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Bin ich ein Narzisst? (Wissen & Leben)

Oder einfach nur sehr selbstbewusst?

AutorClaas-Hinrich Lammers, Gunnar Eismann
VerlagSchattauer
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl163 Seiten
ISBN9783608191844
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
- Fachlich fundiert und für jedermann verständlich: Für therapeutische und pädagogische Prozesse hilfreich - Perspektivwechsel: Was sind narzisstische Persönlichkeitsstrukturen? Was denkt und fühlt ein Narzisst? Narzissmus ist in aller Munde, es heißt, die Gesellschaft würde immer narzisstischer. Aber was bedeutet das eigentlich, was zeichnet einen Narzissten aus und sind narzisstische Persönlichkeitszüge immer negativ? Höchste Zeit für eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema. Dieses Buch spricht alle an, die von sich glauben oder denen vorgeworfen wird, narzisstische Persönlichkeitszüge zu haben. Fachlich fundiert und für jedermann verständlich erklären die Autoren, was unter Narzissmus zu verstehen ist, und welche Eigenschaften für die narzisstische Persönlichkeit charakteristisch sind. Zugleich hinterfragen sie das Konstrukt Narzissmus: Weist nicht jeder Mensch - bis zu einem gewissen Grad - narzisstische Züge auf? Sind bestimmte, als Narzissmus verteufelte Charaktereigenschaften vielleicht sogar nützlich und notwendig? Gibt es ein gesundes Maß an Narzissmus? Und wann beginnen Betroffene, unter ihren narzisstischen Persönlichkeitsstrukturen zu leiden? Das Buch drückt weder einen Stempel auf, noch prangert es bestimmte Persönlichkeitsstrukturen an. Stattdessen vermittelt es eine Innensicht auf Denkweisen von vermeintlichen und wahren Narzissten und auf ihre Selbstwahrnehmung. Was zeichnet die Dynamik der narzisstischen Persönlichkeit aus, wo liegen die Probleme von Narzissten und wie wirken sie auf ihre Mitmenschen? Ein völlig neu entwickelter Selbsttest im Anhang des Buches macht es möglich, eigene narzisstische Persönlichkeitszüge einzuschätzen, um zu entscheiden, ob diese in einem bedenklichen Ausmaß vorliegen oder eben auch nicht. Die Experten geben Veränderungstechniken an die Hand und zeigen auch psychotherapeutische Hilfsangebote auf, wenn narzisstische Persönlichkeitszüge zu einem Problem geworden sind. Dieses Buch richtet sich an - Psychotherapeuten, Psychiater, Psychologen - Patienten, Angehörige - interessierte Laien sowie alle, die von sich glauben oder denen nachgesagt wird, sie seien Narzissten

Claas-Hinrich Lammers, Prof. Dr. med. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Seit 2006 Ärztlicher Direktor und Chefarzt der 1. und 3. psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik (Affektive Erkrankungen, Akutpsychiatrie und Psychose) an der Asklepios Klinik Nord, Ochsenzoll in Hamburg. Gunnar Eismann, Dr. med. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, leitender Oberarzt an der Asklepios Klinik Nord, Ochsenzoll in Hamburg.

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Leseprobe

2 Was sind narzisstische Persönlichkeitseigenschaften?


In diesem Kapitel wollen wir Ihnen erklären, was sich hinter dem Begriff des Narzissmus bzw. den narzisstischen Persönlichkeitseigenschaften verbirgt. Wie Sie sehen werden, kann man hierunter verschieden stark ausgeprägte gesunde, aber auch problematische oder gar krankhafte Formen des Strebens nach Selbstwert verstehen. Lassen Sie uns mit dem gesunden Streben nach Selbstwert beginnen.

Das gesunde Selbstwertgefühl


Das Streben nach Selbstwert, das in einem gesunden Selbstbewusstsein mündet, ist ein elementares Bedürfnis aller Menschen, denn wir alle wollen uns als kompetent, wichtig, besonders und liebenswert erleben können. Ein Weg (nicht der einzige!), sein Selbstwertgefühl zu stärken, besteht darin, von anderen Menschen Beachtung, Zustimmung, Respekt, Anerkennung und Lob zu bekommen. Sich diese Reaktion seiner Mitmenschen zu wünschen und auch Dinge zu tun, um diese Reaktionen zu erhalten (zum Beispiel durch Erfolg, besondere Interessen und Eigenschaften), ist normal und gesund. Die Persönlichkeitspsychologie spricht diesbezüglich von narzisstischen Persönlichkeitseigenschaften, welche Ausdruck eines gesunden Strebens nach Selbstwert sind. Man kann dies auch als gesunden Narzissmus bezeichnen. Wir wissen, wie kompliziert das klingen mag, aber genau hierin liegt die Verwirrung über die Bedeutung des Begriffs des Narzissmus begründet, der – irrtümlicherweise – ausschließlich mit einer Störung gleichgesetzt wird. Merken Sie sich also: Ein gesundes Streben nach Selbstwert kann auch als gesunder Narzissmus bezeichnet werden.

Info

Sie können sich das Problem mit den gesunden und den problematischen narzisstischen Eigenschaften beispielhaft anhand des Begriffs der Schüchternheit verdeutlichen. Dieser Begriff kann einen eher ruhigen und introvertierten Menschen beschreiben, der sich nicht in den Vordergrund drängt und lieber anderen Menschen zuhört. Dabei fehlt es ihm nicht an Selbstbewusstsein, um seinen Bedürfnissen Ausdruck zu geben und seine Interessen zu verfolgen, doch tut er dies auf eine eher zurückhaltende Art. Allerdings kann eine Schüchternheit so stark ausgeprägt und mit einer so großen Ängstlichkeit verknüpft sein, dass die Betreffenden sich zurückziehen, sich wenig zutrauen, sich als minderwertig erleben und unter ihrer Schüchternheit leiden.

Lassen Sie uns an dieser Stelle die normalen bzw. gesunden narzisstischen, d. h. selbstbewussten Persönlichkeitseigenschaften näher anschauen. Hierzu gehört u. a.

  • sich seiner Fähigkeiten, Stärken und Erfolge bewusst zu sein und diese auch anderen Menschen zu zeigen,

  • über einen gesunden Egoismus bzw. Durchsetzungsfähigkeit zu verfügen, was sich darin ausdrückt, dass man sich um seine eigenen Bedürfnisse angemessen kümmert, ohne dabei andere Menschen zu vernachlässigen oder auszunutzen,

  • eine angemessene Anspruchshaltung an das eigene Leben sowie gegenüber anderen Menschen zu entwickeln,

  • überwiegend positive Gefühle in Bezug auf die eigene Person zu haben, d. h. sich selbst grundsätzlich zu akzeptieren und zu mögen,

  • sich als etwas Besonderes zu fühlen (in dem Sinn, dass jeder Mensch etwas Besonderes und Einzigartiges ist).

Diese Eigenschaften sind von Vorteil, denn ein selbstbewusster Mensch kann u. a.

  • selbstsicher auftreten,

  • sich anspruchsvolle Aufgaben zutrauen,

  • mit seinen Schwächen oder Rückschlägen gut umgehen,

  • angemessene Kritik ertragen und unangemessene Kritik zurückweisen,

  • Stärken anderer Menschen anerkennen, ohne Neid zu empfinden oder sich schwach zu fühlen,

  • seine Wünsche offen äußern,

  • zu Wünschen oder Anforderungen anderer Menschen gegebenenfalls Nein sagen,

  • sich durchsetzen (ohne dabei andere Menschen zu verletzen oder zu demütigen),

  • sich auf Bindungen und Beziehungen einlassen (denn ein selbstbewusster Mensch hat keine tiefgreifende Angst vor Enttäuschungen, wie beispielsweise die Angst, verlassen zu werden, die ihn daran hindert, Bindungen einzugehen).

Info

Die Normalität eines Strebens nach Selbstwert kann man insbesondere an zwei Kriterien messen. Zum einen befindet sich ein selbstbewusster Mensch im Einklang mit der Realität, er gibt also nicht vor, etwas zu sein oder zu haben, was nicht der Fall ist. Auf ihn trifft der Satz »Mehr Schein als Sein« nicht zu, was bei Menschen mit stark ausgeprägten narzisstischen Eigenschaften leider häufig der Fall ist.

Ein anderes Kriterium, das sehr praktisch anwendbar ist, ist die Fähigkeit eines selbstbewussten Menschen, anderen genau das zu geben, was er auch für seinen eigenen Selbstwert braucht: Aufmerksamkeit, Interesse, Wertschätzung, Anerkennung und Lob. Solange man anderen Menschen ihre Wichtigkeit nicht abspricht, darf man sich selbst ruhig wichtig nehmen, ohne deswegen im problematischen Sinn narzisstisch zu sein.

Ein hohes und stabiles Selbstwertgefühl, das sich durch ein gesundes Selbstbewusstsein zeigt, ist also entscheidend für ein stabiles und sinnerfülltes Leben in all seinen Facetten (sei es im Beruf, bei Freundschaften oder in der Liebe). Ob man hierüber verfügt, zeigt sich insbesondere dann, wenn man Frustrationen, etwa Enttäuschungen in der Liebe oder Misserfolge im Beruf erlebt oder ein persönliches Ziel nicht erreicht. In solchen schwierigen Situationen ist das Selbstwertgefühl ein Puffer zwischen einer frustrierenden Realität und der eigenen Person, der vor allzu tiefen und quälenden Selbstzweifeln schützt.

Eine deutliche Ausprägung selbstbewusster Eigenschaften geht aber noch mit anderen Vorteilen einher. Selbstbewusste Menschen sind häufig interessante, kreative, mutige, besondere und unterhaltsame Charaktere. Sie scheuen sich nicht, in einer Gesellschaft im Mittelpunkt zu stehen und alle Anwesenden zu unterhalten (denn hierdurch bekommen sie Aufmerksamkeit), sie sind die Ersten, die sich für eine schwierige Aufgabe melden (denn dort können sie ihr Können beweisen), sie übernehmen gerne Führungsverantwortung (denn hier können sie Erfolge und Ansehen erringen), sie haben kreative Ideen, mit denen sie andere Menschen begeistern können, und vieles mehr. Es gibt viele Berufe und Aufgaben, für welche eine große Portion an gesundem Narzissmus unentbehrlich ist. Hierzu gehören alle Berufe, zu deren Erfüllung man die Beachtung vieler Menschen auf sich zieht oder gar im Fokus der Öffentlichkeit steht. So müssen Politiker in der Regel deutliche selbstbewusste Eigenschaften haben, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Denken Sie alleine an die Unmenge an Kritik, mit der sie sich jeden Tag konfrontiert sehen. Man muss schon ein großes Selbstbewusstsein haben, um diese Kritik einstecken zu können, ohne daran Schaden zu nehmen. Außerdem gehört es zum Job eines Politikers, mit seinen politischen Anliegen stets im Zentrum der Wahrnehmung potenzieller Wähler zu stehen, denn wer würde einem Politiker seine Stimme geben, von dem er noch nie etwas gehört hat und dessen politische Ansichten er nicht kennt? Schüchterne und selbstunsichere Menschen wären für diesen Beruf sicherlich weniger geeignet (und würden einen solchen wahrscheinlich auch nicht anstreben).

Auch Menschen mit Führungsaufgaben, etwa Manager oder Geschäftsführer, brauchen viel Selbstbewusstsein, um erfolgreich zu sein. Ein Sprichwort bringt es treffend auf den Punkt: »Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.« Und wer kann sich einen Showmaster ohne eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und den Drang nach Selbstdarstellung vorstellen? Es verwundert also nicht, dass sich in Berufen, die Führungsstärke, Überzeugungs- und Durchsetzungskraft sowie ein gewisses Talent zur Selbstinszenierung erfordern, vermehrt Menschen mit narzisstischen Eigenschaften finden. Dabei muss es sich im Übrigen nicht immer um Berufe mit einer herausragenden Stellung, etwa der...

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