. Vielen jungen Menschen ist dies nicht bewusst. Entsprechend gering ist ihre Risikovorsorge, obwohl diese wegen der langen Ansparzeit in jungen Jahren sinnvoll wäre.[7] Hinzu kommt, dass viele Menschen einer Illusion der Werthaltigkeit unterliegen. Mehr als 80 Prozent des Geldvermögens privater Haushalte machen Bankeinlagen, Anleihen und Versicherungen aus – Geldwertanlagen, die Sparern zwar das Gefühl von Sicherheit vermitteln, z.B. durch die Absicherung der Bankeinlagen in Form der Einlagensicherung, aber per se defizitär sind. Dies liegt an der Inflation.[8] Diese entsteht, wenn die Geldmenge größer ist als der Geldbedarf[9] und bewirkt eine schleichende Enteignung: Geldanleger können mit ihren Erträgen kaum die Inflationsrate ausgleichen, was u.a. an den von der Europäischen Zentralbank (EZB) künstlich niedrig gehaltenen Zinsen liegt.[10] Die EZB will mit dieser Zinspolitik die Finanz- bzw. die Staatsschuldenkrise bekämpfen, weshalb, zulasten der Sparer, eine Zinserhöhung in naher Zukunft eher unwahrscheinlich ist.[11] Gleichzeitig ist wegen des vorrangigen Ziels der EZB, der Wahrung der Preisniveaustabilität, nicht dauerhaft mit geringen Inflationsraten zu rechnen. Grund dafür ist, dass das Ziel der EZB erreicht ist, wenn der Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex im Vergleich zum Vorjahr unter, aber nahe zwei Prozent liegt.[12] Doch selbst wenn die Inflationsrate, wie z.B. im Januar 2014, deutlich unter diesem Ziel liegt, reichen die aktuellen Sparbuchzinsen nach Abzug von 25 Prozent Kapitalertragssteuer nicht, um überhaupt eine reale Rendite zu erzielen.[13]

 

Von der anhaltenden Niedrigzinsphase sind insbesondere die zahlreichen, sicherheitsorientierten AnlegerInnen in Deutschland betroffen. Vielen von diesen ist das Dilemma bewusst, dass höhere Renditen ohne höhere Risiken nicht möglich sind, doch nur wenige überdenken ihre Haltung zu riskanteren Anlagen[14] und begnügen sich mit niedrigen Zinsen.[15] Jedoch sollten sich die Deutschen ihrer Anlagemotive bewusst werden[16] und bedenken, dass jede Vermögensanlage im Spannungsfeld von insgesamt vier Anlagezielen steht, nämlich der Rentabilität nach Abzug von Kosten, Gebühren und Steuereffekten, der Sicherheit, einer auskömmlichen Liquiditätslage und der ethischen Verantwortbarkeit.[17] Die Anlageziele stehen in Konkurrenz zueinander, weswegen Zielkonflikte[18], insbesondere zwischen der Rentabilität und der Sicherheit bzw. dem Risiko, unvermeidbar sind.[19] Die vier Anlageziele können genutzt werden, um ähnliche Anlageinstrumente in verschiedene Anlageklassen, wie z.B. Aktien, Renten, Immobilien und alternative Anlagen, zu gruppieren.[20] Beispielsweise sind Renten relativ sicher und bringen stetige Renditen. Aktien hingegen sind risikoreicher, da sie stärkeren Schwankungen unterliegen. Jedoch werfen sie langfristig höhere Renditen ab als Renten.[21]

 

Als Anlageklasse spielen Aktien in der aktuellen Niedrigzinsphase eine große Rolle, insbesondere dividendenstarke Titel. Hintergrund ist, dass die durchschnittliche Dividendenrendite von Aktien des Deutschen Aktien Index (DAX) mit ca. 3,4 Prozent wesentlich höher ist als die Rendite, die Sparer auf Bankeinlagen oder Sparbriefe erhalten. Wichtiger ist jedoch, dass die durchschnittliche Dividendenrendite höher ist als die Inflationsrate und somit einer finanziellen Repression entgegenwirkt.[22] Entsprechend wird empfohlen, dass mehr als die Hälfte des Anlagevermögens in Aktien investiert werden sollte.[23]

 

Aktien sind keine Geldwertanlagen, sondern Sachwertanlagen, weswegen sie einen gewissen Inflationsschutz bieten und zwar in dem Maße, in dem die erwarteten Gewinne der Unternehmen mit der Inflationsrate steigen. In strukturierten Portfolios ermöglichen Aktien ihren InhaberInnen einen langfristigen Vermögensaufbau.[24] Aktien sind wegen ihrer Mittel- bis Langfristigkeit dem Kapitalmarkt zugeordnet[25], stellen standardisierte, fungible Wertpapiere dar und machen ihren Inhaber zum Miteigentümer am Vermögen einer Aktiengesellschaft – sprich zum Aktionär.[26] AnlegerInnen können Aktien jederzeit kaufen oder verkaufen, was durch einen börsenmäßigen Handel ermöglicht wird.[27] Börsen sind Handelsplätze, an denen sich durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage aktuelle Marktpreise bilden. Diese sind nichts anderes als Aktienkurse[28], welche i.d.R. den Marktwert von Unternehmen widerspiegeln.[29] Von signifikantem Einfluss auf Aktienkurse sind einerseits externe Faktoren wie die Konjunktur, Währungskurse und Zinssätze sowie Gesetze, andererseits jedoch auch interne Faktoren wie die Produkt- und die Managementqualität, das Gewinn-Momentum und der Unternehmensausblick.[30] Nicht unterschätzt werden darf, dass der Marktwert eines Unternehmens subjektiv ist: Die Erwartungen der Anleger spielen eine erhebliche Rolle.[31] Neben dem teilweisen Inflationsschutz bieten Aktien den Vorteil einer relativ hohen Rendite. So hätte ein Anleger trotz der Krisen im Zeitraum von 2003 bis 2013 jährlich ca. zehn Prozent mit dem DAX verdienen können.[32] Diese positive Entwicklung von Aktien ist hauptsächlich Kursgewinnen zuzuschreiben[33], welche neben Dividendenausschüttungen und Währungsgewinnen den Gesamtertrag einer Aktienanlage ausmachen.[34] Die hohen Renditen von Aktien beruhen auf hohen Risiken: Aktionäre nehmen als Miteigentümer an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens teil und tragen die damit verbundenen Chancen und Risiken. Letztere können im schlimmsten Fall zu einem Totalverlust des Anlagebetrags führen. Risiken bei der Aktienanlage sind hauptsächlich Kursrisiken, was bedeutet, dass Aktienkurse sich negativ entwickeln können. Ursächlich dafür können einerseits Fehlentscheidungen des Managements, Bonitätsverschlechterungen oder die Insolvenz des emittierenden Unternehmens sein. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich der Finanzmarkt unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des einzelnen Unternehmens insgesamt ungünstig entwickelt.[35] Neben Kursrisiken existiert das Risiko, dass weniger oder keine Dividende gezahlt wird. Weiterhin besteht bei Investition in ausländische Unternehmen ein Währungsrisiko.[36]

 

Abwägend kann gesagt werden, dass eine langfristige Geldanlage mit Aktien einige Vorteile bietet, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Jedoch erkennt die Mehrheit der Deutschen diese Vorteile nicht: Viele sind gegenüber Aktien reserviert[37] und folglich unter Ertrags- und Risikoaspekten[38] zu schwach positioniert.[39] Daher haben nur wenige deutsche PrivatanlegerInnen vom Börsenboom der letzten Jahre profitiert[40], in dem sich z.B. der DAX sehr positiv entwickelte, neue Höchststände schrieb[41] und 2013 sogar einen Anstieg von knapp 26 Prozent verzeichnete.[42] Vielmehr kamen die positiven Entwicklungen ausländischen Investoren zugute, die mehr als 50 Prozent der Aktien von DAX-Unternehmen halten.[43] Dies zeigt, dass die deutsche Aktienkultur, falls überhaupt von einer solchen gesprochen werden kann, im Vergleich zu anderen Industrienationen schwach ausgeprägt ist.[44] So hatten im ersten Halbjahr 2013 beispielsweise nur 4,9 Millionen Deutsche und damit 7,5 Prozent der Bevölkerung Geld direkt in Aktien investiert.[45] Dies sind zwar gegenüber dem Rekordjahr 2000 ca. 1,4 Millionen direkte Aktionäre weniger, dennoch ist die aktuelle Entwicklung als Erholung zu deuten: Der Tiefpunkt von ca. 3,6 Millionen direkten Aktionären während der Finanzkrise...

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