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E-Book

Bin ich psycho ... oder geht das von alleine weg?

Erste Hilfe für die Seele

AutorJosef Aldenhoff
VerlagC. Bertelsmann
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783641130602
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Schlaflosigkeit, Burn-out, Depression - wo verläuft die Grenzlinie zwischen einer vorübergehenden Stimmung und einer ernsthaften Krankheit?
Allzu oft ist uns die Seele ein Buch mit sieben Siegeln. Wir empfinden ihre Reaktionen auf die vielfältigen Anforderungen unseres Lebens als Zumutung und staunen, dass sie sich in starken Gefühlen äußert, die verunsichern und uns aus der Bahn werfen können. Ist das alles normal? Geht es von selbst wieder weg? Bin ich krank?
Fragen, die für den erfahrenen Psychiater und Therapeuten Josef Aldenhoff Alltag sind. In seinem Wegweiser durch das Labyrinth unserer Seelenzustände erläutert er Empfindungen, die sich zu Depressionen, Sucht, Panik oder Traumata auswachsen können. Er erklärt, was man über ihre Entstehung weiß und wie man Abhilfe finden kann. Unverblümt, realistisch und mit einem Hauch (Selbst-)Ironie vermittelt er notwendiges Wissen und Vertrauen in die seelischen Selbstheilungskräfte. Der Autor ermutigt dazu, heftige Emotionen und psychische Störungen ohne Tabu als Teil unseres Lebens anzunehmen.

Josef Aldenhoff durchlief eine Ausbildung in Neurobiologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Nach verschiedenen Stationen in Deutschland und den USA wurde er 1995 als Professor und Klinikdirektor nach Kiel berufen. Heute arbeitet er als Therapeut, Autor und Berater.

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Leseprobe

Die Seele ist eine Zumutung

Geht es Ihnen eigentlich gut – oder sind Sie sich nicht so sicher?

Die Statistiken zumindest sind evident: Immer mehr Menschen haben seelische Probleme und suchen deswegen Hilfe. Das ist auf jeden Fall besser, als einsam vor sich hin zu leiden und schließlich bei Alkohol, Tabletten oder Selbstmord zu landen. Es wird allerdings auch diskutiert, dass Psychiater und Pharma-Industrie gerne bedrohliche Elefanten aus harmlosen Mücken machen, um sich und teure Medikamente gut an Sie zu verkaufen. Und wenn Sie sich tatsächlich aufraffen und mit einem Fachmann/einer Fachfrau sprechen wollen, dann finden Sie als Kassenpatient in der Regel keinen, der schnell Zeit für Sie hat.

Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben.

  • Als schnelle Orientierung: was Sie von schwierigen neuen Gefühlen und Gedanken zu halten haben, ob diese eine normale Reaktion auf eine vielleicht von Ihnen selbst herbeigeführte Lebenssituation sind, oder ob Sie tatsächlich zu einem Fachmann/einer Fachfrau gehen sollten, wobei das eine das andere nicht ausschließt.
  • Als gut verständliche Information: über Störungen und ihre Behandlungsmöglichkeiten – nicht für den Experten, sondern für die Betroffenen.
  • Als meine persönliche Empfehlung an Sie: welche Therapien ich auf Grund meiner Erfahrung als Therapeut und Psychiater – gegebenenfalls auch für mich selbst – für sinnvoll erachte.
  • Als erste Hilfestellung: wenn Sie in Not sind und an den abweisenden Terminkalendern von Ärzten zu scheitern drohen.

Wir kennen uns schlecht

Obwohl ich fast vierzig Jahre als Psychiater, Psychotherapeut und Neurobiologe tätig bin, staune ich immer noch, wie wenig der Einzelne als möglicher Betroffener über die grundlegenden Reaktionsformen der Seele weiß und wie deutlich psychische Störungen in der Gesellschaft ignoriert und auch sanktioniert werden. Und ich wundere mich, wie wenig Vertrauen wir in unsere Reaktionen haben: Ist es nicht logisch, dass wir Menschen von traurigen wie schönen Ereignissen beeinflusst werden? Ist Angst nicht ein tief in jedem Lebewesen verankertes und überlebensnotwendiges Zeichen der Warnung? Was ist wichtig, damit wir uns im Altern wohlfühlen? Wie reagiert meine Seele, wenn sie verletzt wird? Wie funktioniert das mit der Liebe? Und wann beginnt Störung? Wann werden wir krank?

Als »Profi« habe ich in der Vergangenheit viele Erklärungen aus Fachbüchern übernommen, um allerdings immer häufiger, manchmal schon bei »einfachen« Aufklärungsgesprächen, zu merken, dass die Sicht des Betroffenen sich anders darstellt und anfühlt. Und mit Depression und Angst kenne ich mich nicht nur als Fachmann aus. Ich selbst habe im Rahmen der Ausbildung Psychotherapien gemacht, aber auch einige Male, weil ich es persönlich für nötig hielt. Diese meine Therapie-Eindrücke sind auch in die Überlegungen dieses Buches eingeflossen.

Nichts ist so persönlich wie unsere Seele. Und von nichts scheinen wir so wenig zu verstehen. Mit dem Körper ist es etwas besser; wir lernen ihn im Laufe unsres Lebens allmählich kennen, merken, wie er reagiert, wenn wir ihm etwas zumuten – Alkohol oder Marathonläufe.

Die Seele aber ist eine Zumutung. Jeden Morgen aufs Neue. Die Befindlichkeit vom Abend vorher ist verschwunden, nicht mehr abrufbar, Sie sind in einem neuen Zustand. Stabilere Phasen wechseln sich ab mit Zeiten, in denen Sie dünnhäutig, sensibel sind und sich verwundbar fühlen. Das ist normal.

Normal?

Damit sind wir schon im Zentrum des Geschehens. Die Frage, ob das, was Sie empfinden, denken, wahrnehmen, normal ist, noch normal ist, bildet das Zentrum dieses Buchs. Und was zu tun wäre, wenn die Antwort »nein« hieße.

Normalität hat zwei Seiten:

Die eine ist unmittelbar erlebbar. Wahrnehmungen, Gefühle, Denken sind so wie immer, wir befinden uns in unserer persönlichen Norm. Oder irgendetwas fühlt sich anders an. Solche Abweichungen können uns manchmal glücklich machen, etwas Neues, Überraschendes ist in unser Leben getreten; überwiegend aber irritieren uns solche Veränderungen. Ich will Ihnen in diesem Buch Hilfestellungen geben, wie Sie mit Ihren ganz persönlichen Abweichungen von der Norm umgehen könnten. Warum sind sie oft so beunruhigend? Weil unser oberstes Ziel die Kontrolle über uns selbst ist. Wir wollen uns im Griff haben, aber merken auf Schritt und Tritt, dass das allenfalls ansatzweise und sehr häufig gar nicht funktioniert. Es gibt Menschen, die sich wegen dieser fehlenden »Selbstdisziplin« fertig machen – was das Selbstgefühl verschlechtert, ohne die Kontrolle zu verbessern. Warum können wir unsere Wahrnehmungen, Gefühle, Gedanken so wenig kontrollieren? Wir denken linear, und so sind auch die Erwartungen an uns selbst: Eines soll auf das andere folgen, jede Handlung ihre Konsequenz haben; wir glauben an einfache Kausalitäten. Wer alles richtig macht, wird belohnt. Es gibt doch Regeln, oder? Eher oder! Denn unser lineares Denken ist ein letztlich untauglicher Versuch, mit dem umzugehen, was unser Gehirn macht. Das ist hoch komplex. Komplex ist ein Begriff aus den Systemwissenschaften, der unter anderem besagt, dass das Verhalten eines Systems nicht präzise vorhersagbar ist. Wie das Wetter. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie sich klar machen, dass die plötzlich hinter den Bergen des Chiemgaus auftauchende Gewitterfront im Vergleich zu den Vorgängen in Ihrem Zentralnervensystem prognostisch relativ schlicht und überschaubar ist. Soweit zu unserer persönlichen Normalität.

Die andere Seite der Normalität beschreibt, ob Sie – noch – in die Normen der anderen, Ihrer Umgebung, der Familie, der Kollegen, der Gesellschaft passen. Sind Sie wie alle, oder weichen Sie ab und fallen damit plötzlich auf? Und wenn Sie abweichen, schaffen Sie es, das als interessante Individualität erscheinen zu lassen, oder wird es Ihnen als stigmatisierende Macke ausgelegt, mit den entsprechenden Folgen? Die Antwort bekommen Sie nur durch die Reaktionen der Anderen und wundern sich. Das ist Ihnen nicht geheuer, denn Sie wissen und haben vielleicht schon erlebt, die Anderen tolerieren Anderssein nur sehr bedingt, manchmal in ritualisierter Form, im religiösen Kontext, manchmal als gerade noch tolerierbare Folge von Alkohol. Normabweichungen, wie sie bei seelischen Störungen auftreten, werden sehr unterschiedlich wahrgenommen: Depressive Störungen werden oft über Jahre nicht erkannt, der Betroffene und seine Umgebung denken, diese reduzierte Freude, der maue Antrieb seien Teil der Persönlichkeit; manisches oder psychotisches Verhalten fällt dagegen auf und wird entsprechend geahndet. Sie dürfen in Gesellschaft regelmäßig zu viel trinken, wenn es die anderen auch tun, aber sobald Sie sich eine Kokainlinie legen oder Ihre Heroinspritze auspacken, finden Sie sich schnell außerhalb der Burgmauern der Normalität wieder und nicht zuletzt auch außerhalb der Legalität. Mit heftigen Folgen!

Wenn Sie die möglichen rechtlichen Konsequenzen Ihres »anderen« Verhaltens berücksichtigen, werden Sie sich Ihre Selbstständigkeit besser bewahren können, eher Frau/Herr Ihrer selbst bleiben, als wenn Sie den Kopf in den Sand stecken und plötzlich feststellen, dass Sie gegen Ihren Willen in eine psychiatrische Station eingewiesen wurden (siehe »Von der Krankschreibung bis zum § 63«).

Wie könnten Sie herausfinden, ob Sie therapeutisch etwas für sich tun sollten, ein Medikament nehmen, eine Psychotherapie machen?

Es gibt ein paar Hinweise. Sie sind nicht allumfassend, helfen aber weiter.

  • Der Schlaf: Die meisten seelischen Störungen werden von Schlafstörungen begleitet, beziehungsweise die Schlafstörungen gehen ihnen voraus. Meistens ist es ein morgendliches Früherwachen, zwei bis drei Stunden vor der normalen Aufwachzeit, manchmal sind es auch Einschlaf- oder Durchschlafstörungen. Wenn diese Phänomene gelegentlich auftreten, liegt es in der Grauzone der Normalität, wenn Sie über Wochen und Monate schlecht schlafen, sollten Sie dringend etwas dagegen tun.
  • Nach dem Aufwachen ist alles grau, oder Sie haben jeden Tag Angst.
  • Sie stellen seit einiger Zeit fest, dass entweder Sie oder Ihre Umwelt sich verändert haben, Ihre Gefühle sind grundsätzlich anders als vor Wochen oder Monaten, seltener vor Jahren.
  • Sie leiden an Ihrer Umwelt und/oder an sich, akut oder schon seit langer Zeit.

Vor allem der letzte Punkt ist entscheidend.

Wird es von selbst wieder gut?

Das ist die Millionenfrage, und Ihre Antwort entscheidet oft tatsächlich über Wohl und Wehe. Befindlichkeitsschwankungen sind normal und vergehen in der Regel bald wieder; seltener können sie in seelische Störungen übergehen, die wiederum spontan abklingen, aber auch dauerhaft werden können. Nach allem, was wir wissen, ist unser Gehirn ein sich selbst organisierendes System, das über viele stabilisierende Mechanismen verfügt. Wobei eine solche Stabilisierung nicht Gesundheit bedeuten muss, denn sie kann auf krankhaftem Niveau erfolgen.

Abwarten kann eine Tugend sein, aber auch der Anfang vom Ende, wenn das Warten nicht zu einer Besserung führt, sondern zur Stabilisierung im Kranken.

Ein Beispiel: Als die 80-jährige Dame ihren schweren Suizidversuch dank der modernen Intensivmedizin überlebt hatte, fragte ich sie, warum sie denn in ihrem Alter, in dem einem das Leben ja ohnehin nicht mehr unbegrenzt erscheint, noch auf solche Ideen käme. »Ich ertrage diesen Mann nicht mehr, er sieht nur fern und redet nicht mit mir.« Sie...

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