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CBASP - Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy

Chronische Depressionen effektiv behandeln

AutorElisabeth Schramm, James P. McCullough, Kim Penberthy
VerlagJunfermann
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783955714659
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Hinter dem Begriff 'Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy' (CBASP) verbirgt sich eine der interessantesten Neuentwicklungen der kognitiven Verhaltenstherapie. Der Ansatz integriert behaviorale, kognitive, psychodynamische sowie interpersonelle Strategien und gilt weltweit als der einzige Therapieansatz, der speziell für chronisch depressive Patienten und Patientinnen konzipiert wurde. Im Buch geht es neben der Entstehung und typischen Merkmalen des CBASP um die Rolle des Therapeuten, die in diesem Ansatz zentral ist, Fallbeispiele und Umsetzung im therapeutischen Alltag. Dieses Buch ist ein weiterer Band aus der Reihe 'Therapeutische Skills kompakt', in der Theorie und Praxis einzelner Therapieformen fundiert und kurzweilig vorgestellt werden.

James P. McCullough, Professor für Psychologie und Psychiatrie an der Virginia Commonwealth University. Als Begründer des CBASP-Ansatzes hat er über 300 chronisch Depressive selbst behandelt. <br /> <br />PD Dr. Elisabeth Schramm arbeitet als Klinische Psychologin in leitender Position am Universitätsklinikum Freiburg und als Psychotherapeutische Supervisorin. <br /> <br />Dr. Kim Penberthy ist Klinische Psychologin am Contemplative Science Center der Universität in Virginia.

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Leseprobe

1. Die einzigartige Geschichte des CBASP


Die Anfänge

Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP; McCullough, 1980, 1984) ist das einzige Psychotherapiemodell, das gezielt für die Behandlung der Persistierenden Depressiven Störung entwickelt wurde (APA, 2013). Die Entwicklung des CBASP verlief dabei zeitgleich mit der Festschreibung der chronischen Depression als eigener diagnostischer Kategorie im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-III) (APA, 1980), DSM-III-R (APA, 1987) und DSM-IV-TR (APA, 2000). Erst mit dem Auftauchen der Dysthymie im DSM-III gab es eine spezifische Kategorie, mit der eine chronische depressive Störung zuverlässig diagnostiziert werden konnte. Vor dem Erscheinen des DSM-III schrieben Weissman und Klerman (1979), dass chronisch depressive Patienten zu selten als solche erkannt, nicht angemessen behandelt und oft einfach als „Wracks“ bezeichnet wurden (Lipsitt, 1970).2

Im Jahre 1974 begann ich (JPM) gemeinsam mit einem meiner Doktoranden, William F. Doverspike, ein Therapieprogramm für die Behandlung chronisch depressiver Patienten zu entwickeln (Doverspike, 1976, 1979; McCullough, 1980). Diese Patienten waren extrem ichbezogen und beklagten sich in einer hilf- und hoffnungslosen Art endlos darüber, wie schlecht man sie behandeln würde. In Bezug auf interpersonelle Beziehungen und Fertigkeiten waren sie vollkommen unfähig. Außerdem berichteten die meisten von ihnen, in einem von verbaler, emotionaler, körperlicher und sexueller Misshandlung geprägten familiären Umfeld aufgewachsen zu sein.

Doverspike nannte unser Behandlungsmodell 1974 das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy. Dabei beschrieb der Name bereits das Hauptziel des Modells, nämlich die Analyse problematischer Funktionsbereiche unter Verwendung echter Beispielsituationen sowie die anschließende Beseitigung der Defizite. CBASP entwickelte sich parallel zu Becks Kognitiver Therapie (KT) und auch der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) (Beck et al., 1979). Obwohl die (englischen) Bezeichnungen der Therapien ähnlich klingen, griff CBASP zu keiner Zeit auf die psychopathologischen oder behandlungsbezogenen Annahmen der KT / KVT zurück. Chronische Depression wurde im CBASP nie als „Denkstörung“ angesehen (Beck, 1963, 1964); stattdessen betrachtete man sie als schwerwiegende affektive Störung, die ihren Ursprung in einer von Misshandlungen geprägten individuellen Entwicklungsgeschichte hatte. Die ätiologische Hypothese war (und ist es bis heute), dass Erfahrungen mit Misshandlungen zu einem „Entgleisen“ in den sozial-interpersonellen Reifungsprozessen führen. Grundlage hierfür war die Beobachtung, dass die erwachsenen Patienten interpersonell auf eine Weise funktionierten, welche dem Verhalten von Grundschulkindern in der präoperationalen Phase ihrer Entwicklung entsprach. Die Verbalisierungsmuster der Patienten waren oft primitiv und präkausal, da sie sich von einer Hypothese zu einer Schlussfolgerung bewegten, ohne dass es zwischen diesen eine logische Evaluation gab. Wenn die Patienten ihre Erfahrungen beschrieben, deutete ihre Sprache darauf hin, dass sie in ihrer Wahrnehmung von ihrer sozial-interpersonellen Umwelt entkoppelt waren; das bedeutet, was andere Leute sagten oder taten, diente ihnen nicht als Grundlage für eigenes Verhalten. CBASP wurde dafür konzipiert, dieses Wahrnehmungsdilemma anzugehen und die Patienten perzeptuell mit der interpersonell-sozialen Welt zu verbinden, damit sie empfänglich für korrektives interpersonelles Feedback wurden. Vom ersten Moment an beruhte CBASP auf einem interpersonellen reziproken kausal determinierenden Verhaltensmodell (Bandura, 1977; Kiesler, 1996). Das primäre Ziel dieser Behandlung ist es, einen von seiner sozialen Umwelt losgelösten Patienten zu lehren, in reziprok deterministischer Weise zu funktionieren.

Um für einen Moment abzuschweifen, wir geben zu, dass die Bezeichnung Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (Doverspike, 1976, 1979; McCullough, 1980) irreführend sein könnte. Besonders im englischsprachigen Raum halten viele Leute das CBASP aufgrund seines Namens für eine Variante von KT / KVT. Im Vergleich von CBASP und KT fallen jedoch mehrere Unterschiede auf: 1) CBASP wurde gezielt für die Behandlung chronisch depressiver Patienten entwickelt, wohingegen KT / KVT ursprünglich zur Behandlung der akuten / episodischen Major Depression angedacht war (Beck et al., 1979); 2) im CBASP wird die Psychopathologie des chronisch depressiven Patienten als schwerwiegende affektive Störung angesehen; 3) wie bereits oben erwähnt, ist CBASP ein interpersonelles Modell (McCullough, 2006a, 2012b) mit dem Hauptziel, die Aufmerksamkeit des Patienten auf den Therapeuten zu lenken, damit man ihm die Interaktion mit dem Kliniker beibringen kann – demgegenüber ist KT / KVT primär ein intrapersonelles Modell, bei dem der Hauptfokus des Therapeuten auf dem Denken des Patienten verbleibt (Beck et al., 1979; Beck, 1995); 4) in Erweiterung dieses dritten Unterscheidungsmerkmals ist die Rolle des CBASP-Therapeuten eine, in der ein sogenanntes Diszipliniert persönliches Einbringen erfolgt. Der Kliniker ist dabei ein aktiver Teilnehmer am interpersonellen Spiel, der die Patienten interpersonelles Verhalten lehrt – im Gegensatz zu KT / KVT-Praktikern, die in ihrer traditionelleren Rolle verweilen und den Patienten daher keine kontingenten persönlichen Reaktionen ihrerseits enthüllen (Beck, 1995, 2005; Whisman, 2008); 5) CBASP ist ein durchgängig operationalisiertes System, das Lernprozesse auf Seiten der Patienten betont. Von diesen wird erwartet, sich den therapeutischen „Lernstoff“ und die Zielverhaltensweisen der Therapie anzueignen und Letztere exakt entsprechend den Vorgaben auszuführen (McCullough et al., 2010; McCullough et al., 2011). Forschungsergebnisse bestätigen, dass die Patienten, die sich die im CBASP gelehrten Fertigkeiten am gründlichsten aneignen, auch die besten Therapieergebnisse erreichen (Manber et al., 2003).

Mitte der 1970er-Jahre bestand das CBASP-Modell noch vorwiegend in der Technik der Situationsanalyse (SA). Hierbei handelt es sich um eine Behandlungsstrategie, die ein Individuum auf der Wahrnehmungsebene progressiv mit seiner interpersonellen Umwelt verbindet, indem es ihm die Konsequenzen seines Verhaltens bewusst macht. Die Auswirkungen des eigenen Verhaltens zu erkennen ist eine Leistung, die im CBASP als wahrgenommene Funktionalität bezeichnet wird (McCullough, 2000, 2006). Der Erwerb dieser wahrgenommenen Funktionalität stellt das Hauptziel der Situationsanalyse dar (McCullough, 2000; McCullough et al., 2010).

Fortwährende Weiterentwicklung des CBASP-Modells und der Differentialdiagnostik im DSM

Mitte der 1980er-Jahre wurde ein Patientenmanual für CBASP entwickelt (Kasnetz, 1986; Kasnetz & McCullough, 1983), das den Vorläufer des heute aktuellen Patient’s Manual for CBASP darstellt (McCullough, 2003; dt. Übersetzung: Schweiger, 2006). Auf die Veröffentlichung des DSM-III (APA, 1980) folgten diverse Publikationen, in denen die Behandlung von an Dysthymie leidenden Patienten mittels CBASP dargestellt wurde (McCullough, 1980, 1984, 1991, 2001).

Ebenfalls in den 1980er-Jahren setzte Karen F. Carr (1989) CBASP in ihrer klinischen Arbeit ein, um Denkmuster bei dysthymen Patienten zu untersuchen. Kasnetz (1986) erforschte die interpersonellen Auswirkungen depressiven Verhaltens, während Bryan West CBASP bei Patienten mit Lungenkrebs durchführte, von denen einige chronisch depressiv waren.

Während der 1980er- und frühen 1990er-Jahre riefen wir als CBASP Research Team (eine Forschergruppe an der Virginia Commonwealth University) eine Reihe von Studien ins Leben, in denen die naturalistischen diagnostischen Profile einer Gelegenheitsstichprobe chronisch depressiver Patienten untersucht wurden, welche über einen längeren Zeitraum unbehandelt blieben (Kaye et al., 1994; McCullough, 1988; McCullough et al., 1988, 1990a/b, 1994). Wir fanden eine Spontanremissionsrate unter zehn Prozent im Laufe des Beobachtungszeitraumes von jeweils einem Jahr. Im Laufe der vierjährigen Nachverfolgung der Patienten, bei denen eine Remission eingetreten war, berichteten 50 Prozent dieser von einem Wiederauftreten der chronischen Störung. Das Ergebnis dieses Programms war ein Übersichtsartikel, den wir 1996 publizierten (McCullough et al., 1996). Zusammenfassend kann man sagen, dass die Entwicklung der Nomenklatur zur chronischen Depression und die damit einhergehende zunehmende Akzeptanz der Unterscheidung zwischen akut-episodischer Major Depression und chronischer Depression in der Fachwelt die Relevanz von CBASP als Behandlungsmodell für chronische Depression vergrößert hat. Und schließlich versuchten wir in zwei Artikeln (McCullough et al., 2000, 2003) anhand der Untersuchung der in zwei großen landesweiten klinischen Studien durchgeführten Diagnostik zu ergründen, ob validierbare Unterschiede zwischen den diversen existierenden Subtypen chronischer Depression (wie Double Depression, chronischer Major Depression und rezidivierender Major Depression ohne vollständige Remission zwischen den Episoden) existierten. Hierzu verglichen wir diese Subtypen auf einer breiten Palette von Skalen, fanden jedoch in den Analysen (N=1316 ambulant behandelte Patienten mit chronischer Depression) nur vernachlässigbare Unterschiede. Die allgemeine Schlussfolgerung hieraus lautete, dass die vielfältigen chronischen Formen der...

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