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E-Book

Bitch Doktrin

Gender, Macht und Sehnsucht

AutorLaurie Penny
VerlagEdition Nautilus
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783960540571
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
'Bitches get stuff done.' Tina Fey Klug und provokant, witzig und kompromisslos sind Laurie Pennys herausragende Essays, die sie zu Recht zu einer der wichtigsten und faszinierenden Stimmen des zeitgenössischen Feminismus machen. Vom Schock der Trump-Wahl und den Siegen der extremen Rechten bis zu Cybersexismus und Hate Speech - Penny wirft einen scharfen Blick auf die brennenden Themen unserer Zeit. Denn gerade jetzt, in Zeiten sich häufender Krisen in Europa und Amerika, ist es Verpflichtung, geschlossen hinter der Gleichstellung von Frauen, People of Colour und LGBT zu stehen. Der Kampf gegen Diskriminierung ist kein Nebenschauplatz, sondern Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaft. Weit davon entfernt, einen Kampf gegen 'die Männer' zu führen, greift Penny den Status quo gezielt an: Es geht ihr um Fairness, Umverteilung von Vermögen, Macht und Einfluss - weitreichende Forderungen, die sie nicht abmildert, indem sie eine rosa Schleife darum bindet. Penny ruft dazu auf, sich nicht von jenen beeindrucken zu lassen, die uns den Mund verbieten und uns zu angepasster Liebenswürdigkeit zwingen wollen - sondern eine Bitch zu sein und die Stimme zu erheben.

Laurie Penny, 1986 in London geboren, hat Englische Literaturwissenschaft in Oxford und Harvard studiert. Heute lebt sie als Journalistin und Autorin wieder in Großbritannien und schreibt u.a. für den 'Guardian', die 'New York Times', den 'New Statesman' und für 'New Inquiry' sowie auf Twitter, wo sie über 170?000 Follower hat. Ihre Bücher 'Fleischmarkt' (2012), 'Unsagbare Dinge' (2015), 'Babys machen & andere Storys' (2016) und 'Bitch Doktrin' (2017) machten Penny zur Ikone des jungen Feminismus.

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Leseprobe

Bitch-Logik


Falls ihr es noch nicht bemerkt habt: Es tobt ein Krieg, und das Schlachtfeld ist die menschliche Phantasie. Dieses Buch ist heftig, es berührt die Stellen, an denen Theorie schmerzhaft in Fleisch und Knochen dringt. Es handelt von Sehnsucht und Kontrolle und vom Kampf um den Körper. Es handelt von Gender, Macht und Gewalt und von einer noch furchteinflößenderen Welt, die all das hinter sich lässt.

Während ich dies schreibe, kommt es mir vor, als falle die Welt auseinander. Ein feiger Milliardär, Immobilienmogul und Reality-TV-Scharlatan wurde zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt, an die Macht gespült von einer Welle rassistischer Raserei und brutalem Populismus. Die britische Regierung steht nach der schlimmsten politischen Krise seit Menschengedenken vor dem Kollaps, die Mitte-Links-Opposition frisst sich selbst, auf der Straße markieren Fanatiker den starken Mann, und die Aktienmärkte brechen ein. Nicht zum ersten Mal in meiner Zeit als Autorin und politisch denkender Mensch frage ich mich, warum mir die Thematik von Gender, Sexismus, Macht und Identität eigentlich so am Herzen liegt. Gibt es nicht Wichtigeres? Sollten wir diesen Kinderkram nicht verschieben bis nach der Revolution, wenn sie kommt, falls sie denn kommt?

Ich sage euch, warum die Thematik so wichtig ist. Wenn wir Frauen nicht gewinnen, gewinnt niemand. Wenn Queere, an den Rand Gedrängte, Freaks und Außenseiter nicht frei leben können, dann sind unsere Freiheiten das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden.

Es ist nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass toxische Männlichkeit die Welt zerstört. Wir Feminist*innen laufen natürlich schon seit Jahren in unserer schrillen hysterischen Art dagegen Sturm, doch vor der Wahl Donald J. Trumps, vor den Wahlerfolgen der Ultrarechten in Europa und den darauf folgenden Wellen der Gewalt gegen Frauen und Minderheiten nahm uns niemand ernst. Dieses Buch befasst sich unmittelbar mit dieser Gewalt – mit der Alt-Right-Bewegung und der Radikalisierung junger Männer in aller Welt, mit der ungezügelten Feindseligkeit, die unsere Kultur von innen zersetzt. Die Wurzel und den Kern dieses Konflikts bilden Männer, insbesondere weiße Arbeiter, die meinen, um ihr Geburtsrecht betrogen worden zu sein. Sie haben Recht, man hat sie übers Ohr gehauen, sie haben sich aber gefährlich täuschen lassen darüber, wer den Schwindel durchgezogen hat.

Oft hört man, in Zeiten wie diesen müsse man die »Identitätspolitik« beiseite legen und stattdessen über Klassen, und zwar nur über Klassen diskutieren. Selbst aufseiten der angeblichen Linken weisen die üblichen Verdächtigen wortreich darauf hin, dass die geopolitische Katastrophe hätte verhindert werden können, wenn wir uns weniger auf die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Schwarzen kapriziert und stattdessen mehr auf die Themen konzentriert hätten, die für echte Menschen relevant sind. Wobei unter »echten Menschen« natürlich die zu verstehen sind, die nicht weiblich, queer, dunkelhäutig oder fremdländisch sind. Ihr wisst schon, die Menschen, auf die es wirklich ankommt.

Während der beängstigende nationalistische Kapitalismus einen Sieg nach dem anderen einfährt, schieben Kommentatoren auf allen Seiten der selbstgerechten, oberlehrerhaften Debattenkultur der »Identitätspolitik« die Schuld in die Schuhe. Unter »Identitätspolitik« verstehen sie offenbar eine Politik für alle außer für weiße Männer in Provinzstädten und Jungs, die sich blutig rächen wollen, weil sie es nicht schaffen, ein Mädchen flachzulegen.

Innerhalb der zerstrittenen und gespaltenen Linken hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass der Themenkomplex Hautfarbe, Gender und Sexualität von der Klassenpolitik ablenke oder sich als bourgeoise Tendenz gar nach der Revolution erledigen werde. Nach dieser Logik lässt die politische Klasse die »echten« Arbeiter mit den unbeständigen wirtschaftlichen Verhältnissen im Stich, wenn sie sich mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit befasst.

Diese Behauptung erwächst aus einem grauenhaften Irrtum, und am schlimmsten daran ist, dass der Irrtum in etwa in die richtige Richtung geht, so wie ein Passagierflugzeug, das auf Kurs bleibt, bis es neben der Landebahn auf dem Acker aufschlägt. Tatsächlich hat sich die politische Klasse geduckt und es zugelassen, dass der Kamikaze-Kapitalismus rund um den Erdball das Leben arbeitender Menschen ruiniert. Mit »Identitätspolitik« hat diese feige Politik jedoch wenig zu tun. Wer an eine bessere Welt glaubt, muss sich daher dagegen wehren, dass beides im Bewusstsein der Öffentlichkeit nun in einen Topf geworfen wird.

Jede Politik ist Identitätspolitik, aber manche Identitäten werden stärker politisiert als andere. Dass Identitätspolitik und Fragen der Zugehörigkeit die scheinbar unlösbaren Probleme rund um Klassen, Macht und Armut überlagert haben, stimmt – aber das ist kein Problem für die traditionelle Linke. Es ist ein Problem für die traditionelle Rechte, die seit Jahrhunderten mit der Strategie des »Teile und herrsche« weiße Arbeiter*innen gegen schwarze und dunkelhäutige Arbeiter*innen, Männer gegen Frauen, im Lande Geborene gegen Zugezogene in einer Hierarchie der Opfer aufhetzt, damit Energie und Wut von den handfesten finanziellen Interessen abgelenkt werden, die hinter dem System stecken. Wenn die Rechten behaupten, den Leuten »ihr Land zurückzugeben«, ist das keine Identitätspolitik? Wenn sie erklären, Muslime, Migrant*innen und aufmüpfige Frauen stellten die wahre Sicherheitsbedrohung dar, ist das keine Identitätspolitik? Wenn sie den Leuten weismachen, dass sie sich »wieder großartig« fühlen würden, »great again«, wenn sie sich hinter den starken Männern versammeln, die die Flagge des weißen Nationalismus und der chauvinistischen Gewalt schwenken, was soll das sein, wenn nicht eine Identitätspolitik, die um vieles gefährlicher ist als alles, was wir seit den 1930er Jahren erlebt haben?

Es ist ein gigantischer Schwindel. Eine Gaunerei. Es hat nicht mit Donald Trump angefangen, aber der Immobilienmogul und Trotzkopf der sozialen Medien hat den systematischen Finanzbetrug zu seinem logischen Schluss gebracht. Der Präsident, seine Anhänger und seine Sugar Daddys haben mit ihrem politischen Betrug die gesamte westliche Welt hereingelegt. Und wie alle raffinierten Trickser haben sie uns eingeredet, wir mit unserer Naivität seien überhaupt an der ganzen Sache schuld.

Der Gedanke, dass wir schuld sind, ist irgendwie sogar beruhigend. Wir sind schuld, weil wir zu viel politische Korrektheit an den Tag gelegt, uns zu sehr um »Diversität« gekümmert haben. Die Liberalen und Linken haben es vermasselt, weil sie den jammernden Hippies zugehört haben mit ihren patschuliduftenden Idealen von Gerechtigkeit, Toleranz und einer Polizei, die nicht grundlos junge Schwarze totschießt. Die Alternative zu dieser Schuld wäre die noch schrecklichere Vorstellung, dass sich alles, was geschieht, in Wahrheit unserem Einfluss entzieht.

Dabei schließen soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit einander nicht aus. Wer das eine dem anderen opfern will, hat am Ende keins von beidem, und genau darauf zählen natürlich die skrupellosen Narzissten, die sich breitbeinig vor den Toren der Macht aufstellen. Die politische Mainstream-Linke ist seit Generationen nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Kernfragen zu beantworten, die – empörend, ich weiß, aber lasst mich ausreden – das Leben aller Menschen beeinflussen, egal welcher Hautfarbe, welchen Genders, welcher sozialen Herkunft. Seit Jahrzehnten konnte die etablierte Linke angesichts der spätkapitalistischen Vormacht realistisch nicht mehr erreichen, als das System schrittweise zu justieren und für einzelne Gruppen etwas gerechter zu gestalten; gegen die strukturelle Ungleichheit, die diese Ungerechtigkeit überhaupt erst herbeiführte, unternahm sie nichts. Das muss sich ändern, und zwar bald. Und auch nicht nur wegen erhabener moralischer Prinzipien. Der Versuch, die Wirtschaftspolitik zu reparieren, ohne die strukturelle Ungleichheit anzupacken, ist nicht nur moralisch unsinnig, sondern eine intellektuelle Bankrotterklärung.

Hautfarbe, Gender und Sexualität sind in der aktuellen Krise keine untergeordneten Themen. Sie sind Grundlage und Ausdruck dieser Krise. Der Kapitalismus hat die verfügbaren Arbeitskräfte stets nach Hautfarbe und Geschlecht getrennt und dafür gesorgt, dass wir in Krisenzeiten nicht die Maschine in Brand setzen, sondern einander. Jede Politik ist Identitätspolitik, und heute ist wahrlich nicht die richtige Zeit, unser Engagement für die Rechte von Frauen und ethnischen Minderheiten und für sexuelle Gleichberechtigung einzustellen. Wir müssen es vielmehr verstärken. Der Kampf gegen den Neofaschismus in den Konzernen, der mit jedem Fernseher in jedes Wohnzimmer gelangt, ist nicht zu gewinnen, wenn Liberale, Linke und Aktivist*innen für soziale Gerechtigkeit aufeinander losgehen. Diesen Kampf gewinnen wir gemeinsam...

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