Die Demografie (Bevölkerungswissenschaft) „beschreibt den gegenwärtigen Zustand der Bevölkerung“ (vgl. Thurich, 2011, S. 16) anhand der Variablen „Fertilität“ (Geburtenrate), „Mortalität“ (Sterberate) sowie „Migration“ (Zu- bzw. Abwanderungsrate), mit deren Hilfe Prognosen für zukünftige Entwicklungen der Bevölkerung abgeleitet werden können (vgl. Hartmann, 2013, S. 4). Dabei wird der Begriff der Bevölkerung als „die Gesamtheit der Einwohner in einem politisch abgegrenzten Gebiet“ (vgl. Hartmann, 2013, S. ebd.) definiert. Annahmen über eine langfristige Bevölkerungsstruktur können beispielsweise anhand bestimmter Fortschreibungsverfahren, wie der koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, berechnet werden (vgl. Statistisches Bundesamt, 2009). Als demografischer Wandel soll im Kontext dieser Arbeit vor allem die Veränderung der Altersstruktur einer Bevölkerung verstanden werden. Wie sich der demografische Wandel gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland darstellt und welche Folgen sich daraus für die Arbeitswelt, speziell für die älteren Arbeitnehmer, ergeben, wird in Kapitel drei dargestellt. Im folgenden Kapitel soll zunächst geklärt werden, was unter einem „älteren Arbeitnehmer“ zu verstehen ist.
Die Begriffe „Alter“ oder „älterer Arbeitnehmer“ werden bis heute in der Literatur nicht eindeutig definiert und unterscheiden sich je nach wissenschaftlicher Disziplin (z.B. Pädagogik, Psychologie etc.) in ihrem Verständnis. Für die in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehende berufliche Weiterbildung (vgl. Kap. 2.3) älterer Arbeitnehmer scheint das gerontologische Begriffsverständnis geeignet, da es den Begriff „Alter“ als multidimensionales Phänomen beschreibt, welches das körperliche, seelisch-geistige und soziale Altern unterscheidet (vgl. Kruse, 2010, S. 827). Das körperliche und seelischgeistige Altern ist hier vordergründig von Interesse, da es Aussagen über die Leistungsfähigkeit älterer Lernender erlaubt. Das körperliche Altern ist mit einem „Rückgang der Anpassungsfähigkeit des Organismus“ verbunden, wobei das seelisch-geistige Altern von Wachstumsprozessen geprägt sein kann (vgl. Kruse, 2010, ebd., BMFSFJ, 2010, S. 91). An dieser Stelle kann also konstatiert werden, dass nicht alle Fähigkeiten mit zunehmendem Alter, wie lange angenommen (vgl. Kap. 4.1), abnehmen. Im Gegensatz zu Kruse unterscheiden Bubolz-Lutz, Gösken, Kricheldorff & Schramek (2010, S. 28) den gerontologischen Terminus „Alter“ in die „Anzahl der Lebensjahre“ (kalendarisches Lebensalter), den „Entwicklungs- und Erhaltungsstand des Organismus“ (biologisches Alter) und „die Art und Weise, wie ein Mensch seinen körperlichen, seelischen und geistigen Zustand“ im Laufe seines Lebens erlebt (subjektives Alter). Darüber hinaus wird bei Kade (2009, S. 13) das Alter nicht als „biologisch eindeutiges Merkmal“, sondern „soziale Konstruktion“ verstanden. Das heißt, die Rolle eines älteren Menschen einzunehmen, wird demnach gelernt. Eine allgemeingültige Grenze, ab wann Arbeitnehmer als „alt“ gelten, existiert gegenwärtig nicht (vgl. BMFSFJ, 2010, S. 93). Während z.B. die Europäische Kommission Menschen ab dem 55. Lebensjahr zu den älteren Arbeitnehmern zählt, legt sich die OECD auf kein exaktes kalendarisches Alter fest . [2]Es scheint daher sinnvoll den Begriff des „älteren Arbeitnehmers“ kontextbezogen zu verwenden und seine spezifischen Arbeitsbedingungen zu betrachten. An dieser Stelle sei auf Einstufungsrichtlinien des BMFSFJ verwiesen:
„Die Grenze zur Einstufung in die Gruppe der Älteren [ist]dann niedrig [...], wenn das schulische wie berufliche Qualifikationsniveau niedrig, der Grad der Anforderungen und Arbeitsbelastungen hoch ist, in der Arbeit nur geringe Möglichkeiten für individuelle Dispositionen bestehen und häufig technischorganisatorische Veränderungen stattfinden “ (vgl. BMFSFJ, 2010, S. 93).
Auf das Berufsbild und das Kompetenzprofil des Erziehers wird in Kap. 6.1 vertiefend eingegangen. Es sei an dieser Stelle jedoch erwähnt, dass die Anforderungen und Arbeitsbelastungen eines Erziehers von seinem Arbeitsort abhängen und sich demnach unterscheiden (vgl. BA, 2013, S. 1). Angemessen erscheint es daher, die Erwerbspersonen im Alter zwischen 45 bis 65 Jahren in den Fokus zu stellen. Diese Alterskohorte deuten auch Tippelt et al. (2009, S. 20) als zunehmend bedeutsame Zielgruppe für die berufliche Weiterbildung, welche im Folgenden begrifflich geklärt werden soll.
Für einen differenzierteren Überblick der unterschiedlichen Zuordnungen der Alterskohorten zur Kategorie „älterer Arbeitnehmer“ sei an dieser Stelle auf die ergänzende Abb. 5 im Anhang verwiesen.
Der Begriff der beruflichen Weiterbildung ist nicht leicht zu präzisieren. Zunächst soll daher der Begriff der Weiterbildung geklärt werden. Als „vierte Säule des Bildungsweges“, dem sogenannten „Quartärbereich“ (vgl. Dehnbostel, 2008, S. 12) wird Weiterbildung - laut des Deutschen Bildungsrates (1970, S. 197) - definiert als:
„Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit“.
Im Jahre 1970 untergliederte der Deutsche Bildungsrat die Weiterbildung zudem in einen allgemeinen, beruflichen und politischen Bereich. (vgl. Schiersmann, 2007, S. 24 f.). Der politische und der allgemeine Bereich werden heute von vielen Autoren zur allgemeinen Weiterbildung zusammengefasst (vgl. Schiersmann, 2007, ebd.) bzw. als Erwachsenenbildung bezeichnet (vgl. Dehnbostel, 2008, S. 12).
Die berufliche Weiterbildung wird in die Bereiche Fortbildung, Umschulung und Lernen im Prozess der Arbeit unterteilt, wobei gemäß dem Berufsbildungsgesetz nur die beiden erstgenannten Bereiche zur beruflichen Weiterbildung gehören (vgl. Dehnbostel, 2008, S. 16). Daher soll auf das Lernen im Prozess der Arbeit an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Die Fortbildung unterteilt sich darüber hinaus in eine Anpassungsfortbildung, d.h. „Maßnahmen zum Erwerb neuer Kompetenzen [...] bei veränderten Arbeitsanforderungen“, und eine Aufstiegsfortbildung, damit sind alle „Maßnahmen zur Verbesserung von Qualifikationen für einen beruflichen Aufstieg“ gemeint (vgl. Dehnbostel, 2008, ebd.). In dieser Bachelorarbeit wird von einer Anpassungsfortbildung für Erzieher (vgl. Kap. 6.2) ausgegangen, daher wird auf die Umschulung an dieser Stelle nicht weiter eingegangen.
Im Bereich der beruflichen Weiterbildung wird zwischen formalisierten und informellen Lernkontexten unterschieden, die jedoch nicht mit formalem und informellem Lernen (vgl. Kap. 4.3) gleichzusetzen sind. Gemeint ist hier nicht der lernpsychologische Prozess, sondern der Kontext, in dem Lernen stattfindet. Formalisierte Lernkontexte stellen „Weiterbildungsangebote [...] in Form von Kursen, Seminaren etc.“ dar, während informelle Lernkontexte in „Lernen im Arbeitsumfeld“, „im privaten und gesellschaftlichen Umfeld“ und „Lernen mit [...] Medien“ unterschieden werden (vgl. Schiersmann, 2007, S. 41). Der in dieser Bachelorarbeit betrachtete Lernkontext gehört aufgrund seiner seminaristischen Ausrichtung demnach zu den formalisierten Lernkontexten. Unter einem Seminar versteht man „eine Lehrveranstaltung [...], bei der die Teilnehmer [...] unter [...] Anleitung bestimmte Themen erarbeiten“ (vgl. Duden, 2014a), wobei die „Vermittlung fachlichen und methodischen Wissens im Vordergrund“ steht (vgl. Quilling & Nicolini, 2009, S. 14). Seminaristisches Lernen soll sich hier auf das Lernen im Kontext eines Seminares beziehen. Bei einem Training dagegen, stehen „Erwerb bzw. Veränderung von speziellen Verhaltensweisen im Vordergrund“ (vgl. Quilling
& Nicolini, 2009, ebd.). Da in der Konzeption der Weiterbildungsmaßnahme dieser Bachelorarbeit beide Aspekte (fachliche Wissensvermittlung sowie Veränderungen von Verhaltensweisen) inkludiert werden (vgl. Kap. 6.4), sollen die Begriffe Training und Seminar synonym verstanden werden.
Im Rahmen der beruflichen Weiterbildung steht der Ausbau von Kompetenzen, hier bezogen auf ältere Arbeitnehmer, im Vordergrund, daher erscheint es zwingend notwendig die Begriffe Kompetenz und Kompetenzentwicklung im Folgenden zu klären.
Um die Bezeichnung Kompetenzentwicklung erfassen zu können, bedarf es zunächst einer Klärung des Begriffs Kompetenz. Das aus dem Lateinischen stammende Wort Kompetenz (lat. competentia) bedeutet „zusammentreffen“. Gnahs (2010, S. 19) deutet dies als „Zusammentreffen situativer Erfordernisse und dem individuell zur Verfügung stehenden Potenzial an Kenntnissen und Fertigkeiten“. 1999 leiteten Erpenbeck und Heyse aus ihren Untersuchungen um den Kompetenzbegriff individuelle Kompetenzen ab. Dabei differenzieren sie zwischen Fach-, Methoden-, Sozial-, Individual- und Handlungskompetenzen einer Person (vgl. Erpenbeck & Heyse, 1999, S. 157). Zur Erläuterung dessen, was sich detailliert hinter dieser Unterscheidung verbirgt, sei aufgrund des begrenzten Umfangs der...