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Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung vor dem Hintergrund des Neo-Institutionalismus

AutorClaudia Schrank
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783638525022
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Führung und Personal - Sonstiges, Note: 1,7, Universität Mannheim, 123 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Ziel dieser Arbeit ist es, mögliche Ursachen für die geringe Verbreitung von Frauen in den Leitungsebenen der Wissenschaft und Forschung zunächst allgemein und dann in Bezug auf das Forschungszentrum Karlsruhe darzustellen und zu diskutieren. Mit Hilfe des Neo-Institutionalismus soll dieses Problem zudem aus organisationstheoretischer Sicht durchleuchtet werden. Zunächst wird die theoretische Basis dieser Arbeit - der Neo-Institutionalismus - dargelegt, wobei hier der Schwerpunkt auf die grundlegenden Ansätze von Meyer, Rowan und DiMaggio, Powell gelegt wird. Diese makro-institutionalistischen Ansätze eigenen sich besonders für die Untersuchung der Chancengleichheit am Forschungszentrum Karlsruhe, weil sie den Einfluss gesellschaftlicher Erwartungen auf die Gestaltung von Organisationen analysieren. Im darauf folgenden Abschnitt wird der geschichtliche Hintergrund sowie das daraus resultierende Rollenverständnis und Frauenbild unserer Zeit vorgestellt. Dessen Darstellung ist wichtig, um zum Teil immer noch bestehende Rollenzuweisungen zu den Geschlechtern und die daraus resultierende Chancenungleichheit besser verstehen zu können. Auch das Verständnis und die Beurteilung des Status quo der Frauen in Wissenschaft und Forschung und die sich daraus ergebenden Spannungsfelder werden dadurch erleichtert. Ein weiterer großer Einflussfaktor auf das Thema Chancengleichheit sind die gesetzlichen Regelungen, deren Ziel die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen ist. Die wichtigsten internationalen und nationalen Regelungen werden im Abschnitt 4.1 dargelegt. Das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern wird vor allem seit der Implementierung des Konzepts des Gender Mainstreaming in alle Politikbereiche verstärkt vorangetrieben. Deshalb wir es auch in dieser Arbeit näher betrachtet. Zur Umsetzung dieses Konzepts dienen u. a. auch das Total-E-Quality-Prädikat sowie die Förderung familienfreundlicher Maßnahmen. Als Abschluss für die organisationsübergreifenden Maßnahmen wird der Sinn und Zweck von Frauennetzwerken dargestellt. Auf der Ebene einzelner Organisationen werden mögliche Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit beschrieben. Hierbei wird im Detail auf das Konzept des Mentoring, auf Programme zur speziellen Förderung weiblicher Mitarbeiter und Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingegangen. [...]

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Leseprobe

3         Die Situation der Frau im 21. Jahrhundert


 

Um die Situation der Frau im 21. Jahrhundert verstehen zu können, kommt man nicht umhin, die historische Entwicklung des heutigen Frauenbilds zu betrachten. In den letzten 100 Jahren haben Frauen viele Rechte hinzugewonnen bzw. haben sich diese hart erkämpft. Warum man trotzdem nicht von einer völligen Gleichstellung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft und insbesondere in der Wissenschaft sprechen kann, ist Gegenstand des Abschnitts 3.2, in dem der Status Quo von Frauen in Wissenschaft und Forschung dargestellt wird.

 

3.1        Das Frauenbild im 21. Jahrhundert und dessen historische Entwicklung


 

Die Situation der Frau in Deutschland ist das Ergebnis eines langen Kampfes um Gleichberechtigung, dessen Anfänge Mitte des 19. Jahrhunderts zu finden sind. Das Frauenbild des 19. Jahrhunderts war geprägt von der Idealvorstellung der bürgerlichen Familie, die eine klare Trennung der Aufgabengebiete der Ehepartner vorsah. „Der verheirateten Frau der ‚besitzenden Stände’ war die Rolle der Hausfrau, Gattin und Mutter sowie der freiwilligen Wohltäterin zugedacht.“ (Raml 1993, S. 28). Der Mann hingegen war der Ernährer und das Oberhaupt der Familie. Dieses Idealbild entsprach aber nicht der Realität vieler Arbeiterfamilien, die auf die Einkommen beider Ehepartner, wenn nicht sogar noch auf die der Kinder, angewiesen waren (vgl. Pfau-Effinger 2000, S. 223).

 

Kindern aus Arbeiterfamilien blieb der Zugang zu höherer Bildung lange Zeit verwehrt. Mädchen aus der so genannten besseren Gesellschaft wurden auf spezielle Höhere Töchterschulen und Mädchenpensionate geschickt, die sie auf ihre zukünftige Rolle vorbereiten sollten (vgl. Helwig 1997, S. 5). Diese Schulen verliehen den jungen Frauen jedoch keine Studienberechtigung (vgl. Schlüter 1992, S. 2), was die Aufnahme eines Studiums, zusätzlich zu den sonstigen Beschränkungen, wie z. B. das fehlende Wahlrecht, verhinderte. Die bürgerliche Frauenbewegung legte den Schwerpunkt ihrer Arbeit daher zunächst auf die Erreichung des Rechts auf Bildung, ohne jedoch die herrschenden gesellschaftlichen Strukturen in Frage zu stellen. Helene Lange erreichte in ihrer Funktion als Leiterin des „Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins“ 1893 die Einführung von „Gymnasialkursen“, die weibliche Jugendliche auf ein Hochschulstudium vorbereiten sollten (vgl. Helwig 1997, S. 9). Es sollte jedoch immer noch gut sieben Jahre dauern, bis 1900 Baden als erstes deutsches Bundesland Frauen zum Hochschulstudium zuließ. Andere Bundesländer folgten und die Anzahl der Studentinnen stieg rasch, wobei deren anschließende Berufsmöglichkeiten stark eingeschränkt waren, weil ihnen der Zugang zu Beamten-Berufen oder juristischen Berufen u. a aufgrund des fehlenden Wahlrechts verwehrt blieb (vgl. Schlüter 1992, S. 3).

 

Mit Gründung der Weimarer Republik 1918 konnte jedoch endgültig auf Bestreben der Frauenbewegung die formale politische Gleichberechtigung durchgesetzt werden, in dem auch Frauen ab 20 Jahren das Wahlrecht zugesprochen wurde. Der Nationalversammlung, die 1919 die Verfassung verabschiedete, „gehörten 41 Frauen an, das waren 9,6 Prozent aller Abgeordneten – ein Anteil, der erst 1983 in der Bundesrepublik wieder erreicht wurde.“ (Helwig 1997, S. 18).

 

Ab 1920 wurden Frauen dann auch zur Habilitation zugelassen. Erste ordentliche Professorin Deutschlands wurde 1923 die Botanikerin Margarethe von Wrangell an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim (vgl. Helwig 1997, S. 10). Ab 1922 durften Frauen zwar auch juristische Berufe ausüben, aber andere berufliche Beschränkungen blieben bestehen. So wurden Beamtinnen entlassen, wenn sie heirateten oder ein uneheliches Kind bekamen. Die rechtliche Grundlage dieser Praxis bildete die Personalabbauverordnung. Helwig sieht als Ursache für dieses Vorgehen, dass dem Staat durch die Inflation finanzielle Engpässe entstanden waren, die durch die Verdrängung von Frauen aus dem Erwerbsleben abgebaut werden sollten. Schließlich sollten „[i]m Zuge einer Anti-Doppelverdiener-Kampagne … verheiratete Frauen grundsätzlich aus dem Erwerbsleben gedrängt werden.“ (Helwig 1997, S. 19). Da aber aufgrund der wirtschaftlichen Situation das Einkommen des Mannes zum Überleben nicht ausreichte, wurden viele Frauen in die Heimarbeit - die zu dieser Zeit am schlechtesten bezahlte Form der Erwerbstätigkeit - gedrängt.

 

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden die erst kurz zuvor erkämpften Freiheiten der Frauen zum Großteil wieder zurückgenommen. Der Anteil der Studentinnen, der 1931/32 noch 19 % betrug (vgl. Helwig 1997, S. 19), wurde auf ein Maximum von 10 % festgelegt. Der weibliche Intellekt stand im Gegensatz zu dem gewünschten „echten Frauentum“ (Schlüter 1992, S. 4). Die Folge war auch, dass Frauen der Zugang zur Habilitation versperrt wurde. Zudem wurden sie nicht mehr als Richterinnen, Rechtsanwältinnen, Rektorinnen und Kassenärztinnen zugelassen. Da Frauen mit Kindern den Idealvorstellungen der Nationalsozialisten entsprachen, wurde die soziale Sicherung gerade dieser Bevölkerungsgruppe wesentlich verbessert (vgl. Meyer zu Natrup 1991, S. 40). Für eine unabhängige deutsche Frauenbewegung war im 3. Reich kein Platz, was zur Folge hatte, dass sich viele Gruppierungen auflösten.

 

Der Versuch der Verdrängung von Frauen aus dem Berufsleben hinein in die Mutterrolle wurde aber wieder aufgeben, als durch den Aufbau der Wehrmacht und den 1939 beginnenden Zweiten Weltkrieg ein Mangel an männlichen Arbeitskräften entstand (vgl. Schubert 1997, S. 849). Meyer zu Natrup und Helwig sind der Meinung, dass die nationalsozialistischen Urteile über das Wesen der Frau auch heute noch in unserer Gesellschaft nachwirken (vgl. Meyer zu Natrup 1991, S. 41 und Helwig 1997, S. 24 f.).

 

Mit Ende des zweiten Weltkriegs oblag es hauptsächlich den deutschen Frauen, das vorherrschende Chaos und die Zerstörung nach und nach abzubauen, weil viele Männer nicht oder noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt waren. Bereits 1945/46 wurde die Frauenbewegung wieder aktiv – es wurden in den Besatzungszonen mehr als 5000 überparteiliche und –konfessionelle Frauenausschüsse gegründet (vgl. Helwig 1997, S. 26), die sich sozial engagierten und somit wesentlich am Wiederaufbau beteiligt waren.

 

Auch an der Politik schienen sich die Frauen aktiver beteiligen zu wollen. Artikel 3 II GG „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Grundgesetz 2002, S. 14) wurde 1949 gegen ein zunächst negatives Votum des Parlamentarischen Rates durch massive Proteste von Frauen durchgesetzt.

 

Es gab einen großen Frauenüberschuss, was eigentlich die Chance der Frauen gewesen wäre, verkrustete gesellschaftliche Strukturen aufzubrechen und in ihrem Sinne zu ändern. Aber nichts dergleichen geschah. Eher im Gegenteil. Das Frauenideal der bürgerlichen Gesellschaft dominierte immer noch und konnte in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs nun auch von Frauen aus dem Arbeitermilieu erreicht werden (vgl. Pfau-Effinger 2000, S. 223).

 

Dieser Frauenstereotyp wurde auch nicht „durch die Existenz von Studentinnen und Dozentinnen im Universitätsbetrieb“ (Schlüter 1992, S. 5) korrigiert. Der Beruf der Wissenschaftlerin wurde nicht als angemessener Beruf für Frauen betrachtet (vgl. Schlüter 1992, S. 5).

 

Die Politik der 50er und 60er Jahre der Bundesrepublik war hauptsächlich von dem traditionellen Ehe- und Familienverständnis geprägt, folglich wurde auch nicht der Ausbau von Kinderbetreuungsstätten vorangetrieben und der Arbeitsmarkt war relativ unflexibel (vgl. Pfau-Effinger 2000, S. 228). Parallel zu der Gruppe der Hausfrauen gab es, aufgrund des hohen Frauenüberschusses, eine große Gruppe unverheirateter, berufstätiger Frauen. Pfau-Effinger sieht darin aber nicht den Ausdruck eines abweichenden kulturellen Leitbildes, sondern vielmehr eine Notwendigkeit aufgrund der Unmöglichkeit der Heirat und der daraus resultierenden fehlenden „finanziellen und soziale Grundlage für die Hausfrauen- (und Mutter-)rolle.“ (Pfau-Effinger 2000, S. 204).

 

Erst Mitte der 60er Jahre wurde langsam die zunehmende Akzeptanz der Erwerbstätigkeit von Frauen erkennbar, wobei sich diese mehr auf das Dreiphasenmodell weiblicher Lebensplanung in der Abfolge Berufstätigkeit bis zur Geburt des ersten Kindes, Familienphase, Rückkehr zur Erwerbsarbeit nach einer – entsprechend der Kinderzahl – mehr oder weniger langen Unterbrechung bezog (vgl. Helwig 1997a, S. 2).

 

Im Gegensatz dazu sollten zur selben Zeit in der DDR möglichst viele Frauen in die Arbeitswelt integriert werden. Dies hatte zum einen ökonomische Gründe, weil angesichts des Mangels an Arbeitskräften die Eingliederung von Frauen in den Produktionsprozess notwendig war. Zum anderen entsprach dieses Vorgehen der von den marxistischen Klassikern geforderten Befreiung des weiblichen Geschlechts (vgl. Helwig 1997a, S. 1). Folglich entstanden in der DDR eine Vielzahl von außerfamiliären Kinderbetreuungseinrichtungen, was für die Berufstätigkeit der Frauen sehr förderlich war. Zudem war es gesellschaftlich wesentlich tolerierter, dass Frauen die Betreuung ihrer Kinder in staatliche Hände übertrugen. Doch trotz dieser guten Ausgangsbedingungen zogen viele Frauen eine Beschäftigung in Teilzeit vor und auch die Geburtenraten sanken. Die Regierung...

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