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Bewegter Stillstand

Die paradoxe Geschichte der Schule nach PISA

AutorUlrich Heinemann
VerlagBeltz Juventa
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl502 Seiten
ISBN9783779945772
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis62,99 EUR
Anderthalb Jahrzehnte nach PISA 2000 zeichnet sich im Schulwesen eine paradoxe Situation ab. Die Bewegung, die in den Schulen durch eine umfassende Schulreform ausgelöst wurde, bleibt eine Entwicklung im rasanten Leerlauf. Die alte Lernschule und ihr ritualisierter Unterricht behaupten sich in leicht modernisierter Form. Das traditionelle Schulsystem kann dabei auf eine breite Unterstützung zählen, die von Lehrerverbänden über die Eltern bis in die Medien und die öffentliche Meinung reicht. PISA ist seit 2000 die zentrale Chiffre in der deutschen Schuldiskussion. Der internationale Schulleistungsvergleich der OECD und das enttäuschende Abschneiden des deutschen Schulsystems wirkten wie eine Initialzündung für zahlreiche schulpolitische Maßnahmen und private Initiativen. Sie sollten im Rahmen einer 'evidenz-basierten' Schulreform die deutschen Schulen chancengerechter, leistungsstärker und zukunftsfester machen. Die vorgelegte Bilanz nach 15 Jahren analysiert und bewertet Verlauf und Ergebnisse dieser Entwicklung. Zentrale Modernisierungsdefizite deutscher Schulen, etwa die aus dem 19. Jahrhundert stammende Arbeitsorganisation oder die fest im 20. Jahrhundert verorteten Leistungskriterien einer ethnisch und sozial homogenen Mittelschichtskultur, werden in der Bundesrepublik nicht thematisiert, sondern tabuisiert. Die Schule des 21. Jahrhunderts ist damit nicht zu bauen.

Ulrich Heinemann, Jg. 1950, Dr. phil., war Abteilungsleiter im Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW und ist Lehrbeauftragter an den Universitäten Bochum und Münster.

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Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Einleitung12
Kapitel I: Reform und System: Vom Nebeneinander öffentlicher Ziele und latenter Zwecke der Schule23
1. Messbar leistungsstärker, bildungsgerechter, individueller: Die öffentlichen Ziele der Schulreform24
2. Sozialisation, Selektion und Selbstbehauptung: Latente Zwecke des Schulsystems29
3. PISA 2000 – 2012: Das Schulsystem zwischen Entwicklung und Stagnation30
4. Ritual schlägt Ideal: Zur Anlage des Unterrichts an deutschen Schulen33
5. „Auf die Mittelköpfe kalkuliert“: Zu Fokus und Nachhaltigkeit der schulischen Wissensvermittlung40
6. ‚Qualitätsfassaden‘: Vom Zusammenhang anspruchsvoller Lehrpläne und unterkomplexer Lernleistungen46
7. Ein „träger Trend“ zum Besseren: Der Umgang der Schulen mit Vielfalt und Verschiedenheit51
8. „Deutliche Züge einer Parentokratie“: Der Bildungserfolg und die Effekte der sozialen Herkunft56
9. Objektiver – aber längst nicht neutral: Schulische Selektion und Segregation nach PISA60
10. Sozialisation für das vergangene Jahrhundert: Die Bildungswirkung des Schulsystems heute66
11. Reform oder System: Wer oder was bestimmt die Schule von morgen?70
Kapitel II: Hermetische Profession: Das kollektive Gedächtnis der Lehrerschaft74
1. Beliefs, Habitus und kollektives Gedächtnis: Zugänge zum Verständnis des Lehrerbewusstseins74
2. Helden und Prügelknaben: Zu den Selbst- und Fremdbildern der Lehrerschaft79
3. Ziemlich beste Feinde: Das Ethos der Lehrer und die Realität der Schüler84
4. Phalanx mit Rissen: Gemeinsamkeiten und Differenzen im Bewusstsein verschiedener Lehrergruppen89
5. Kampf um die pädagogische Freiheit: Autonomie zentriertes versus wirksamkeitsorientiertes Professionsverständnis94
6. Berufsstand ohne Bezugswissenschaft: Zur Rolle der Pädagogik in der universitären Lehrerausbildung99
7. Halbe Profis für das Lehren und Lernen: Aus- und Fortbildung als nicht genutzte Chancen104
8. Unter dem Feldzeichen Pädagogischer Allzuständigkeit: Die Interessenvertretungen der Lehrerschaft112
9. Für Elite gegen Gleichmacherei: Die konservativen Lehrerverbände114
10. Für Einheitsschule und Einheitsbezahlung: Die progressiven Lehrerverbände118
11. Vorrang für Lehrerinteressen: Das Credo aller Lehrerverbände121
Kapitel III: „Wie vor hundert Jahren“: Schule als lernschwache Arbeitskultur128
1. Archimedischer Hebel der Schulreform: Die neue Steuerung129
2. Theoretisch konkurrenzlos – praktisch wirkungsarm: Die Selbstständige Schule132
3. Was nicht passt, wird passend gemacht: Schulreform als Reform-Camouflage137
4. „Am stärksten vom Burn-out-Syndrom betroffen“: Die Eigenwahrnehmung der Lehrkräfte140
5. „Keine auffälligen Unterschiede“: Lehrkräftebelastung im Vergleich143
6. Klagen auf hohem Niveau: Lehrkräftebezahlung und schulische Ressourcenausstattung147
7. „Organisation ohne nachweisbare Rationalität“: Die Arbeitszeit der Lehrkräfte151
8. Halbtags-Unterricht und 45-Minuten-Takt: Bastionen des schulischen Strukturkonservativismus155
9. Hoheitliche Aufgabe in pädagogischer Allzuständigkeit: Zur Kritik des Beamtenstatus für Lehrkräfte159
10. Funktionale Differenzierung durch Multiprofessionalität: Voraussetzungen zukunftsfähiger Schulreform162
11. „Für den Ganztag, gegen den ganzen Tag“: Paradoxien und Anachronismen aktueller Schulentwicklung168
12. Arbeitskultur-Arbeitsverhältnisse-Arbeitsraum: Verdrängte Kernprobleme der Schulstrukturdebatte171
Kapitel IV: Embedded Sciences: Bildungswissenschaften als gespaltene Systembetreuungswissenschaften178
1. Normativ begründen – empirisch beschreiben – Wirksamkeit analysieren: Was sind, was wollen und was tun Bildungswissenschaften?178
2. Konservieren – Transformieren – Reformieren: Zur Rolle wissenschaftlicher Pädagogik in historischer Perspektive182
3. Kräfteverschiebung nach PISA: Zum Verhältnis von geisteswissenschaftlicher Pädagogik und empirischer Bildungsforschung186
4. Gegen „politische und ökonomische Übergriffe auf das Bildungssystem“: Die Gesellschaft für Bildung und Wissen e.V.192
5. Pädagogische ‚Maschinenstürmer‘: Zur Einordnung der erziehungswissenschaftlichen Kritik an der Bildungsreform196
6. Elaborierte Methoden – Verengte Perspektiven: Entwicklungstendenzen empirischer Bildungsforschung201
7. Hilfreiches Wissen für die Schulreform?: Zu Stand und Einstellung, Möglichkeiten und Grenzen der empirischen Bildungsforschung206
8. ‚Erfolgsgeschichte‘ Schulentwicklung: Der pädagogisch-publizistische Komplex und seine Zirkelschluss-Rhetorik214
9. Keine Äquidistanz: Zum Verhältnis von Bildungswissenschaften, Politik und Schulsystem220
Kapitel V: Von Scheinriesen und heimlichenGiganten: Die Stakeholder des Schulsystems229
1. „Lediglich in Einzelfällen belegbar“: Schulpreise, best practice und die Wirkungen230
2. Verbesserungs- oder Verwertungsinteresse? Selbst- und Fremdbilder der Bildungsstiftungen233
3. „Stets das bessere Ende für sich“: Programmatik und Performance der Bildungsstiftungen238
4. Kaum Passung: Kopplungsprobleme zwischen dem System Schule und dem System Wirtschaft245
5. Staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft? Zur Rolle und Bedeutung von kommunalen Schulträgern und regionalen Bildungsnetzen für die Schulentwicklung251
6. What works? Stadtteile – Stadt – ländlicher Raum: unterbelichtete Einflussgrößen des Schulerfolgs257
7. Gefesselte Riesen: Vision und Wirklichkeit des regional governance260
8. Mythos katholisches Arbeitermädchen vom Lande: Bildungsungleichheit als historisches Erbe in Deutschland262
9. Mehr Chancen für mein Kind: Zum Verhältnis von elterlichem Bildungsdruck, sozialer Abstiegsangst und schulischem Strukturkonservativismus266
10. Heimliche Giganten im Schulsystem: Organisierte Eltern zwischen Widerspruch und Anpassung272
11. Only bad news is good news: Die Medien und die Schulreform279
12. Akteure der Beschleunigung: Zur Rolle der Stakeholder im Schulsystem281
Kapitel VI: Getriebene Treiber: Schulpolitik und Schuladministration nach PISA285
1. Rückbau statt Ausbau: Tendenzen schulaufsichtlicher Entwicklung nach PISA286
2. Kienbaum und die Folgen: Schulaufsichtliche Reformüberlegungen vor PISA290
3. Zwischen partnerschaftlicher Kommunikation und hoheitlicher Anweisung: Zum problematischen Verhältnis von Schuladministration und Schule293
4. Administrativer Arm mit reduzierter Schlagkraft: Die Schulaufsicht in der Praxis der Schulreform298
5. Gefangen im Selbstständigkeitsdispositiv: Schulpolitik in den Verhältnissen – machtlos303
6. ‚Gute Schule‘ auf dem Papier: Schulpolitik als Symbolpolitik – erfolgreich308
7. Neue (alte) Unübersichtlichkeit: Die Schulstrukturdiskussion und ihre Entwicklung in Deutschland315
8. „Zweigliedrigkeit“: Keine Garantie für mehr Chancen und bessere Bildung319
9. „G8/G9“: Von der Fragilität reformpolitischer Geländegewinne325
10. Die üblichen Verdächtigen? Zur Versachlichung der Diskussion über den Bildungsföderalismus329
11. Bund und Land Hand in Hand – chancenlos: Der Bildungsföderalismus und seine (selbstgesetzten) Grenzen333
Kapitel VII: Exkurs: „Große Erzählung“ und„Geteilte Wirklichkeit“: Schulische Inklusion zwischen Theorie und Praxis339
1. Das suggestive Ideal: Inklusion als Menschenrecht auf Chancengleichheit340
2. Euphorie und Ernüchterung: Die Unterstützerszene formiert sich343
3. Heterogenität in der Förderung von Vielfalt: Die Inklusionspolitik der Bundesländer347
4. Wider die Abschaffung der Sonderschulen: Die förderpädagogische „Zunft“ in der Inklusionsdebatte351
5. Inklusive Schulen in Praxis und Theorie: Zum Widerspruch zwischen berufsständischen und pädagogischen Ansprüchen355
6. Vom Traum zum Trauma: Der Fall der Inklusion in Schule und Lehrerschaft, Öffentlichkeit und Elternschaft359
7. „Geteilte Wirklichkeit“: Desegregation mit sozialer Schieflage363
Zusammenfassung371
Anmerkungen389
Benutzte Literatur (Auswahl)460

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