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Beschwerdemanagement in Kommunalverwaltungen. Theoretische Grundlagen, Städtevergleich, Implementierungsstrategie

Für die Stadt Halle (Saale)

AutorJane Unger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl123 Seiten
ISBN9783638039550
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Führung und Personal - Sonstiges, Note: 1,00, Evangelische Hochschule für Kirchenmusik Halle - Saale (Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Halle (Saale)), 25 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt heißt es im § 1 'Die Gemeinde ist Grundlage und Glied des demokratischen Staates. Sie verwaltet in eigener Verantwortung ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze mit dem Ziel, das Wohl ihrer Einwohner zu fördern. 'Das bedeutet, dass die Kommune zuallererst für ihre Bürger da ist und nicht primär für den Staat, die Gesetze, die Verwaltungsgerichte oder für ihre Beschäftigten. Die Gemeindeordnung verpflichtet ferner die kommunalen Mandatsträger und Verwaltungen von Rechts wegen in allen Angelegenheiten den Willen der Bürgerschaft zu kennen und ihn bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. 'Die Umsetzung dieser Rechtspflicht gebietet den Kommunen, ihren Bürgern Einfluss auf ihre Leistungen und Produkte sowie auf ihre Programme einzuräumen. Genau dies entspricht den Erwartungen der Bürger, die heute über rechtlich korrektes Verwaltungshandeln und kostengünstige Leistungen weit hinausgehen. Sie fordern eine Verwaltung, die ihre Anliegen konzentriert und ganzheitlich bearbeitet und sie nicht von Pontius zu Pilatus schickt. Sie erwarten, dass das Rathaus sie ernst nimmt, sie über wichtige Entscheidungen, von denen sie betroffen sind, frühzeitig und verständlich informiert und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Und schließlich fordern sie von ihrer Kommune vorausschauendes Handeln im Hinblick auf die Lebens- und Umweltqualität und das gedeihliche Zusammenleben aller Bürger und Einwohner.' Wie sieht es in der Realität aus? Viele Kommunen befinden sich am Rande des Ruins, das kommunale Personal oftmals an der objektiven Leistungsgrenze. In den neuen Bundesländern bluten die Kommunen personell sogar aus, es fällt schwer, qualifiziertes Personal zu gewinnen, die politischen Gestaltungsmöglichkeiten gehen gegen Null, Haushaltssicherungskonzepte legen allen Handelnden Fesseln an, der Ausverkauf beginnt und Finanzquellen versiegen dauerhaft. Dies ist die eine Seite der Entwicklung.

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Leseprobe

3. Beschwerdemanagement im Städtevergleich


 

3.1 Die Befragung von ausgewählten Städten


 

3.1.1 Ziele der Befragung


 

Seit Mitte der neunziger Jahre, beginnend mit der Stadt Arnsberg, deren Beschwerdemanagement 1995 eingeführt und 1996 mit dem Management Award durch das Institut for International Research ausgezeichnet wurde[20], haben viele Stadtverwaltungen ihren Umgang mit Beschwerden überprüft, Beschwerdestellen geschaffen oder ein Aktives Beschwerdemanagement eingeführt. Dies ergaben sowohl die Internet- als auch die Literaturrecherchen. Ein Blick über die bundesdeutschen Grenzen hinaus zeigt, dass Kundenorientierung und Beschwerdemanagement dort ebenfalls Themen sind. Die Partnerstadt von Halle, Linz in Österreich, verfügt bereits seit 1994 über ein Beschwerdemanagement. Entsprechende Materialien wurden der Autorin zur Verfügung gestellt und in die Auswertung einbezogen.[21]

 

Insofern kann die Stadt Halle, sollte sie sich zur Einführung eines Beschwerdemanagements entschließen, auf diese Erfahrungen zurückgreifen. Um einen Überblick über die wichtigsten inhaltlichen, personellen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen der  Beschwerdebearbeitung sowie des Beschwerdemanagements anderer Stadtverwaltungen zu erhalten, ist eine Befragung ein geeignetes Mittel. Die  Befragung hat zum Ziel, Vergleichsdaten für die wichtigsten Eckpunkte eines Beschwerdemanagements zu erhalten, wie zum Beispiel: Gibt es ein Beschwerdemanagement? Welche Ziele werden mit dem Beschwerdemanagement verfolgt? Welche Beschwerden werden bearbeitet? Welche Ressourcen stehen zur Verfügung?

 

Wie erfolgt die Auswertung der Beschwerden? Welche Beschwerdekanäle gibt es und welche Öffentlichkeitsarbeit wird betrieben?

 

3.1.2 Methodik der Datenerhebung, Ablauf der Befragung, Rücklauf


 

Um eine möglichst einfache und wenig Zeit erfordernde Beantwortung zu ermöglichen, erfolgte die Befragung mittels eines weitestgehend standardisierten Fragebogens.[22] Lediglich für die Erörterung von Zielen und Begriffen wurden wenige offene Fragen und Antwortmöglichkeiten vorgesehen.

 

Es wurden insgesamt 27 Fragen entwickelt und mit einem Anschreiben[23] an Städte verschickt, welche aus der vergleichenden Großstadtstatistik des Deutschen Städtetages ausgewählt wurden.

 

Orientiert an den Bevölkerungszahlen wurden insgesamt 22 Städte mit einer Einwohnerzahl ab 190.000 bis 600.000 Einwohnern angeschrieben.[24] In der Auswahl wurde darauf geachtet, dass sowohl Städte aus den neuen als auch den alten Bundesländern vertreten sind. Das Anschreiben richtete sich jeweils an das Büro des Oberbürgermeisters.

 

Für die Beantwortung wurde ab Ende April ein Zeitraum von drei Wochen eingeräumt sowie die Möglichkeit zu Nachfragen gegeben. Erstmals initiierte die Stadt Halle eine Befragung anderer Stadtverwaltungen.

 

Dies war mit einem gewissen Risiko verbunden, da viele Städte nur noch Befragungen unterstützen, die mit dem Deutschen Städtetag abgestimmt sind, was in der Kürze der Zeit nicht realisiert werden konnte.

 

Von den 22 angeschriebenen Städten antworteten 14 Stadtverwaltungen mit einem ausgefüllten Fragebogen.[25] Dies entspricht einer Rücklaufquote von 63,63 Prozent. Der Wert ist vor dem Hintergrund von Erfahrungswerten als sehr hoch anzusehen.

 

Viele Städte übergaben über den Fragebogen hinaus weitergehendes Informationsmaterial und zeigten sich an einem vertiefenden Austausch interessiert. Somit könnte die durchgeführte Befragung ein erster Baustein zur interkommunalen Vernetzung beim Aufbau eines Beschwerdemanagementsystems sein.

 

3.2  Auswertung der Städteumfrage


 

3.2.1 Datenanalyse


 

Die aus der Umfrage gewonnenen Daten wurden nicht mit speziellen statistischen Berechnungsmethoden ausgewertet. Es erfolgte lediglich eine zahlenmäßige Erfassung der einzelnen Beantwortungen sowie die Ermittlung der prozentualen Anteile bezüglich der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten.

 

Einige Städte haben auf  bestimmte Fragen keine Antwort gegeben. Diese wurden in der jeweiligen Auswertung zu den einzelnen Fragen in der Spalte „keine Angaben“ erfasst. Soweit der Verfasserin diese Tatsache für die Auswertung der Beantwortungen unerheblich erschien, sind die Antworten bei der Summenermittlung und somit der Berechnung der prozentualen Verteilungen vernachlässigt worden. Als Basiszahl ist dann lediglich die Anzahl der gegebenen positiven Antworten zu Grunde gelegt worden. Die Gesamtauswertung wird als Anhang unter 6.4 dokumentiert. Die folgende Auswertung bezieht sich auf die Kernelemente eines Beschwerdemanagementprozesses[26].

 

 

Abbildung 5: Stauss, Bernd, Seidel, Wolfgang; Beschwerdemanagement – Kundenbeziehungen erfolgreich managen durch Customer Care, S. 83, Abb. 4.2

 

3.2.2 Beschwerdebegriff


 

Bezüglich des allgemeinen Begriffs der Beschwerde wird Bezug auf die Darstellung unter Punkt 2.4 dieser Arbeit genommen. „Umfassend definiert sind Beschwerden Artikulationen von Unzufriedenheit, die gegenüber Unternehmen oder Drittinstitutionen geäußert werden.“[27]

 

In der Umfrage haben sich zehn Städte mit dem Beschwerdebegriff auseinandergesetzt. Eine Stadt nahm direkt Bezug auf die sehr weit gefasste Beschwerdedefinition von Stauss. Zweimal wurde formuliert, dass eine Beschwerde ein konstruktiver Hinweis und Ausgangspunkt zur Verbesserung von Verwaltungsabläufen ist. Während die gängige Literaturmeinung Beschwerden immer mit Unzufriedenheit verbindet, engt der Bezug auf konstruktive Hinweise den Beschwerdebegriff stark ein. Dies vernachlässigt, dass sich Bürger auch beschweren, ohne die Absicht zu verfolgen, konstruktiv zu sein.

 

Die Städte, die eine weitere Fassung angegeben haben, sahen in Beschwerden Unzufriedenheitsäußerungen verbunden mit einem Aufklärungsbedarf bzw. erfassten jede Anfrage, Anregung, Hinweis aber auch mit Lob gekoppelte Rückmeldungen der Bürger als Beschwerde. Von diesem erweiterten Beschwerdebegriff geht auch die Stadt Arnsberg aus. In den Konzepten der Stadtverwaltung wird darauf Bezug genommen, dass „Beschwerden Geschenke sind, Fehler aufzeigen, Verbesserungsvorschläge beinhalten, Stärken und Schwächen der Verwaltung offenbaren sowie ein Baustein des Qualitätsmanagements sind.“[28] Im Konzept der Stadtverwaltung Linz heißt es: „Eine Beschwerde ist also nicht primär ein abzuwehrendes Problem, sondern geradezu ein Geschenk. Ein Kunde, der sich beschwert und somit seine Unzufriedenheit äußert, hat ein Recht dazu und er ist ein guter Kunde, weil er uns Feedback gibt.“[29]

 

Es bleibt festzuhalten, dass die Umfrage die Zweckmäßigkeit einer individuellen Festlegung des Begriffes Beschwerde für die einzelne Kommune bestätigt. In den Definitionen gibt es Überschneidungen, so im Aspekt der „Unzufriedenheit“, aber auch Unterschiede, was alles unter einer Beschwerde im Sinne eines Aktiven Beschwerdemanagements verstanden wird.

 

Die Begriffsdefinition ist im Konsens mit allen am Beschwerdemanagement Beteiligten zu erarbeiten, um die Akzeptanz zu sichern. An der Definition orientiert sich in der Folge, welche Beschwerdearten im Beschwerdemanagement bearbeitet werden. So ist die Frage zu klären, ob auch Dienstaufsichtbeschwerden und förmliche Rechtsmittel unter das Beschwerdemanagement fallen sollten.

 

Die Verfasserin vertritt die Meinung, dass Rechtsmittel gegen erlassene Verwaltungsakte nicht in die Aufgaben eines Beschwerdemanagements fallen sollten, um hier für den Bürger nicht zu suggerieren, es gäbe quasi einen „zweiten Rechtsweg“.

 

Die Bearbeitung erfolgt auf Fachbereichsebene entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und Fristen.

 

Gleiches gilt für Dienstaufsichtsbeschwerden, die zwar nicht Rechtsmittel im engeren Sinne sind, aber als solche durch die Bürger genutzt werden, wenn sie mit dem persönlichen Verhalten eines Mitarbeiters nicht einverstanden sind. Diese als Beschwerde anzusehen, würde den Beschwerdemanagementprozess erschweren. Die Folge einer Dienstaufsichtsbeschwerde könnte, soweit der Bürger im Recht ist, eine disziplinarische Maßnahme gegen den Mitarbeiter nach sich ziehen. Der Beschwerdemanagementprozess als Lernprozess setzt aber nicht auf die Suche nach Schuldigen und Bestrafung. Deshalb ist es besser, die Dienstaufsichtsbeschwerden zwar zentral, aber im Fachbereich Personalservice zu bearbeiten.

 

Unter Einbeziehung dieser Aspekte und der Umfrageergebnisse wird folgende Begriffsdefinition vorgeschlagen: Eine Beschwerde ist ein formfreier, verfahrensungebundener Hinweis auf einen Mangel, einen Fehler oder ein Problem, welcher mit Anregungen und Lob verbunden sein kann. Eine Beschwerde dient der Überprüfung der eigenen Verwaltungsleistung sowie deren kontinuierlicher Anpassung an die Erwartungen der Bürger.

 

3.2.3 Strategische und...


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