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E-Book

Big Data, Google und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Lässt sich Marktmacht durch Datenschutzrecht beschränken?

AutorCamilla Efler
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl126 Seiten
ISBN9783668393707
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Selten hat die Marktmacht eines Unternehmens zu solch umfangreichen rechtlichen Diskussionen geführt, wie es im Zusammenhang mit der Google Inc. der Fall ist. Dieses Spannungsverhältnis zwischen freiheitlichen Grundrechten, wirtschaftlichen Vorteilen und rechts- sowie gesellschaftspolitischen Entwicklungen ist Ausgangspunkt für die Fragestellung der Arbeit: Inwieweit kann Datenschutz einen Beitrag zum marktwirtschaftlichen Problem mit der Google Inc. leisten? Es wird untersucht, ob die Marktmacht des US-amerikanischen IT-Unternehmens Google Inc. in Deutschland beschränkt werden kann, indem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Kern des marktwirtschaftlichen Problems qualifiziert wird. Das Buch basiert auf der Hypothese, dass die Marktmacht Googles entscheidend auf dem Umgang mit personenbezogenen Daten basiert. Dabei rückt das wirtschaftliche Problem mit Digitalisierung und Weiterentwicklung der Informationstechnologien in Form von Big Data in den Mittelpunkt. Die derzeitige Debatte um eine europäische Datenschutzgrundverordnung wird zum Anlass genommen, um herauszuarbeiten, ob sich in den Entwürfen mögliche Ansätze zur Beschränkung der Marktmacht befinden. In einem persönlichen Fazit verweist die Autorin auf den Handlungsbedarf in Bezug auf die Veränderungen und Entwicklungen im Umgang mit persönlichen Informationen und mit Privatheit. Aus dem Inhalt: - Big Data; - Datenschutz; - Privatheit; - Digitalisierung; - Marktmacht

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Leseprobe

A. Einleitung


 

I. Problemstellung und Relevanz des Themas


 

Der Schriftsteller George Orwell schreibt in seinem Roman „1984“ von einer Gesellschaft, welche sich unter der vollständigen Überwachung durch die staatlichen Behörden befindet. Der „große Bruder“ beobachtet die Bürger bis in den intimsten Bereich ihres Lebens und scheint allgegenwärtig zu sein. Heute, fast 80 Jahre nach Veröffentlichung des Romans, wird „Big Brother“ als Synonym für einen staatlichen oder auch privaten Überwachungsapparat gebraucht und seit 2000 werden in Deutschland „Big Brother Awards“ an Institutionen und Personen vergeben, welche die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder den Weg zu persönlichen Daten Einzelner zugänglich machen.[3] Der Umgang mit personenbezogenen Daten hat sich seit der Digitalisierung der Welt verändert und beschleunigt. Die Gesellschaft wird immer mehr zu einer digitalen, virtuellen Gesellschaft, deren Verbindung zur realen Welt einzig allein die personenbezogenen Daten eines jeden darstellen. Diese digitale Gesellschaft beruht auf realem und virtuellem Leben. Seit der Einführung des World Wide Web[4] 1989 durch Tim Barnes-Lee hat sich dieses Leben entscheidend entwickelt, was erhebliche Erleichterungen der Kommunikation, Informationsbeschaffung und Recherche zur Folge hat. Mobile Endgeräte wie Smartphone oder Tablet-Computer haben diese Entwicklung beschleunigt.

 

Die USA dominieren auf dem Zukunftsfeld der Digitalisierung und sind den Deutschen im Bereich der technischen Software längst überlegen.[5] Diese Überlegenheit bei IT-Dienstleistungen wie Soziale Netzwerke, Suchmaschinen oder Smartphone - Betriebssystemen droht sich immer mehr auch auf den industriellen Bereich auszuweiten.[6] Amerikanische Unternehmen haben früh erkannt, dass eine effiziente Tätigkeit in dieser Branche möglich ist. Gerade durch die Big-Data-Technologie konnten diese Unternehmen ihren Vorsprung nutzen und ausbauen. Die Google Inc. hat mit der Suchmaschine für das Internet einen Beitrag zum Wandel in eine digitale Gesellschaft beigetragen. Google Search öffnete den Weg in eine unübersichtliche neue Welt. Diese Suchmaschine indexiert das WWW und ermöglicht eine einfache und schnelle Informationsbeschaffung. Aufwändige Recherchen in Bibliotheken wurden durch eine bequeme Suche im Internet, über PC oder mobile Endgeräte ersetzt. Nach kurzer Zeit wird das Gesuchte erreicht – meist sogar in Echtzeit. Digitale Medien sind unumgänglich geworden. Schnell wachsende digitale Märkte bildeten sich, was zu extremen Konzentrationen auf der Anbieterseite geführt hat. Als Beispiel ist hier der Suchmaschinenmarkt zu nennen. Trotz der Möglichkeit schnell und einfach andere Suchmaschinen zu verwenden, hat sich Google auf dem Markt durchgesetzt und dies mit Überlegenheit. Zum einen begründet durch einen herausragenden Algorithmus[7] - zum anderen durch das Vertrauen der Nutzer. Auf Basis des enormen Erfolgs entwickelte das Unternehmen weitere Produkte und bietet heute eine Vielzahl an Dienstleistungen für Privatpersonen sowie Unternehmen an. Der Internet-Konzern hat sich innerhalb von wenigen Jahren zu einem der wertvollsten IT-Unternehmen der Welt entwickelt.

 

Bei Konzentrationen dieser Art ist ein Vorgehen durch die Kartellbehörden unumgänglich, denn marktbeherrschende Stellungen laden zum Missbrauch ein. Im Zusammenhang mit Google Books, Google Street View, Google Shopping, dem Android Betriebssystem oder auch dem Algorithmus der Suchmaschine gab es immer mehr Beschwerden der Marktteilnehmer. Der Grundsatz Googles’, “Don’t be evil!“[8], wirkt nicht mehr glaubhaft. 2010 wurden Ermittlungen[9] gegen Google durch die EU-Kommission aufgenommen und auch die amerikanische Behörde FTC[10] leitete hierzu Schritte ein und kam 2013 zu dem Schluss, dass das Unternehmen den Verbrauchern schadet.[11] Im April 2015 wurde eine europäische Kartellbeschwerde gegen das Unternehmen wegen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Suchmaschine erhoben. Google bevorzugt demnach die eigenen Dienste in der Ergebnisliste der Suchmaschine.[12] Unabhängig der diesjährigen Entwicklungen ist der Konzern vielen Europäern schon seit langem unheimlich. Die Macht des US-amerikanischen Unternehmens basiert auf den Informationen von und über Nutzer, denn diese helfen zum Aufbau neuer oder zur Verbesserung bestehender Produkte. Diese Informationen ergeben sich aus den personenbezogenen Daten, welche der Einzelne bei der Nutzung digitaler Anwendungen hinterlässt - sei es gewollt oder ungewollt.

 

Einfache, schnelle und benutzerfreundliche Anwendungen haben dazu geführt, dass die gesamte Informationstechnologie exponentiell wächst. Zertifizierungsleistungen durch Suchmaschinenbetreiber im Austausch mit personenbezogenen Daten führen zu konsenslosen Vertragsbedingungen und eine feste Verbindung des menschlichen Körpers mit der Informationstechnologie führt zur Fremdsteuerung fernab von Autonomie und Willensbildung.[13] Durch Produkte wie Google Glass, Dienste wie ein Online-Speicherplatz oder auch Anwendungen für Smartphones wird das Leben digitalisiert und automatisiert. Anfang des 21. Jahrhunderts hatte Google erkannt, dass auf Grund der vorliegenden Daten die Möglichkeit besteht künftige Ereignisse festzustellen. Mit „Google Flu Trends“ können bspw. Grippewellen vorhergesagt werden.[14] Je mehr Daten gegeben sind, desto mehr kann berechnet werden und desto mehr Anweisungen kann uns ein System geben. Durch personenbezogene Daten wird der Einzelne berechenbar. Die Angst der Überwachung im Sinne von Big Brother wandelt sich immer mehr in Angst vor der Manipulation des eigenen Lebens.

 

Franz Kafka schreibt schon 1925 in seinem Roman „Der Prozess“ von einem jungen Bankprokuristen, der verhaftet und ohne ordnungsgemäßes Verfahren zu Tode verurteilt wird. Josef K, der Betroffene, musste sich seinem Schicksal fügen, ohne jemals zu erfahren, warum gerade ihn dieses Urteil getroffen hatte.[15]Auch dies scheint heute Realität zu werden. Analysen der personenbezogenen Daten können insbesondere Grippewellen, Verkehrsaufkommen und Einbrüche vorhersagen. Dies sind Erkenntnisse, um schützende, präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Sind Zufälle hier überhaupt noch möglich? Ist ein Mensch hier noch Mensch?

 

Das Leben und die Entscheidungen werden automatisiert - sei es im Bewerbungsverfahren um einen neuen Job oder der Kreditbeantragung bei einer Bank. Jegliche Szenarien sind vorstellbar und bei allen werden die Entscheidungen nicht mehr durch die gegenüberstehende Person, sondern von Rechnern getroffen. Eine unvorstellbar große Menge an Daten wird durch Nutzer der digitalen Anwendungen pro Tag generiert, von IT-Unternehmen gesammelt und auf verschiedenste Art und Weise analysiert. Je mehr Daten gegeben sind, umso präziser werden die Handlungsempfehlungen, welche auf Analysen und Berechnungen basieren. Der Umgang mit personenbezogenen Daten verändert die Gesellschaft.

 

Google will seine Nutzer dazu bringen, so viele Daten wie möglich zur Verfügung zu stellen. Mit diesen Daten will das Unternehmen laut Sundar, dem Produkt-Chef des Konzerns, „eine Verbesserung zum Guten bewirken“.[16] Mit innovativen Entwicklern und einer Quasi-Monopolstellung auf dem Suchmaschinenmarkt hat das Unternehmen Vorteile gegenüber den europäischen Konkurrenten. Das bedeutet Daten- und Marktmacht. Diese Macht ist bedrohlich - bedrohlich für die Branche der Informationstechnologie, die europäische Konkurrenz, die Politik, die Privatsphäre der Individuen, die Demokratie und den gesellschaftlichen Fortschritt.

 

Exkurs: Vorratsdatenspeicherung

 

Während Unternehmen personenbezogene Daten erheben, speichern und verarbeiten und diese Daten zu kommerziellen Zwecken nutzen, wird derzeit über ein Gesetz zur Vorratsspeicherung im Zusammenhang mit staatlicher Kontrolle debattiert. Das Bundeskabinett hat einen neuen Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung gefasst, nachdem die ehemaligen Regelungen als verfassungswidrig eingestuft wurden[17]. Dieser neue Beschluss, welcher unter Justizminister Maß ausgearbeitet worden ist, wird von der Opposition[18] scharf kritisiert und auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht den Beschluss als nicht vollumfänglich verfassungskonform. Die Maßnahmen, welche der EuGH 2014 und das BVerfG schon 2010 gefordert haben, seien auch hiermit nicht erfüllt. Gegner der Vorratsdatenspeicherung sehen in ihr einen umfangreichen Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger und somit in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

 

Kritiker betonen bei diesem Vorhaben die Angst, dass der Bürger von nun an unter Generalverdacht gestellt werden würde.[19] Das eigentliche Ziel dieser Regelung ist jedoch der Schutz der Allgemeinheit vor schwerer Kriminalität und Terror.[20] Staatliche Sicherheitsmaßnahmen werden aufs Schärfste kritisiert, während private Unternehmen personenbezogene Daten erheben, speichern, verarbeiten und analysieren und sich zu privatrechtlichen Überwachungsapparaten entwickeln. Verletzungen der Freiheitsgrundrechte sind gerade hier unstrittig...

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