Sie sind hier
E-Book

Bildungstheorien des Nationalsozialismus

Heute noch in Deutschland vorhanden oder von der Bildfläche verschwunden?

AutorSimon Schülken
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl58 Seiten
ISBN9783668206908
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Pädagogik - Geschichte der Päd., Note: 1,8, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den nationalsozialistischen Bildungstheorien in der Zeit von 1933-1945, um anschließend Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu heutigen Bildungstheorien herauszuarbeiten. Die Zeit von 1933-1945 ist von religiöser und politischer Verfolgung und von Gewalt und Tod geprägt. Die Nationalsozialisten stellen in dieser Zeit die Regierung in einem Staat mit Führer und Reichskanzler Adolf Hitler an der Spitze. Mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 endete die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Schon 1921 verhalf Adolf Hitler der NSDAP zu ihrem allmählichen Aufstieg und baute sie in der Folgezeit zunehmend aus. Hierzu gehörten z.B. die Aufstellung der SS und die Bildung der HJ. Die NSDAP konnte sich allerdings zunächst nicht wirklich durchsetzen. Die 1929 aufgekommene Weltwirtschaftskrise, ausgelöst durch den sogenannten Schwarzen Freitag am 25. Oktober 1929, war eine der wichtigsten Bedingungen für den Aufstieg der Nationalsozialisten. Die mit der Weltwirtschaftskrise einhergehende Arbeitslosigkeit begründete einen massenhaften Andrang neuer Parteigenossen innerhalb der NSDAP. Mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30.01.1933 gelang es den Nationalsozialisten, die Macht über das Deutsche Reich an sich zu reißen. Um die Bildungstheorien der Nationalsozialisten näher beleuchten zu können, werde ich mit der vor der Zeit des Nationalsozialismus angewandten Bildungstheorie der Reformpädagogik in der Weimarer Republik beginnen. Anschließend beleuchte ich den Übergang der Weimarer Republik zum Deutschen Reich und zum nationalsozialistischen Staat durch die Machtergreifung Hitlers. Um die Bildungstheorien der Nationalsozialisten besser nachvollziehen zu können, gehe ich auf die verschiedenen vorherrschenden Menschenbilder während dieser Zeit und die allgemeine Erziehung ein. Dieses Kapitel wird neben den allgemeinen Schuländerungen die Formationserziehung der HJ beleuchten und sich mit den sog. Eliteschulen des NS-Regimes beschäftigen. Danach werde ich die Evolutionstheorie des Sozialdarwinismus, dessen Hitler ein großer Vertreter war, vorstellen. Anschließend stelle ich das heutige Bildungssystem vor und gehe auf die heute angewandten Bildungstheorien ein, um abschließend Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der Bildungstheorien und des Schulwesens herauszuarbeiten.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

4.0 Menschenbild im Nationalsozialismus


 

„... Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muß weggehämmert werden. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich. Jugend muß alles sein. Schmerzen muß sie ertragen. Es darf nichts Schwaches, Zärtliches an ihr sein. Das freie, herrliche Raubtier muß erst wieder aus ihren Augen blitzen. Stark und schön will ich meine Jugend. Ich werde sie in allen Leibesübungen ausbilden lassen. Ich will eine athletische Jugend. Das ist das Erste und Wichtigste. So merze ich die Tausende von Jahren der menschlichen Domestikation aus. So habe ich das reine, edle Material der Natur vor mir. So kann ich das Neue schaffen.

 

Ich will keine intellektuelle Erziehung. Mit Wissen verderbe ich mir die Jugend. Am liebsten ließe ich sie nur das lernen, was sie ihrem Spieltrieb folgend sich freiwillig aneignen. Aber Beherrschung müssen sie lernen. Sie sollen mir in den schwierigsten Proben die Todesfurcht besiegen lernen. Das ist die Stufe der heroischen Jugend. Aus ihr wächst die Stufe des Freien, des Menschen, der Maß und Mitte der Welt ist, des schaffenden Menschen, des Gottmenschen. In meinen Ordensburgen wird der schöne, sich selbst gebietende Gottmensch als kultisches Bild stehen und die Jugend auf die kommende Stufe der männlichen Reife vorbereiten...“.[46]

 

Das Menschenbild, welches Hitler hier in einem Gespräch propagiert, ist nicht nur ein erschreckendes, sondern auch ein brutales. Er spricht von Raubtieren, die ein kultisches Bild als Gottmenschen verkörpern sollten, um eine heroische Jugend zu werden. Aufgrund der Tatsache, dass Hitler vom Gottmenschen Raubtier spricht, kann davon ausgegangen werden, dass er sich eine brutale und furchtlose Kämpfernatur als Leitbild der Jugend vorstellte. Diesem Leitbild sollte allerdings alles Menschliche fremd sein.[47]

 

Um dieses Ziel erreichen zu können, galt es, ein Volk in Uniform heranwachsen zu lassen, dessen Zweck es sein sollte, das Menschenmaterial an die Art der Armee auszurichten.[48] In der Armee dienen zu dürfen, galt als die höchste Schule vaterländischer Erziehung. Hier sollte der junge Rekrut nicht nur Gehen und Stehen erlernen, sondern auch den Umgang mit sämtlichen Waffen. Des Weiteren sollte die Wehrmacht den Rekruten für sein späteres sonstiges Leben weiterformen.[49] Aus Hitlers Aussage lässt sich entnehmen, dass jede spätere Lebenszeit, außerhalb der Wehrmacht, keine richtige Lebenszeit ist, sondern lediglich ein sonstiges Leben darstellt.

 

„In dieser Schule soll der Knabe zum Mann gewandelt werden; und in dieser Schule soll er nicht nur gehorchen lernen, sondern dadurch auch die Voraussetzung zum späteren Befehlen erwerben. Er soll lernen zu schweigen, nicht nur, wenn er mit R e c h t getadelt wird, sondern soll auch lernen, wenn nötig, U n r e c h t schweigend zu ertragen.“[50]

 

Den Rekruten wurde also schon während ihrer Ausbildung beigebracht, zu schweigen, wenn es notwendig ist. Hierbei sollte Recht oder Unrecht keine Rolle spielen. Die jungen Rekruten hatten nur zu funktionieren und zu gehorchen. Um dieses Erziehungsziel erreichen zu können, bediente sich Hitler verschiedene pädagogische Leitbilder, auf die im Folgenden weiter eingegangen werden wird.

 

4.1 Leitbilder der neuen Pädagogik ab 1933


 

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschwand die zuvor angewandte Reformpädagogik der Weimarer Republik allmählich aus dem Bildungssystem des NS-Regimes. Dies hatte das Ende der liberalen und individualisierten Erziehungs- und Schulpolitik zur Folge. Die neue Erziehung wurde lediglich noch als Instrument der politischen Führung des Volkes eingesetzt. Zunächst änderte man allerdings nicht das Schulsystem als solches, sondern wollte zuallererst den Lehrkörper säubern und bestehende Lehrmittel und Lehrpläne aktualisieren, um dann die Grundlage für eine neue Schulpolitik zu schaffen. Diese Aktualisierungen beinhalteten die Grundprinzipien der nationalsozialistischen Weltanschauung. Erst im Jahre 1937 begann man mit der Umstrukturierung der Schulen. Diese fanden mit Hilfe von verbindlichen Reichsrichtlinien und Erlassen statt.[51]

 

Dennoch wurden bereits ab 1933 neue Werte und Ziele der Erziehung propagiert, die stark auf die Funktionalität der Erziehung, Gleichschaltung, Rassenfragen und die Unterordnung in das Gemeinschaftswesen abzielten. Durch Hitlers Buch „Mein Kampf“, in dem er der Erziehung ein ganzes Kapitel widmete, wurden seine Vorstellungen von den Zielen der nationalsozialistischen Erziehung der Öffentlichkeit vorgestellt und es entstanden darauf aufbauend neue pädagogische Leitbilder. Des Weiteren trugen Werke von Ernst Krieck[52] und Alfred Baeumler[53] maßgeblich zur Entwicklung dieser neuen Leitbilder bei. Im Folgenden soll auf die wichtigsten neuen pädagogischen Leitbilder eingegangen werden. Besonders wichtig sind hierbei die körperliche Ertüchtigung, die Gleichschaltung und der Rassegedanke.[54]

 

4.1.1 Körper, Charakter und Geist


 

„Der völkische Staat hat in dieser Erkenntnis seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlußkraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung. Der völkische Staat muß dabei von der Voraussetzung ausgehen, daß ein zwar wissenschaftlich wenig gebildeter, aber körperlich gesunder Mensch mit gutem, festem Charakter, erfüllt von Entschlußfreudigkeit und Willenskraft, für die Volksgemeinschaft wertvoller ist als ein geistreicher Schwächling. Ein Volk von Gelehrten wird, wenn diese dabei körperlich degenerierte, willensschwache und feige Pazifisten sind, den Himmel nicht erobern, ja nicht einmal auf dieser Erde sich das Dasein zu sichern vermögen.“[55]

 

Bereits hier werden Erziehungsgrundsätze beschrieben, die die Erziehung ab 1933 beeinflussten. Im Vordergrund standen für Hitler die körperlichen und charakterlichen Fähigkeiten. Gesundheit und Persönlichkeit waren in seinen Augen wichtiger, als ein intellektueller Geist. Der Geist sollte den anderen Fähigkeiten untergeordnet werden. Ein weiteres Indiz hierfür sind die Änderungen in den Lehrplänen, die eine stärkere Einbindung von sportlichen Aktivitäten innerhalb der Schule aufweisen sollten. Des Weiteren verpflichteten die nationalsozialistischen Jugendorganisationen, wie beispielsweise die HJ oder auch der BDM, zu einem umfangreichen Sportprogramm, um Hitlers Wunsch der übermäßigen Leibeserziehung nachzukommen. Das obige Zitat verdeutlicht die Bedeutung der körperlichen Erziehung, die lediglich dazu dienen sollte, die Sicherung des Daseins auf der Erde sicherzustellen und die Jugend somit zu einer kämpferischen Haltung zu erziehen. Hitler bezieht sich hier auf das Überleben des deutschen Volkes im Kampf mit anderen und insbesondere dem jüdischen Volke.[56]

 

Hierzu und zur Eroberung des für Hitler lebensnotwendigen Lebensraumes im Osten, ist ein gutes Militär notwendig, um sich verteidigen zu können und sich mit Waffengewalt diesen Lebensraum zu sichern.

 

4.1.2 Gleichschaltung, Gemeinschaftsgefühl und Unterordnung


 

Bevor allerdings eine hierarchische Unterordnung stattfinden konnte, musste erst einmal das Schulsystem gleichgeschaltet werden. Bis 1929 gehörten die Lehrer verschiedenen Lehrerverbänden an, welche durchaus verschiedene Staatsauffassungen vertraten. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise wurden die Nettogehälter der Lehrerschaft auf den Stand von 1913 zurückgesetzt. Die Verbundenheit zu bisher bestehenden Lehrerverbänden blieb hierbei allerdings unberührt. 1929/30 bildete sich der NSLB aus den Reihen der Lehrerschaft, obwohl zuvor keinerlei Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus stattgefunden hatten. Durch den häufigen Wechsel der Regierungsparteien, war die Angst in der Lehrerschaft weit verbreitet, ihre Eigenverantwortung und pädagogische Unabhängigkeit zu verlieren. Und dennoch sehnte sich ein großer Teil innerhalb der Lehrerschaft nach Autorität, Leistung, Strenge und Zucht. Dies hatte zur Folge, dass der Nationalsozialismus einen stetig wachsenden Zulauf von Seiten der Lehrer hatte. Ein weiterer möglicher Aspekt, der den Zulauf zum Nationalsozialismus innerhalb der Lehrerschaft erklären könnte, ist die Tatsache, dass Lehrer auch zu dieser Zeit bereits Beamte waren und Angst haben mussten, ihre Existenzgrundlage zu verlieren, wenn sie sich dem Nationalsozialismus entgegenstellten. Bei der offiziellen Gründung des NSLB am 21.04.1929 in Hof, waren 48 Männer und zwei Frauen anwesend. Diese wählten Hans Schemm zum Leiter des NSLB. Schemm wies darauf hin, dass die Hauptaufgabe des NSLB die Unterstützung der NSDAP sei und...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

bank und markt

bank und markt

Zeitschrift für Banking - die führende Fachzeitschrift für den Markt und Wettbewerb der Finanzdienstleister, erscheint seit 1972 monatlich. Leitthemen Absatz und Akquise im Multichannel ...

BMW Magazin

BMW Magazin

Unter dem Motto „DRIVEN" steht das BMW Magazin für Antrieb, Leidenschaft und Energie − und die Haltung, im Leben niemals stehen zu bleiben.Das Kundenmagazin der BMW AG inszeniert die neuesten ...

BONSAI ART

BONSAI ART

Auflagenstärkste deutschsprachige Bonsai-Zeitschrift, basierend auf den renommiertesten Bonsai-Zeitschriften Japans mit vielen Beiträgen europäischer Gestalter. Wertvolle Informationen für ...

Card Forum International

Card Forum International

Card Forum International, Magazine for Card Technologies and Applications, is a leading source for information in the field of card-based payment systems, related technologies, and required reading ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

Evangelische Theologie

Evangelische Theologie

Über »Evangelische Theologie« In interdisziplinären Themenheften gibt die Evangelische Theologie entscheidende Impulse, die komplexe Einheit der Theologie wahrzunehmen. Neben den Themenheften ...

filmdienst#de

filmdienst#de

filmdienst.de führt die Tradition der 1947 gegründeten Zeitschrift FILMDIENST im digitalen Zeitalter fort. Wir begleiten seit 1947 Filme in allen ihren Ausprägungen und Erscheinungsformen.  ...