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Betriebliches Gesundheitsmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen

Eine empirische Analyse der Barrieren und Lösungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund der Digitalisierung

AutorVictor Illes
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl132 Seiten
ISBN9783668587922
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2017 im Fachbereich BWL - Unternehmensforschung, Operations Research, Note: 2,0, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Institut für Betriebswirtschaftslehre insb. Organisation, Personal und Innovation), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeitswelt untersteht einem grundsätzlichen Wandel. Steigende Arbeitsbelastungen der Mitarbeiter führen zum Anstieg körperlicher und psychischer Erkrankungen. Der demografische Wandel ist ein weiteres Problem. Das steigende Durchschnittsalter der Belegschaft führt zu einer Erhöhung von Krankenstand und Krankheitskosten. Gleichzeitig fehlen junge und talentierte Arbeitskräfte. Die menschliche Leistungsfähigkeit beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit und den Geschäftserfolg von Betrieben maßgeblich. Diese Herausforderungen können Unternehmen mit betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) bewältigen. Es verhindert die Verbreitung von Erkrankungen und ist zunehmend ein Alleinstellungsmerkmal beim Werben um potenzielle Arbeitskräfte. BGM ist zumeist in Großunternehmen vertreten und fehlt in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Diese machen 99 % aller deutschen Betriebe aus und beschäftigen 61 % der deutschen Arbeitnehmer. Dies zeigt den enormen Handlungsbedarf bei der Etablierung von BGM in KMU. Spezifische KMU-Barrieren behindern eine erfolgreiche Implementierung von BGM. Parallel existieren viele Lösungsmöglichkeiten zur Überwindung der Barrieren. Die Tatsache, dass dieses Thema seit zwei Jahrzehnten öffentlich diskutiert wird aber bis heute keine Entwicklungen zu beobachten sind, zeigt den enormen Aufholbedarf bei der Definition von effektiven Lösungsmöglichkeiten. Das Zukunftsthema Digitalisierung findet hierbei noch zu wenig Beachtung. Eine Studie unter Geschäftsführern von KMU soll drei Forschungsfragen untersuchen: (1) Welche sind relevante Barrieren in KMU und was sind deren Entstehungsursachen? (2) Welche Lösungsmöglichkeiten existieren, um diese Barrieren zu überwinden? Und: (3) Besitzt die Digitalisierung Potenzial, um BGM in KMU voranzutreiben?

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Leseprobe

3 Hypothesenherleitung und Modell


 

Im Folgenden werden anhand von Literatur und Studien Hypothesen hergeleitet, welche anhand unterschiedlicher Faktoren, die Umsetzung von BGM-Maßnahmen untersuchen. Das statistische Modell mit den entsprechenden Hypothesen ist in Abbildung 1 dargestellt.

 

 

Abbildung 1: Statistisches Modell

 

Quelle: Eigene Darstellung

 

Die Implementierung von BGM gründet mehrheitlich auf der Initiative von einzelnen Personen bzw. Arbeitnehmervertretungen.[203] Insbesondere in Kleinstunternehmen fehlen Personen, welche als feste Anlaufstelle bzw. Kompetenzträger für das Thema BGM fungieren. In Großunternehmen existieren häufig sehr gut organisierte Arbeitnehmervertretungen, wie z.B. Betriebsräte oder Gewerkschaften, welche als Impulsgeber einen großen Einfluss auf die Etablierung von gesundheitsförderlichen Maßnahmen besitzen. Oft fehlen diese Organisationen in KMU größenbedingt, weshalb die Implementierung von BGM sich in diesen Unternehmen als schwieriger erweist.[204] Zudem fehlen in kleineren Betrieben häufig auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte, Betriebspsychologen, sonstige gesundheitsbezogene Fachkräfte und damit potenzielle Anreger für BGM. Falls Arbeitnehmervertretungen in KMU existieren, liegen diese oft nicht in institutionalisierter Form vor.[205] Wenn solche Einrichtungen nicht vorhanden sind, führt dies zu einer fehlenden Motivation, sich mit gesundheitsfördernder Thematik auseinanderzusetzen. Des Weiteren fehlen so auch Vorbilder, welche die BGM-Thematik vorantreiben.[206] Aus diesen Zusammenhängen wird die folgende Vermutung aufgestellt:

 

Hypothese 1: KMU, welche über eine Arbeitnehmervertretung verfügen, setzen signifikant häufiger BGM um, als KMU ohne Arbeitnehmervertretung.[207]

 

Jüngere Unternehmensleiter (<40 Jahre) beurteilen das Thema BGM als wichtiger. Sie betreiben BGM-Maßnahmen regelmäßiger und intensiver als ältere Unternehmensleiter (>40 Jahre).[208] Die Kausalität zwischen Alter und Durchführung von BGM-Maßnahmen soll näher erforscht werden. Je älter der Mensch wird, desto mehr nimmt seine sportliche Aktivität ab. Dies ist ein fundamental empirisch nachgewiesener Zusammenhang.[209] Dieser Zusammenhang kann zusätzlich durch die Betrachtung von Altersclustern verfeinert werden. In einer Studie wurde gefolgert, dass von den 18- bis 29-jährigen Befragten mehr als 75 Prozent regelmäßig Sport treiben. Im Alterscluster von den 40- bis 49- und 50- bis 59-jährigen Teilnehmern sind es nur noch etwas mehr als 60 %.[210] Mit fortschreitendem Alter werden positive Auswirkungen des Sports auf die Gesundheit zunehmend geringer eingeschätzt. Immerhin 31 % der befragten, durchschnittlich 58-jährigen Personen, erwarten über dem 60. bis 75. Lebensjahr keinen gesundheitsförderlichen Nutzen durch sportliche Aktivität.[211] Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf Geschäftsführer im Bezug zu BGM lautet folgendermaßen: Geschäftsführer ordnen dem Sport ab einem gewissen Alter keine Wirkungsfähigkeit zur Erhaltung bzw. Verbesserung der (eigenen) Gesundheit zu. Somit wird postuliert, dass diese Geschäftsführer ihre persönliche gesundheitliche Situation auf BGM und ihr Unternehmen übertragen. Sie schreiben gesundheitsförderlichen Maßnahmen allgemein eine geringe Wichtigkeit und Effektivität zu, weshalb sie dann BGM im speziellen nicht umsetzen. Diese Annahmen werden et vice versa für junge Geschäftsführer postuliert. Demnach ergibt sich folgende Behauptung:

 

Hypothese 2: KMU, welche von einem jüngeren Geschäftsführer geleitet werden, setzen signifikant häufiger BGM um, als KMU, die von einem älteren Geschäftsführer geführt werden.[212]

 

Die nicht-technische Ausrichtung des Bildungsabschlusses des Geschäftsführers hat einen positiven Einfluss auf die Durchführung von BGM-Maßnahmen.[213] Hieraus kann geschlussfolgert werden, dass der Bildungsabschluss einen Einfluss auf die Umsetzung von BGM hat. Für die Herleitung der folgenden Hypothese wird der Fokus weniger auf die technische Ausrichtung, als vielmehr auf die Höhe des Bildungsabschlusses gelegt. In 2014 gab es rund 2,5 Mio. KMU in Deutschland. Hiervon waren 82 % Kleinstunternehmen (<10 Mitarbeiter), 14 % Kleinunternehmen (<50 Mitarbeiter) und 4 % Mittlere Unternehmen (<250 Mitarbeiter).[214] Aus diesen Zahlen wird ersichtlich, dass sich der Kern der KMU mit zusammengerechnet 96 % auf Kleinst- und Kleinunternehmen konzentriert. In besagtem Jahr gab es gleichzeitig rund 730.000 Unternehmensgründungen[215] in der Bundesrepublik.[216] Dies zeigt, dass ein substanzieller Anteil der KMU auf Neugründungen (ca. 29 %) zurückzuführen ist. Das Profil von gründenden Geschäftsführern zeigt dabei, dass 95 % mindestens einen Bachelor-Abschluss und sogar 47 % einen darüberhinausgehenden akademischen Abschluss besitzen. Zusätzlich zeigt sich, dass im ersten Jahr nach Geschäftsgründung ein Studienabgänger rund 65.000 Euro Umsatz erzielt, wohingegen ein Studienabbrecher 48.000 Euro Umsatz erreicht.[217] Dies zeigt, dass Gründer mit einem höheren Bildungsstand eine größere wirtschaftliche Leistung erzielen als Gründer mit einem vergleichsweise niedrigeren Bildungsstand. Dies wiederum legt Grund zur Annahme, dass Absolventen auf eine umfangreiche betriebswirtschaftliche Lehre ihrer Bildungsstätte (=Hochschule) bauen können, wohingegen Nicht-Absolventen dieses Wissen nicht vollständig erlangen. BGM wiederum ist ein wichtiger betrieblicher Wirtschaftsfaktor, welcher aufgrund seines empirisch belegten Nutzens in die Unternehmensstrategie implementiert werden sollte. Es wird postuliert, dass Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss, eine stärkere Sensibilisierung für BGM besitzen, als Menschen mit geringerem Bildungsabschluss. Demnach wird folgende Behauptung aufgestellt:

 

Hypothese 3: KMU, welche von einem Geschäftsführer mit Fachhochschul-/Hochschulabschluss geleitet werden, setzen signifikant häufiger BGM um, als KMU, die von einem Geschäftsführer ohne Fachhochschul-/Hochschulabschluss geführt werden.[218]

 

Bei der Thematisierung von Gesundheit spielen Aspekte der Führung eine wichtige Rolle. In KMU wird die vollständige Unternehmenskultur und somit auch das Führungsverhalten einzig vom Geschäftsführer geprägt.[219] Beim Führungsverhalten geht es um Entscheidungen der Führung bezüglich Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsorganisation, und der Vermittlung und Festigung von gesundheitsbezogenen Themen. Des Weiteren haben Regeln der Zusammenarbeit und des sozialen Umgangs wesentlichen Einfluss auf die erfolgreiche Etablierung von BGM. Ein gesundheitsförderliches Unternehmensklima ist maßgeblich von den Führungskompetenzen des Geschäftsführers abhängig. Die Ausprägung der kommunikativen und sozialen Fähigkeiten des Unternehmensleiters im Umgang mit seinen Mitarbeitern hat erheblichen Einfluss auf die Umsetzung von BGM.[220] Somit besitzt die Führungskultur des Geschäftsführers, sein Verständnis von Gesundheit und sein Handeln, maßgeblichen Einfluss darauf, wie mit dem Thema Gesundheit im Unternehmen umgegangen wird.[221] In diesem Zusammenhang hat der Medizinsoziologe und Stressforscher Aaron Antonovsky das Wort „Salutogenese“ (lat. Salus=Gesundheit und Genese=Entstehung) entwickelt, welches die Entwicklung der Gesundheit beschreibt. In seinem gleichnamig entwickelten salutogenen Modell spricht er über einen wichtigen Faktor, den er als „Kohärenzgefühl“ bezeichnet und welcher entscheidend für die Gesundheit ist.[222] Dieser "[...] umfasst [...] Fähigkeiten der Menschen, die durch das soziale Umfeld gefördert oder behindert werden.“. Auch Betriebe können zum sozialen Umfeld gezählt werden und sind demnach im Stande, die Erzeugung von salutogenen Potenzialen[223] bei Mitarbeitern anzutreiben. Im Kontext mit KMU kann der Betrieb im weiteren Sinne als ein Synonym für den Geschäftsführer verstanden werden, da dieser einen enormen Einfluss auf den Betrieb hat. Damit sich Gesundheitspotenziale in KMU entwickeln können, muss das Führungsverhalten der Geschäftsführer entsprechend ausgeprägt sein. Unternehmen, welche eine autoritär bzw. paternalistisch geprägte Führungskultur vorweisen, können Gesundheitspotenziale nicht entwickeln. Demgegenüber können Betriebe, in denen ein partizipativer Führungsstil vorherrscht, Gesundheitspotenziale sehr gut entwickeln.[224] Ein partizipativer Führungsstil hat einen ressourcenstärkenden Effekt und einen positiven Einfluss auf die Beschäftigten, da er ihnen Mitbestimmung und Beteiligung zuschreibt.[225] Ein beteiligungsorientierter (partizipativer) Führungsstil hat einen positiven Einfluss auf BGM.[226] Auf dieser Grundlage wird die folgende Hypothese postuliert:

 

Hypothese 4: Ein partizipativer Führungsstil des Geschäftsführers erhöht die Wahrscheinlichkeit der Existenz von BGM.

 

Die Empirie zeigt, dass Geschäftsführer, welche rauchen, weniger gesundheitsfördernde...

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