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E-Book

Biodynamische Vielfalt 20 Jahre GBP e.V. und Rund ums Herz

VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783741213809
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Das Buch enthält die Beiträge der 17. und 18. Fachtagung der Gesellschaft für Biodynamische Psychologie/Körperpsychotherapie (GBP e.V.) in Schmerlenbach (01.10.-05.10.14) und in Goslar (30.09.-02.10.15) Beiträge von: Alberto D'Enjoy Ulrike Brandl Margrit Wittenbrink Gabriele Mosetig-Pauleschitz Ursula Böhm Dr. Herbert Grassmann Bettina Schröter Sabine Schuhmann Werner Eberwein Bettina Specht Gina Gohl

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Leseprobe

Margrit Wittenbrink


Selbstbeachtung


Auf sich selbst achten


Der Begriff der Selbstfürsorge oder Selbstbeachtung wurde von dem französischen Philosophen und Psychologen Michel Foucault (1926-1984) im Sinne der Eigenverantwortung verwendet und findet sich heute hauptsächlich im Bereich helfender Berufe wieder. Die Fähigkeit für andere zu sorgen, gründet sich immer auch in Fürsorge für sich selbst. Es bedeutet, achtsam mit seinen Bedürfnissen, Gefühlen und Kräften umzugehen mit dem Ziel, die eigene Gesundheit an Körper, Geist und Seele zu erhalten.

Das Wort „Selbstbeachtung“ habe ich gewählt, weil darin das Wort „achten“ sowie auch „Achtsamkeit“, aber auch „Achtung“ enthalten ist.

  • Selbstbeachtung ist die Fähigkeit, das Selbst jenseits von Anerkennung und Leistung wahrzunehmen und die eigene Persönlichkeit als Teil eines Ganzen anzunehmen.
  • Selbstbeachtung ist auch ein Weg, mit unserem Wesenskern in Kontakt zu kommen und mit ihm verbunden zu bleiben.
  • Selbstbeachtung dient der fürsorglichen Kontrolle und Steuerung des eigenen Verhaltens im Hinblick auf die eigene Befindlichkeit.
  • Es handelt sich auch um psychohygienische Maßnahmen für TherapeutInnen im augenblicklichen Moment. Auf sich selbst achten heißt vor allen Dingen seine Gefühle wahrzunehmen.

Gerade Menschen in helfenden und therapeutischen Berufen sind hervorragend ausgebildet, anderen Menschen in schwierigen Zeiten zu helfen und sie zu beraten (für andere da zu sein). Dabei vernachlässigen sie ihre eigenen Bedürfnisse durch übermäßiges Arbeiten. Durch ein Übermaß an belastenden Situationen gerät man schnell in die Stressfalle. Die Selbstbeachtung und eigene Wahrnehmung werden eingeschränkt. Das habe ich selbst erlebt und möchte darüber berichten.

Seit zwei Jahren arbeite ich in einer Mutter-und-Kind-Einrichtung. Zeitweise bin ich dort Tag und Nacht, d.h., ich lebe also dort mit den KlientInnen zusammen. In mir wurde das Gefühl ausgelöst, ich werde gebraucht und ich tappte in die Falle. Es macht erst einmal ein stolzes Gefühl. Mit der Zeit merkte ich, wie meine eigenen Bedürfnisse schwanden, wie ich dort eingefangen war in die Bedürftigkeit und die belastenden Geschichten der Menschen, die dort lebten. Meine eigene Selbstwahrnehmung wurde eingeschränkt. Ein Innehalten, ein Stopp und eine Veränderung meiner Bedingungen holten mich wieder zu mir zurück. Nun achte ich auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit. Ich nehme mir mehr Zeit für meine Freunde und meine Hobbies (wieder Zeit zum Leben) und tue öfter etwas, was mir Spaß macht.

Sich selbst wahrnehmen ist eine Voraussetzung in einer beratenden Funktion. Es ist die Fähigkeit, in den Prozessen deutlich zwischen dem Klienten und meiner eigenen Wahrnehmung zu unterscheiden. Was löst der Klient in mir aus? Wie lasse ich mich von dem Wahrgenommenen leiten und was ist meine eigene Geschichte? Daher ist der Kontakt mit sich selbst ein wichtiger Faktor. Dies gelingt uns gut über unseren Körper. Der Körper hat unsere Lebensgeschichte in seinen Zellen gespeichert.

Unser Körper ist das Modell, die Schablone unseres Handelns. Die gesamte Vernetzung in unserem Inneren basiert auf einer Nervenschleife, die Informationen empfängt und auf Grund dieser Informationen eine bestimmte Handlungsweise auslöst. Der Körper sendet uns stets Signale. Durch die wellenartigen Atembewegungen der Lunge, die Expansion und Kontraktion des schlagenden Herzens, der Muskeln oder des Darmes gibt er uns Informationen über seinen aktuellen Zustand. Bin ich aufgeregt, schlägt mein Herz schnell, erschrecke ich mich, stockt meine Atmung oder bin ich angespannt, werden meine Muskeln hart.

Unsere physiologische Struktur hat Formen in Gestalt von Röhren, Beuteln, Schichten, Wänden und Räumen. Organsysteme wie die Därme, die Lunge und das Herz-Kreislaufsystem funktionieren wie eine Pumpe. Das Pumpsystem erzeugt Druck, der für die Körperräume zur Aufrechterhaltung der jeweils eigenen Strukturen notwendig ist. Dieser Druck spiegelt auch eine innere Verfassung wieder und erzeugt Gefühle, durch die wir uns erkennen.

Am Anfang des Workshops war es mir wichtig, ein Raumbewusstsein zu entwickeln. Wie kann ich mich in diesem Raum bewegen? Es ging darum, den Raum um uns herum wahrzunehmen. Wo bin ich gerade? Wer bewegt sich noch in diesem Raum? Wohin will ich mich bewegen? Wie bewege ich mich? Was macht die Bewegung mit mir? Wir achteten auf das gleichzeitige Wahrnehmen vom Äußeren und vom Inneren und versuchten, mit beidem in Verbindung zu bleiben.

Die nächste Aufgabe war, ein Bewegungsthema zu finden, um dann damit zu experimentieren und zu improvisieren, sich auszudehnen und zusammenzuziehen. Dabei entstehen pumpähnliche Rhythmen in verschiedenen Tempi. Die TeilnehmerInnen sollten erspüren wie es ihnen geht, wenn sie sich zusammenzogen oder ausdehnten?

Der Bewegungsausdruck hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:

Zum einen von der Stellung im Raum einschließlich der Raumform und zum anderen von der dynamischen Bewegtheit einschließlich der Energiequalität. Die Stimmung einer langsamen, zögernden Bewegung (und dem)gegenüber einer schnellen, hektischen Bewegung kann man sich vorstellen. Stellungskontraste werden in den Antriebselementen fest oder zart und direkt oder flexibel empfunden, um nur ein paar zu benennen.

Das Ausdehnen und Zusammenziehen (Expansion/ Kontraktion) ist ein zentrales Thema in unserem Körper. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, mit Bewegungen zu improvisieren. Verschiedene Wahrnehmungsmodalitäten wie z.B. Kraft und Schwere oder Nähe und Distanz können mit hinzugenommen werden.

In der Bewegungsimprovisation können wir eine bestimmte Handlungsfreiheit entdecken. Es kann z.B. entschieden werden: will ich mich öffnen oder schließen? Mit welcher Intention, in welcher Zeit in welchem Raum, in welchem Tempo will ich das tun? Hier liegt eine Entscheidungsfreiheit zugrunde, wohin und wie ich mich bewegen will. Wir haben die Möglichkeit(en) Bewegungen kommen zu lassen und dem, was entstehen will, Ausdruck zu verleihen.

Im Tanztheater arbeitet man mit folgenden Fragen, um ein Tanzstück zu entwickeln: Wo komme ich her? Wo will ich hin? Was ist mein Anliegen? Wer hilft mir dabei? Sich mit diesen Fragen intensiver auseinanderzusetzen hätte den Rahmen gesprengt.

Eine zentrale Übung des Workshops war die Standort-Meditation von Paul Rebillot. Ich habe sie auf einem Seminar (Heldenreise) kennengelernt. Es ist eine Bewegungsmeditation. (Die einzelnen Stationen werden bewegt, Gesten und Haltungen zum Erlebten gefunden.) Diese Meditation kann uns helfen, unseren Ausgangspunkt zu finden, der gerade Aufmerksamkeit und Hilfe braucht. In dieser Meditation geht es darum, vier Räume zu besuchen:

  • unsere Familie, da, wo wir herkommen
  • unsere Lieben, das heißt die Menschen, die wir sehr lieben und die uns sehr nahe sind
  • unser Lebenswerk, das, was wir erschaffen haben
  • unser Selbst, was uns ganz persönlich ausmacht.

Wenn man in alle Räume eingetaucht ist, sie im Körper erspürt, sie bewegt und ausgedrückt hat, dann können wir herausfinden, in welche Richtung unsere Bedürftigkeit geht.

Um das Erlebte zum Fließen zu bringen, bot ich die Fuß-Hand-Kopf-Massage an. Die Massage regt unter anderem die Flüssigkeitsverteilung und Zirkulation an. Sie unterstützt außerdem auch das Gesamtgleichgewicht. Die TeilnehmerInnen kamen in einen entspannten und friedvollen Zustand. Es entstand im Raum eine helle, gelöste Atmosphäre.

Zum Abschluss des Workshops wurde von den TeilnehmerInnen ein Körperbild gemalt. Bei einem Körperbild werden die Umrisse des eigenen Körpers auf ein großes Blatt Papier gemalt. Das Körperbild wird dann mit Farben ausgemalt, je nach Gefühl und Stimmung. Hier wird das Erlebte noch einmal auf einer anderen Ebene sichtbar gemacht. Durch das Betrachten des eigenen Körperbildes und Finden von Worten und Gesten, die dann nochmals über den Körper ausgedrückt und bewegt werden, kann die eigene Geschichte einen anderen Ausdruck finden und erkannt werden. Über das Körperbild kann man erkennen, wo man jetzt im Leben steht.

Unsere Erfahrungen im täglichen Leben können uns unterstützen, aber auch blockieren. Mit Hilfe des Körperbildes können wir sehen, wo gerade Hilfe benötigt wird. Das Körperbild unterliegt aber auch Veränderungen. Es ist das „Jetzt“, der „IST-Zustand“. Kann ich ihn annehmen oder fällt es mir schwer? Beides darf sein. Das Erkennen, wie man zu seinem aktuellen Zustand steht, ist wichtig. Erst dann können Veränderungen erfolgen.

Zusammenfassung

Das Fließen der Lebensenergie gehört zu den Grundauffassungen der biodynamischen Psychologie. Wenn es einem immer wieder gelingt, die Fähigkeit für sich zu entwickeln in Beziehung mit sich selbst zu...

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