China war schon von jeher durch Erfindungen eine Nation mit Blick für die Zukunft bei gleichzeitiger Wahrung von Traditionen und Bräuchen. Zurzeit wird China als die „Wirtschaftsnation“ des 21. Jahrhunderts betitelt und strebt in nahezu allen Branchen eine führende Position am Weltmarkt an. Doch, wie spielen Faktoren wie Politik, Gesellschaft und die Struktur des Landes dabei eine Rolle?
Um diese Frage zu klären und um die Grundlage für einen Vergleich mit dem Nachbarland Indien zu schaffen, werden im folgenden Kapitel die internen Faktoren Chinas aufgezählt und analysiert.
Da China ein Land mit vielen verschiedenen Regionen ist, sind auch die Lebensweisen sehr unterschiedlich. Gleichzeitig gibt es viele verschiedene Sprachen. Im folgenden Kapitel wird auf politische und gesellschaftliche Gesichtspunkte eingegangen.
Zunächst eine kleine Übersicht über politische und gesellschaftliche Basisinformationen der Volksrepublik China:
Tabelle 5: Gesellschaftliche Basisinformationen zu China [36]
Die Volksrepublik China existiert seit dem 1. Oktober 1949. Seither wird sie von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) regiert, die mittlerweile nur mit Hilfe des Polizeiapparates an der Macht bleibt. Nominell ist das höchste Staatsorgan der TTTNationale VolkskongressTTT (NVK), das Parlament der Volksrepublik China. Er wählt den Staats-präsidenten, den Staatsrat (die Regierung der Volksrepublik China), den Obersten Volksgerichtshof, die Zentrale Militärkommission und die Oberste Staatsanwaltschaft.
Dies alles geschieht jedoch nur auf Vorschlag der Kommunistischen Partei, die den gesamten Staatsapparat auf allen Stufen durchdringt. Die eigentliche politische Führung der Volksrepublik China liegt in drei Ämtern:
TTTGeneralsekretär der Kommunistischen Partei ChinasTTT
TTTStaatspräsident der Volksrepublik ChinaTTT
Vorsitzender der TTTZentralen MilitärkommissionTTT
Eine Opposition, wie sie in den westlichen Demokratien üblich ist, existiert nur im Untergrund. Jegliche Gründung einer anderen Partei oder auch von Gewerkschaften ist strafbar. Oppositionelle werden aber nicht nur kriminalisiert und inhaftiert, sondern bei normabweichendem Verhalten "zu ihrem eigenen Besten" besonderer staatlicher Fürsorge unterstellt. Mit anderen Worten werden Oppositionelle in der Psychiatrie verwahrt. [37]
Die Vier Grundprinzipien für die Entwicklung Chinas sind eine politische Doktrin, die von Deng Xiaoping in den späten 70er Jahren aufgestellt wurde, um wirtschaftliche Reformen zu ermöglichen, politische Reformen jedoch einzugrenzen.
Die Vier Grundprinzipien besagen, dass sich die Volksrepublik China auf
dem sozialistischen Weg
unter Führung der Kommunistischen Partei
auf Grundlage von Marxismus-Leninismus und Mao-Zedong-Denken und
auf Grundlage der Diktatur des Proletariats
entwickeln solle.
Obwohl längst von der Wirklichkeit überholt, sind die Vier Grundprinzipien bis heute eine wichtige Grundlage für politische Argumentation in der Volksrepublik China. [38]
Das Recht ist im Chinesischen ein dehnbarer Begriff. Der Slogan der KPCh ist "yi fa zhi guo". Übersetzt heißt das so viel wie "Herrschaft mit Hilfe des Rechts". Deshalb ist es für die Partei- und Staatsführung wichtig, dass die Gesetze und Entscheidungen die ihr genehmen Resultate zeigen. Gleichzeitig wächst das Rechtsbewusstsein bei den Bürgern und die moderne Marktwirtschaft, die China anstrebt, erfordert echte Rechtssicherheit.
China bewegt sich bei Recht und Gesetz in einem Spannungsfeld. Für die Ernennung von Richtern ist noch immer die Parteizugehörigkeit ein wichtiges Kriterium, die Ausbildung in den Rechtswissenschaften ist jedoch erst seit Mitte der 80er Jahre Pflicht. Trotzdem gibt es mittlerweile auch Gesetze, die die Allmacht des TTTStaatesTTT beschränken, bis hin zu einem Gesetz, welches es Bürgern erlaubt, den Staat zu verklagen, wenn sie durch rechtswidrige Entscheidungen der Verwaltung geschädigt wurden. Auch gibt es Anstrengungen, das Strafrecht so zu verbessern, dass die Möglichkeit für willkürliche Bestrafung ausgeräumt wird.
Während die Qualität und Anzahl der Gesetze auch dank ausländischer Beratung stark gestiegen ist, gibt es große Mängel in der Praxis der Rechtsprechung selbst. Durch die geringe Anzahl von professionell ausgebildeten Richtern kommt es oft zu “formellen Schlichtungen”, die ein Mittelding zwischen der traditionellen Schlichtung durch angesehene Laien und einer Entscheidung eines ordentlichen Gerichts sind. Gleichzeitig ist die politische Beeinflussung der Gerichte und Richter durch die so genannten "Gerichtskommissionen" vor Ort enorm. In diesen Kommissionen sitzen vor allem Parteikader. Diese geben den Richtern nicht nur bei politisch heiklen Prozessen, sondern auch bei Verfahren, die mächtige wirtschaftliche Interessen berühren, oft das Urteil vor. [37]
Ein Beispiel für diese Vorgaben von Parteikadern ist die Rechtsprechung bei Fällen von Produkt und Markenpiraterie. China zählt zu den Ländern mit den schwerwiegendsten und umfangreichsten Verstößen in diesem Bereich, wie die Überschrift „Produktpiraten werden immer dreister - Nicht nur die Chinesen kupfern ab - Weltweiter Schaden bis zu 300 Mrd. Euro“ der Rhein-Neckar-Zeitung vom 11 Februar 2006 verdeutlicht. Diese Rechtsprechung bei Patentverletzung ist eigentlich verwunderlich, da China seit 1979 die Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums sukzessive ausgebaut hat. Gleichzeitig ist China fast allen bedeutenden internationalen Intellectual-Property-Conventions beigetreten. Der theoretische Rechtsschutz ist also nicht das Problem sondern die Rechtsdurchsetzung. Dafür gibt es mehrere Gründe.
In der chinesischen Tradition heißt Lernen erst einmal Nachahmen des Lehrers
Das Rechtssystem hindert Patentbesitzer oft am Durchsetzen ihrer rechtmäßigen Ansprüche
Rein chinesische Unternehmen sind kaum von der Produktpiraterie betroffen
Die Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörde sind bestechlich
Lokale Regierungen profitieren von den Fälschungen durch Steuereinnahmen[39à S. 196ff]
Weltweit entstehen durch Produkt- und Markenpiraterie nach Schätzung des Counterfeiting Intelligence Bureau (CIB), der Internationalen Handelskammer in London (ICC) und des Ausschusses für Außenwirtschaftsbeziehungen des europäischen Parlaments Umsatz-verluste von jährlich 250 Mrd. USD. Das entspricht 5% des gesamten Welthandels-volumens.
Die Volksrepublik China wird verwaltungstechnisch in folgende Teile untergliedert:
23 Provinzen (sheng):Anhui; Fujian, Gansu, Guangdong, Guizhou, Hainan, Hebei, Heilongjiang, Henan, Hubei, Hunan, Jiangsu, Jiangxi, Jilin, Liaoning, Qinghai, Shaanxi, Shandong, Shanxi, Sichuan, Yunnan, Zhejiang(Hong Kong), Macau
5 autonomen Regionen (zizhiqu): Guangxi, Nei Mongol, Ningxia, Xinjiang (Tibet), Xizang
4 Gemeinden (shi).: Beijing, Chongqing, Tianjin, Shangha
Außerdem beansprucht die Volksrepublik China noch Taiwan. [40]
Von all diesen Gebieten haben lediglich Hongkong und Macau den Status einer Sonder-verwaltungsregion (Special Administrative Region - SAR). Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", der der sino-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrechterhalten und genießt damit einen hohen Grad an Autonomie. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. [41]
Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht aller Provinzen (Province), Regionen (Autonomous Region) und Gemeinden (Municipality) Chinas.
Abbildung 4: Administrative und territoriale Einteilung der Volksrepublik Chinas [42]
China ist jedoch nicht nur verwaltungstechnisch stark...