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Bürgerjournalismus in der digitalen Öffentlichkeit: Die politische Rolle von Blogs in der gegenwärtigen Zeit

AutorMarta Michniewicz
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl80 Seiten
ISBN9783842817364
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Das kommerzielle Fernsehen, Zeitungen und Radio können heute kaum als neutrale Vermittlungsinstanz der öffentlichen Meinung zwischen dem politischen System und den BürgerInnen betrachtet werden, wenn sie es überhaupt jemals waren. Nach wie vor bestimmen ökonomische Zwänge und Interessenspolitiken die medialen Darstellungen. Im Mittelpunkt dieser Studie steht die Untersuchung der demokratischen Qualitäten des Internets, als alternativen Raum politischer Öffentlichkeit. Das besondere Interesse gilt dabei Blogs, persönlichen Internetseiten, die prinzipiell eine freie und unabhängige Publikationsfläche bieten. Es wird beleuchtet, inwiefern Blogs den jeweiligen Nutzern erlauben, den eigenen Ansichten Ausdruck zu verleihen und damit an der politischen Willensbildung mitzuwirken. 'Die demokratisch verfasste Meinungs- und Willensbildung ist auf Zufuhr von informellen öffentlichen Meinungen angewiesen, die sich idealerweise in Strukturen einer nicht vermachteten politischen Öffentlichkeit bilden' (Habermas).
Die Autorin vergleicht das demokratietheoretischen Ideal politischer Öffentlichkeit mit der realen Nutzung des Internets als politisches Medium. Defizite, Widersprüche und Fakten werden aufgezeigt, welche es dem Leser und der Leserin ermöglichen die politische Rolle von Blogs in der gegenwärtigen Zeit besser einzuordnen. Die Autorin berichtet über medienkritische BloggerInnen aus den USA, subversive Untergrund-Blogs aus Burma und prüft ihren Beitrag zur Transparenz und Qualitätssicherung des professionellen Journalismus. Unter Einbezug authentischer Augenzeugenberichte und Momentaufnahmen von BloggerInnen wird die Rolle von Blogs im internationalen Kontext geprüft. Dabei gilt es zu beweisen, ob von einem realen Beitrag zur Herstellung einer hierarchiefreien politischen Öffentlichkeit die Rede sein kann. Tragen Blogs zu einer Erweiterung der ungleich verteilten Zugangs- und Handlungsmöglichkeiten der Massenmedien bei und sind sie überhaupt zuverlässige Quellen?

Marta Michniewicz, geboren 1985 in Szczecin/Polen, studierte Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung und Jura in Marburg. Während verschiedener Auslandsaufenthalte in Südostasien und Frankreich intensivierte die Autorin ihre Auseinandersetzung mit dem Internet als politisches Medium. Derzeit lebt sie in Hamburg und arbeitet an verschiedenen Projekten als Onlineredakteurin und Schriftstellerin.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.2.3, Blogs als politisches Medium: Um die Fähigkeit von Blogs Aufmerksamkeit für politische Themen, Informationen und Meinungen zu wecken, lohnt es sich die Häufigkeit der Rezeption und Kommentierung konkret politischer Inhalte in Blogs zu betrachten. Im Rahmen einer Studie zum Bundestagswahlkampf stellte Abold beispielsweise fest, dass rund ein Drittel der befragten InternetnutzerInnen politische Blogs zur Information nutzen. Allerdings wurden die Internetseiten traditioneller Medien immer noch deutlich häufiger genutzt (zu 78%), als die von Privatpersonen und überparteilichen Institutionen/Gruppen. Die Nutzungsfrequenz von Blogs zur politischen Information ist bei weitem nicht vergleichbar mit den traditionellen Medien. 'In Deutschland werden Blogs als Informationsquelle nur marginal benutzt', so Prof. Dr. Machill vom Lehrstuhl für Journalistik der Universität in Leipzig. Er verweist jedoch auf länderspezifische Differenzen: In den Vereinigten Staaten nehmen blogvermittelte Informationen einen höheren Stellenwert für die bürgerliche Meinungsbildung ein als in Deutschland. Meinungsführende Blogs könnten da 'eine große Breitenwirkung' erlangen. Auch Beckedahl, Autor von netzpolitik.org, einem der populärsten deutschen Politblogs, bestätigt: 'Im Vergleich zu Amerika sind wir immer noch ein Schwellenland'. Im Rahmen einer nationalen Umfrage des Pew Research Center for the People & the Press von Oktober 2008 wurden US-AmerikanerInnen zu ihrem Nutzungsverhalten befragt, Blogs zur politischen Information zu nutzen. 43% der AnhängerInnen der demokratischen Partei gaben an, Blogs 'about politics and the campaign' zu lesen, wohingegen nur halb so viele RepublikanerInnen (22%) aussagten, politische Blogs verfolgt zu haben. In Deutschland haben Blogs vergleichsweise eine geringere gesellschaftliche Relevanz: Der ARD/ZDF-Onlinestudie zufolge empfanden 66% der Befragten die Informationen aus Blogs als weitgehend unwichtig. Die unterschiedliche gesellschaftliche Relevanz von Blogs wird auch deutlich, wenn man die Aktivität der NutzerInnen betrachtet. Während in den USA beispielsweise der politische Blog Dailykos, von fast einer halben Million NutzerInnen täglich besucht wird und die Beiträge durchschnittlich 200 Kommentare erhalten, zählt der beliebteste deutsche Politblog, der Bildblog, nach eigenen Angaben 40.000 Besucher am Tag, ohne eine Kommentarfunktion zuzulassen. Auf der Homepage des amerikanischen Nachrichtennetzwerkes MSNBC wurde eine Rubrik für 'Citizen Journalists' eingerichtet, wo BürgerjournalistInnen selbständig eigene Beiträge einstellen können. Ähnliche Ansätze der Einbindung von LeserInnen in den politischen Diskurs im Internet, lassen sich derzeitig in Deutschland nur bei der ZEIT-online entdecken. Unter der Rubrik 'community' können LeserInnen Kommentare und Kritik zu Redaktionsartikeln äußern. Weiterhin gibt es hier die Möglichkeit eigene Beiträge zur Diskussion zu stellen. Die Beteiligungsaktivität der Deutschen Blogbeiträge zu kommentieren ist allerdings nicht so ausgeprägt, wie bei den AmerikanerInnen. Eine eigene Erhebung zeigte: Die Berichte über die Gewaltausbrüche zwischen Israel und Palästina Ende Dezember 2008 wurden auf dem US-amerikanischem Blog www.huffingtonpost.com über 7000 Mal kommentiert. Bei der gleichen Diskussion waren zum gleichen Zeitpunkt bei der ZEITonline 360 Kommentare vorhanden. Die sehr lebendige politische Blogosphäre in den USA hat sich laut Schmidt über zwei Schlüsselereignisse formiert: 1.) Während des zweiten Irak-Kriegs haben Blogs breitere Bekanntheit erlangt, als sie Informationen direkt aus dem Krisengebiet verfügbar machten. 2) Während der US-Präsidentschaftswahl 2004 wurden Blogs zum ersten Mal auch in größerem Umfang politisch genutzt. Dem Präsidentschaftskandidaten Howard Dean gelang es, durch seinen Blog Wahlspenden von über 20 Millionen Dollar zu sammeln und 'Tausende' von freiwilligen Wahlhelferinnen und -helfern zu mobilisieren. Nicht zu unterschätzen ist auch die Funktion, die Blogs als strategisches Instrument zur Mobilisierung und Vernetzung ihrer WählerInnen bei dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2008 erhalten haben. Das Wahlkampfteam des Präsidentschaftskandidaten Barack Obama hat das Internet vor allem dazu genutzt junge AmerikanerInnen zum Wählen zu motivieren. Über Obamas Blog wurden bis Juli 2008 Spenden in der Höhe von rund 200 Millionen Dollar gesammelt. Die gesellschaftliche Relevanz von Blogs bei diesem 'Online-Wahlkampf' ergab sich nicht nur aus ihrer Funktion der schnellen Informationsweitergabe zwischen den WahlkampfhelferInnen und den WählerInnen. Tausende Blogs recherchierten im Hintergrund zu Aussagen der KandidatInnen und kommentierten PolitikerInnenauftritte. Das Internet wurde in den USA während des Wahlkampfes 2008 zu einer neuen 'Aktionsbühne' - die BürgerInnen führten durch ihre Beiträge und Kommentare in Blogs regelrechte 'ideologische Kämpfe', so Talbot. Vergleichbare Schlüsselereignisse, zur Initialisierung von Blogs als politisches Medium, ließen sich in Deutschland bisher nicht beobachten, so Schmidt. Es gab zwar gerade vor der letzten Bundestagswahl 2005 ebenfalls eine Menge politischer Blogs von KandidatInnen der verschiedenen Parteien, doch haben diese kaum größere Bekanntheit erreicht. Nach Jochen Wegner, Chefredakteur von 'Focus Online', sind kulturelle Gründe der Auslöser für die geringe Beteiligung der Deutschen an virtuellen Debatten. Dabei verweist er auf das Fehlen einer Rhetorikkultur und ein geringes Verständnis für die Idee der Redefreiheit. Schmidt meint, die historisch-kulturelle Tradition des bürgerschaftlichen Engagements in den USA befördere dort eine andere Diskussionskultur. Doch auch die breit gefächerte Medienlandschaft in Deutschland und die vorhandenen öffentlich-rechtlichen Medienangeboten sind ihm zufolge der Grund, warum Blogs als politische Informationsquellen hierzulande kaum Aufmerksamkeit erfahren. Auch Beckedahl sieht in den verschiedenen Mediensystemen den Grund dafür, dass Blogs in Deutschland bisher kaum politische Bedeutung erhalten haben: 'Hier kann man sich noch das ideologische Weltbild am Kiosk kaufen - von links-radikal bis rechts-radikal' . Es lässt sich schließen, es ist auf das allgemein eher regierungskonforme Stimmungsbild der Massenmedien in den USA zurückzuführen, dass sich dort eine aktivere und gesellschaftlich relevantere politische Blogosphäre als in Deutschland herausgebildet hat. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern politische Blogs ein geeignetes Medium darstellen, um politische Öffentlichkeit, im Sinne demokratietheoretischer Ansprüche, herzustellen.
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