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E-Book

Chemie der Arzneimittel

Einfache Experimente mit Medikamenten aus der Apotheke

AutorGeorg Schwedt
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl232 Seiten
ISBN9783527816439
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Wer hat sich beim Blick in die Hausapotheke nicht schon einmal gefragt, wie all die Pillen, Cremes und Tinkturen eigentlich wirken? Die Antwort kann jeder selbst herausfinden, denn die Chemie hinter der Arzneimittelwirkung lässt sich mithilfe der hier beschriebenen Experimente auf verblüffend einfache Weise zeigen.
Im ersten Teil werden Arzneimittel vorgestellt, die als Hauptwirkstoffe anorganische Substanzen enthalten und zum Teil schon seit Jahrhunderten in Gebrauch sind. Im zweiten Teil werden Arzneimittel mit organischen Wirkstoffen wie z. B. Aspirin oder Paracetamol untersucht. Die Herstellung von Arzneien aus Wirkstoffen und Begleitstoffen wird im dritten Teil anhand unterschiedlicher Arzneiformen wie Tinkturen, Salben und Pillen beschrieben. Mit den hier vorgestellten Verfahren und Rezepten kann jeder zum Hobby-Apotheker werden und eigene Medikamente herstellen - Wirkung garantiert!
Die mehr als 80 Experimente wurden vom Autor eigens für dieses Buch entwickelt und sind mit einfachsten Mitteln und Geräten durchführbar. Die zur Durchführung der Versuche nötigen Arzneipräparate sind in Apotheken und Drogeriemärkten rezeptfrei erhältlich.

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Leseprobe

2
Organika


2.1 Ätherische Öle – Gewinnung durch Wasserdampfdestillation


Inhalation ätherischer Öle bzw. von Dämpfen aus der Räucherung (Verbrennen von Drogen) zählen zu den ältesten bekannten Therapieformen, die schon vor mehr als 5000 Jahren angewendet wurden. Im 16. Jahrhundert erschienen zahlreiche Werke, die sich vor allem der Destillation zur Gewinnung ätherischer Öle widmeten. Werke aus dieser Zeit stammen von bekannten Autoren wie Hieronymus Brunschwig (um 1450 bis 1512/13), Konrad Gesner (1516 bis 1565) oder Adam Lonicer (1528 bis 1586).

In den Destillierbüchern wurden gebrannte Wässer (Aqua destillata) mit ihren medizinischen Anwendungen beschrieben (Abb. 2.1). In den Apotheken unterschied man schon ab dem 15. Jahrhundert Pflanzendestillate nach Aquae destillatae simplices (aus einer Sorte) und Aquae destillatae compositae (aus mehreren Drogen oder mit gelösten Zusätzen). Sie enthielten meist ätherische Öle.

Verdampfung und anschließende Wiederverflüssigung – diese Vorgänge beinhaltet das Prinzip Destillation, aus dem Verb distillieren, seit dem 16. Jahrhundert als destillieren hervorgegangen und vom lateinischen destillare „herabträufeln“ entlehnt.

Der nach Liebig benannte, jedoch nicht von ihm entwickelte Kühler ist ausschließlich für die Produktkühlung geeignet, hierbei auch im Vakuum – der Anschluss für eine Pumpe befindet sich am Vorstoß (Abb. 2.2). Das an beiden Enden offene Rohr ist von einem größeren Rohr umgeben. Zwischen dem äußeren und inneren Rohr fließt zur Kühlung ein Wasserstrom, im inneren Rohr strömt der Dampf mit höherer Temperatur als das Kühlwasser, sodass er kondensiert und als Destillat an einem Ende angeschlossenen Kolben fließt. Die Fließrichtungen von Dampf und Wasser sind entgegen gerichtet. Infolge dieses Gegenstromprinzips ist die Kühlwirkung größer als im Fall gleicher Fließrichtung. Das erwärmte Wasser fließt oben ab, kühleres Wasser wird von unten zugeführt. Eine optimale Wirkung wird dann erreicht, wenn der Kühler leicht geneigt ist. Infolge der Erdanziehung fließt das Kondensat im inneren Rohr hinab in den angeschlossenen Kolben.

Abb. 2.1 Aus dem Destillierbuch von Brunschwig, 1512.

Abb. 2.2 Aufbau einer Destillationsapparatur mit Liebig-Kühler.

Nach Georg W. A. Kahlbaum (1853 bis 1905; Physikochemiker sowie Chemiehistoriker; Professor in Basel, entwickelte u. a. eine Quecksilbervakuumpumpe) wurde dieser Apparat, „die bekannte Kühlvorrichtung, bei der ein inneres Rohr durch eine, von einem weiteren äusseren Rohre umhüllte, aufsteigende Säule von kaltem Wasser gekühlt wird, als Liebig’scher Kühlapparat bezeichnet wird“ von dem damaligen stud. med. Christian Ehrenfried Weigel (1748 bis 1831; ab 1775 Professor für Chemie und Botanik an der Universität Greifswald) bereits in seiner Göttinger Dissertation „Observationes chemical et mineralogical“ vom 25. März 1771 abgebildet und beschrieben. Diesen Kühler machte erst Liebig in der Laboratoriumsdestillation in der Mitte des 19. Jahrhunderts populär.

Wie groß die Bedeutung der Destillation bereits im 19. Jahrhundert allgemein war, lässt sich anhand des Textes in einer frühen Ausgabe des Brockhaus-Lexikons – im Zeitalter der Spätaufklärung, dem ersten Band des Bilder-Conversations-Lexikons für das deutsche Volk. Ein Handbuch zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse und zur Unterhaltung (Brockhaus-Verlag, Leipzig 1837) erkennen:

(Im Original steht der Text ohne Absätze – sie wurden hier zum besseren Verständnis verwendet.)

Destilliren und Destillation heißt ein chemisches Verfahren, das sich auf die vielen Körpern eigne Fähigkeit gründet, bei höhern Wärmegraden zu verdampfen und bei kälterer Temperatur sich wieder zu verdichten. Da nun die Körper jene Fähigkeit in verschiedenem Grade besitzen, so dient die Destillation dazu, Stoffe von verschiedener Flüchtigkeit zu trennen; sie wird aber auch zur genauern Verbindung verschiedener Flüssigkeiten benutzt. Je nach dem Gange, welche die zur Destillation angewendeten Geräthe oder der Destillirapparat den Dämpfen anweisen, unterscheidet man die gerade oder aufsteigende, die schräge und die absteigende, sowie in Bezug auf die flüssige oder feste Natur der ihr unterworfenen Körper die nasse und die trockene Destillation, welche letztere auch Sublimation (...) genannt wird.

Die Einrichtung der Destillirgeräthe ist sehr mannichfaltig und wird theils von der Ausführung derselben im Großen oder Kleinen bedingt, erfordert jedoch stets ein Gefäß, in welchem aus den zu destillirenden Stoffen durch Wärme Dämpfe entwickelt, und ein zweites, in welches diese Dämpfe geleitet und durch Abkühlung verdichtet werden. Im Großen sind die wesentlichen Theile desselben die Destillirblase, der Helm, die Schlange, das Kühlfaß und die Vorlage, wie sie bei der aufsteigenden Destillation des Branntweins (s. d.) angewendet werden. Im Kleinen wird am häufigsten die schräge Destillation angewendet, bei der in der Regel eine gläserne, thönerne oder prozellanene Retorte, d. h. ein blasenförmiges, oben mit einem seitwärts gebogenen langen Halse versehenes Gefäß die Stelle der Blase, des Helms und der Schlange vertritt, indem die Mündung ihres Halses unmittelbar in die Vorlage führt, die meist ein kugel- oder birnenförmiges Glasgefäß, Ballon oder Kolben genannt, ist.

Zuweilen wird jedoch durch eine passende Zwischenröhre, Vorstoß genannt, die Verbindung zwischen dem Retortenhalse und der Vorlage verlängert, deren Abkühlung man dadurch bewirkt, daß sie in ein Gefäß mit kaltem, manchmal mit Eis vermischtem Wasser gelegt oder mit fortwährend frisch angefeuchteten Tüchern bedeckt wird. Bei sehr flüchtigen Stoffen müssen die Geräthe an den Verbindungsstellen luftdicht verkittet oder lutirt werden, weil sonst zu viel verloren gehen würde; in solchen Fällen muß aber eine tubulirte Vorlage angewendet werden, d. h. eine solche, die außer der gewöhnlichen noch eine zweite mit einem Tubulus oder Pfropf zu verschließende Öffnung hat. In diese wird dann eine an beiden Seiten offene Glasröhre eingefügt, durch welche die Luft, welche vermöge ihrer durch die Wärme erhöhten Spannung einen die Dampfentwickelung und dadurch die Destillation hemmenden Druck ausüben würde, sowie Gasarten entweichen können, die sich während des Geschäfts etwa entbinden.

Am gewöhnlichsten bedient man sich der gläsernen Retorten und erhitzt sie theils mit gehöriger Vorsicht über einer Lampe oder Gasflamme, theils im sogenannten Sand-, Dampf- oder Wasserbade. Ersteres besteht in einem runden und tiefen, eisernen Gefäße, das in den Feuerraum eines Ofens eingelassen und mit Sand gefüllt ist, in dem die Retorte hinreichend weit vergraben und dann mit demselben gefahrlos bis zu demselben Grade erhitzt wird, als wenn sie sich unmittelbar über dem Feuer befände; bei der Erhitzung im Dampf- und Wasserbade wird sie dagegen in einem besondern Gefäße der Einwirkung der Dämpfe oder des heißen Wassers ausgesetzt. Soll ein bis zur Glühhitze gesteigerter Wärmegrad stattfinden, so muß man sich porzellanener Retorten bedienen, oder die Dauer der gläsernen durch einen Überzug, Beschlag genannt, der aus einem Gemenge von fettem Thon, Ziegelmehl, Eisenfeile und dergl. besteht, erhöhen.

Werden Stoffe der Destillation unterworfen, aus denen sich Dämpfe von verschiedener Flüchtigkeit und vielleicht auch luftförmige Stoffe entwickeln, die man besonders auffangen will und die sich nur dadurch verdichten, daß sie durch eine Flüssigkeit streichen, mit der sie sich verbinden, so bedient man sich eines sogenannten Woulfe’schen Apparats, d. h. eines solchen, der mit mehren untereinander in Verbindung stehenden, mit Flüssigkeit versehenen und sich immer weiter von der Retorte entfernenden Vorlagen, hier auch Mittelflaschen genannt, versehen ist.

Abb. 2.3 Apparatur zur Wasserdampfdestillation.

Die absteigende Destillation wurde früher bei der Destillation riechender Wasser häufig angewendet, ist jetzt aber nur in wenigen Fällen noch im Großen üblich, wie z. B. bei der Ausscheidung des Quecksilbers aus dem Silber-Amalgama (s. d.). Sie erfordert im Wesentlichen ein metallenes Gefäß, in dessen obern Theile ein schüsselförmiger Seiher von Blech eingesetzt werden kann, auf den die zermalmten Pflanzenstoffe, z. B. Rosenblätter, Orangenblüten, zu liegen kommen und mit einem schüsselförmigen Metalldeckel luftdicht verdeckt werden kann. Auf letztern werden glühende Kohlen gebracht, deren Wärme aus den Pflanzenstoffen Dämpfe entwickeln, welche durch den Seiher in das größere Gefäß dringen, sich hier...

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