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Case Management im Übergangsmanagement von der Schule in den Beruf

Am Beispiel des Projektes 'Kompetenzagenturen'

AutorJulia Mahlstaedt
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl114 Seiten
ISBN9783640834372
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,7, Fachhochschule Kiel (Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit), Sprache: Deutsch, Abstract: Was muss bei der Umsetzung des Handlungskonzeptes Case Management in der Sozialen Arbeit beachtet werden, damit es als sozialarbeitswissenschaftlich fundiertes Konzept seinen Kritikern selbstbewusst entgegen treten kann? Welche Rolle spielen die Jugendsozialarbeit, insbesondere die Jugendberufshilfe, und die Kompetenzagenturen im Übergangssystem? Um der Beantwortung dieser Fragen näher zu kommen widmet sich diese Arbeit in einem ersten Schritt den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Jugendberufshilfe und beginnt somit aus dem Blickwinkel der Makroebene. Die gewandelte Bedeutung von (Lohn-)Arbeit, die sich verlängernde Jugendphase, die Bedeutung von Jugendarbeitslosigkeit und das Übergangssystem werden aufgezeigt. Danach wird versucht, die Soziale Arbeit - hinsichtlich ihrer Rolle im Sozialstaat und ihres Auftrages - in diesem Kontext zu verorten. Im dritten Kapitel wird das Projekt 'Kompetenzagenturen' vorgestellt. Die Entwicklungslinien der Modell- und der Durchführungsphase werden nachgezeichnet und Auftrag, Zielgruppe, projektbezogene Vorgaben und Zielsetzungen der Kompetenzagenturen werden analysiert. Die Vorstellung der Projektfinanzierung und der am Projekt beteiligten Institutionen schließt das Kapitel. Eine, vom ESF definierte Vorgabe für Kompetenzagenturen ist die Anwendung des Konzeptes Case Management, also widmet sich das vierte Kapitel diesem Handlungskonzept. Die theoretischen Grundlagen werden herausgearbeitet und daraus werden Handlungsgrundlagen des Case Management abgeleitet. Im nächsten Schritt werden die verschiedenen Phasen eines Case Management-Prozesses vorgestellt. Das Kapitel schließt mit einem mikroperspektivischen Blick auf ein Fallbeispiel, wobei die Umsetzung des Handlungskonzeptes in der Praxis der Kompetenzagentur Eutin im Fokus steht. Das letzte Kapitel zeigt die Möglichkeiten und Grenzen von Case Management in Kompetenzagenturen auf. Die Ursachen, die dem Handlungskonzept den 'schlechten Ruf' geben werden aufgeschlüsselt und reflektiert. Ein Ausblick beschäftigt sich mit der Zukunft der Kompetenzagenturen und kann die Frage nach der Rolle und Bedeutung der Jugendsozialarbeit nicht vermeiden.

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Leseprobe

3. Die Kompetenzagentur, ein bundesweites Programm zur beruflichen Integration besonders benachteiligter Jugendlicher


 

In Deutschland gibt es im Jahr 2010 200 Kompetenzagenturen. Sie „wenden sich mit ihrem Angebot an besonders benachteiligte Jugendliche, die nach der Schule auf dem Weg in den Beruf ‚verloren gegangen‘ sind und von den vorhandenen Angeboten der verschiedenen Leistungssysteme, also der Schul- bzw. Berufs- bildung, der Arbeitsmarktförderung und der kommunalen Jugendhilfe, nur noch sehr schwer erreicht werden können.“[132]

 

Die mit dem ‚Modellprogramm Kompetenzagenturen‘ (2002 – 2006)  voraus- gegangene Längsschnittuntersuchung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) - das DJI-Übergangspanel - kam zu dem Ergebnis, dass die unmittelbare Abfolge der Schritte Schule - Berufsausbildung besonders für Jugendliche mit Hauptschul-

 

abschluss oder ohne Schulabschluss von heterogenen und komplexen Wegen hin zur Berufsausbildung abgelöst wurde.[133] 

 

Seit Mitte der 1990er Jahre wurde in der Fachöffentlichkeit verstärkt über die Situation der Förderlandschaft der Berufsausbildungsvorbereitung diskutiert. Sie bestand aus einem umfangreichen und unübersichtlichen Maßnahmenangebot, umgangssprachlich ‚Maßnahmendschungel‘ genannt.[134] Die Fülle der Förder- angebote ermöglichte einerseits das „Hin- und Herschieben“[135] der Jugendlichen zwischen unterschiedlichen Angeboten ohne gleichzeitig Kenntnisse über die bisherigen individuellen Wege durch die Förderlandschaft der/des einzelnen Jugendlichen zu haben, andererseits unterlagen Jugendliche oft einem Zufallsprinzip bei der Wahl der Maßnahmen. Welche Maßnahme absolviert wurde entschied sich nach Verfügbarkeit der Maßnahme und nicht unbedingt nach individuellen Neigungen, Interessen und Zielen.[136]

 

Das DJI veröffentlichte 1999 eine Expertise mit Forschungsergebnissen der in den Jahren zuvor durchgeführten Untersuchungen zur Lebenslage Jugendlicher im Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Darüber hinaus wurden in der Expertise Ergebnisse regionaler Fallstudien und der wissenschaftlichen Begleitung von Modellversuchen in Projekten arbeitsweltbezogener Jugendsozialarbeit zusammengeführt.[137] Als zentrale Problemstellung wurde „die mangelnde Abstimmung der unterschiedlichen Akteure und Instanzen auf örtlicher Ebene“[138] herausgearbeitet.

 

Daraus folgt, dass Netzwerke intermediäre Institutionen und Verfahren benötigen um individuelle Bildungswege passgenau planen zu können und den Überblick über bisher durchlaufende Maßnahmen und die Ziele der/des Jugendlichen zu behalten.[139]

 

Die berufliche und soziale Integration besonders benachteiligter Jugendlicher gilt als Ziel der Kompetenzagenturen. Ihre zentrale Funktion ist die Beratung und Vermittlung von Jugendlichen, sie sind Lotsen zwischen den zuständigen Institutionen.[140]Adressaten der Kooperation und Vernetzung des so genannten ‚Übergangsmanagements‘ sind - neben den Trägern und Anbietern der Maß-

 

nahmen - das Jugendamt, der Träger der Grundsicherung, Schulen, die Agentur für Arbeit, Betriebe, Kammern und freie Träger.

 

Anstelle der Maßnahmenorientierung setzt das Programm bei den Biografien der einzelnen Jugendlichen an. Statt der Entwicklung neuer pädagogischer Maßnahmen werden den Jugendlichen - mit Hilfe des Konzepts Case Management - individuell und passgenau abgestimmte Unterstützungen angeboten.[141] Case Management soll mit dem Ziel umgesetzt werden, mit den Jugendlichen gemeinsam Bildungs- und Qualifizierungswege im Anschluss an die allgemeinbildende Schule zu entwickeln. Auf diese Weise sollen Brüche, Umwege und Sackgassen verhindert werden, damit die soziale und berufliche Integration gelingen kann.[142]

 

Im ersten Jahr der Durchführungsphase (2007) haben die rund 200 Kompetenz-

 

agenturen der ersten und zweiten Förderrunde mehr als 21.000 Jugendliche erreicht. Rund 60 Prozent von ihnen wurden - über das Informations- und Beratungsangebot hinaus – in ein Case Management übernommen.“[143]

 

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Entstehungsprozess der Kompetenz-

 

agenturen, mit den verfolgten Zielen und der Zielgruppe der ‚besonders benachteiligten Jugendlichen‘. Die Vorstellung der Projektfinanzierung und seiner institutionellen Einbindung schließt das Kapitel.

 

3.1 Entstehungsprozess der Kompetenzagenturen


 

Der Entwicklungsprozess des Programmes ‚Kompetenzagenturen‘ ist in zwei Abschnitte gegliedert, die im Folgenden als Anhaltspunkte für eine Chronologie gesehen werden sollen. Das ‚Modellprogramm Kompetenzagenturen‘ (2002 - 2006) ist Ergebnis einer deutschen Entwicklung und wurde aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans (KJP) finanziert. Die ‚Durchführungsphase‘ der Kompetenzagenturen (2007 - 2013) ist eine Implementierung der Vorgaben des Europäischen Paktes für die Jugend in die  deutsche Jugendpolitik. In dieser Phase werden die Kompetenzagenturen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert.

 

Entwicklungen zum Modellprojekt  in Deutschland:

 

Im November 1998 erklärte der gerade gewählte Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Regierungserklärung der rot-grünen Bundesregierung die Arbeitslosigkeit (knapp 4,2 Millionen Arbeitslose, Quote: 11,1%[144]) zu einem „Jahrhundertproblem“.[145] Den Abbau von Arbeitslosigkeit bezeichnete er demzufolge als primäres Ziel seiner Politik in der kommenden Legislaturperiode. Präzise formulierte er: "Wir wollen uns jederzeit, nicht erst in vier Jahren, daran messen lassen, in welchem Maße wir zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen."[146]

 

Das bereits in der Regierungserklärung von Gerhard Schröder angekündigte ‚Bündnis für Arbeit, Qualifizierung und Wettbewerbsfähigkeit‘ nahm 1999 seine Arbeit auf. Es bestand aus Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Bundesregierung und hatte sich der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Verringerung der Arbeitslosigkeit verschrieben. Die ‚Arbeitsgruppe Aus- und Weiterbildung‘ befasste sich u.a. mit dem Themenkomplex ‚Berufliche Förderung Benachteiligter‘.[147] 

 

Die Entwicklungsinitiative ‚Neue Förderstruktur für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf‘ wurde, aufbauend auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppe Aus- und Weiterbildung, vom Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (INBAS), der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erarbeitet. Im Mittelpunkt der Entwicklungsinitiative stand die „passgenaue individuelle Förderung der Jugendlichen aus einem Guss“.[148] Die bestehende Maßnahmenstruktur wurde in ein integriertes Fördersystem überführt. Dies sollte individuelle Qualifizierungsverläufe ermöglichen.[149]

 

Wichtige Eckpfeiler der Neuen Förderstruktur sind:

 

  Ein breites Angebot durch kooperative Qualifizierungsangebote regionaler Träger schaffen.

 

  Auf Grundlage einer Kompetenzfeststellung die individuelle Qualifizierung planen.

 

  Individuell flexible Einstiege, Verläufe und Übergänge möglich machen.

 

  Kontinuierliche Begleitung des Qualifizierungsprozesse durch neutrale Bildungsbegleiter.[150]

 

Ziel der Entwicklungsinitiative war der qualitative Ausbau und  strukturelle Veränderungen an der ersten Schwelle - dem Übergang von der Schule in den   Beruf - um die Effizienz einer Berufsvorbereitung zu verbessern. Es sollten geeignete Konzepte entwickelt werden, um Jugendlichen, die für bisherige Angebote nicht oder nur schwer erreichbar waren, einen neuen Zugang zu Förderangeboten zu ermöglichen. Verschiedene Bundesministerien[151] legten Struktur bildende Programme auf, die gemeinsame Entwicklungslinien im Sinne der ‚Neuen Förderstruktur‘ verfolgten.[152]

 

So entstand neben dem Modellprogramm Kompetenzagenturen des BMFSFJ das BQF-Programm ‚Kompetenzen fördern - berufliche Qualifizierung für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf‘ des BMBF.[153]

 

Das BQF-Programm hatte eine Laufzeit von fünf Jahren (2001 bis 2006) und kann als ‚Strukturveränderungsprogramm‘ verstanden werden.[154] „Die Intention des Programms war es, das vorhandene System der beruflichen Benachteiligtenförderung zu optimieren und dabei vor allem zielgruppenorientierter zu gestalten.“[155] Den schon vorhandenen vielfältigen Förderansätzen sollten keine weiteren neuen Ansätze ohne übergreifende strukturelle Einbindung hinzugefügt werden.

 

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