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E-Book

Chancen und Risiken digitaler Finanztechnologien für bestehende Vertriebsstrukturen von Sparkassen

AutorNils Sumfleth
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783668476943
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
'Banking is necessary, banks are not.' Mit dieser provokanten Aussage machte Bill Gates vor mittlerweile über 20 Jahren auf die zukünftige Entwicklung am weltweiten Bankenmarkt aufmerksam. Es ist jedoch beeindruckend, wie standhaft das Filialbankenmodell in Deutschland bisher war. Selbst die visionärsten Köpfe um Lary Page oder Steve Jobs haben es bisher nicht geschafft, die zahlreichen deutschen Banken und Sparkassen in die Knie zu zwingen. Doch der Hintergrund dieser Aussage scheint seither mit jedem Jahr an Bedeutung zu gewinnen, denn die Digitalisierung ist in der Finanzbranche angekommen. Inzwischen erledigen 54 Prozent, das entspricht rund 34 Millionen erwachsene Menschen in Deutschland, ihre Bankgeschäfte zumindest teilweise online. Auf Grundlage vorliegender externer Datenerhebungen und den Ergebnissen der durchgeführten Umfrage analysiert der Autor potenzielle Chancen und Risiken für die Sparkassen, insbesondere bezogen auf die bestehende Vertriebsstruktur. Anhand der Ergebnisse zeigt der Autor einen belastbaren Ausblick für die zukünftige Vertriebsstruktur und den Umgang mit den neuen Finanztechnologien auf. Aus dem Inhalt: - Finanzdienstleistungen; - FinTechs; - Bankwertschöpfungskette; - Omnichannel; - Disruption

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Leseprobe

3 Bestandsaufnahme von digitalisierten Finanztechnologien


 

Verfolgt man die Diskussion in den Medien, so könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Zeit der Sparkassen schon bald abgelaufen ist. Es wird der Anschein vermittelt, dass die Zukunft den aufstrebenden Anbietern von FinTechs gehört, die die Digitalisierung stark vorantreiben. „Andere Stimmen mahnen bereits vor dem neuen Hype und einer erneuten Dot-Com-Blase, wie vor 15 Jahren mit dem Internet-Hype.“[62] Banken und Sparkassen werden sicherlich nicht überflüssig werden. Aber genauso sicher werden sie sich der Entwicklung nicht entziehen können. In diesem Kapitel werden die Besonderheiten der FinTechs und deren verschiedene Geschäftsmodelle beschrieben. Grundsätzlich wird sich aber nicht detailliert mit einzelnen Anbietern und Funktionen beschäftigt, sondern übergeordnet auf die Einflüsse auf die Finanzbranche eingegangen.

 

3.1 Digitalisierte Finanztechnologien (FinTechs)


 

FinTech ist ein Sammelbegriff für den intelligenten Einsatz moderner Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen. Der Terminus FinTech bezeichnet alle Technologien rund um das Geldgeschäft, beispielsweise auch einzelne Anbieter aus der Gastronomie, um Warteschlangen zu vermeiden oder ein vereinfachte Orderabwicklungen zu ermöglichen.[63] Diese Angebote sind weder weniger innovativ noch weniger hilfreich. Hier wird der Fokus im Bereich der FinTechs aber auf Finanzprodukte und -dienste gelegt.

 

Anbieter sind Startups oder Ableger von großen Internetunternehmen. Die bekanntesten Unternehmen, die direkt oder über Tochtergesellschaften den Einstieg in den FinTech-Markt vorgenommen haben, sind Google, Apple und Amazon.[64] Alle neuen Anbieter haben gemeinsam, dass sie ursprünglich aus dem Bereich der Non Banks oder Near Banks stammen und damit branchenfremd sind. Dafür verstehen sie die Sprache des Internets nahezu perfekt und können das Angebot der immateriellen und leicht kopierbaren Finanzprodukte und -dienste klassischer Banken über den mobilen Vertriebskanal vergleichsweise günstig und transparent darstellen. [65] Zunächst traten FinTechs nicht als Produktinnovationen auf, sondern erhöhten durch neuartige technische Funktionen den Kundennutzen und Bedienkomfort bei etablierten Angeboten in vollkommen elektronischer Form, vor allem via Smartphone oder Tablet. Mit Hilfe von daten- und algorithmenbasierten Analysemethoden werden einzelne Finanzdienste digital so individualisiert angeboten, dass den Kunden ein höherer Nutzen ermöglicht wird.[66] Bei anderen FinTechs werden Daten wie das Zahlungsverhalten oder vom Antragsteller besuchte Internetseiten ausgewertet und daraus Entscheidungen über die Kreditwürdigkeit oder das Anlageverhalten getroffen. Anbieter können dabei im Voraus antizipieren, was Kunden erwarten und bieten entsprechend personalisierte Angebote an.[67] Ähnlich wie bei der technischen Umsetzung von Produktempfehlungen bei Amazon greifen bestimmte Anwendungen dabei auf die Analyse von Big Data[68] zurück. Andere FinTechs nutzen moderne Social Media Plattformen für eine Echtzeit-Interaktion mit den Kunden und um eine offene Kommunikation der Kunden untereinander zu ermöglichen und die Entscheidungsprozesse der Einzelnen zu unterstützen. Gleichzeitig können neue Markttrends leichter erkannt und zurückgekoppelt werden. Vor allem im Startup-Bereich werden die Nutzer der einzelnen Anwendungen durch die Social Media Plattformen mehr als Mitglieder einer Community gesehen statt im Anbieter-Kunden-Verhältnis. So sollen teure Prozesse und Abläufe bewusst durch Absprachen zwischen Anbietern und Nutzern vermieden werden, um die Idee und den Erfolg des FinTech nicht zu gefährden.

 

Ziel der neuen Anbieter ist vor allem das Privatkundengeschäft. Aber auch das Kapitalmarktgeschäft und das mittelständische Firmenkundengeschäft wird immer mehr in den Fokus genommen.[69] Von FinTechs abgebildete Finanzprodukte und -dienste sind vor allem die weniger wissensintensiven und leicht zu standardisierenden Arten. Das Angebot besteht hauptsächlich aus Leistungen

 

 der mobilen Kontoführung und dem Zahlungsverkehr mit neuen Zahlformen über Smartphones am Point of Sale

 

 Finanzierungen für Privatkunden und Unternehmen durch private Anleger aus Internetportalen und -netzwerken

 

 Social-Trading-Netzwerke

 

 persönliche und individuelle Informations- und Vergleichssysteme für Kunden von angebotenen Produkten und Dienstleistungen

 

 und neuen Formen der Übertragung digitalisierter Rechte (z.B. Bitcoin-Technologie).

 

Anders als in vielen anderen Branchen, die bereits eine disruptive Entwicklung erlebt haben, sind die regulatorischen Hürden im Bankensektor sehr hoch. Einige davon wurden in der Analyse des politischen und rechtlichen Umfeldes unter Punkt 2.2.1. bereits genannt. Diese Grundlagen müssen bei fast allen Finanzprodukten und -diensten eingehalten werden, was mit hohen Kosten und notwendigem Knowhow verbunden ist. „Gerade für kleine Startups sind diese regulatorischen Anforderungen abschreckend, da bei dem Aufbau des Geschäftsmodells nicht über eine kalkulierte Zeit geplant werden kann“, argumentiert Karsten Wenzlaff vom „Institut für Kommunikation in sozialen Medien“ und gleichzeitig Pionier im Bereich des Crowdfunding.[70] Unter diesen Gesichtspunkten ergäbe sich eine Art Markteintrittshürde für neue Formen der Finanzdienstleister.

 

Das Angebot der neuen Akteure konzentriert sich entsprechend eher auf Finanzprodukte und -dienste, die nicht einer regulatorischen Aufsicht unterliegen oder für die keine Lizenzen benötigt werden.[71] Neue Anbieter können durch ihren schlanken Aufbau agiler handeln und besetzen Nischen oder gestalten ihr Geschäftsmodell bewusst um die Regulierungspflicht herum in dem sie nur als Vermittler auftreten. Andere arbeiten in Teilbereichen bereits mit vollständig regulierten Instituten zusammen, so genannten White-Label-Lösungen, oder verfügen als etablierte Anbieter bereits selbst über eine Bankenlizenz nach §32 Kreditwesengesetz oder zumindest über eine E-Money-Lizenz nach §8a Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz.[72] E-Money-Lizenzen, über die beispielsweise Facebook bereits verfügt, bedürfen einer deutlich abgemilderten Zulassungsvoraussetzung, reichen aber aus, innerhalb des geschlossenen Social Media Netzwerkes einen virtuellen Zahlungsdienst anzubieten und damit Gelder unter den Nutzern transferieren zu können. Je nach Ausgestaltung der Lizenz könnte man bei der Anzahl an Nutzern von Facebook bereits über ein eigenständiges europaweites oder weltweites Payment-System sprechen.[73] Klassische Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte dürfen von E-Money-Lizenzinhabern nicht durchgeführt werden. In Tabelle 1 sind die Voraussetzungen und die verbundenen Rechte aus der Banklizenz und der E-Money-Lizenz gegenübergestellt.

 

Tabelle 1: Bank- und E-Money-Lizenzen[74]

 

 

Die zukünftige regulatorische Einstufung von FinTechs ist aktuell noch in der Diskussion. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin begrüßt die Entwicklung der FinTechs mit frischen Ideen in der Bankenbranche. „Man muss Kleinstunternehmen erst mal kommen lassen. Wenn die von der ersten Sekunde an mit der ganzen Wucht einer klassischen Finanzregulierung konfrontiert sind, dann tut sich da nicht viel“, erklärt BaFin-Präsident Felix Hufeld seine Position zur Regulierung. [75] Der Präsident des DSGV, Georg Fahrenschon, und der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., Andreas Krautscheid, beide Vertreter der etablierten Anbieter von Finanzdienstleistungen, nahmen auf der Ausschusssitzung des Deutschen Bundestags vom 11. November 2015 klar Stellung für eine Gleichbehandlung in der Aufsicht aller Anbieter. Etablierte Anbieter von Finanzdienstleistungen außerhalb der klassischen Banken sollen bei „gleichen Risiken auch die gleichen Regeln einhalten“[76] müssen, um eine vollumfängliche Sicherheit an den Finanzmärkten zu gewährleisten.[77] Die Interessenslage aller Vertreter ist klar. In dem bisherigen Umgang mit der Regulierung stecken eine Vielzahl von Chancen und Risiken, was die Innovationsgeschwindigkeit und die Kostenstruktur der unterschiedlichen Anbieter betrifft.

 

Derzeit werden im europäischen Kontext in den Niederlanden, in Großbritannien und in Frankreich drei ganz unterschiedliche und innovative Varianten der Aufsicht von FinTechs umgesetzt. Eine einheitliche europäische Richtlinie oder Verordnung ist noch nicht abzusehen.[78]

 

3.2 FinTech-Geschäftsfelder in der Bankwertschöpfungskette


 

Eine wissenschaftliche Abgrenzung der unterschiedlichen Geschäftsfelder

und -modelle im Bereich der FinTechs existiert nicht. Aus umfangreichen Eigenrecherchen ergibt sich, in Anlehnung an die Positionierung der Geschäftsmodelltypen nach dem zeb.innovation monitor[79],...

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