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Berufsunfähigkeitsversicherung für Studierende. Empirischer Befund, Marktpotenziale und Ansätze zu einer optimalen Marktdurchdringung

Unter Nutzung von Erkenntnissen der Verhaltensökonomik

AutorMax Ludewig
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl103 Seiten
ISBN9783656936848
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,7, Universität Leipzig (Institut für Versicherungswissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Innerhalb der gesamten Erwerbsphase sieht sich ein Arbeitnehmer der Gefahr gegenüber, temporär oder bis mindestens zum Erreichen des Renteneintrittsalters außerstande zu sein, den Beruf weiterhin auszuüben. Der drohende Einkommensverlust wird nur ungenügend durch das staatliche Sozialversicherungssystem kompensiert, weshalb das Risiko der Berufsunfähigkeit (BU) als existenzielles Risiko einzustufen ist und regelmäßig über eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV) abzusichern ist. Bei näherer Betrachtung des Absicherungsniveaus offenbart sich jedoch ein Paradoxon: Obwohl etwa zwei Drittel der Bevölkerung körperliche Beeinträchtigungen durch schwere Krankheiten oder die künftige Pflegebedürftigkeit fürchten, wird das BU-Risiko eher abstrakt gesehen und infolgedessen weitestgehend unterschätzt, woraus eine verhältnismäßig niedrige Absicherung resultiert. Unter Studierenden, im späteren Berufsleben mit einem tendenziell höheren Lohn bzw. Gehalt ausgestattet, ist der Durchdringungsgrad besonders bedenklich. Demgegenüber wird statistisch etwa jeder vierte Arbeitnehmer einmal im Arbeitsleben (zumindest temporär) berufsunfähig, im Durchschnitt sogar schon im Alter von 43 Jahren. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen prognostiziertem Risikoverlauf sowie der individuellen Risikowahrnehmung wird als Anlass genommen die Marktdurchdringung der BUV unter einer Gruppe von Studierenden eingehend zu untersuchen. Im Rahmen einer empirischen Untersuchung wird dediziert der Frage nachgegangen, ob bei Feststellung eines mangelhaften Absicherungsniveaus die Erkenntnisse der Verhaltensökonomik einen adäquaten Ansatz zur Erklärung der Vorsorgelücke darstellen. Anschließend werden Lösungskonzepte auf der Vertriebs- und Produktebene diskutiert, mit deren Ergreifung die Versicherungswirtschaft ggf. im Zusammenspiel mit der Politik die zukünftige Bedeutung der BUV für die studentische Zielgruppe unterstreichen und durch eine angemessene Kommunikation des Produktnutzens das Absicherungsniveau der Arbeitskraft von Studierenden verbessern kann.

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Leseprobe

3 Die Berufsunfähigkeitsversicherung als Deckungskonzept


 

3.1 Gesetzliche Deckung – Konzept und Grenzen


 

Im Hinblick auf die vielfältigen Risikoausprägungen und Ursachen von Berufsunfähigkeit wird bereits deutlich, dass der Verlust der Arbeitskraft ein existenzielles Risiko darstellt. Im Fall einer nicht absehbar andauernden BU sind die drohenden Folgen des Einkommensausfalls sowie ggf. Verlust der Arbeitsstelle und Know-how-Einbußen unbestreitbar gravierend, weshalb die Wichtigkeit einer BUV offensichtlich ist.[33] Sofern Arbeitnehmer jedoch nur temporär außerstande sind der gewöhnlichen Tätigkeit nachzugehen, ist die zeitliche Betrachtung der Zahlungsströme und involvierter Institutionen interessant. Ein bis zu sechs Wochen andauernder Arbeitsausfall durch Krankheit oder Unfall wird mit einer Lohnfortzahlung in voller Höhe des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber kompensiert. Für weitere 72 Wochen zahlt die Krankenkasse[34] ein Krankentagegeld, welches jedoch der Höhe nach niedriger als das zuletzt regulär gezahlte Arbeitsentgelt ausfällt.[35] Sofern der Arbeitnehmer nach dieser Zeit noch immer berufsunfähig sein sollte, die verbliebene Arbeitsfähigkeit unter sechs bzw. drei Stunden täglich liegt und dem Arbeitnehmer keine beliebige Tätigkeit des gesamten Arbeitsmarkts zugewiesen werden kann, zahlt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) abhängig von der Resterwerbsfähigkeit eine teilweise bzw. volle Erwerbsminderungsrente (EMR).[36] Abhängig von den beruflichen und sozialen Umständen können weitere Leistungen aus der Sozialversicherung, wie Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe, hinzugerechnet werden.

 

3.2 Notwendigkeit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung


 

Die Ansprüche an die Leistungen aus der Sozialversicherung berechnen sich anhand verschiedener individueller Umstände. Festzuhalten bleibt dennoch, dass die Zahlungen der EMR durch die DRV[37] selten höher liegen als das finanzielle Ausgleichsniveau durch die Sozialhilfe. Dem Grundsicherungsniveau steht jedoch eine durchschnittliche Dauer der BU von drei Jahren gegenüber,[38] sodass eine im Einzelfall beträchtliche Deckungslücke entstehen kann. Das Einkommensniveau der bisherigen Berufstätigkeit bleibt unerreicht, während zusätzliche, nicht von der Krankenversicherung getragene Sonderausgaben für medizinische Behandlungen auflaufen können. Zur Schließung dieser Versorgungslücke stellt der Abschluss einer privaten BUV eine adäquate Möglichkeit dar. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass die Leistungen aus einer privaten BUV der Höhe nach sowohl von der Grundsicherung als auch vom Arbeitslosengeld II abzugsfähig sind.[39] Der Versicherungswirtschaft kommt damit eine sozialstaatlich bedeutsame Unterstützungsfunktion zu.[40] Das privatwirtschaftliche Deckungsangebot muss gleichzeitig vollwertig und für idealerweise jeden Arbeitnehmer bezahlbar sein, um die individuelle Deckungslücke schließen zu können.

 

3.3 Konstituierende Merkmale und Bestandteile der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung


 

Zur Schließung der aufgezeigten Versorgungslücke bieten viele Versicherer Schutz in Form einer BUV an. Aufgrund der Absicherung eines Personenschadenrisikos stellt die BUV einen personenbezogenen Versicherungszweig dar und ist als besondere Lebensversicherung bzw. private Rentenversicherung zu charakterisieren.[41] Zwar existieren in der Praxis Versicherungsprodukte als Einzel- und Zusatzvertragsoption, dennoch handelt es sich bei der BUV versicherungswissenschaftlich um einen selbstständigen Versicherungszweig.[42] In der Grundform ist die BUV als Risikoversicherung konzipiert worden. Dabei beinhaltet die Versicherungsprämie keinen Sparanteil, der bei Schadenfreiheit zurückgezahlt oder auf Folgeprämien angerechnet werden kann.[43] Moderne Vertragsangebote weichen jedoch von dieser theoriegeleiteten Einordnung oftmals ab.

 

Für eine Beschreibung der allgemeinen BUV-Ausgestaltung sind die wesentlichen konstituierenden Vertragsbestandteile heranzuziehen. Der Arbeitnehmer wird regelmäßig als versicherte Person gegen das BU-Risiko abgesichert. Die Versicherungssumme orientiert sich am monatlichen Arbeitseinkommen der versicherten Person. Die Vertragsdauer ist individuell vereinbar, erstreckt sich aber standardmäßig bis zum jeweiligen Renteneintrittszeitpunkt, wodurch die Versicherungsdauer vertraglich limitiert wird. Der Versicherungsfall ist eingetreten, wenn die versicherte Person üblicherweise zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig ist. Ein alternativ höherer vereinbarter BU-Schwellenwert ist grundsätzlich möglich und wirkt sich positiv auf die Prämienhöhe aus, jedoch ist die fehlende Absicherung bis zum Schwellenwert besonders kritisch zu bewerten. In beiden Fällen wird bei Feststellung des BU-Grads ab Höhe der Leistungsgrenze die vereinbarte Versicherungsleistung in Form einer monatlichen Rente vollständig ausgezahlt. Neben den angeführten Schwellenwerten existieren in der Praxis Versicherungsprodukte mit Staffelregelungen.[44] Für das graduelle Leistungskriterium wird eine prozentuale Berufsunfähigkeitsspanne vereinbart. Sofern die BU festgestellt wurde und der ermittelte Grad innerhalb der BU-Spanne liegt, wird der äquivalente Anteil der monatlichen BU-Rente ausgezahlt. Unterhalb der Spanne erfolgt keine Zahlung, während oberhalb der Spanne die vollständige Rente zur Auszahlung kommt.[45]

 

Bei ernsten körperlichen Beeinträchtigungen ist ein Arbeitnehmer im Extremfall lebenslang berufsunfähig. Dennoch sind Bemühungen um die Genesung im beiderseitigen Interesse von Arbeitnehmer und Versicherungswirtschaft, um die körperliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sofern es dem Arbeitnehmer nicht möglich sein sollte den ursprünglichen Beruf fortzuführen, finden die Regelungen zur Verweisung Anwendung. Die Verweisung auf eine andere Tätigkeit kann einerseits abstrakt erfolgen, sodass die versicherte Person jeder zumutbaren Tätigkeit unabhängig vom bisherigen Berufsbild nachgehen muss.[46] Andererseits werden bei konkreter Verweisung die Lebensumstände der versicherten Person berücksichtigt. Demnach darf ein Versicherer lediglich auf solche Tätigkeiten verweisen, die den Qualifikations- und Erfahrungsanforderungen des vorherigen Berufsbilds entsprechen und die zu einer vergleichbaren Lebensstellung führen.[47] Aufgrund der zunehmenden Wettbewerbsintensität in der jüngeren Vergangenheit und zur Förderung der Kundenzufriedenheit sind Klauseln der abstrakten Verweisung nur noch selten anzutreffen.[48]

 

Abschließend sind zwei weitere wesentliche Gestaltungselemente für BUV-Verträge anzuführen, deren Vorkommen und Ausprägung vom individuellen Produktkonzept abhängig sind. Zuerst sind insbesondere Vereinbarungen der Nachversicherungsgarantie für die Argumentation im weiteren Verlauf der Arbeit interessant. Der überwiegend lange Absicherungszeitraum bis zum Erreichen des Eintrittsalters geht mit der Möglichkeit einher, dass sich die individuellen Lebensumstände der versicherten Person während der Vertragslaufzeit ändern. Mit einer Nachversicherungsoption wird sich ggf. ändernden Lebensumständen Rechnung getragen. Als zweites wesentliches Gestaltungselement ist die Berufsrisikogruppendifferenzierung einzuführen. Zur Quantifizierung des individuellen BU-Risikos und letztlich zur Berechnung einer risikoadäquaten Prämie wird u. a. der zuletzt ausgeübte Beruf einer Berufsgruppe zugeordnet, der wiederum ein spezifisches Berufsgruppenrisiko auf der Grundlage von vergangenheitsbezogenen Häufigkeitsverteilungen und verbundenen Gefährdungen hinterlegt ist.[49] Die Systematisierung der Berufsgruppe als Risikomerkmal folgt dazu dem Grundgedanken, gleichartige individuelle Risiken in möglichst homogenen Risikoclustern zu sammeln, die untereinander so heterogen wie möglich sind.[50]

 

3.4 Prozessmodell zur Aufnahme eines Neuvertrags


 

Aus der Deskription einzelner Elemente wurde bereits deutlich, dass es sich bei der BUV um ein Produkt mit mittlerer bis hoher Komplexität handelt. Die verschiedenen Produktvarianten und vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten ermöglichen die individuelle Anpassung auf den Versicherungsnehmer zur optimalen Risikoabsicherung, sind jedoch im hohen Maße erklärungsbedürftig und machen daher die Unterstützung durch einen fachkundigen Versicherungsvermittler erforderlich. Dazu werden nach einer eingehenden Bedarfs- und Produktberatung neben den persönlichen Daten der berufliche Status, die Neigung zu risikoreichen Freizeitbeschäftigungen und der Gesundheitszustand durch den Versicherungsvermittler aufgenommen, um die Dimensionen der BUV festgelegen zu können.[51] Eine besondere Rolle in der Antragsaufnahme spielt dabei die Gesundheitsprüfung. Damit ein Versicherungsunternehmen in der Lage ist, das BU-Risiko adäquat streuen zu können, ist eine gewissenhafte Risikoprüfung durchzuführen. Anhand einer Reihe von Gesundheitsfragen wird durch den Versicherer geprüft, ob der Antragssteller zu den Basiskonditionen versicherbar ist. Anbei sei darauf hingewiesen, dass der...

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